Protokoll der Sitzung vom 19.12.2019

- ach, Herr Lange - zu Recht würden Sie kritisieren, wenn hier ein Beteiligungsfehler passiert wäre. Aber ich habe Ihnen vorhin die beteiligten Institutionen aufgezählt. Von der kommunalen Ebene waren das immerhin die Landkreise. Denen steht es völlig frei, ihre Gemeinden zu unterrichten.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Das glaube ich nicht!)

- Denen steht es völlig frei. - Es steht übrigens auch dem Unternehmen frei - darauf weist das Landesbergamt hin -, nach erteilter Genehmigung eine solche Information herauszugeben. Ich sage es noch einmal: Der Bescheid steht im Netz, und zwar seit dem Sommer dieses Jahres. Also mit allem Respekt, da ist nun allerhand an Information passiert.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)

Nicht passiert ist eine förmliche Beteiligung der Gemeinden. Ja, das hat man in Anwendung des geltenden Rechtes unterlassen, übrigens auch aus Opportunitätsüberlegungen heraus - ich habe versucht, das unterzubringen -; denn ein Großteil solcher Konzessionen wird überhaupt nicht ausgeübt, sondern bereits nach der Aktenrecherche zurückgegeben. Man wollte so möglicherweise die Welle vermeiden, die ja zu Recht erzeugt wird, wenn wir heute über den zweiten Schritt reden würden, wenn wir darüber reden würden, dass die Exploration tatsächlich durchgeführt wird. Dann verstehe ich völlig, dass wir sehr breit, auch mit der BI, darüber diskutieren müssen. Nur, zum jetzigen Zeitpunkt die Pferde scheu zu machen, das ist ein bisschen wie Rauch zu erzeugen und zu hoffen, dass auch Feuer zugrunde liegt.

Frau Funke, jetzt haben Sie die Möglichkeit, eine Frage zu stellen oder eine Intervention zu machen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Minister, ich gebe Ihnen zum Stand der Technik und dem Erdöl-, Erdgasverfahren darin recht, dass das heute ein bisschen anders ist als anno dazumal. Eine Frage habe ich trotzdem. Mich würde interessieren: Wenn sich ein Land wie unser Bundesland zu 100 % den erneuerbaren Energien verschrieben hat und dem Ökostrom, frage ich mich, was die Zielsetzung hinter einem solchen Vorhaben ist.

Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Frau Abg. Funke, das Land führt dieses Vorhaben nicht durch, sondern das ist ein Unternehmen, das von seinen ihm eingeräumten Rechten Gebrauch gemacht hat und sich davon möglicherweise etwas verspricht. Wenn wir das nicht wollen, brauchen wir eine andere gesetzliche Grundlage.

(Doreen Hildebrandt, DIE LINKE: Genau!)

Das haben wir uns jetzt gemeinsam erarbeitet. Im Moment besteht diese noch nicht. Es ist doch gut, dass wir darüber jetzt auch öffentlich diskutieren. Nur, wir sind - ich will noch einmal etwas zur Beruhigung beitragen - in einem Stadium der Aktenrecherche, in dem es darum geht, ob es überhaupt lohnt, weitere Explorationsbemühungen zu unternehmen.

Herr Lange, jetzt haben Sie die Möglichkeit, noch eine Frage zu stellen.

Herr Minister, ich bin ein bisschen enttäuscht, weil Sie einen echten Schritt zurück machen.

(Minister Prof. Dr. Armin Willingmann lacht)

- Nee, wirklich. - Wir sind beim Beispiel Teutschenthal in einem Verfahren, bei dem Sie versuchen, die Dinge, die dort schiefgelaufen sind, so transparent wie möglich darzustellen, auch mit den Menschen vor Ort in Gesprächen usw. usf.

Jetzt hat der Kollege Gallert im Prinzip den Impuls aufgegriffen, den ich im Ausschuss auch schon

einmal angesprochen hatte, nämlich dass wir in einer Zeit sind, in der sich Nachrichten schnell verbreiten, in der sich unter Umständen auch falsche Nachrichten verbreiten, in der Menschen sehr sensibel sind, was mit ihrer Umwelt passiert.

Insbesondere in der Altmark mit - nennen wir einmal nur das Stichwort Brüchau, aber auch andere alte Bohrschlammgruben, die wir da oben auch noch herumliegen haben - -

(Frank Bommersbach, CDU: Ja, aber aus welcher Zeit!)

- Herr Bommersbach, jetzt ist es aber mal gut! Wissen Sie was? - Sie können doch - - Ach, es lohnt sich überhaupt nicht, sich mit Ihnen darüber auseinanderzusetzen; denn ich muss ja den Minister ansprechen.

Also: Wir haben in der Altmark Altlasten liegen und wir wissen, dass es darüber große Diskussionen gibt.

(Zurufe von Dorothea Frederking, GRÜNE, und von Jens Kolze, CDU)

- Meine Güte! Ist das peinlich, ist das peinlich. - Jedenfalls haben Sie gerade gesagt, es lohnt sich nicht, die Pferde scheu zu machen. Das will auch niemand.

Aber wir möchten, dass Sie frühzeitig die Menschen einbeziehen, dass Sie dafür Sorge tragen, dass es eben nicht zu Gerüchten kommt, und dass Sie von Anfang an dafür Sorge tragen, dass alle diejenigen, die betroffen sind, offen mit Informationen in dem Prozess versorgt werden.

Sie brechen sich doch mit dem Landesbergamt keinen Zacken aus der Krone, die Leute vorher mit einzubeziehen, egal ob Sie es müssen oder nicht. Ich würde mir wünschen, dass Sie da einmal einen politischen Punkt setzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister, Sie haben noch einmal das Wort.

Der Abg. Herr Lange hat einen Wunsch geäußert. Das ist zu Weihnachten berechtigt.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Herr Willing- mann, das war eine politische Forderung!)

Herr Lange, noch einmal: Wir haben hier ein Verfahren, das das LAGB durchgeführt hat und bei dem eine sehr breite Beteiligung von öffentlichen Trägern erfolgt ist, die ihrerseits auch über Kommunikationsmöglichkeiten verfügen. Das LAGB hat den Bescheid zu dem Zeitpunkt, als er erlassen worden war, auch der Öffentlichkeit zur Ver

fügung gestellt. Es hat ihn nämlich auf seine Webseite gestellt.

Bitte, meine Damen und Herren, in diesem Stadium, in dem jetzt erst einmal geschaut wird, wo überhaupt bei 172 km2 Fläche irgendwelche Untersuchungen stattfinden, durchweg eine Rundmeldung herauszugeben, dass eventuell irgendwo Bohrtürme gebaut werden - so war es ja dann auch -,

(Hendrik Lange, DIE LINKE: So war es dann gar nicht!)

das ist einfach Unsinn. So kann Verwaltung auch nicht funktionieren.

(Zustimmung bei der CDU)

Verwaltung muss ein Stück weit auch darauf vertrauen, dass mit solchen Informationen seriös umgegangen wird. Alles, was das LAGB mitzuteilen hatte, hat es auf seiner Webseite zur Verfügung gestellt, und zwar rechtzeitig und nicht erst auf Ihren Antrag hin.

Herr Minister, es gibt keine weiteren Fragen. Ich danke Ihnen für die Stellungnahme der Landesregierung.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Wir fahren in der Debatte fort. Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon eine Weile her, es war etwa 1850 und auch knapp 100 km von der Altmark entfernt, als man auf der Suche nach Braunkohle die erste erfolgreiche Erdölförderung im Zusammenhang mit einer Bohrung möglicherweise zustande brachte. Wohlgemerkt: als Nebenprodukt, als man etwas anderes gesucht hatte. Mit einem 10 m hohen Turm aus Holz und einer Tiefe von 35 m schaffte man es damals täglich, einen halben Eimer Rohöl zutage zu bringen.

Nachdem man dann 100 Jahre später diese Förderung eingestellt hatte, hatte das gravierenden Einfluss auf die technische und die industrielle Entwicklung nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt.

Ich fange bewusst an dieser Stelle an, Herr Lange, damit Sie nicht reflexhaft darauf reagieren, dass ich sage: Ja, das, was die Akzeptanz in der Altmark betrifft, ist ein Stück weit eine andere Zeit.

Nun war es damals; um 1850, auch nicht ganz einfach, über die Landesgrenze hinweg Erfahrungen auszutauschen. Und doch haben die Menschen in der Altmark das genutzt und nicht nur hin

und her geheiratet, sondern auch ihre Erfahrungen ausgetauscht.

Und ja, es war schon vor der DDR-Zeit, als man in der Altmark nach Öl gesucht hatte. Im Jahr 1940 stand ein Bohrturm etwa zwei Kilometer vom Haus meiner Großeltern entfernt. Ich habe damals noch nicht gelebt, Sie auch nicht.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Das stimmt!)

Aber die Berichte sind heute noch in der Bevölkerung vorhanden. Und es war nicht nur ein Bohrturm, sondern es kamen mehrere. Die Suche damals war noch nicht von ausreichendem Erfolg gekennzeichnet.

Zu DDR-Zeiten hat man diese Suche nach Erdöl fortgesetzt. So ähnlich wie 1850 war man bei der Suche nach Erdöl nicht erfolgreich. Und das Nebenprodukt Gas hat plötzlich zu einer wahren Euphorie geführt, auch zu Parteitagsbeschlüssen und -programmen vielfältiger Art. Mit den Folgen quälen wir uns noch heute.

In der letzten Landtagssitzung hatten wir das Thema Windenergie und haben gehört, dass die Flügel dann in der Wüste verbuddelt werden. Frau Ministerin hatte darauf hingewiesen, dass das unbefriedigend ist. Wir hatten das Thema also schon. Ja, ganz große Vorhaben sind immer davon geprägt, dass sie auch große Nebenwirkungen haben.

Aber worüber reden wir hier und heute? - Wir reden darüber: Es gibt Menschen, die haben ein Interesse daran, zu forschen; die wollen etwas suchen - es geht doch gar nicht um das Heben -, und es gibt welche, die sagen: Nein, wir wollen partout nicht wissen, ob man nach dem heutigen Stand der Technik Genaueres sagen kann. - Das verblüfft mich, das verblüfft mich sehr. Ich hatte immer den Eindruck, dass wir da offener sind.

Nun stellen wir uns einmal vor, wir werden fündig und stellen wertvolle Bodenschätze unter der Altmark fest. Dann wären die Altmärker doch wohl die Letzten, die sagen würden: Wir wollen unsere Probleme lieber in Afrika gelöst haben,