Ich habe den Auftrag, dem Kabinett die Schulentwicklungsplanung vorzulegen, die dann ihre offiziellen Wege über Anhörung und Beteiligung in allen Kreistagen nimmt. Sie sind länger dabei als ich. Sie wissen, wie das alles läuft. Nach einem längeren Prozess, der über mehrere Jahre dauert, gibt es Entscheidungen darüber, wie Schulträger und Land gemeinsam eine Schullandschaft organisieren, die den Herausforderungen von Schülerzahlen, Lehrerversorgung etc. entspricht.
Bevor man ins Kabinett geht, ist man als Minister in einer Koalition, aber auch dann, wenn man auf eine absolute Mehrheit zurückgreifen kann, gut beraten, mit den Regierungsfraktionen zu reden. Das habe ich gemacht bzw. bin dabei, das zu tun. Im Rahmen dieser Gespräche in den Fraktionen haben wir uns über einige Maßstäbe ausgetauscht und vielleicht auch das eine oder andere Papier miteinander besprochen.
Dass manche Papiere auf diesem Wege die Öffentlichkeit erreichen, gehört zum politischen Geschäft. Am Anfang habe ich gedacht, das ist eine Bösartigkeit, aber das habe ich in der KeniaKoalition bisher nie so kennengelernt. Deswegen kann es nur ein Versehen gewesen sein. Dass diese öffentliche Debatte aufgrund von Papieren geführt wurde, die nicht verstanden worden sind bzw. bezüglich derer die Erkenntnisse noch nicht so ganz gereift sind, gehört zum politischen Geschäft.
Wir werden in den weiteren Gesprächen eine Schulentwicklungsplanung in diesem Lande besprechen und, so hoffe ich, auch beschließen, die am Ende zwei Parameter zum Inhalt hat, die mir und wohl auch der Koalition wichtig sind. Der eine Punkt ist, dass wir die Schullandschaft im Lande erhalten, dass wir keine Schulen schließen, keine Schulschließungsdebatten entfachen und keine Verunsicherung im Land hervorrufen.
Der zweite Punkt, der sich daran ebenfalls als Maßstab anschließt, ist das, was wir gemeinsam bei der Reform der Oberstufenverordnung voranbringen wollen, gemeinsames Abitur, mehr Gerechtigkeit, mehr Vergleichbarkeit, KMK-Standards in Deutschland usw., damit wir genau das hinterlegen, was wir uns in der Kultusministerkonferenz versprochen haben, nämlich dass wir beim Abitur den Bildungsföderalismus endlich dahin bringen, dass er zeigt: Er ist reformfähig, er ist ge
staltungsfähig und er führt am Ende zu den Maßstäben, die ich gerade beschrieben habe, dass das Abitur gerechter, vergleichbarer und vielleicht auch ein bisschen besser wird. Das ist alles, was wir dazu haben.
Ob jetzt irgendwelche Briefe irgendwohin kursiert sind und wer in der Straßenbahn irgendetwas gefunden hat, das weiß ich nicht. Letztlich wird es im Kabinett eine offizielle Vorlage geben.
Herr Tullner, Sie haben doch völlig recht. Aufregung verbraucht Energie, und wir müssen natürlich aufpassen, worüber wir uns aufregen und wann wir uns aufregen.
Wenn es irgendein Papier gegeben hätte, das in der Straßenbahn aus Versehen jemand vergessen hätte, und es wäre in die Öffentlichkeit gekommen, dann hätte sich niemand so aufregen müssen. Meine Information war aber, dass die erwähnte Anhebung der Mindestschülerzahlen zum Beispiel bei Gemeinschaftsschulen ein offizielles Schreiben des Ministeriums an die Träger der öffentlichen Belange betraf mit der Aufforderung, dazu Stellung zu nehmen. Das ist etwas anderes, als wenn jemand in der Straßenbahn ein Papier vergessen hat.
Beim ersten Fall - Papier in der Straßenbahn vergessen - muss man sich nicht aufregen. Im zweiten Fall - ein offizielles Papier mit der Bitte um Stellungnahme an die Träger öffentlicher Belange - kann man sich aber schon mal aufregen. Deswegen wiederhole ich meine Frage: War diese Erhöhung der Mindestschülerzahl Inhalt eines Papiers aus dem Ministerium an die Träger der öffentlichen Belange mit der Bitte um Stellungnahme - ja oder nein?
Herr Gallert ich schätze Ihren Versuch, irgendwie einen Showdown-Effekt herbeiführen zu wollen. Das wird Ihnen nicht gelingen. Sie haben es vorhin selber gesagt: Wenn ich jetzt sage, so ein Schreiben hat es nicht gegeben - - Ich weiß nicht, welche Schreiben gelegentlich aus unserer Verwaltung kommen.
(Wulf Gallert, DIE LINKE: Das ist schon mal eine Aussage! - Hendrik Lange, DIE LINKE: Das kann ich mir vorstellen!)
Ich habe Ihnen doch gerade erklärt: Wenn ein Schulamtsleiter einen Brief schreibt, dann schreibt er den Brief in seiner eigenen Zuständigkeit. Ich kontrolliere doch nicht jeden Brief, der aus dem Bildungsministerium herausgeht, und gucke, ob die Kommas richtig gesetzt sind.
- Also, Herr Gallert, wenn Sie mir die Chance geben, Ihre Frage zu beantworten, möchte ich das sehr gerne tun und dann würde ich Ihnen vielleicht auch die Argumente liefern.
Der Verfahrensgang ist doch ganz eindeutig. Eine Schulentwicklungsplanung muss durch das Kabinett. Dazu gibt es eine Kabinettsvorlage. Diese Kabinettsvorlage wird dann vom Kabinett beraten und entweder zur Kenntnis genommen oder beschlossen. Dann ist es offiziell. Ob vorher irgendwelche Briefe geschrieben und Konsultationen gelaufen sind, weiß ich nicht. Das kann ich aber gern nachprüfen und nachreichen.
Offizielle Maßstäbe in der Schulentwicklungsplanung kann es gar nicht gegeben haben, weil ich diese erst mit den Koalitionsfraktionen berede und danach ins Kabinett gehe.
Ich habe auch in der letzten Wochen keine sportlichen Aktivitäten angestellt, die mit Vor- oder Zurückrudern zu tun haben. Ich habe einfach eine Diskussionsgrundlage geschaffen, die diese beiden Maßstäbe zum Inhalt hat: auf der einen Seite keine Schulschließung im Lande, keine Verunsicherung, keine unnötigen Debatten, keine Emotionen - das gelingt in der Bildungspolitik leider eher weniger -, auf der anderen Seite dieses Abiturthema. Das findet sich wieder - plus Förderschulkonzept, plus einige andere Themen.
Auch ich habe, ehrlich gesagt, mit Verwunderung Zeitung gelesen. Wenn man mir auf der einen Seite - auf Grundlage welcher Information auch immer - vorwirft, ich sei der schwarze Fürst, der Gemeinschaftsschulen killt,
und mir mit demselben Duktus der Empörung dann auch noch unterstellt, ich würde mehr als 50 % der Gymnasien zur Disposition stellen, dann frage ich mich, worin da die Logik besteht. Wenn man mir vorwirft, ich sei der schwarze Fürst, dann kann ich doch nicht noch die Gymnasien in Bestandsgefahr bringen.
Das ist in sich alles abstrus. Daran kann man sehen: Entweder hat es hier jemand nicht verstanden - dann können wir es erklären - oder es war bösartig. Das habe ich in diesem Hohen Hause aber noch nicht kennengelernt. Deswegen glaube ich, dass wir mehr erklären müssen und mehr Debatten führen müssen. Das tun wir zunächst intern, wie wir es in der Kenia-Koalition immer tun. Danach führen wir eine breite Debatte, zu der ich Sie herzlich einlade und zu der ich gestern im Bildungsausschuss schon gesagt habe, dass wir sie mit der Opposition gern im Ausschuss oder wo auch immer führen. Laden Sie mich ein; ich erkläre Ihnen alles.
In der Bildungspolitik ist mir immer daran gelegen, dass wir breit miteinander diskutieren und am Ende einen Konsens erzielen, der auf die Herausforderungen im Bereich Schule die richtigen Antworten liefert und bei dem man weniger parteipolitische Spielchen betreibt. Das hat Schule nämlich nicht verdient. Das sollten wir uns ein bisschen abtrainieren.
Vielen Dank. - Jetzt kommen wir zum nächsten Fragesteller, zum Abg. Herrn Lippmann. - Sie haben das Wort, bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich finde, es ist schon starker Tobak, was wir hier geboten bekommen, was das Handeln des Ministers und seine Auffassung betrifft. Ich glaube, wir werden an diesem Punkt noch dranbleiben müssen.
Aber ich habe noch eine andere Frage. Ich bereite Ihnen jetzt nicht die Freude, thematisch bei der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung zu bleiben, sondern ich komme auf den Brief, auf den Anlass für den Brief und auch auf Ihre Aussagen zurück.
Seien Sie versichert, dass wir diese Debatte nicht deswegen führen, weil uns dieses Volksbegehren jetzt gerade mal gefällt und wir nicht den Blick darauf haben, wie wir argumentieren würden, wenn es ein Volksbegehren wäre, das uns möglicherweise nicht gefallen würde. Vielmehr geht es darum, dass es ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut ist, ein Volksbegehren durchzuführen, das von einem Bündnis getragen wird, zu dem auch der Landeselternrat, der Landesschülerrat und viele andere gehören. Sie wissen das.
Sie bringen das jetzt argumentativ in einen Kontext mit Agitation und Propaganda und argumentieren mit Artikel 91 der Landesverfassung, in dem es um unparteiisches Verhalten der Landesbediensteten geht. Sinngemäß steht in dem Artikel, diese sind nicht Diener einer Partei, sondern des ganzen Volkes.
Hier geht es um ein Bündnis und es geht um ein verfassungsrechtlich geschütztes Gut, das in Anspruch genommen wird. Auf andere Beispiele ist schon hingewiesen worden. Sie sagen, das habe in der Schule nichts verloren. Das weise ich zurück. Ich bitte Sie, als Bildungsminister dieses Landes wirklich einmal über Demokratieerziehung in der Schule nachzudenken. Es gibt dafür überhaupt kein besseres Beispiel als das relativ seltene Ereignis eines Volksbegehrens. Es ist ja erst das dritte Volksbegehren, wenn man von Volksinitiativen, einer anderen Form, absieht. Volksbegehren haben eine andere Qualität und finden nur alle paar Jahre statt. Eine bessere Form der Demokratieerziehung in den Schulen kann man sich im Prinzip überhaupt nicht vorstellen.
Ich komme auf den Anlass zurück, also darauf, wie Herr D. hätte reagieren können. Der Anlass sind möglicherweise - ich habe es nur gehört; ich weiß das nicht - die Nachfragen von ein paar - -
Ich habe den Minister zum einen gefragt, ob er vor dem Hintergrund eines verfassungsrechtlich geschützten Gutes und dieses Bündnisses seine Argumentation, das sei Agitation und Propaganda, die in der Schule nichts verloren habe, aufrechterhält und ob er seine Auffassung aufrechterhält, dass dieses Schreiben, um das es geht, nicht neutral war; ich hoffe, Sie kennen es. In diesem Schreiben stand nichts davon, dass jemand irgendetwas geliefert bekommt. Dieses Schreiben hätte man einfach wegwerfen können. Ich habe auch gefragt, ob es angemessen war, dass Herr D. nicht nur diesen zwei oder drei Schulleitern geantwortet hat, sondern gleich einen Rundumschlag in Richtung aller Schulen gemacht hat.
Herr Lippmann, ehrlich gesagt, ich komme langsam auch in Zweifel, welche verfassungsrechtlichen und rechtlichen Vorstellungen Sie von Politik im Allgemeinen und von der Verantwortung für Schule im Besonderen haben. Deshalb sollte man die Debatte wirklich noch einmal auf den Punkt bringen.
Zunächst stelle ich mit etwas mit Verwunderung fest: Seien Sie doch nicht so pessimistisch. Ich nehme wahr, dass Sie viele Unterschriften sam
meln und dass es gut vorangeht. Warum kommen Sie dann jetzt in einen solchen Unruhemodus? Ich will doch gar nicht schuld daran sein, dass dieses Volksbegehren scheitert. Das soll doch am Ende der Souverän selbst entscheiden. Ich finde, Ihre Ausführungen stehen in dem Duktus, dass Sie jetzt ein bisschen Angst haben, die Unterschriften nicht zusammen zu bekommen, weil die Schulen nicht in Ihrem Sinne mitspielen.
Das wird dem Anliegen gar nicht gerecht. Ich glaube, Sie sollten ruhig ein bisschen optimistischer und ein bisschen motivierter sein und draußen mit den Bürgerinnen und Bürgern das Gespräch suchen.
Wenn Sie am Ende wollen, dass die Lehrer in den Schulen Listen auslegen, die dann vielleicht noch von Gruppen unterschrieben werden, um sie danach wieder abzuliefern, dann denken Sie bitte einmal darüber nach, was Sie damit von mir erwarten. Denken Sie bitte im Kontext auch noch einmal darüber nach, welche anderen Initiativen und Begehren entstehen können, die Ihnen vielleicht nicht gefallen. Ihnen erscheint es gerade opportun, Tür und Tor zu öffnen und alle rechtlichen - gar noch verfassungsrechtlichen - Regeln außer Kraft zu setzen. Ich weiß nicht, ob Sie das am Ende wirklich wollen. Ich kann Sie nur herzlich bitten, dem nachzugehen.
Eines will ich noch sagen. Dass es nicht 20 oder 30, sondern nur eine oder zwei Schulen waren und Herr D. wie mit einer Schrotflinte ins Land schießt, das ist eine Wahrnehmung, die ich nach meinen Gesprächen mit dem Landesschulamt ausdrücklich nicht teile. Wenn Schulen unbestellt Briefe bekommen, in denen sinngemäß steht, dass sie wie bestellt die Listen bekämen, sie keinen Umschlag zu frankieren brauchten, weil der Umschlag beiliege, sie brauchten die Liste also nur ausgefüllt zurückzuschicken, dann erwarte ich von meinen Schulen nicht, dass Sie die wegschmeißen - das war ja Ihr Impetus -, sondern dann erwarte ich, dass man solche Dinge sorgfältig prüft. Das haben sie gemacht, indem sie sich an das Schulamt gewandt haben. Das Schulamt hat dazu Klarstellungen gegeben.
Dass man Briefe einfach wegwirft, weil sie einem nicht gefallen, gerade bei einem so wichtigen demokratiepolitischen Thema, das können Sie wiederum auch nicht wollen. Da widersprechen Sie sich am Ende selbst.
Vielen Dank, Herr Minister Tullner. Die nächste Fragestellerin ist Frau von Angern. - Sie haben jetzt das Wort. Bitte.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ein Gutes hat Ihr Brief. Er hat dem ehrenamtlichen Engagement der Eltern, der Gewerkschaftsmitglieder und weiterer Beteiligter noch einmal einen ordentlichen Schub gegeben.
Ich bedanke mich deswegen nicht für den Brief, aber ich denke, das ist ein positiver Effekt, den ich nicht unerwähnt lassen möchte.
Herr Minister, Sie haben meinem Kollegen Herrn Gebhardt, als er den Vergleich zur Volksinitiative zum Erhalt der Kulturlandschaft gezogen hat, ein bisschen vorgeworfen, er würde Äpfel mit Birnen vergleichen, da in den Kulturstätten keine Landesbediensteten tätig seien.