Protokoll der Sitzung vom 23.02.2000

Meine Damen und Herren, ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses beim Rundfunkhören und beim Fernsehen die Aufmerksamkeit und innere Anteilnahme, mit der Sie auch die Beratung der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen begleiten. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich kann damit die Aus... Entschuldigung, ja, gut dass ich Beisitzer habe. Herr Seela.

Verehrte Präsidentin, verehrte Damen und Herren, zum zweiten Mal das gleiche Gesicht. Vorab gestatten Sie mir vielleicht zwei Bemerkungen zu meinen Vorrednern; die erste Bemerkung, was die Gebührenerhebung betrifft: Ich betone es noch einmal, die Gebührenerhebung wird in diesem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht Gegenstand sein. Das wird erst im Herbst der Fall sein. Ich meine, die Empfehlung hier an das Plenum zu geben, dass wir unsere Diskussionsfreudigkeit bis zum Herbst aufsparen sollen. Die zweite Bemerkung, eine Frage, die von Frau Dr. Kaschuba aufgeworfen wurde: Wann endet der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Diese Frage, so wie Sie sie formuliert haben, steht in Deutschland nicht. In Deutschland gibt es ein klares Bekenntnis zu dem dualen Rundfunksystem, auf der einen Seite die privaten Anbieter und auf der anderen Seite die öffentlich-rechtlichen Anbieter. Die öffentlich-rechtlichen Anbieter finanzieren sich über Gebühren. Es handelt sich also dabei nicht um eine Subventionierung, weil sie nicht aus Steuermitteln finanziert werden. Das vorab dazu.

Verehrte Damen und Herren, als vor knapp zehn Jahren der Erste Rundfunkänderungsstaatsvertrag der 16 deutschen Länder in Kraft trat, galt noch die Redewendung "Europa ante portas". Heute, im Jahre 2000, hat der europäische Gedanke in seiner konsequenten Verwirklichung bereits eine höhere Stufe erreicht. Wir sind in Europa angekommen, jedenfalls wir von der CDU. Einheitliche europäische Rechtsnormen gelten bereits in vielen Bereichen unseres Lebens, dies nicht nur bei der Frage, ob Frauen in der Bundeswehr dienen dürfen. Kein Bereich ist von der schnell voranschreitenden europäischen Inte

gration ausgeschlossen. Auch im Bereich des Rundfunks, dem nach wie vor bedeutendsten Massenmedium, greifen europäische Richtlinien, die es auf das Landesrecht der 16 deutschen Länder zu übertragen gilt. Dabei handelt es sich in erster Linie um die EG-Fernsehrichtlinie von 1997 und um das Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen des Europarates vom 9. September 1998. Wegen der Notwendigkeit einer Europäisierung der nationalen bzw. regionalen Medienbestimmungen gibt es einen zweiten generellen Grund für die Überarbeitung des bisherigen Rundfunkänderungsstaatsvertrags der deutschen Länder - die großen technologischen Erneuerungen im digitalen Informations- und Kommunikationsbereich. Die bestehenden medienrechtlichen Bestimmungen müssen an diese Fortschritte angepasst und neu festgeschrieben werden, verehrte Damen und Herren.

Die beiden Aspekte, also, die Übertragung der europäischen Rundfunkrichtlinien auf das Landesrecht einerseits sowie die Berücksichtigung des technologischen Fortschritts auf der anderen Seite, waren Gegenstand der Vereinbarung zum Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf der Ministerpräsidentenkonferenz im vergangenen Jahr. Nach der Vorgabe dieser Konferenz soll der geänderte Staatsvertrag bereits am 1. April dieses Jahres in Kraft treten. Die Voraussetzung dafür ist allerdings, dass alle deutschen Länder dem Vertragswerk bis dahin zugestimmt haben. An dieser Stelle möchte ich Ihnen auch nicht vorenthalten, dass eine Verzögerung oder Nichtratifizierung durch die jeweiligen Landesparlamente den gesamten Staatsvertrag gegenstandslos machen würde und als Folge mit Strafsanktionen durch die EU zu rechnen wäre. Landesspezifische Änderungsalternativen, wie im Übrigen partiell in Hessen erfolglos versucht wurde, sind hierbei ebenfalls auszuschließen, da mit dem Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine einheitliche Rahmenordnung für den öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk vorgesehen ist.

Verehrte Damen und Herren, aus Sicht der CDU-Fraktion wirken sich die im Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingearbeiteten Regelungen nicht negativ auf die Veranstalter und Nutzer des Rundfunks im Freistaat Thüringen aus. Im Gegenteil, das Regelungswerk enthält zahlreiche positive Veränderungen, auf die ich aber im Einzelnen nicht weiter eingehen möchte, da Ihnen diese vom zuständigen Minister in der letzten Plenarsitzung ausführlich geschildert worden waren. Positiv zu bewerten ist nach unserer Meinung im Wesentlichen die neue Bestimmung von der gegenseitigen Anerkennung nationaler Regelungen über die Ausstrahlung von Großereignissen im frei empfangbaren Fernsehen. In der Praxis bedeutet dies, dass z.B. sportliche Großereignisse - wie meine Vorredner bereits erwähnt haben - wie die Fußball-WM oder -EM auch weiterhin von den privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern frei übertragen werden und nicht ausschließlich im so genannten Pay-TV zu sehen sind. Vor allem für private Veranstalter bringen die freiwilligen Möglich

keiten einer Liberalisierung der Regelungen bei Werbung, Sponsoring und Teleshopping weitere Freiräume, die sich fördernd für den Rundfunkveranstalter als wirtschaftliches Unternehmen auswirken. Eine besondere Bereicherung durch die Überführung des EU-Rechts dürfte die Thüringer Medienlandschaft jedoch im Bereich des Jugendschutzes erfahren, wo durch eine Kennzeichnungspflicht für jugendgefährdende Sendungen eine weitere Verbesserung in Aussicht gestellt wird. Allerdings muss sich die im Staatsvertrag vorgesehene Methode der elektronischen Vorsperrung bei digitalen Programmen in der Praxis erst noch bewähren und sollte von uns kritisch begleitet werden.

Verehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang aus aktuellem Anlass - gemeint ist der Sendestart des Programmprojekts "big brother" am 1. März - wie ich Ihnen vorhin während meines Berichts aus dem Ausschuss schon mitgeteilt habe, auf den in den Staatsvertrag eingearbeiteten Zusatz unter § 2 a "Allgemeine Programmgrundsätze" hinzuweisen. Dieser Zusatz verpflichtet die Veranstalter ausdrücklich, gewisse Grundstandards für Programminhalte einzuhalten. Insbesondere richten sich die Bestimmungen nach § 2 a gegen die Missachtung der Menschenwürde durch bestimmte Programmangebote. Wir von der CDU begrüßen diese Festlegung und wünschen uns eine konsequente Umsetzung des § 2 a. Dabei sind wir uns jedoch im Klaren darüber, dass wir auch wirkungsvolle Instrumentarien für seine Umsetzung benötigen. Die letztendliche Entscheidung des Konsumenten, der Klick auf die Fernbedienung, genügt dafür wahrscheinlich nicht. Schließlich sind auch noch die im Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingearbeiteten technischen Regelungen wie z.B. die Belegung von Kabelnetzen mit digitalen Programmen oder die Ergänzung zu den Regelungen über den diskriminierungsfreien Zugang zu Decodern und Navigatoren als vorteilhaft zu bewerten. Denn neben der Förderung des medienwirtschaftlichen Wettbewerbs dienen diese vor allem auch der Sicherung der Meinungsvielfalt in diesem Lande. Der Vierte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ermöglicht mit seinen Regelungen aber auch den öffentlich-rechtlichen Veranstaltern ihre Entwicklungsperspektive in diesem Wettbewerb. Die Ermächtigung von ARD und ZDF für jeweils eigene Programmbouquets und programmergänzende Online-Angebote bestätigen diese Aussage.

Verehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir abschließend ein Wort zur Verbesserung des Rundfunkgebühreneinzugs, was ebenfalls im Gesetzentwurf der Landesregierung vorgesehen ist. Grundsätzlich ist eine Verbesserung aus Sicht der CDU als positiv zu bewerten, da sie dem so genannten Schwarzsehen entgegenwirken soll. Zu diesem Zweck ist eine Übermittlung ausgewählter persönlicher Meldedaten von Rundfunknutzern an den MDR durch die entsprechenden Einwohnermeldeämter vorgesehen. Die Kosten für dieses Verfahren übernimmt der MDR. Nach Auskunft der Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz ist dieses Verfahren daten

schutzrechtlich unproblematisch und damit aus unserer Sicht auch unbedenklich.

Verehrte Damen und Herren, im Auftrag meiner Fraktion bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf der Landesregierung nach der zweiten Lesung. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt liegen mir keine weiteren Redemeldungen vor. Ich schließe die Aussprache. Ich möchte aber im Blick auf die gerade erlebte Debatte darauf hinweisen, dass wir in der Geschäftsordnung einen § 28 haben.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Sekundär.)

Ich denke, die meisten wissen, was da steht, nämlich: "Die Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag. Sie können hierbei Aufzeichnungen benutzen."

(Beifall Abg. Schemmel, SPD)

Das betrifft nicht nur den letzten Redner, das sage ich ausdrücklich. "Der Präsident hat den Redner zu mahnen, wenn dieser ohne seine Einwilligung eine im Wortlaut vorbereitete Rede verliest. Nach einer weiteren Mahnung soll er ihm das Wort entziehen." Vielleicht können wir das ja beim nächsten Tagesordnungspunkt wieder etwas stärker beherzigen.

Nach dieser Ermahnung kommen wir jetzt zur Abstimmung, und zwar erstens über den Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/222 - in zweiter Beratung, da nämlich die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung und Medien in Drucksache 3/349 die Annahme des Gesetzentwurfs empfiehlt. Ich bitte also um Handzeichen, wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung seine Zustimmung gibt. Danke. Gegenstimmen? Enthaltungen? Bei mehreren Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen damit zur Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die bei der Schlussabstimmung dem Gesetzentwurf zustimmen, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Ebenso bei einer Anzahl von Enthaltungen mit Mehrheit zugestimmt. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt. Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 4

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Thüringer Rechnungshof Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/238 ZWEITE BERATUNG

Ausschussberatungen haben nicht stattgefunden. Wir kommen also unmittelbar zur Aussprache. Ich darf Frau Abgeordnete Zimmer, PDS-Fraktion, bitten.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, eigentlich wollte ich jetzt den Kapitän Dr. Dietz ansprechen, der aber leider nicht im Saal ist. Zumindest kann ich ihn hier nicht erkennen. Herr Dietz hatte nämlich in der letzten Plenarsitzung unseren Antrag auf Novellierung des Landesrechnungshofgesetzes abgelehnt, indem er begründet hatte, dass man zur Führung von Hochseeschiffen schließlich ein Kapitänspatent brauche.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist richtig.)

Aber auch Herr Dietz sollte wissen, dass ein Kapitänspatent von heute ganz anderer Qualifikationen bedarf als beispielsweise vor 50 Jahren. So sind auch für das Führen von Schiffen und auch des Schiffes Landesrechnungshof aus unserer Sicht heute wesentlich weiter gehende Kompetenzen gefragt, als bisher im Gesetz verankert sind.

(Beifall bei der PDS)

Das ist eigentlich auch der Grund, warum wir, und zwar lange bevor die eigentliche Diskussion um eine personelle Besetzung des Landesrechnungshofs begonnen hatte, den entsprechenden Antrag auf Novellierung einbrachten. Seit gestern 18.00 Uhr ist nun klar, warum Herr Dietz so auf das Kapitänspatent abhebt. Aufgrund der Lage Thüringens fernab von allen Meeren ist die Zahl der in Thüringen lebenden Menschen mit einem Kapitänspatent naturgemäß gering und die Auswahl eingeschränkt. Allerdings, und so meine ich, hebt das Kapitänspatent von Herrn Dietz auch nur auf alte Schiffe ab. Heutige Hochleistungsschiffe müssten aus unserer Sicht mit weiter gehenden Qualifikationen geführt werden.

(Beifall bei der PDS)

Die PDS-Fraktion möchte, dass bei der Besetzung der Ämter des Präsidenten und auch des Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs die Einschränkung auf die Befähigung zum Richteramt und die Befähigung für den höheren Dienst gestrichen werden. Wir sind der Meinung, dass genau diese Kriterien eben keine hinreichende Gewähr für die fachliche Eignung eines Bewerbers bieten. Diese Kriterien sind aus unserer Sicht unnötig. Wir brauchen eine oder in Bezug auf den Vizepräsidenten oder die Vizepräsidentin zwei Personen an der Spitze des Rechnungshofs, die für ihren Job als Chefcontroller geeignet sind. Diese zwei Formalitäten im zurzeit gültigen Gesetz reichen aus unserer Sicht nicht aus. Wir wollen mehr, und damit meine ich wieder in Bezug auf Kapitän Dietz, wir schreiben "mehr" nicht mit doppeltem "e", sondern mit "h". Was nützt ein Kapitän mit entsprechendem Patent,

wenn er sich dem lockenden Gesang der Herren Trautvetter und Schuster und anderer nicht entziehen kann und das Schiff auf Klippen auflaufen und in seichten Gewässern stranden lässt!

(Beifall bei der PDS)

Und dieses "mehr" lässt sich nur erreichen, wenn für die Besetzung dieses Amts Personen gefunden werden, die allgemein akzeptiert werden können, die Regierungsund Parteienferne gewährleisten und für die von ihnen zu leistenden Aufgaben auch fachlich geeignet sind. Da sind aus unserer Sicht Menschen mit umfassenden volksund betriebswirtschaftlichen Kenntnissen genauso denkbar wie Apotheker mit Erfahrungen im Bereich Haushalt und Finanzen. Um solche Personen zu finden - ja, ich sage das nur so, schließlich hat es ja diese Entscheidung gegeben und ich halte diese nicht einmal für die schlechteste Entscheidung, auch das darf ja wohl hier in diesem Landtag mal gesagt werden

(Beifall bei der PDS)

reicht eben kein formales Kriterium, aus unserer Sicht schränkt dieses nur unnötig ein. Mit dieser Gesetzesänderung soll auch eine aus unserer Sicht nicht rein politische Postenbesetzung ermöglicht werden, wie Herr Dr. Dr. Dietz ausgerechnet in der letzten Landtagssitzung hier befand. So etwas lässt sich aus unserem Gesetzentwurf nicht entnehmen. Es sei denn, man denkt das, was man selber im Hinterkopf hat und deutet das eben auf andere und meint: "Was ich selber denk' und tu', trau ich auch gern anderen zu."

Meine Damen und Herren der CDU-Fraktion, ich werfe vor allem Ihnen auch mangelndes Demokratieverständis vor, da Sie aus völlig unverständlichen Gründen die Beratung im Justizausschuss zu diesem Gesetzentwurf abgelehnt haben. So haben wir heute die zweite Lesung, ohne im Ausschuss die entsprechende Beratung durchführen zu können. Für noch problematischer, meine Damen und Herren, halte ich die gestrige Entscheidung des Kabinetts, für den Posten des Landesrechnungshofpräsidenten als langjährigen und treuen Parteisoldaten der CDU Herrn Dr. Dr. Dietz dem Landtag zur Bestätigung vorzuschlagen.

Wenn schon das Denken im Parteienproporz so verfestigt ist, wie das Land durch diese Entscheidung der Landesregierung deutlich macht, dann wäre es aus demokratischer Sicht erforderlich, das Amt wenigstens durch die Opposition zu besetzen. Wesentlich wichtiger erscheint uns aber, und das sage ich hier ausdrücklich, dieses Amt durch partei- und regierungsunabhängige Persönlichkeiten ausüben zu lassen. Es ist schade, dass angesichts der tiefen Vertrauenskrise in die politischen und auch demokratischen Institutionen Deutschlands, ausgelöst durch die Ihnen ja zur Genüge bekannten Finanz- und Parteienskandale, die Mehrheiten in diesem Landtag es entwe

der heute oder morgen, wenn der entsprechende Tagesordnungspunkt zur Wahl des Präsidenten des Landesrechnungshofs anstehen wird, vermeiden werden, ein solches Signal in die Öffentlichkeit zu senden.

(Beifall bei der PDS)

Nicht nur wir hatten erwartet, dass auf größere Unabhängigkeit bei der Besetzung solch wichtiger Kontrollpositionen geachtet würde. Unter diesem Blickwinkel hatte die PDS-Fraktion es für notwendig gehalten, interfraktionelle Gespräche anzuregen, um unabhängige Kandidatinnen und Kandidaten in das Auswahlverfahren einzubinden. Diese Gespräche haben sich mit der gestrigen Kabinettsentscheidung erübrigt, zumal ich davon ausgehe, dass eine solche Personalentscheidung durch den Ministerpräsidenten dieses Landes nicht in den Landtag eingebracht wird, wenn er sich nicht der Zweidrittelmehrheit vorher sicher ist. Und für zwei Drittel, und so weit können auch wir in der PDS inzwischen zählen, braucht man nun mal auch Stimmen aus der Opposition. Ich sage also, die große Koalition funktioniert immer noch. Ich finde es schade, dass man so nach dem Prinzip "teile und herrsche" agiert, anstatt wirklich auf demokratische Besetzung von Positionen zu drängen, auf mehr Staatsferne, auf mehr Regierungsferne gerade bei Kontrollpositionen des Landes zu achten.

Abschließend möchte ich noch einmal um die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf bitten. Räumen Sie die Formalitäten, die im jetzigen Gesetz enthalten sind, verwaltungstechnischer Art aus dem Weg, machen Sie sich frei von der Vorstellung, dass nur Richter unabhängig denken können und dass sich nur Beamte mit Verwaltungsvorschriften auskennen. Danke, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Wolf, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Zimmer, Sie haben jetzt einiges in den Raum gestellt, das man so nicht unbeantwortet lassen kann. Vielleicht auf Ihren ersten Vorwurf, wir hätten das Gesetz nicht an den Ausschuss überwiesen und dort nicht gründlich beraten: Wenn Sie Ihre eigene Begründung und Ihre eigene Lösung durchlesen, werden Sie sehen, dass Ihr Gesetzentwurf ja nur eine relativ einfache Veränderung eines bestehenden Gesetzes beinhaltet, die im Endeffekt dazu führt, dass Präsident und Vizepräsident nicht mehr zwingend die Befähigung zum Richteramt haben müssen bzw. nicht mehr unbedingt die Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes. Dazu ist in der letzten

Plenarsitzung sehr ausführlich debattiert worden und dazu kann man sich heute auch noch einmal unterhalten. Ich bin der Meinung, dass ein solcher Vorgang nicht unbedingt der Überweisung an den Ausschuss bedarf, zumal wenn Sie sich die Diskussion, die zum Gesetz zum Landesrechnungshof hier sehr ausführlich geführt wurde, vor Augen führen. Wenn Sie sich das Gesetz vornehmen, dann werden Sie feststellen, dass dort in Artikel 3 eine Übergangsregelung enthalten ist, die das, was Sie vorschlagen, als Übergangsregelung möglich macht. Der Gesetzgeber hat sich sehr genau überlegt, warum er dies nur als Übergangsregelung gemacht hat und als dauernde Regelung doch darauf besteht, dass entweder - und zwar nicht beide, so wie Sie das eben gesagt haben, sondern einer von beiden -, Präsident oder Vizepräsident die Befähigung zum Richteramt haben sollten und dass sie die Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes haben sollten.

Vielleicht auch noch einmal für Sie zur Erinnerung: Der Landesrechnungshof ist ein Verfassungsorgan. Er gehört zu den wenigen Behörden des Freistaats Thüringen, übrigens in den anderen Ländern ist das ähnlich geregelt, der einen eigenen Artikel in der Verfassung hat. Auch der Freistaat Thüringen regelt in Artikel 103 die Stellung des Landesrechnungshofs. Das vielleicht nur noch einmal zur Erinnerung. Die Überprüfungsverfahren, die durch den Landesrechnungshof durchzuführen sind, überprüfen eben u.a. auch Ermessensentscheidungen. Es geht ihm nicht nur darum, zu kontrollieren, ob rein mathematisch und sachlich richtig die vielfältigen Mittel, die der Steuerzahler uns als Staat zur Verfügung stellt, verwendet wurden, sondern auch zu prüfen, ob im Ermessen des Gesetzesspielraums diese eine oder andere Entscheidung richtig war bzw. ob sie auch anders hätte gefällt werden können. Auch aus diesem Grunde steht ja im Gesetz, wenn Sie sich die Landeshaushaltsordnung durchlesen, dass auch der Rechnungshof beratend an den Haushaltsberatungen teilnehmen kann. Jeder von uns weiß, dass der Landesrechnungshof in der richterlichen Unabhängigkeit steht. Für mich ist das schon schwer nachzuvollziehen, wie Sie dem Kollegen Dietz, dem man sicherlich das eine oder andere durchaus vorwerfen kann, vorwerfen, er wäre Parteisoldat. Wer sich seine Lebensvita ansieht, er hat sehr viel im Verwaltungsdienst seine Arbeit geleistet und die wenigste Zeit seiner beruflichen Tätigkeit hat er hier im Thüringer Landtag als Berufspolitiker verbracht. Die meiste Zeit seines Lebens hat er als Verwaltungsmensch vollbracht und es war noch nie ein Schaden, wenn jemand die Tätigkeit, die er nachher ausüben soll, damit sind wir wieder bei Ihrem Kapitänspatent, von der Pike auf gelernt hat.

Und zu Ihrem Beispiel des Kapitäns, der sein Patent vor 50 Jahren gemacht hat: So viele Kapitäne, die mit 80 Jahren noch am Steuerrad stehen, kenne ich nicht. Beim Kollegen Dietz ist es noch nicht so lange her, dass er sein juristisches Staatsexamen gemacht hat, also dass diese 50 Jahre hier, um auf diese eine Person bezogen zu blei

ben, sicherlich hinken, aber wir gehen nun einmal davon aus und das schreibt ja auch das Gesetz vor, dass jemand, der aufgrund seines beruflichen Werdegangs auch in der Lage ist, diese Funktion auszufüllen, dann die Berufung erhält. Wie gesagt, es hat noch nie geschadet, wenn jemand die Funktion, die er ausüben soll, von der Pike auf gelernt hat. Der Landesrechnungshof überwacht die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes. Er überprüft auch die bestimmungsmäßige und wirtschaftliche Verwaltung und Verwendung von Landesvermögen und Landesmitteln durch Stellen außerhalb der Landesverwaltung. Es sind eben dort nicht nur die rein mathematischen, sachlich richtigen Entscheidungen zu prüfen, sondern es ist durchaus auch zu prüfen, inwieweit die Mittel so eingesetzt wurden, dass sie zwar zu dem Zweck bestimmt richtig eingesetzt waren, aber durchaus hätten besser oder sinnvoller eingesetzt werden können. Auch das lesen wir regelmäßig, wenn wir uns den Bericht des Landesrechnungshofs durchlesen. Ich verwahre mich nochmals gegen die Unterstellung, der Kollege Dietz wäre ein Parteisoldat. Ich halte ihn eigentlich für einen der geeigneten Kandidaten für dieses Amt. Wir werden sicherlich dann morgen erst zu der Wahl kommen und von daher auch noch einmal von meiner Fraktion die Unterstützung. Ich möchte allen im Plenum empfehlen, den Gesetzentwurf der PDS, so wie er uns vorliegt, abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der PDS - Drucksache 3/238 - in zweiter Beratung. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer stimmt dagegen? Danke. Stimmenthaltungen? Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen, aber mit Mehrheit abgelehnt. Damit schließe ich diesen Tagesordnungspunkt und wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Drittes Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 3/303 ERSTE BERATUNG