Warum soll es denn nun nicht möglich sein, dass sich unterschiedliche Akteure vor Ort zusammenschließen, um in regionaler Zusammenarbeit solche Windprojekte in Eigenregie umzusetzen? - Dieses Herangehen setzt allerdings voraus, dass die Betroffenen von Anbeginn in allen Phasen der Projekte vollständig informiert werden. Damit lokale Akteure besser eingebunden und die Akzeptanz von Projekten erhöht wird, schlagen wir als Fraktion die Einführung eines Siegels für faire Windenergie in Sachsen-Anhalt vor.
Mit diesem Siegel sollen Windenergieprojekte zertifiziert werden, die sich in einer Selbstverpflichtung eine Leitlinie für faire Windenergie zu eigen machen. Was soll diese Leitlinie beinhalten? - Dazu gehören nach unserer Auffassung folgende Punkte:
Erstens. Alle Interessengruppen - ich betone: alle - im Umfeld eines Windparks sind während der gesamten Projektierungsphase zu beteiligen. Das betrifft Anwohnerinnen und Anwohner, Grundeigentümer, Land- und Forstwirte, Gemeinden und kommunale Einrichtungen etc. Ich will das jetzt hier nicht erschöpfend ausführen.
Zweitens. Alle projektrelevanten Informationen müssen transparent und vor Ort zugänglich sein. Das heißt auch, dass Sorgen, Fragen, Bedenken - und wenn sie auch nur von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern stammen - zu berücksichtigen sind. Dazu gehört dann dementsprechend, dass Information und Aufklärung stattfinden, dass mögliche Simulationen der Folgen für die Region durchgeführt werden, dass Bürgerinnen und Bürger und auch andere lokale Akteure befragt werden und gegebenenfalls Abstimmungen zu Projekten durchgeführt werden.
Das sind nur einige Ideen und Anreize, die ich anführen möchte. Dazu gehört natürlich auch - das ist ein wesentlicher Teil dieser Forderung -, dass entsprechende Angebote zur Unterstützung und Aufklärung hier entwickelt werden.
Als dritten Punkt sehen wir, dass allen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern die faire Teilhabe an solchen Projekten ermöglicht werden muss. Das betrifft auch Flächeneigentümer, die nicht unmittelbar profitieren. Also nicht nur die, auf deren Flächen dann Windräder errichtet werden, sondern auch jene, deren Flächen nicht betroffen sind.
Welche Optionen wären denkbar, damit auch die Menschen vor Ort profitieren können? - Dazu gehört zum Beispiel die frühzeitige Zahlung von Gewerbesteuer. Dazu gehören Zuwendungen für soziale Projekte, die dem Gemeinwohl dienen, oder aber auch die Entwicklung von sogenannten Flä
chenpoolmodellen. Dabei sollten Projekte mehrere indirekte Teilhabemöglichkeiten vereinen, um dann als fair eingestuft zu werden.
Viertens. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einbindung regionaler Energieversorger und Kreditinstitute, die sich als Partner an diesen Projekten beteiligen können. Das könnten finanzielle Beteiligungen sein und damit direkte Beteiligungen oder aber auch die Beteiligung als Vermarktungspartner.
Schließlich sollen sich Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und Kommunen Sachsen-Anhalts auch direkt finanziell an Windenergieprojekten beteiligen können. Dabei ist das Risiko der direkten finanziellen Beteiligung durch verschiedene Maßnahmen möglichst zu reduzieren.
Diesem kurz umrissenen Punktekatalog, der als Anregung dienen soll, aber sehr wichtige und wesentliche Punkte enthält, können natürlich weitere hinzugefügt werden. Entscheidend ist, dass die Transparenz erhöht wird und dass die Betroffenen und die Anwohnerinnen und Anwohner auch einen eindeutigen Mehrwert aus diesen Projekten ziehen können.
Nun habe ich einiges zu den möglichen Inhalten für eine solche Zertifizierung des Siegels erklärt. Bleibt noch die Frage: Wer soll denn diese Aufgabe übernehmen? - Unserer Auffassung nach ist die Landesenergieagentur Lena geradezu für eine solche Aufgabe geschaffen.
Wir fordern daher die Landesregierung auf, die Agentur als Servicestelle für faire Windenergie zu qualifizieren und weiterzuentwickeln. Sie soll dann Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und auch Bürgerenergiegenossenschaften informieren, aufklären, beraten und am Ende das Siegel an Projekte verleihen.
Wir sehen in diesem Windsiegel die großartige Chance für Sachsen-Anhalt, das Bekenntnis zur Energiewende mit dem ausdrücklichen Willen zu verbinden, die Betroffenen, die lokalen Akteure, Bürgerinnen und Bürger in allen Phasen der Projektierung einzubinden, sie direkt oder indirekt zu beteiligen und damit auch die regionale Wertschöpfung zu erhöhen und nicht über die Köpfe hinweg die Energiewende durchzusetzen. Denn wir sollten bei der Energiewende nun endlich aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und neue, faire Wege beschreiten. - Vielen Dank.
Frau Eisenreich, ich habe eine Frage oder Intervention des Kollegen Gürth gesehen, die ich jetzt gerne aufrufen würde. Dann können Sie über
legen, ob Sie noch einmal reagieren. Warten Sie doch lieber hier vorne, dann müssen Sie nicht noch einmal herkommen. - Herr Gürth, Sie haben das Wort.
Eine ganz kurze Intervention und eine Frage. - Die Intervention. Mir war nicht ganz erklärlich, wie man in einem Redebeitrag Sätze wie „Bekenntnis zur Energiewende“ und gleichzeitig ein solches Repowering-Verhinderungsprogramm vorstellen kann. Das passt irgendwie nicht zusammen.
Das Zweite ist: Wenn ich richtig folgen konnte, was Sie zu Ihrem Windsiegel vorgetragen haben, was Sie sich vorstellen könnten, dann kam bei mir sofort die Frage auf: Wer, in Gottes Namen, sollte denn warum sich um so ein Windsiegel bemühen?
Lassen wir einmal die Bekenntnisse außen vor. - Wir sind für das Repowering - das möchte ich ganz klar voranstellen - und wir halten Ihren Antrag für ein ungeeignetes Mittel. Das ist die Aussage, die ich am Anfang getroffen habe.
Wer sollte sich um dieses Siegel bemühen? - Genau jene, die sich lokal engagieren wollen, und nicht die Großinvestoren, die brauchen wir nicht in diesem Bereich. Davon haben wir genug. Die ziehen irgendwann weiter und die sind auch nicht interessiert an einer Energiewende im Sinne unserer Bürgerinnen und Bürger, um vor Ort lokale, regionale Interessen umzusetzen. Das ist das Problem, das wir haben.
Vielen Dank für die Bereitschaft, die noch beantworten zu wollen. - Wenn Ihr Windsiegel darauf abzielt, dass sich dann lokale Investoren bevorzugt um Windeignungsstandorte bemühen sollten, um dort zu investieren und dann vorrangig in Repowering, dann müssten Sie doch auch berücksichtigen, dass Ihr Windsiegelprogramm zu einer erheblichen Verlängerung der Genehmigungsverfahren und zu einer erheblichen Verteuerung einer jeden einzelnen Investition beiträgt.
Wenn das so ist, glauben Sie denn, dass ausgerechnet die lokalen Akteure, die wir uns auch vor anderen eher wünschen, durch Ihre Initiative den Mut bekommen und vor allen auch die Finanzierungsmöglichkeit, diesen nicht unerheblichen Mehraufwand zu schultern?
Also fangen wir bei den Kosten an: Deswegen müssen Kosten und Verfahren nicht teurer werden. Eine solche Zertifizierung, die auf Freiwilligkeit basiert, zeigt an, dass Investoren - seien es lokale oder regionale Investoren oder seien es Investoren, die zumindest eine Firmenphilosophie haben, die nicht darauf abzielt, einfach irgendwo etwas durchzuziehen, ohne sich dort zu engagieren - sich dazu bekennen: Ich möchte meine Projekte so transparent wie möglich gestalten; ich möchte den Menschen vor Ort auch einen Mehrwert bieten. Das ist alles, was damit getan wird.
Ein solches Siegel ist keine Grundvoraussetzung für irgendwelche Vergaben, aber die Entscheidung kann vor Ort fallen. Bei solchen Unternehmen, die sich dazu bereit erklären - das basiert auf Freiwilligkeit -, sagen wir ausdrücklich: Das geht. Das zeigen übrigens Beispiele aus benachbarten Bundesländern, wo das so funktioniert.
Ich glaube, damit ist diese Frage erst einmal erschöpfend beantwortet worden. Wir kommen nunmehr zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Doch bevor wir das tun, begrüßen wir ganz herzlich Damen und Herren des Betreuungsforstamtes Nordöstliche Altmark in Arendsee.
- Ach so, die Ministerin möchte jetzt schon. Dann soll sie das tun. - Herr Scheurell, setzen Sie sich noch einmal, es dauert noch ein bisschen. - Bitte.
das ist eine Geschichte, die nicht in der Geschäftsordnung steht. - Frau Dalbert, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gemäß der Tagesordnung zunächst auf den Antrag der Regierungsfraktionen zu dem Thema „Repowering an Windanlagen erleichtern“ eingehen und in einem zweiten Schritt auf den anderen Antrag.
Wir haben in der Koalitionsvereinbarung betont, dass der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien eine der Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Ausgestaltung der Energiewende ist. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und deren Anteil an der Bruttostromerzeugung ist hier in Sachsen-Anhalt in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Diese Entwicklung wird in unserem Land vorrangig durch den Ausbau der Windenergie getragen. Es ist ein Grundanliegen der Landesregierung, diesen Prozess weiterhin erfolgreich zu gestalten.
Um die Konfliktpotenziale bei dem weiteren Ausbau der Windenergie möglichst weitgehend zu reduzieren und zugleich einen steigenden Zubau zu ermöglichen, ist eine präzise räumliche Steuerung nötig. Insbesondere ist hierbei eine räumliche Konzentration der Anlagen in den ausgewiesenen Eignungsgebieten durch eine abschließende flächendeckende Planung bei den regionalen Planungsgemeinschaften sicherzustellen.
Der Koalitionsvertrag gibt in diesem Kontext das Ziel vor, abweichend von der gesetzlichen Repowering-Regelung im Landesentwicklungsgesetz den Ersatz bestehender Einzelwindkraftanlagen außerhalb von Eignungsgebieten durch neue Einzelwindkraftanlagen innerhalb eines Eignungsgebietes im Verhältnis 1 : 1 zu ermöglichen. Dabei werden wir die regionalen Planungsgemeinschaften eng einbinden, um zu prüfen, welcher Handlungsbedarf bei der Ausweisung von Vorrang- und Eignungsgebieten besteht, um eben