Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Dass wir als Land und als Landesregierung in diesem Bereich große Wachstumschancen

sehen, zeigt sich auch in unserem Handeln. Wir haben ein Gutachten, das sehr deutlich sagt: Es gibt viele Dächer im Land, die sich für Fotovoltaik eignen, sowohl von der Neigung als auch von der Sonneneinstrahlung her. Deswegen haben wir ein Speicherförderprogramm mit einem Umfang von 500 000 € im Jahr aufgelegt. Das werden Sie in dem Haushaltsplanentwurf der Landesregierung finden. Das ist im Spätherbst 2019 an den Start gegangen. Dafür liegen schon weit mehr als 70 Anträge vor. Das zeigt, dass hier im Land auch bei den Menschen die Bereitschaft vorhanden ist, auf Fotovoltaik zu setzen.

Wir fördern quasi die Speicher; denn wir sagen, wenn jemand Fotovoltaik auf dem Dach installiert, egal ob bei einem Eigenheim, bei einem Genossenschaftsmehrfamilienhaus oder bei einer Gewerbeeinheit, dann soll er auch einen Speicher installieren. Dieser entlastet die Netze. Das muss ich Ihnen nicht erklären. Ich freue mich sehr, dass dieses Programm sozusagen ins Schwarze trifft.

Aber noch einmal: Wenn auf der Bundesebene nicht verlässlich klargestellt wird, dass der Deckel wegkommt, sodass die Industrie investieren kann, dann behindern wir diesen Ausbau, der sowohl für die Wirtschaft als auch für die Energiewende von zentraler Bedeutung wäre.

Vielen Dank, Frau Ministerin. Ich sehe keine Nachfragen. - Dann könnten wir die Runde jetzt noch einmal aufmachen. Wir haben noch gut zehn Minuten. Jetzt würde die CDU-Fraktion eine zwei

te Frage stellen können. Herr Thomas, Sie haben das Wort, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Laut Mitteilung der Bundesregierung sollte das Kohlekraftwerk Schkopau als eines der letzten Kohlekraftwerke bis 2038 am Netz bleiben. Den Medien haben wir nun aber entnommen, dass Schkopau bereits ab dem Jahr 2026 vom Netz genommen werden soll.

Ich frage die Landesregierung, ob dies den Tatsachen entspricht. Wenn ja, bitte ich die Landesregierung zu erläutern, welche Maßnahmen das Land unternimmt, um das Kohlekraftwerk wie zugesagt bis 2038 am Netz zu halten.

Vielen Dank, Herr Thomas. - Ich schaue einmal in die Runde. - Herr Ministerpräsident Haseloff wird darauf antworten. Bitte schön.

Das könnte auch Herr Willingmann tun, Frau Präsidentin, aber er ist jetzt für uns im Vermittlungsausschuss, der heute - so hoffe ich - eine Entscheidung zum Klimapaket fällt, damit dieses Thema am Freitag im Bundesrat noch vor dem Jahresende abgeräumt werden kann.

Wo fange ich jetzt an, Herr Abgeordneter? - Die Strukturkommission hat im Dezember 2018 bzw. dann abschließend noch einmal im Januar 2019 einen Kompromiss gefunden, der den grundsätzlichen Kohleausstieg bis 2038 festschreibt, aber eben flankiert durch die Vorgabe, ein Strukturgesetz zu schaffen und den betroffenen Regionen das klare Signal zu geben, dass, bevor Arbeitsplätze wortwörtlich aus dem Netz gehen, neue Arbeitsplätze zu entstehen haben.

Frau Präsidentin, ich sage es gleich: Wenn ich jetzt darauf antworten soll, brauche ich mehr als drei Minuten. Ansonsten müsste ich ein umfängliches Papier zur Verfügung stellen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, das ist mir dann schon klar; denn das ist ein wichtiges Thema. Wir haben noch achteinhalb Minuten für diese Fragestunde. Es wäre also noch etwas Zeit.

Okay. Ich wollte nur vorsorglich darauf hingewiesen haben. Ich versuche jetzt trotzdem, das ein bisschen zu straffen und nicht jede Facette aufzurufen.

Fakt ist: Der Kompromiss nannte das Jahr 2038. Damit war verbunden: Steinkohle vor Braunkohle

und alte Kraftwerke vor neuen Kraftwerken - in Klammern: Wirkungsgrade -, damit die CO2Bilanzen und nicht die rausgeschossenen Gigawatt eine Rolle spielen. Parallel dazu - von der Reihung her eigentlich sogar vorher - sollen Strukturmaßnahmen erkennbar sein, sodass Maßnahmen in den Regionen vor Ort so getroffen werden können, dass Neuansiedlungen möglich sind, dass Unternehmen angereizt werden können, etwa über AfA-Regelungen usw.

Nun hat man gemerkt, dass es doch etwas komplizierter ist und dass es - natürlich - regional sehr unterschiedliche Bewertungen der Konsequenzen gibt. Unter dem Strich lag plötzlich folgendes Szenario als Entwurf vor: Das Steinkohlekraftwerk Datteln - Eigentümer ist Uniper -, das noch nicht ganz fertig war - jedenfalls war es das vor einem Jahr noch nicht - soll nach der endgültigen Fertigstellung nun doch als Steinkohlekraftwerk ins Netz gehoben werden. Damit wird unter Nutzung von afrikanischer oder australischer oder russischer Steinkohle ein völlig neues Kraftwerk gestartet, obwohl die Entscheidung über den Kohleausstieg bereits getroffen worden ist.

Das bedeutet, dass zusätzlich zu der ursprünglichen Planung der Kommission eine Kapazität von 1,1 GW mehr im Netz wäre, die, um die CO2Ziele zu erreichen, dann an anderer Stelle eingespart werden müsste. Damit ist das Thema dann sozusagen aus der vorhin genannten Reihung - Steinkohle vor Braunkohle und alt vor neu - gekippt.

Ich war in der vergangenen Woche zu einer Diskussion zu eben diesem Thema im Bundeswirtschaftsministerium, um dort noch einmal dagegen zu intervenieren, dass als Austrittstermin für Schkopau plötzlich das Jahr 2026 im Raum stand.

Das Delikate an dieser Geschichte ist, dass das Kraftwerk Datteln als zusätzliche Kapazität dem Konzern Uniper gehört, mit der Möglichkeit, das Kraftwerk dann bis 2038 zu betreiben und - logischerweise, das muss in der Marktwirtschaft auch so sein - Geld damit zu verdienen. Zugleich hat man das Kraftwerk Schkopau - so meine Information - zu einem früheren als dem geplanten Ausstieg freigegeben, nämlich im Jahr 2026, vielleicht mit einem Puffer von einem oder zwei Jahren, um die entsprechende Kapazität, die man in Datteln braucht, dann in Schkopau - Eigentümer ist zu 58 % ebenfalls Uniper - hereinzuholen.

Da das Kraftwerk Schkopau beschleunigt aussteigen soll - also ein neues Uniper-Kraftwerk in Datteln mit entsprechenden Einnahmemöglichkeiten; in Schkopau Ausstieg vor dem geplanten Zeitpunkt, wenn auch mit Entschädigung -, das aber mit Versorgungsverträgen für das Chemiedreieck versehen ist, denn dieses muss mit Strom, Prozesswärme, Dampf usw. versorgt werden, müsste

dort ein neues Gaskraftwerk entstehen. Nach meiner Kenntnis hat man schon einen Antrag für ein neues Gaskraftwerk gestellt.

Wir wissen, dass Gaskraftwerke derzeit nicht subventionsfrei aufzubauen sind und dass sie bei den im Verhältnis zu den Braunkohlestrompreisen gegenwärtig hohen Gaspreisen möglicherweise nicht ohne Subventionen betrieben werden können.

Das heißt, der Konzern ist plötzlich dreimal in diesem Konzept vertreten. Und wir haben damit noch ein neues Ost-West-Thema aufgemacht, neben dem, dass auch noch zwei Blöcke aus einem Kraftwerk in Nordrhein-Westfalen, das im Jahr 1974 ans Netz gegangen ist, das also wesentlich schlechtere Parameter aufweist, am Netz gehalten werden sollen, weil wohl ein Stromknoten in der Stromsenke dort nicht ausreichend mit Strom versorgt werden kann.

Das Resümee, das dazu geführt hat, dass ich im Kanzleramt noch einmal mit aller Deutlichkeit interveniert habe, ist, dass die bisherige Kette, einschließlich der heutigen Behandlung im Bundeskabinett, wohl nicht stattfindet und wir jetzt das Signal haben, Mitte Januar noch einmal zu einem Gespräch mit der Kanzlerin kommen zu können. Ich habe gestern mit den Kollegen Woidke und Kretschmer darüber gesprochen. Dann muss das Ganze noch einmal aufgemacht werden.

Ich bin mir auch mit Herrn Vassiliadis von der IG BCE darin einig, dass darüber jetzt, da es einen Eingriff in den ursprünglichen Kompromiss darstellen würde, nicht nur im politischen, engeren Bereich von Fachressorts und Ländern zu entscheiden ist, sondern dass auch die Gewerkschaften, die Arbeitnehmervertreter sozusagen, und diejenigen, die auch im Großen und Ganzen die Wirtschaft in der Kohlekommission vertreten haben, noch einmal an den Tisch müssen, damit man darüber spricht, was man in dieser Bundesrepublik eigentlich will.

Das ist der Stand. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich will es nicht bewerten. Ich will nur sagen, das ist keine einfache Geschichte. Ich bin froh, dass vor Weihnachten eine Hauruck-Ent

scheidung mit Betroffenheiten, die man sich ausmalen kann, im Interesse der Beschäftigten unterblieben ist und dass wir mit dem Start in das neue Jahr eine Chance haben werden, vielleicht doch noch eine vernünftige und auch für uns tragbare Lösung hinzubekommen.

Ansonsten sehe ich den Kohlekompromiss im Prinzip für gebrochen an und würde persönlich und für die Landesregierung dafür votieren, dem weiteren Verfahren nicht mehr zuzustimmen und dabei nicht mehr mitzumachen.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Es gibt keine weiteren Fragen. - Jetzt hätte die AfD-Fraktion noch die Möglichkeit - es sind aber nicht mehr ganz zwei Minuten -, eine Frage zu stellen. Ich halte nun auch die Uhr an, damit diese kostbare Zeit nicht beschnitten wird. Denn zuvor habe ich noch die ehrenvolle Aufgabe, Betriebsräte und Beschäftigte der Ameos-Kliniken sowie Vertreter der Gewerkschaft ver.di recht herzlich hier bei uns im Hohen Hause zu begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Abg. Roi, Sie haben jetzt zwei Minuten Redezeit. Ob dann noch eine Beantwortung zustande kommen wird, kläre ich danach. Bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich beeile mich. - Wir haben uns ja vorhin mit den Ministern darauf verständigt, dass wir Parteipolitik und Landesregierung trennen. Das mache ich.

Aber es gibt ja in diesem Haus einen Beschluss einer Fraktion, nämlich der CDU-Fraktion, dass Frau Dalbert, die Ministerin, einen Post auf ihrem Facebook-Eintrag löschen soll. Dabei ging es um den Beitrag der GRÜNEN: Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?

Meine Frage an Frau Dalbert ist, ob sie den Post löschen wird oder nicht.

(Zustimmung bei der AfD)

Sehr geehrter Herr Roi, das ist tatsächlich jetzt ganz eindeutig nur Parteipolitik, das hat jetzt - -

(Zurufe von der AfD - Sebastian Striegel, GRÜNE: Privates Facebook-Profil!)

- Nein. Das können Sie jetzt ruhig sagen. Aber das ist wirklich eine ganz andere Sache; die hat nun gar nichts mit dem Landtag zu tun. Deswegen werde ich diese Frage nicht zulassen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜ- NE)

Das andere waren Verknüpfungen. Die Landesregierung ist mit diesem Thema verbunden und arbeitet daran. Dieses Thema ist wirklich ein Parteithema. Deswegen habe ich auch gesagt, dass ich diese Frage hier nicht zulassen werde. Wenn Sie eine andere Frage stellen wollen, können Sie das gern tun.

Ja. Ich will es noch einmal konkret sagen. Es geht nicht um die Partei CDU, sondern um die Fraktion der CDU. Meine Frage, die dahinter steht - das wäre jetzt meine Zusatzfrage -, ist: Wie viel Einfluss hat eine Fraktion auf die Regierung?

(Lachen bei den GRÜNEN - Zuruf von Cor- nelia Lüddemann, GRÜNE)

Wenn eine Fraktion beschließt, dass ein Minister sich so und so verhalten soll, dann würde mich einmal interessieren, ob das hier geht und wie Herr Haseloff dazu steht. Er hatte als Ministerpräsident den Auftrag bekommen, sich in seinem Kabinett dafür einzusetzen. Das hat mit der Partei nichts zu tun. Das hat etwas mit der Fraktion zu tun. Die Frage ist, wie viel Einfluss wir als Fraktionen dann auf das Regierungshandeln haben. Das ist der Hintergrund.

(Beifall bei der AfD)

Trotzdem bleibe ich dabei, dass das eine interne Sache zwischen der CDU und anderen Mitstreitern ist.

Sie können auch nicht von vornherein sagen: Ich möchte, dass Frau Dalbert darauf antwortet. Denn noch entscheidet immer die Regierungsbank. Das heißt, auch der Ministerpräsident sagt, wer wann auf welches Thema reagiert.

Ich schaue zum Ministerpräsidenten. - Er wird nicht antworten wollen. Damit sind das Thema

und auch die Fragestunde beendet. Ich habe diese Zeit jetzt noch dazugegeben, nicht dass Sie denken, ich habe Sie im Zeitlimit beschnitten.

Die Befragung der Landesregierung ist damit abgeschlossen und wir kommen nunmehr zum nächsten Tagesordnungspunkt.