Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Aus grüner Sicht spricht grundsätzlich viel für den Betrieb von Krankenhaus- und Gesundheitsinfrastruktur durch die öffentliche Hand. Das reibungslose Zusammenspiel von Kreiskrankenhäusern und Maximalversorgern mit Spezialfähigkeiten ist wichtig. Es ist für Wissenschaft und Forschung wichtig, aber auch ökonomisch wichtig.

Private Klinikkonzerne überweisen beispielsweise - das ist bereits erwähnt worden - Patientinnen und Patienten deutlich erkennbar innerhalb des eigenen Konzerns unter Inkaufnahme langer und oft unnötiger Wege. Das stresst die Kranken und das Budget der Versicherten. Private Träger haben ihre eigenen Strukturen im Blick und weniger das große Ganze. Hinzu kommt, dass die notwendige Weiterentwicklung der Krankenhauslandschaft abseits von Kapitalmarktinteressen deutlich besser gelingt.

Trägervielfalt ist grundsätzlich ein Wert an sich. Damit darf aber eben keine reine Ökonomisierung des Gesundheitssektors einhergehen. Denn es ist klar, dass Gesundheit keine Ware ist. Vielmehr ist der Gesundheitssektor ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss im Interesse der zukunftsfesten Gesundheitsversorgung öffentlich

steuerbar sein. Wir als Politik müssen das Heft des Handelns zu jedem Zeitpunkt in Hand haben. Deswegen sind wir auch bereit, bei einem nächsten Koalitionsvertrag darüber zu reden, wie wir ein Sondervermögen einrichten, damit wir im Zweifel auch Infrastruktur zurückkaufen können.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE, und bei der LINKEN)

Natürlich sind Krankenhäuser auch Unternehmen. Natürlich muss das ärztliche und pflegerische Personal bezahlt werden - gut bezahlt werden. Natürlich sind Investitionen in die Ausstattung der Krankenhäuser und in deren Bausubstanz zu tätigen. Das kostet Geld. Zugegebenermaßen sind wir hierbei - das haben die Ministerin und der CDUAbgeordnete gesagt - nicht an dem Punkt, an dem wir gern sein wollten. Dazu kann ich nur immer wieder auf eine nachhaltige Gesamtbetrachtung des Gesamthaushaltes verweisen.

Trotzdem ist grundsätzlich festzustellen, dass es falsch ist, wenn Krankenhäuser Gewinne erwirtschaften und an systemfremde Aktionäre Dividenden auszahlen. Ich begrüße daher ausdrücklich die Diskussion auf der Bundesebene, eine Be

grenzung der Gewinnerzielungsmöglichkeiten für Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Krankenversorgung einzuführen. Die Krankenhausversorgung darf kein Spekulationsobjekt sein. Der Einstieg von großen Investitionsgesellschaften in diesen Bereich muss begrenzt werden.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Wenn das, was Spahn angekündigt hat und was sich auch durchsetzen wird - ich will nur das Stichwort Personaluntergrenzen nennen -, Realität wird, wenn wir dazu kommen, dass wir die Tarifbindung als Pflicht vorsehen - das ist das, was wir wollen -, dann wird es für Investitionsgesellschaften zunehmend unattraktiv werden, sich in diesem Bereich zu tummeln.

Ich will ein aktuelles Beispiel dafür aufzeigen, wozu eine reine Marktlogik führt. Aktuell erleben wir im Salzlandkreis einen eskalierenden Arbeitskampf. Ich hätte mir, ehrlich gesagt, nicht träumen lassen, dass wir vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, worüber wir hier ganz oft diskutiert haben, noch einmal erleben müssen, dass Arbeitskräfte wegen eines Unterschieds von 600 € zum Tariflohn auf die Straße gehen müssen. Das, was Ameos macht, ist unfassbar und es ist ein Beispiel dafür, dass es eben nicht egal ist, wem öffentliche Infrastruktur gehört.

(Zustimmung von Dorothea Frederking, GRÜNE, bei der LINKEN und bei der SPD)

Ich will die Gelegenheit nutzen, für die grüne Seite klipp und klar zu erklären, dass wir uns solidarisch mit den dort streikenden Pflegekräften zeigen. Sie fordern eine Selbstverständlichkeit: den Tariflohn. Das sollte in der sozialen Marktwirtschaft selbstverständlich sein. Ich kann nur hoffen, dass sie einen langen Atem haben werden.

In Niedersachsen haben wir gesehen, dass erst nach elf Wochen eine Einigung erreicht wurde. Welchen Wert die Einigung hat, wird man sehen. Ich hoffe, dass es in Sachsen-Anhalt deutlich schneller geht. Denn die Einhaltung von Tarifverträgen ist, wie gesagt, eine Selbstverständlichkeit.

Mit Blick auf die Mitarbeiterbindung wundert es mich wirklich, dass Ameos sich im Grunde genommen auch für seine Aktionäre so feindlich verhält. Da hat offenbar jemand den Schuss nicht gehört. Auch in der Pflegelandschaft ist die Situation inzwischen eine deutlich andere. Pflege ist inzwischen konkurrenzfähig. Pflegekräfte haben eine gute Verhandlungsposition. Bei den Unterschieden, die es im Salzlandkreis gibt, wird die Flexibilität der Pflegekräfte auf eine andere Art und Weise als im Dreischichtsystem und all diesen Anforderungen, denen die Pflegekräfte ausgeliefert sind, bald nachweisbar sein. Ich frage mich, wie Ameos überhaupt noch Fachkräfte für seine Kliniken be

kommen will. Ich glaube, nachhaltiger kann man seinen Ruf als Arbeitgeber und Krankenhausträger nicht beschädigen.

Ich frage mich, wer sich jetzt noch dafür stark machen kann, dass Ameos die Burgenlandkliniken übernimmt.

(Zustimmung bei der LINKEN, von Rüdiger Erben, SPD, und von Dr. Katja Pähle, SPD)

Ich kann nur an den Finanzminister appellieren, der heute nicht hier ist, dass er auch diesen Aspekt in seine Entscheidung einbezieht, wenn er als Aufsichtsratsmitglied über ein Kaufangebot zu entscheiden hat.

Ich will noch erwähnen, dass es natürlich auch an der Uniklinik Halle Schwierigkeiten gab. Das ist jetzt aber geklärt. Es gibt eine tarifrechtliche Einigung. Ich glaube, das ist wichtig. Da gehen wir den richtigen Weg. Sicherlich hätte es aus der Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schneller gehen können. Ich glaube aber, das Zeichen ist ganz klar und ganz deutlich. Nur als guter Arbeitgeber wird man den Herausforderungen der Daseinsvorsorge gerecht. Diesen Weg geht auch die Uniklinik Halle.

Noch einmal zum Krankenhausplan; der stand heute schon mehrfach in Rede. Nicht unbedacht, darauf will ich noch einmal hinweisen, nimmt dieser zunächst die nächsten zwei Jahre in den Blick. In einem nächsten Koalitionsvertrag muss, so glaube ich, wirklich deutlich entschieden werden, in welche Richtung sich Gesundheitsvorsorgung in der Breite und in der Fläche in SachsenAnhalt organisieren soll.

Wir GRÜNE setzen diesbezüglich wesentlich auf das Modell Portalklinik. Diese muss man sich im Grunde wie eine große Notaufnahme vorstellen. Das sind stationäre Einrichtungen, die mit geringer Bettenzahl unter Nutzung von Telemedizin - dies ist ein ganz wesentlicher Aspekt - eine gute Not- und Erstversorgung leisten und eine fachliche Erstdiagnostik erbringen. Aufgrund dieser fachlichen Diagnostik findet eine gezielte Weiterleitung der Patientinnen und Patienten statt.

Wir meinen, dass es in unserem Flächenland vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung perspektivisch eine Lücke zwischen ambulanter und stationärer Versorgung geben wird und dass solche Portalkliniken eben die Möglichkeit sind, diese Lücke im besten Fall gar nicht erst entstehen zu lassen. Darauf werden wir in einem nächsten Koalitionsvertrag drängen.

Der Krankenhausplan setzt zudem die qualitätsorientierte Planung fort. Dies begrüßen wir als GRÜNE ausdrücklich. Allerdings könnte dieses Anliegen, wenn es nach uns ginge, in manchen Regionen durchaus noch mutiger angepackt wer

den. Die Region Halle ist bereits erwähnt worden. Die dortigen Doppel- und Dreifachstrukturen werden zu zögerlich angegangen. Vielmehr wird dem dortigen Universitätsklinikum weiterhin unnötig Konkurrenz gemacht; denn jede Entscheidung hat ihren Preis.

Wenn wir als Land in politischer Vereinbarung an zwei Uniklinika in diesem Land festhalten - ich sehe, dass dies ein weiterhin geltender Konsens in diesem Hohen Hause ist -, dann müssen wir aber auch dafür sorgen, dass die Uniklinika ihrer Rolle als Maximalversorger bestmöglich nachkommen können und aus dem Vollen schöpfen können. Die Kritik der Kassen an dieser Stelle ist durchaus berechtigt.

Ich glaube, dies ist auch ein wesentliches Argument, wenn es darum geht zu entscheiden, ob die öffentliche Hand weiterhin im Bieterstreit um das Burgenlandklinikum am Ball bleibt; denn wir müssen dafür sorgen, dass auch der Süden des Landes weiterhin aus einer Hand gesundheitlich gut versorgt wird.

Abschließend zusammengefasst: Wir GRÜNEN wollen, dass das Burgenlandklinikum in öffentlicher Hand bleibt. Die konkrete Ausgestaltung muss bis zum 28. Januar geklärt werden. Wir GRÜNEN betrachten die Gesundheitsversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und stellen das Patientenwohl in den Mittelpunkt. Wir GRÜNEN halten neue Strukturen, wie die Portalkliniken, für unumgänglich, um das Patientenwohl in Sachsen-Anhalt weiterhin und dauerhaft auch in der Fläche sichern zu können. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Lüddemann. Es gibt eine Wortmeldung. - Herr Abg. Gallert, bitte. Sie haben das Wort.

Frau Lüddemann, es ist lediglich eine kurze Anmerkung. Ich freue mich ausdrücklich über die weitgehende Übereinstimmung bei der Sicht auf die Dinge. Ich will darauf hinweisen, dass wir es mit Blick auf den Streik bei Ameos inzwischen nicht mehr nur mit dem Pflegebereich zu tun haben; denn der Marburger Bund und die Ärzteschaft hätten sich dem angeschlossen.

Bei den begleitenden Besuchen der Streikenden haben die Ärzte im Grunde genommen genau dieselbe Situation geschildert wie der Bereich der Pflege: völlige Überforderung, keine Möglichkeiten, mit den Menschen vernünftig umzugehen bzw. sie vernünftig zu behandeln. Die Überlegung, wohin man unter diesen Bedingungen geht, ist in diesem Bereich noch viel stärker, als Sie es

für den Pflegebereich geschildert haben. Die Situation bei Ameos ist allumfassend. Sie betrifft den Ärztebereich inzwischen in gleicher Art und Weise. - Danke.

Frau Lüddemann, Sie können darauf erwidern, müssen es aber nicht, denn es war keine Frage.

Ich würde dies als Ergänzung aufnehmen. Eklatant ist natürlich der Pflegebereich. Das ist ganz klar. Vermutlich hat Herr Spahn deswegen versucht, zuerst dort anzusetzen. Aber natürlich ist das ein Symptom für eine Struktur, die dahinter steht. Das habe ich hoffentlich in unserem grünen Redebeitrag deutlich gemacht. Es liegt eben an der Grundstruktur. Wenn es ein Aktienunternehmen ist, dann ist es natürlich darauf ausgerichtet, eine größtmögliche Rendite für die Aktionäre zu erwirtschaften. An welcher Stelle soll man im Gesundheits- oder Pflegebereich denn irgendwie etwas erwirtschaften? - Insofern sind wir uns an dieser Stelle völlig einig.

Vielen Dank. Ich sehe keine weiteren Fragen. - Wir kommen zur nächsten Debattenrednerin. Für die SPD-Fraktion spricht die Abg. Frau Dr. Pähle. Sie haben das Wort.

Vielen Dank.- Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zu den Kolleginnen und Kollegen spreche, die in der Sache interessiert sind, zwei Worte zu Ihnen, Herr Siegmund. Wer sich so viel an einem politischen Mitbewerber abarbeitet, hat wahrscheinlich inhaltlich nicht viel beizutragen.

(Unruhe bei der AfD)

Ich stelle fest, dass sogar ihr Bundestagswahlprogramm 2017 klüger war als Sie; denn darin wird festgestellt, dass seit der Einführung der Fallpauschalen - DRG - im Jahr 2002 unverkennbar eine Privatisierungswelle zu verzeichnen ist. Mit anderen Worten: Die Parteitagsdelegierten Ihrer Partei haben sich mit dem Thema umfassender beschäftigt als Sie. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Ich möchte an den Anfang meiner Ausführungen einen Satz stellen, den manche von Ihnen als Gemeinplatz empfinden, aber er ist eine unverzichtbare Grundlage für das, worüber wir heute diskutieren: Gesundheit ist keine Ware.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ja, mit der Arbeit im Gesundheitswesen verdienen immer mehr Menschen ihr Geld, und ich hoffe, gutes Geld. Aber sie tun dies im Dienste der Gemeinschaft und nicht für den Profit weniger. Krankenhäuser erfüllen einen öffentlichen Auftrag und das muss auch so bleiben. Deshalb ist für uns als SPD klar: Wir brauchen dauerhaft eine flächendeckende Krankenhausstruktur mit starken öffentlichen, also staatlichen und kommunalen, und mit gemeinnützigen Trägern.

Für uns ist ebenso klar: Die Privatisierung von kommunalen Krankenhäusern hat sich nicht bewährt.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich will nicht bestreiten, dass die betriebswirtschaftliche Expertise von privat geführten Unternehmen und die Synergieeffekte einer größeren Konzernstruktur ein effizientes Wirtschaften möglich machen kann. Diese Effizienzpotenziale ändern aber nichts daran, dass private Krankenhausbetreiber neben der wirtschaftlichen Kostendeckung, die auch ein öffentliches Krankenhaus leisten muss, zusätzlich noch einen Gewinn für die Eigentümer erzielen wollen und müssen.

Dieser private Profit muss irgendwo herkommen. Wir sagen: nicht von der Qualität für die Patientinnen und Patienten, die eingespart wird, nicht von den Gehältern der Beschäftigten, die weniger erhalten als in anderen Krankenhäusern, und nicht von der Breite der medizinischen Versorgung in den Krankenhäusern der Regionen unseres Landes.

Nicht einmal eine Kostenersparnis für die öffentliche Hand können wir aufgrund der Privatisierungen der vergangenen Jahre erkennen; denn Bund und Land bleiben in der Verpflichtung, die Investitionskostenzuschüsse unabhängig von der

Rechtsform des Betreibers zu zahlen. Das spielt für das, was wir als Land leisten müssen, keine Rolle.

Meine Damen und Herren! Ich bin in diesen Tagen gelegentlich gefragt worden - auch hier -, und dies mit einem unmissverständlichen Unterton: Wer hat denn die Privatisierungen beschlossen?

Wir wissen alle, dass es Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker waren, die jeweils ihre guten Gründe hatten und die Verkaufserlöse sicher für sinnvolle Zwecke einsetzen wollten.