Protokoll der Sitzung vom 23.02.2000

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Grob. Als nächste hat Frau Abgeordnete Dr. Klaus das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sprechen heute über das Thüringer Ausführungsgesetz zum Fleischhygienegesetz und zum Geflügelfleischhygienegesetz. An diesem Titel merken Sie schon, dass es wahrscheinlich politisch wesentlich brisantere Themen hier im Landtag gibt als dieses Gesetz.

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Nein.)

Ein deutlicher Widerspruch, das freut mich natürlich sehr. Nichtsdestotrotz möchte ich aus zwei Gründen hier einige Worte zu diesem Gesetz sagen. Erstens: Es ist immer eine intensive Prüfung durch die Abgeordneten wert, wenn Bürgern durch ein Gesetz Lasten auferlegt werden. Dies ist im vorliegenden Gesetz ganz zweifelsfrei der Fall. Die Ausschüsse haben sich gerade mit dieser Frage ganz intensiv auseinander gesetzt. Zweitens: Ich bin natürlich als Tierärztin denjenigen nach wie vor sehr verbunden, die mit der Umsetzung dieses Gesetzes in der Praxis täglich umgehen müssen, nämlich Tierärzten und Fleischkontrolleuren, die vor Ort die Arbeit erledigen. Zur ersten Problematik, der Problematik der Lasten: Stellen Sie sich vor, der Erfolg Ihrer Arbeit besteht darin, dass nichts passiert. Dafür, dass nichts passiert, verlangen Sie auch noch Geld. Sie können sich leicht vorstellen, dass unter dieser Prämisse es sehr schwer ist, bei demjenigen, der das Geld berappen soll, größeres Verständnis hervorzurufen. Aber Hygiene im Lebensmittelbereich funktioniert nun mal nur nach dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip". Entweder die Maßnahmen sind so gut, dass die Lebensmittel unbedenklich in den Verkehr gebracht werden können, oder es kommt bei Mängeln zur Durchbrechung dieses Hygieneregimes und unter Umständen zu katastrophalen Auswirkungen nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für den Betrieb bis hin zum vollständigen wirtschaftlichen Ruin. In diesem Spannungsfeld arbeiten alle, die für die Einhaltung von Hygienevorschriften zuständig sind.

Hygienevorschriften werden insbesondere in Zeiten, in denen im eigenen Betrieb oder in der Nachbarschaft nichts passiert, häufig als lästig und überflüssig und als viel zu teuer empfunden. Deswegen ist es wichtig, immer wieder deutlich zu machen, dass diese Maßnahmen insbesondere aus zwei Gründen unabweisbar wichtig sind und natürlich auch ihren Preis haben.

1. Der Schutz des Verbrauchers kann nur so auf effektive Art und Weise gewährt werden. Völlig zu Recht erwarten die Verbraucher, weil sie sich selbst nicht schützen können, dass der Staat diese Aufgabe für sie übernimmt, denn sie können sich nicht selbst gegen Botulismus, Listeriose oder BSE schützen. Das muss vom Staat getan werden. Genauso wie die Polizei für den Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Bürger zuständig ist, ist also der Verbraucherschutz auf dieser Seite wichtig.

2. Im Rahmen der Globalisierung wird immer deutlicher, dass für unsere Agrar- und Ernährungswirtschaft die strengen lebensmittelhygienischen Maßnahmen einen ganz klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern darstellen, nämlich in der Frage der Qualität. Made in Germany steht also auch für Spitzenprodukte der Landwirtschaft im globalen Wettbewerb. Das vorliegende Gesetz regelt, dass die Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung dieser Hygienestandards notwendig sind, auch kostendeckend

von den jeweiligen Betrieben getragen werden. Aufgrund der Zuschriften zum Gesetz standen insbesondere § 2 Abs. 2, die Höhe der Gebühren, in der Kritik der Abgeordneten wie auch die Rückwirkung bis 1991 und die Frage, wie Betriebe unterstützt werden können, um ihre Kosten zu optimieren. Nach intensiver fachlicher Diskussion, die sowohl vom Ministerium als auch von der Landtagsverwaltung sachkundig unterstützt wurde, was ja bei einem Geflecht von EU-Richtlinien, Bundes- und Landesgesetzlichkeiten gar nicht so einfach ist, wurden einige Änderungen vorgenommen, z.B. die Rückwirkung auf die Zeit bis 1994 eingegrenzt. Wichtig und einvernehmlich im Ausschuss war auch die Frage, und deswegen verstehe ich meinen Vorredner nicht ganz, der nur von formalen Änderungen sprach, dass eine ganze Reihe von Ermächtigungen zwischen Sozial- und Landwirtschaftsministerium einvernehmlich bzw. im Benehmen ausgefüllt werden sollen. Ich habe es als bedauerlich empfunden, dass auch bei so einem derart unpolitischen und lediglich fachlich für einen kleinen Kreis Interessierter bedeutsamen Gesetzentwurf der Wille der Regierungsfraktion zum Zuhören und zum Aufnehmen rein fachlich orientierter Vorschläge nur gering ausgeprägt war.

Ich will es an einem Beispiel deutlich machen: Allen über die Fraktionen hinweg erschien die Aufzählung der Gebührentatbestände in § 2 Abs. 2 als unangemessen aus zweierlei Gründen. Erstens wird hier völlig aus dem Inhalt heraus ein Teil einer EU-Richtlinie zitiert; Punkt 1 z.B., dass ein besonders starker Unterschied bei den Lebenshaltungs- und Lohnkosten die Gebührenhöhe mitbestimme. Damit wird der Anschein erweckt, als würden Tierärzte und Fleischbeschauer nach Willkür ihr Gehalt nach oben treiben können, was in der Praxis mitnichten der Fall ist.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Beson- ders die Tierärzte.)

Und zweitens - ja, insbesondere die Tierärzte - macht eine derartig abschließende Aufzählung es für die Landesregierung praktisch unmöglich, weitere wichtige Tatbestände bei Bedarf mit aufzunehmen. Diese Möglichkeit wäre ja nach EU-Richtlinie gegeben; ob das nach Aufnahme in das Gesetz so ist, wage ich zu bezweifeln. Kein anderes Bundesland, wir hatten ja den Vergleich der Landtagsverwaltung, hat so aus dem Zusammenhang gerissen einen Bruchteil einer EU-Richtlinie - so muss man es ja sagen - an dieser Stelle zitiert; und aus gutem Grund, denke ich, denn es führt nur zu Missverständnissen. Es ist zwar juristisch korrekt, führt aber an dieser Stelle ganz klar zu Missverständnissen, insbesondere bei den von den Gebühren Betroffenen. Außerdem diskriminiert es Tierärzte und Fleischkontrolleure als Abzocker der Landwirtschaft, was sie nun wirklich nicht verdient haben.

Unser Vorschlag, diesen Passus zu streichen, der ja in der Konsequenz, da es eine EU-Richlinie ist, auf eine redaktionelle Änderung hinausgelaufen wäre, wurde zwar von der Landesregierung als durchaus akzeptabel empfunden, fand aber bei der CDU keinerlei Mehrheit. Warum, denke ich, weiß die CDU wahrscheinlich selber nicht so recht.

Ich will noch einen weiteren Punkt anführen: In § 1 ist geregelt, dass bestimmte Betriebe vom Landesverwaltungsamt verpflichtet werden können, die Fortbildung von Tierärzten sowie Fleisch- und Geflügelfleischkontrolleuren in ihren Betrieben zu gestatten; also ein ganz klarer hoheitlicher Eingriff. Nach Aussagen des Ministeriums gibt es darüber hinaus zahlreiche Betriebe, die nicht von diesem Paragraphen betroffen sind, die aber jederzeit bei Bedarf bereitwillig der Ausbildung von Tierärzten, Fleischkontrolleuren in ihren Betrieben zustimmen. Die Sache funktioniert, genauso wie sie funktionieren soll, auf Absprache. Die CDU will mit einer Änderung des § 1 alle Schlacht- und Fleischzerlegungsbetriebe diesem Zwang durch das Landesverwaltungsamt unterwerfen, obwohl es, wie gesagt, in der Praxis dafür keinerlei Notwendigkeit gibt. Eine Entscheidung, die verstehe wer will. Sonst klingt es ja immer aus den Reihen der CDU, dass möglichst keinerlei Verordnungen dort erlassen werden sollten mit Zwangscharakter, wo Selbstverpflichtung funktioniert. Wir haben hier ein vorbildliches Beispiel für Selbstverpflichtung, was nun praktisch in Zwang umgewandelt wird. Auch das, denke ich, verstehen wir nicht und versteht wahrscheinlich die CDU selber auch nicht so recht.

Meine Damen und Herren, unsere Fraktion wird sich bei diesem Gesetzentwurf der Stimme enthalten, weil wir natürlich einerseits den kostendeckenden Gebühren zustimmen bei entsprechender Transparenz der Gebührenordnung,

(Unruhe bei der CDU)

auf der anderen Seite aber es für nicht nachvollziehbar halten, dass in diesen beiden exemplarischen Fällen, es gibt noch einige andere kleinere darüber hinaus, derart unsinnig ohne Argumente über Fachargumente hinweggegangen wird. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Abgeordnete Klaus. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Doch, Herr Abgeordneter Primas, bitte.

Frau Präsidentin, ich dachte eigentlich, wir hätten im Ausschuss lange genug über dieses Gesetz beraten, so

dass wir heute relativ zügig zur Beschlussfassung kommen könnten. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, aber ich will doch noch einige Worte sagen.

Sicherlich ist richtig, dass man versuchen muss, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, denn es geht um die Erzeuger, und da wird die Bandbreite richtig interessant, wenn man sieht, welche Vorstellungen es in den ersten Jahren gegeben hat. Da gibt es, Frau Dr. Klaus, Sie wissen das, das Böckenhof'sche Gutachten, was vorsah, nur Großschlachthöfe noch zu machen. Das wären zwei gewesen, einmal in Nohra und dann im Norden des Freistaates noch eines. Wenn das so gekommen wäre, bräuchten wir über Gebühren über die Pauschalgebühr hinaus überhaupt nicht zu reden, denn diese großen Schlachthöfe schaffen das ja. Nur, inzwischen hat sich die Zielrichtung ja geändert. Wir haben erkannt, dass wir breit gefächert dem Verbraucher anbieten müssen, dass er vor Ort seine Produkte kaufen kann. Er muss vor allen Dingen dies überblicken können, von der Erzeugung über die Vermarktung bis hin über den Ladentisch, also gläserne Produktion, ansonsten wird es nicht funktionieren. Das bedeutet aber, dass wir nicht mehr diese großen Schlachteinheiten verfolgen können, sondern kleinere. Und jetzt wird es interessant. Jetzt muss natürlich, Sie haben es richtig gesagt, kontrolliert werden; ohne Kontrolle können wir nicht nachweisen, wie gut die Qualität ist. Wir haben als Thüringer, denke ich mal, einen guten Ruf zu verlieren, was die Qualität unserer Produkte anbelangt; also die Kontrollen sind zweifelsfrei notwendig. Dass das bei kleineren Einheiten natürlich teurer wird, weil die wesentlich weniger schlachten, ist im Prinzip das eigentliche Problem, worüber diskutiert werden muss, weil das auseinander strebt. Jetzt müssen wir sehen, dass wir versuchen, dort möglichst eine Bedingung zu schaffen, die es dem Erzeuger ermöglicht, in vernünftiger Weise zu produzieren. Wir wissen, was alles überein kommt, die Schweinepreise sind dermaßen niedrig, dass wir dort Belastungen in Größenordnungen eigentlich nicht zulassen wollen. Ich denke, es ist richtig, dass wir vorsehen, dass, wenn Gebühren über Pauschalen hinaus erhoben werden, die auch qualifiziert werden, welche Tatbestände zu diesen Gebühren führen sollen. Deshalb ist es schon zwangsläufig notwendig, dass wir dort einiges aufzählen, Punkt 1.

Punkt 2: Ein wesentlicher Kostenfaktor, und das ist ja vom Bauernverband immer angesprochen worden, wird darin gesehen, dass sich Fleischkontrolleure und Tierärzte qualifizieren müssen. Wir sind uns im Ausschuss darüber einig geworden, dass die Qualifizierung dringend notwendig ist. Aber bisher ist es eben so gewesen, dass diese Qualifizierung nur in den von der EU zugelassenen Schlachthöfen durchgeführt werden konnte. Das führte dazu, dass ein Riesenkostenfaktor entsteht, nämlich der Antransport. Wir haben dem Rechnung getragen, indem wir diese Passage "zugelassen oder registriert" aus dem Gesetz gänzlich rausgenommen haben, so dass alle Betriebe in die Lage versetzt werden, vor Ort Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen.

Herr Abgeordneter Primas, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Das ist vorteilhaft und senkt die Kosten für Qualifizierung in einen Bereich unter 0,1 Pfennig. Und, ich denke mal, da sind wir auf dem richtigen Weg. Was wollten wir denn erreichen? Wir wollten versuchen, dass wir allen Möglichkeiten - Tierschutz, Tierseuchen - insgesamt gerecht werden, dass wir den Verbraucherschutz organisieren. Das sehe ich schon dort als hoheitliche Aufgabe an, was wir dort machen. Es gibt ja Diskussionen, das zu privatisieren. Ich teile diese Auffassung nicht. Ich bin schon dafür, dass wir das in staatlicher Hoheit behalten sollten. Wir müssen aber auch die Belange sehen, die die Erzeuger haben. Das war ein wichtiger Punkt, auch im Ausschuss darüber zu beraten, wie ist denn der derzeitige Stand, was war denn eigentlich Fakt? Wie sieht es denn aus? Und da müssen wir darauf zurückgreifen, es gibt ein Urteil vom Verwaltungsgericht gegen diese Richtlinie, wie sie bis jetzt galt. Aber wenn man sich das Urteil durchliest, stellt man fest, die Klage wurde angenommen, weil es kein Ausführungsgesetz des Landes gibt, als Grund. Also ist es doch notwendig. Hätten wir dieses Gesetz nicht erst 1999 bekommen, sondern schon 1996 oder 1997, wären die Streitpunkte und die Höhe der Streitpunkte und die Höhe der Summen wesentlich niedriger, so dass wir dort ganz anders hätten diskutieren können. Ich denke aber, mit der Rückwirkung 1994, Begrenzung auf fünf Streitfälle, wo die Zusage der Landesregierung da ist, dass wir dort fünf vernünftige einvernehmliche Lösungen finden können, finden wir einen Weg, der garantiert, dass betroffene gebeutelte Schlachthöfe nicht kaputt gehen. Das ist der tiefere Grund. Wir müssen sehen, dass wir vernünftig hinkommen. Wenn wir dahin gehen und sagen, wir erheben keine Kosten, Frau Dr. Klaus, für diese Untersuchungen - was nichts kostet...

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaus, SPD: Behaup- ten Sie doch nicht so einen Blödsinn, das ha- be ich doch gar nicht gesagt! Das ist doch ab- solut falsch.)

Ich habe bis jetzt gar nichts behauptet, sondern ich habe nur gesagt, wenn wir keine Kosten erheben würden, das ist aber nun einmal allgemein so, was nichts kostet, ist nichts wert und da müssen wir schon einmal ein bisschen schauen. Wenn man in das Land hinausschaut, wissen wir auch, dass wir mit diesen Regelungen sehr wohl hinbekommen, dass die kleineren Schlachthöfe versuchen, ihr Regime umzustellen. Es gibt bereits Beispiele, wo Kostensenkungen erfolgen, und das nicht in geringem Umfang, so dass wir sehr wohl dazu beitragen können, dass das insgesamt vernünftig gestaltet wird. Ich bitte trotzdem noch einmal, diesem Gesetz seine Zustimmung zu geben. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es weitere Wortmeldungen? Es gibt keine Wortmeldungen mehr. Damit können wir die Aussprache schließen und wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit in Drucksache 3/316. Wer für die Beschlussempfehlung stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen? Die Beschlussempfehlung ist mit Mehrheit bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen und einer Gegenstimme angenommen. Wir stimmen jetzt ab über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/49 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung. Wer für diesen Gesetzentwurf in geänderter Form stimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen und einer Gegenstimme ist dieser Gesetzentwurf mit Mehrheit angenommen und wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer für diesen Gesetzentwurf stimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. Wer ist dagegen? Stimmenthaltungen? Damit ist bei einer größeren Anzahl von Enthaltungen der Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/49 beschlossen.

(Unruhe im Hause)

Ich wusste gar nicht, dass dabei so viel Fröhlichkeit aufkommen kann. Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 1 und rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf

Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/169 dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/357 dazu: Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/363 ZWEITE BERATUNG

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/169: Wir haben dieses Gesetz beraten. Am 26. Januar 2000 ist der Gesetzentwurf im Innenausschuss federführend beraten worden und an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen worden. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 5. Sitzung am 17. Februar beraten und eine Anhörung von Interessenvertretern durchgeführt, in diesem Falle mündlich. Der Gemeinde- und Städtebund Thüringen und der Landkreistag haben uns eine schriftliche Anhörung zugeleitet. Der Haushalts- und Finanzausschuss

hat den Gesetzentwurf in seiner 8. Sitzung am 18. Februar 2000 beraten. Im Innenausschuss ist insbesondere der Artikel 1 Nr. 1 beraten worden "mit Zustimmung des Landtags oder in Form eines Gesetzes". Im Innenausschuss hat sich mehrheitlich durchgesetzt "mit Zustimmung des Landtags" und nicht "mit Gesetz". Es ist herausgekommen, in Artikel 1 Nr. 1 werden in § 23 Abs. 1 Satz 2 nach dem Wort "Ministerium" die Worte "mit Zustimmung des Landtags" eingefügt. Es hatte sich der Antrag der SPDFraktion, wie er dem Plenum jetzt noch einmal vorliegt, dort nicht durchsetzen können, wo dieses "durch Gesetz" ersetzt werden sollte. Und 2.: In Artikel 3 wird das Wort "am" durch die Worte "mit Wirkung vom" ersetzt. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Herr Abgeordneter Fiedler. Zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses liegt ein Änderungsantrag der SPD-Fraktion in Drucksache 3/363 vor. Herr Abgeordneter Schemmel, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, über die Materie, die hier geregelt wird, die Auftragskostenpauschale, ist in diesem Haus schon oft gesprochen worden, zuletzt bei der Beratung zum Haushalt. Es geht hier um die Höhe, die Aufteilung zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städten und es geht um die systematische Einordnung außerhalb oder innerhalb des KFA. Die Höhe ist, soweit sind alle Beteiligten einig, bislang noch nicht exakt berechnet. Die 80 Mio. DM als gegriffene Übergangsgröße werden aber von allen akzeptiert in diesem Hause für das Jahr 2000. Wenn die Höhe noch nicht berechnet ist, kann natürlich auch die Verteilung noch nicht endgültig berechnet sein. Auch dieses wird sich ergeben aus dem, was die Landesregierung, wie zugesagt, im Mai 2000 vorlegen will. Ich hoffe auch, dass sich die Landesregierung, bei dem, was sie vorlegt, auch noch einmal der Frage unterzieht, wie die Auftragskostenpauschale systematisch geregelt werden sollte. Die Lösung für 2001, und, meine Damen und Herren, da handelt es sich immerhin um eine Größenordnung, ich denke, die über 100 Mio. DM für unsere Kommunen liegen wird, die sollte, und nun komme ich langsam in die Nähe des avisierten Antrags, nunmehr durch Rechtsverordnung, so war es im ursprünglichen Gesetz vorgesehen, geregelt werden. Wir waren aber der Meinung, dass wir der Kontrollpflicht unseres Parlaments wesentlich besser genügen müssten und der Antrag lautet im Innenausschuss: Vorlage durch Gesetz, um dann im Gesetzgebungsverfahren unsere Kontrolle ausüben und auch Veränderungen vornehmen zu können, falls wir dies durch Anhörung oder irgendetwas anderes bestätigt gefunden hätten. Dieser Vorschlag fand, und nun muss ich wirklich sagen, für mich völlig unverständlicher

weise, im Ausschuss keine Mehrheit. Es wurde beschlossen - der Berichterstatter hat es vorgetragen -, dass die Regierung das, was erarbeitet werden soll, als Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags vorzulegen hätte. Und hier, meine Damen und Herren, geht die Murkserei los. Ein solches Konstrukt ist weithin rechtstheoretisch unsystematisch. Das hat es schon gegeben in Deutschland in Einzelfällen und es ist auch unterlegt durch ein Bundesverfassungsgerichtsurteil, ich glaube von 1958, aber es ist unsystematisch, und weil es unsystematisch ist, ist davon im Thüringer Landtag noch nicht Gebrauch gemacht worden in den zehn Jahren und der Thüringer Landtag hat hier immer klar verhandeln und entscheiden können. Nun kann man natürlich unsystematisch sein, wenn man eine entsprechende Mehrheit in diesem Haus hat, aber dann stößt man natürlich an die Grenzen der Geschäftsordnung dieses Landtags. In § 50 ist nunmehr klar geregelt, was Vorlage sein kann zur Behandlung im Landtag. Nun weiß ich nicht, ob die Landesregierung nun diese Sache als Mündliche Anfrage einbringen will oder als irgendetwas. Ich habe jedenfalls nichts gefunden, dass Rechtsverordnungen laut § 50 in den Geschäftsgang des Landtags eingebracht werden könnten. Aber nun kann man das natürlich auch bei entsprechender Mehrheit wieder, die Geschäftsordnung verbiegen, man muss sie ja nahezu fast vergewaltigen. Das kann man natürlich auch mit der entsprechenden Mehrheit, aber dann hat man die Hosen heruntergelassen, denn dann ist man an dem Punkt, wo man erklären muss, dann habe ich meine Kontrollpflicht, mein Kontrollrecht aus der Hand gegeben, denn eine solche Rechtsverordnung mit Zustimmung des Parlaments das lehrt übrigens in seinem Kommentar zur Thüringer Landesverfassung ein gewisser Herr Linck -, denn solch eine Rechtsverordnung ist dann nicht mehr veränderbar durch den Landtag selbst. Ich kann also nur noch blank zu- oder blank abstimmen und gebe mithin ein ganzes Stück meiner Kontrollrechte aus der Hand. Dies alles, Unsystematik, Verbiegen der Geschäftsordnung und Verzicht auf echte parlamentarische Kontrolle, wird hier völlig ohne Not und gegen alle parlamentarischen Geschäftsordnungen durchgepeitscht.

Unser Antrag liegt dagegen vor. Er ist systematisch in Ordnung, er genügt der Geschäftsordnung und er garantiert die parlamentarische Kontrolle. Ich bitte ihm zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Schemmel. Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Mohring zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, am 1. März erhalten die Mitglieder der kommunalen Familie, die Städte und Gemeinden und Landkreise in Thüringen, in einer

ersten Rate mehr Geld im Rahmen der ihnen vom Land übertragenen Aufgaben für die Auftragskostenpauschale. Das ist die eigentliche Botschaft des Gesetzes und die wichtigste Botschaft dieses Gesetzes.

Meine Damen und Herren, die Finanzausgleichsmasse in Thüringen hat sich mit der Beschlussfassung zum Haushalt 2000 um insgesamt 95 Mio. DM erhöht, davon 35 Mio. DM zusätzlich für die Auftragskostenpauschale.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, vor allen Dingen die Mitglieder des Landtags aus den alten Legislaturperioden, dass die letzte Änderung zu diesem Gesetz aus dem Jahr 1993 stammt, und Sie wissen auch - der Abgeordnete Schemmel hat darauf hingewiesen -, dass eine landesweite Erhebung seitens der Landesregierung darüber stattfindet, welche tatsächlichen Kosten bei den Mitgliedern der kommunalen Familie für die ihnen übertragenen Aufgaben anfallen. Da aber mit den Ergebnissen dieser Erhebung und mit der Feststellung der tatsächlichen Kosten für die Aufgaben, die die Gemeinden und die Landkreise für das Land wahrnehmen, erst zum Ende des Jahres abschließend zu rechnen sein wird, wir aber jetzt eine Regelung treffen müssen für die Städte und Gemeinden und für die Landkreise, liegt Ihnen dieser Gesetzentwurf vor, der insbesondere in § 23 für das Jahr 2000 eine Übergangsregelung definiert. Die Übergangsregelung besagt, dass vor allem die kreisangehörigen Städte und Gemeinden mehr Geld bekommen und im Tatsächlichen auch die Landkreise mehr Geld bekommen, weil sie nämlich ihren Anteil, den sie bisher weiterreichen mussten an die kreisangehörigen Gemeinden, selbst verwenden und verwalten dürfen. Für die kreisfreien Städte in Thüringen ist zumindest der Betrag aus der Vergangenheit festgeschrieben worden. Bis also eine abschließende Regelung getroffen wird, soll dieses Gesetz so gelten.

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Mindes- tens!)

Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Schemmel hat zum SPD-Antrag gesprochen, über den auch schon federführend im Innenausschuss und auch im mitberatenden Haushalts- und Finanzausschuss beraten und entschieden wurde.

Meine Damen und Herren, ich glaube, einen Vorteil hat die absolute Mehrheit für die SPD auch hier in dieser 3. Legislaturperiode, das ist nämlich die, und das ist mein Eindruck, den ich als Außenstehender aus der 2. Legislatur gewonnen habe, dass zumindest das, was der Abgeordnete Schemmel hier heute gesagt hat, sonst im Koalitionsausschuss versickert gewesen wäre. So gesehen hat sich auch für die SPD meines Erachtens in der demokratischen Auseinandersetzung ihr Status tatsächlich erhöht

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Danke!)

und Sie sollten sich freuen,

(Heiterkeit bei der SPD)