(Sebastian Striegel, GRÜNE: Niemand in Ihrer Partei wolle koalieren, haben sie eben gesagt, Herr Lippmann!)
- Lass mich doch mal reden. Wir brauchen keine Abgrenzungsbeschlüsse auf Parteitagen gegen irgendjemanden, weil wir aus unserer Sicht in unseren politischen Inhalten, in unseren politischen Forderungen so klar sind, dass Klarheit darüber besteht, wo die Grenzen der Zusammenarbeit sind.
Dass wir mit der CDU zusammenarbeiten, zeigt die Parlamentsreform, zeigen manche Anträge, die wir hier gemeinsam beschließen, und zeigt natürlich Bodo Ramelow mit seiner Idee, Christine Lieberknecht als Kandidatin vorzuschlagen, um aus der Misere herauszukommen.
Natürlich ist das nicht starr. Es erzeugt natürlich eine gewisse Gegenreaktion, wenn man sich von der CDU immer wieder vorhalten lassen muss: Mit denen auf gar keinen Fall. - Wir sind ja nicht diejenigen, die die Schärfe in die Debatte bringen. Außerdem, um noch einmal einen kurzen Blick auf Herrn Scheurell zu werfen, sind es die Medien, die uns in diese Debatte treiben.
Wir führen natürlich diese Debatte, selbstverständlich. Ich werde seit anderthalb oder zwei Jahren gefragt - andere vermutlich auch, nicht nur ich -, ob das, wenn gar nichts anderes mehr möglich ist, auch geht. Natürlich müssen wir uns dazu verhalten. Wir wissen aber, wie groß die inhaltlichen und auch grundsätzlichen Unterschiede bei den politischen Auffassungen sind. Wir wissen also, wie weit der Weg ist. Deswegen ist es alles andere, als dass man sich das auch nur irgendwie wünschen würde. Wir wollen auch nicht, bevor ein neues Wahlergebnis vorliegt, über eine solche Frage nachdenken müssen.
Ich habe eine Nachfrage. - Ich möchte von einem potenziellen Spitzenkandidaten, nämlich Herrn Lippmann von der LINKEN, gerne wissen, ob mit ihm eine Situation wie am Wahlabend 2016 vorstellbar ist, in der, ich glaube, um 20:15 Uhr die damalige Parteivorsitzende erklärt hat, mit der CDU werde man noch nicht einmal Gespräche führen. Ich kann es mir in der gesellschaftlichen Situation, in der wir leben, nicht als verantwortliches Handeln vorstellen, wenn man nach einer Wahl so an eine politisch gegebene Situation herangeht.
Deswegen ist meine klare Frage an den hier stehenden Fraktionsvorsitzenden: Würden Sie eine solche Variante für sich als möglichen potenziellen Spitzenkandidaten Ihrer Partei ausschließen?
Ich werde im Sinne Ihrer Fragestellung, die natürlich eine thematische Linie ist, vorher keine Dogmen verkünden. Wir werden keine Wahlaussage in diese Richtung machen, außer dass es hinsichtlich der AfD natürlich klar ist. Wir werden aber für etwas anderes kämpfen, und zwar bis 18 Uhr am Wahlabend. Danach müssen sich alle in die Augen schauen, wie in Thüringen auch. Dann muss man schauen, was geht und was nicht geht. Wir werden uns nicht in Abgrenzungsbeschlüsse treiben lassen. Wir wünschen uns ein Wahlergebnis, das andere Mehrheiten bringt und das einen Gedanken an eine Zusammenarbeit mit der CDU entbehrlich macht.
Sie sind noch nicht an der Reihe, Herr Borgwardt, nein. Jetzt ist erst Herr Poggenburg an der Reihe.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich möchte mir gern einmal diesen Aufruf zum Abrüsten zu Herzen nehmen.
Wir haben eine hoch emotionale, schwere Debatte hinter uns und haben ein schwieriges Thema angesprochen. Ich finde, man kann die Misere, die wir jetzt in Thüringen gesehen haben, in zweierlei Hinsicht betrachten, und zwar einmal sehr detailliert und einmal vom Grundsätzlichen her.
Gehen wir einmal ins Detail. Das kann man relativ unaufgeregt machen. Was in Thüringen passiert ist, war in gewisser Weise ein Politschauspiel. Ob und inwieweit dieses Taktieren aufseiten der AfD Erfolge bringt oder nicht, wie konstruktiv das war oder nicht, wird sich vielleicht irgendwann einmal zeigen. Bisher hat es erst einmal für sehr viel Aufsehen und für sehr viele Diskussionen gesorgt.
Was wir aber gesehen haben, ist, dass dort etwas vor sich gegangen ist, was unabhängig von politischen Strömungen und Parteien nie hätte passieren dürfen. Es kann doch nicht sein, dass in einem deutschen Parlament ein Vertreter der
kleinsten in diesem Parlament vertretenen Partei - egal wer das ist -, einer Partei, die es gerade hineingeschafft hat,
- richtig, in dem Falle war es die FDP, das ist richtig; aber es ist grundsätzlich egal - zum Ministerpräsidenten, also zum Landesvater gewählt werden kann. Das ist doch einfach nicht richtig, unabhängig von der Partei.
Was haben wir daran gesehen? - Daran haben wir gesehen, dass die Regularien, die der deutsche Parlamentarismus aufzubieten hat, sehr schnell an die Grenzen kommen und dass das so nicht richtig funktioniert.
Ein Landesvater müsste doch normalerweise wie ein Oberbürgermeister gewählt werden, also direkt von den Bürgern des Landes. Das ist eine Forderung, die seit Langem viele stellen. Das ist eine Forderung, die auch eine Initiative wie der „Aufbruch Deutschland 2020“ stellt. Wir brauchen eine grundlegende Reform des deutschen Parlamentarismus. Wir brauchen ein neues Regelwerk. Auch das haben wir in diesem Fall gesehen. - Das ist der erste Teil. Das war relativ kurz und emotionslos.
Kommen wir zum zweiten Teil, also zum Grundsätzlichen, was wir dort erlebt haben und was wir heute auch hier von der linken Seite gehört haben. Mit „linker Seite“ meine ich wirklich linksaußen bis mitte-links.
Herr Ministerpräsident, Sie haben vorhin gesagt, unsere Gesellschaft soll oder darf nicht psychisch krank werden. So ähnlich oder fast genau so haben Sie es vorhin hinsichtlich der Intoleranz und anderer Dinge gesagt. So weit gehe ich vollkommen mit. Das Problem ist nur, dass unsere Gesellschaft, das deutsche Volk, politisch gesehen, längst psychisch krank ist, seit Langem und auch hinsichtlich Intoleranz.
Wenn wir einmal betrachten, wie der politische Diskurs in den letzten Jahren abgelaufen ist, dann erkennen wir, dass Intoleranz eines der Markenzeichen im politischen Diskurs ist. Es wird Gewalt gegen politisch Andersdenkende angewandt, es wird niedergeschrien und es werden sogar Leute direkt zu Hause, wie in Leipzig, überfallen und bedroht. All das ist schon bei uns eingezogen. All das ist schon lange Teil unserer Kultur.
Das deutsche Volk ist auch in anderer Hinsicht längst psychisch krank, weil es nämlich seit Jahrzehnten einem linken Diktat, einer linken Indoktrination unterworfen ist, weil es täglich an seine Erbsünde erinnert wird und weil es sich täglich ducken soll, bücken soll, wegducken soll, Prügel
Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, Populisten sind Menschen, die Themen instrumentalisieren. Das kann man so stehen lassen. Wenn wir dann aber das angesprochene Beispiel Hanau betrachten, dann erkennen wir: Es wurde ein Thema instrumentalisiert, und zwar gefühlt von der ersten Sekunde an. Direkt nach dem Ereignis wurde dieses Thema von links instrumentalisiert. Da, wo ein psychisch kranker Mensch, ein Mehrfachmörder eine Schreckenstat begangen hat, hat sich die linke Politik, haben sich große Teile der Medien sofort ihr eigenes Bild gezimmert und das Thema für den politischen Kampf gegen rechts instrumentalisiert. Dabei ist nichts anderes betrieben worden als politische Leichenfledderei. Nichts anderes war das. So gesehen war Hanau ein Paradebeispiel für Linkspopulismus, wenn wir Ihre Worte von vorhin einmal als Hintergrund nehmen.
Die linke Seite hier im Parlament, wie allgemein in der Gesellschaft, behauptet ja von sich, sie seien d i e Demokraten. Aber was ist denn wirklich demokratisches Verhalten? - Demokratisches Verhalten wäre es doch zu versuchen, Leute zu vereinnahmen, zu diskutieren, sich auszutauschen, gewaltfrei auszutauschen. Es wäre doch der Versuch, miteinander ins Gespräch zu kommen, in Diskurs zu kommen. Das wäre doch demokratisches Verhalten. Aber was erleben wir? Das wurde vorhin auch gesagt. - Wir erleben Abgrenzung. Wir erleben Ausgrenzung. Wir erleben von der linken Seite sogar subtile Gewaltaufforderung im politischen Diskurs, die dann natürlich auch auf der Straße immer wieder in Gewaltaktionen endet.
Das ist doch kein demokratisches Verhalten. Ein Demokrat würde allein wegen seines eigenen Vorbildverhaltens allen zeigen, was demokratisch ist, und würde dabei natürlich auch vieles in Kauf nehmen müssen, was schwer zu ertragen ist. Das wäre ein demokratisches Verhalten. Das, was wir von dieser Seite hier sehen, ist kein demokratisches Verhalten.
Wir haben vorhin von Frau Dr. Pähle als Vertreterin der einbringenden Fraktion zu Punkt a) der Aktuellen Debatte gehört, dass es eine Regierungsbildung mithilfe der AfD nie geben dürfe. Das war vorhin die Aussage. Dazu muss ich Ihnen sagen, Frau Dr. Pähle: Das sollten Sie wirklich den Bürgern und den Wählern da draußen überlassen. So etwas zu formulieren, ist doch so abgehoben, ist doch so undemokratisch, wie es schlimmer gar nicht geht. Das kann man sich vielleicht denken.
Darauf kann man politisch auch hinarbeiten. Aber das so zu formulieren, reißt Ihnen natürlich in gewisser Weise die Maske vom Gesicht.
Zu der Gleichsetzung von AfD und LINKE: Die AfD hat sich schon dagegen gewehrt; das kann ich mir vorstellen. DIE LINKE hat sich ebenfalls dagegen gewehrt; das kann ich mir ebenfalls vorstellen. Eine solche Gleichsetzung bringt erst einmal überhaupt nichts.
Letztlich ist es so, dass die AfD zwar mit Faschisten in einen Topf geworfen wird - ich muss die AfD nicht mehr zwangsläufig verteidigen -, DIE LINKE sich aber ganz klar und direkt mit Faschisten draußen auf der Straße zeigt und Hand in Hand mit Faschisten gemeinsame Aktionen durchführt. Sie tummeln sich da draußen mit MLPD, mit KPD, mit DKP, mit Antifa, mit Schwarzem Block. Das sind Faschisten. Wir sollten einmal darüber nachdenken: Wer vermeintlichen Faschismus mit faschistischen Methoden bekämpft, ist was? - Ein Faschist. Das ist doch ganz einfach und die Leute draußen wissen das auch. Die begreifen das.
Nun können Sie sagen, was der Poggenburg da quatscht, ist doch alles Blödsinn. Nein, liebe SPD, Ihr ehemaliger Vorsitzender hat das doch schon formuliert. Kurt Schumacher hat damals gesagt, dass Kommunisten doch auch nur rot lackierte Faschisten seien. Der hat das verstanden und gewusst. Ich möchte der SPD jetzt nicht vorwerfen, kommunistisch zu sein. Aber Sie tummeln sich zumindest Hand in Hand, Schulter an Schulter mit Kommunisten, mit Linksfaschisten. Sie tummeln sich im roten faschistischen Sumpf,
Frau Frederking, Sie haben vorhin etwas Richtiges und Wichtiges gesagt. Sie haben an den Schwur von Buchenwald erinnert und haben gesagt, dass man dem Anfang des Faschismus konsequent von Anfang an begegnen müsse. Das ist richtig. Das Problem ist nur, Frau Frederking, Sie, Ihre Partei, ihre Getreuen - -
(Olaf Meister, GRÜNE: Sie ist gar nicht da! - Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Und sie hat es auch nicht gesagt!)
- Entschuldigung, Sie haben recht. Frau Lüddemann war das. Entschuldigung. Frau Lüddemann, Sie haben vorhin gesagt, dass man dem Anfang, dem Beginn des Faschismus konsequent begegnen müsse. Das Problem ist nur: Sie können dem Anfang gar nicht mehr begegnen. Sie und Ihre Getreuen sind Teil des Anfangs. Sie sind
längst Teil des beginnenden Faschismus. Sie dürfen doch nicht davon ausgehen, dass es alles genauso wiederkommt und so passiert, wie es damals passiert ist. Davon gehen Sie aus. Sie haben ein Denkschema und danach wird alles genauso passieren wie damals. Nein, das Grundsätzliche wird wiederkommen, aber in anderen Farben und anderen Mustern.
Wenn Sie gegen den Faschismus ankämpfen möchten, müssen Sie gegen sich selbst ankämpfen. - Vielen Dank.
Herr Poggenburg, das war schon mehr als ein Satz. Es gibt keine Wortmeldungen. - Somit kommen wir zum nächsten Debattenredner. Für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Herr Borgwardt.