Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auf die Rede von Herrn Mohring kurz eingehen, wenn die Abgeordneten dieses Hauses mir die Aufmerksamkeit dazu schenken.

(Heiterkeit bei der CDU)

Herr Mohring, Ihre Bemerkung, unseren Änderungsantrag betreffend, muss ich noch einmal, ja zurückweisen will ich sie ja gar nicht, ich will mich mit ihr auseinander setzen. Sie haben bemerkt, dass es fünf Seiten Bemerkungen gab und eine Dreiviertelseite, die die PDS in Form eines Änderungsantrages vorgelegt hat. Nun ist festgestellt worden, auch hier in der Debatte, dass es naturgemäß nicht in allen Punkten Unstimmigkeit zwischen den Fraktionen gibt, sondern auch einen erheblichen Teil an Übereinstimmung. Das sollte meiner Meinung nach auch die Regel sein. Aber die PDS-Fraktion hat mit ihrem Änderungsantrag in drei Punkten deutlich gemacht, wo sie der Beschlussempfehlung nicht zustimmen kann, weil sie das SchwarzWeiß, das aus dem Text hervorgeht, so nicht teilt und sie will Änderung. Das betrifft, das habe ich ja gesagt, die Frage der Nettoneuverschuldung, betrifft beispielsweise die Frage des Personalentwicklungskonzepts, wo es nicht bloß in Fragen des Rechnungshofberichts, sondern generell zwischen den im Landtag vertretenen Fraktionen doch erhebliche Unterschiede gibt. Ich denke, das ist sehr legitim, das hier auch noch einmal aufzurufen und

das auch in konzentrierter Form zu machen, also nicht noch einmal fünf Seiten dagegen zu stellen, wo es nicht fünf Seiten Unterschiede gibt, aber in den drei Essentials das deutlich zu machen. Herr Mohring, Sie haben Ihre doch etwas zweifelhafte Abstimmungsweise im Haushaltsausschuss damit begründet, dass Sie regierungstragende Fraktion sind. Das erschließt sich mir in der Logik nicht. Wir verhandeln hier über die Entlastung der Regierung im Haushaltsjahr 2001. Der Rechnungshof hat auf Dinge aufmerksam gemacht, die so nicht in Ordnung waren und nun mussten Sie sich entscheiden, ob Sie diese Sache einfach nur zur Kenntnis nehmen, oder ob Sie auch einmal den Mut haben zu sagen, also liebe Landesregierung, in diesen zwei, drei Punkten handelt es sich um Verstöße, die wir nicht tolerieren und wir drücken das auch einmal aus. Wir haben behauptet hier, und dazu stehe ich nach wie vor, wenn Sie sagen, wir nehmen das zur Kenntnis, dann wird nicht deutlich, wie Sie künftig bei ähnlichen Verstößen der Landesregierung dieses Verhalten bewerten. Zur Kenntnis nehmen kann auch heißen oder kann so interpretiert werden, naja, so etwas passiert vielleicht und so richtig sind wir auch nicht interressiert, dass das abgestellt wird. Es ist zumindest eine unklare Haltung und dabei bleibe ich auch in der Bewertung. Herr Mohring, dann der unvermeidliche Ausflug in die Steuerpolitik, durch Herrn Abgeordneten Höhn eingeleitet. Man kann natürlich jeden Rechnungshofbericht auch mit dieser Debatte um vernünftige Steuerpolitik zusammenbringen, weil die Dinge eigentlich zusammengehören. Es ist bloß immer die Frage, wie groß diese Debatte ausufert. Herr Mohring, ich will Ihnen aber eines sagen: Wenn Sie auf der einen Seite die enormen Einnahmeausfälle kritisieren, die auch der Freistaat Thüringen in den letzten Jahren zu verkraften hatte, dann ist es schlichtweg unlauter, nicht zu sagen, wie denn Alternativen besser möglich wären. Sich immer nur hinzustellen und zu sagen, wir fordern weitere deutliche Entlastungen und nicht zu sagen, wie das seriös gegenfinanziert wird, ohne die öffentlichen Haushalte an den Staatsbankrott zu fahren und den Leuten nicht nur Geld zu schenken, was ich ihnen dann auf anderer Seite wieder rausnehmen muss, insbesondere den Lohnsteuerzahlern. Wenn Sie das nicht tun und nicht sagen, wie das gehen kann, dann ist das schlichtweg unseriös. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit, das lassen wir Ihnen nicht mehr durchgehen. Auf der einen Seite zu jammern und die Ausgabenkürzungen der letzten Jahre hier in Thüringen zu beklagen und auf der anderen Seite den Staat systematisch in den Staatsbankrott führen, indem immer neue und immer weitere Löcher in die öffentlichen Haushalte geschröpft werden. Da hilft Ihr Vergleich mit den anderen europäischen Ländern aus meiner Sicht überhaupt nicht weiter. Wenn man analysiert, was auch in den letzten Jahren im Zuge der zunehmenden Globalisierung stattgefunden hat, dann haben wir auch in den Ländern einen Steuersenkungswettbewerb nach unten. Es muss jemand mal seriös die Frage beantworten, wohin das noch führen soll. Das betrifft die öffentlichen Haushalte in Polen, es betrifft die öffentlichen Haushalte in Deutschland, das betrifft die in Österreich und wenn ich nicht ganz falsch

liege, hat selbst Herr Innenminster Trautvetter, als er noch Finanzminister war, und wir haben schon über hohe Steuerausfälle geklagt, sich über das Steuergebaren der großen Kapitalgesellschaften in Deutschland nicht sehr löblich geäußert. Das muss auch wieder deutlich gemacht werden. Ich meine, oberstes Ziel in der jetzigen Situation muss sein, Stabilität wieder in die öffentlichen Haushalte in Deutschland zu kriegen. Das bekommen Sie nicht, Herr Mohring, indem Sie Verschuldung und drastische Sparprogramme immer gegeneinander setzen. Verschuldung und drastische Sparprogramme sind zum Teil sich selbst verstärkende Effekte, zwei Seiten einer schlechten Medaille. Ich meine, es geht nur der Weg über eine Verbesserung der Einnahmesituation. Das habe ich Ihnen schon gesagt, das kriegen Sie nur hin, wenn Sie zunehmend auf die zugenommene Umverteilung in der Gesellschaft Bezug nehmen, wenn Sie die Einnahmeseite unter Gerechtigkeitsaspekten steigern, das heißt vernünftige kommunale Finanzreform, das heißt Vermögensteuer.

(Beifall bei der PDS)

Nur so haben wir überhaupt im Ansatz eine Chance, eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte hinzubekommen, den Anstieg der Nettoneuverschuldung zu begrenzen, vielleicht mal einen ausgeglichenen Haushalt hinzukriegen. Da redet im Moment noch keiner in Deutschland über den Abbau der enormen Schuldenberge, die in den letzten Jahren produziert wurden. Sie kriegen es nur über die Einnahmeseite hin. Sie kriegen die Stärkung der Einnahmeseite nur seriös hin, indem Sie wieder Gerechtigkeit in der Gesellschaft herstellen helfen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Dann können wir zur Abstimmung kommen, zunächst über den Antrag der Landesregierung in Drucksache 3/3039. Zuerst über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/4070. Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Dieser Änderungsantrag ist mit Mehrheit abgelehnt.

Dann stimmen wir jetzt über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 3/4052 ab. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer größeren Zahl von Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist diese Beschlussempfehlung mit Mehrheit angenommen.

Dann kommen wir zur Abstimmung zum Antrag des Rechnungshofs in Drucksache 3/3040, hier über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in Drucksache 3/4053. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegen

stimmen? Stimmenthaltungen? Diesmal gab es eine einmütige Zustimmung.

Damit können wir den Tagesordnungspunkt 7 abschließen und ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf

Bericht über die Verwendung von Regionalisierungsmitteln gemäß dem Regionalisierungsgesetz Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/3895

Eine Begründung des Antrags war nicht gewünscht, so dass die Landesregierung jetzt Gelegenheit hat, den Sofortbericht zu geben. Bitte schön, Herr Minister.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Freistaat Thüringen erhält jährlich Bundeszuweisungen gemäß dem Regionalisierungsgesetz. Diese Mittel werden nach Maßgabe des Thüringer ÖPNV-Gesetzes hauptsächlich für die Planung, Organisation und Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs, für Investitionen im ÖPNV sowie für die Finanzhilfen an die kommunalen Aufgabenträger des Straßenpersonennahverkehrs verwendet. Gegenwärtig wird eine Gesetzesänderung vorbereitet, die es ermöglicht, Regionalisierungsmittel ab 2004 auch für die Zahlung gemäß § 45 a Personenbeförderungsgesetz, d.h. Ausgleichszahlungen für die Schülerbeförderung, einzusetzen.

Meine Damen und Herren, laut Regionalisierungsgesetz ist für die Bundeszuweisungen eine Dynamisierung, also eine jährliche Anhebung der Zuweisungen um 1,5 Prozent vorgesehen. Die ursprüngliche Planung für 2004 ergab sich einerseits aus dieser Dynamisierung sowie weiterhin u.a. aus den geltenden Verkehrsverträgen mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen und den Angebotsverbesserungen, z.B. bei der Harzer Schmalspurbahn und im Sonneberger Netz.

Im Ergebnis der Beratungen im Vermittlungsausschuss wurde im Haushaltsbegleitgesetz 2004 allerdings festgelegt, dass die für das Jahr 2004 zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel um 2 Prozent gekürzt werden.

Meine Damen und Herren, für Thüringen bedeutet das, dass anstatt 277,3 Mio.  8994(  : 5,54 Mio.     *   %  geben sich letztendlich folgende Konsequenzen: Aufgrund der ausbleibenden Dynamisierung der Bundesmittel im Jahr 2004 erfolgt in diesem Jahr vertragsgemäß auch keine Dynamisierung für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen bei der DB Regio AG. Dadurch können die Ausgaben des Landes um knapp 2,4 Mio.    werden. Bei den anderen in Thüringen tätigen Eisen

bahnverkehrsunternehmen wirkt sich die fehlende Dynamisierung erst im Folgejahr 2005 aus. Die noch verbleibende Differenz der reduzierten Bundeszuweisungen gegenüber der Haushaltsplanung muss im Rahmen der ÖPNV-Investitionsplanung eingespart werden.

Zur Entwicklung und Verwendung der Regionalisierungsmittel ist Folgendes zu sagen: Die Zuweisungen des Bundes haben sich seit Verabschiedung des Regionalisierungsgesetzes entsprechend der dort festgelegten Dynamisierung entwickelt. Bislang einzige Ausnahme bildete das Jahr 2002, in dem nach der ebenfalls im Regionalisierungsgesetz vereinbarten Revision die Zuweisungen im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind. Die Zuweisungen des Bundes sind deshalb von 275,3 Mio.  im Jahr 2001 über 269,2 Mio.  88  wieder auf 273,2 Mio.    '   hätten sich die Zuweisungen auf 277,3 Mio. &  müssen. Die tatsächlichen Zuweisungen und die sich ergebenden Konsequenzen hatte ich eben bereits dargestellt.

Der weitaus größte Anteil der Regionalisierungsmittel fließt in die Bestellung der Verkehrsleistungen im öffentlichen Schienenpersonennahverkehr. Die Ausgaben in diesem Bereich sind von 185,6 Mio.  8& 186 Mio.  88 8(  85 gestiegen. Für das Jahr 2004 sind immerhin 208,6 Mio.  eingeplant. Die Steigerung der Ausgaben für die SPNVVerkehrsleistungen von 2002 zu 2003 erklärt sich im Wesentlichen durch die Wiederinbetriebnahme gesperrter Strecken, wie z.B. im Sonneberger Netz oder der Oberweißbacher Bergbahn, Angebotsverdichtungen und die Errichtung neuer Nahverkehrslinien, z.B. auf der MitteDeutschland-Verbindung, sowie die in den Verkehrsverträgen vereinbarte Dynamisierung der Bestellerentgelte.

Meine Damen und Herren, für 2005 wurden keine Kürzungen beschlossen, so dass für dieses Jahr nach derzeitigem Stand wieder die im Regionalisierungsgesetz festgelegten Finanzzuweisungen zur Verfügung stehen. Diese würden sich dann im Jahr 2005 auf 281,5 Mio.  belaufen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Wird eine Aussprache gewünscht? Alle nicken. Alle Fraktionen sind, glaube ich, der Meinung, dass eine Aussprache gewünscht wird. Dann werden wir das auch so machen. Zunächst gebe ich Herrn Abgeordneten Lemke das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, vielen Dank, dass Sie einen Sofortbericht abgeliefert haben. Selbstverständlich kann man nicht auf alle Zahlen und Fakten, die Sie hier genannt haben, sofort

reagieren, deswegen würde ich zum Schluss gern beantragen, dass wir es uns im Ausschuss noch mal gemeinsam anschauen, denn da gibt es sicherlich einige Punkte, die diskutabel sind. Nichtsdestotrotz möchte ich trotzdem einige Ausführungen machen: Seit In-Kraft-Treten des Regionalisierungsgesetzes am 1. Januar 1996 liegt die Aufgaben- und Finanzverantwortung für den Schienenpersonennahverkehr bei den Ländern. Die Umsetzung der Regionalisierung erfolgt durch die Gesetze der Bundesländer. In dem Gesetz ist die Aufgabenträgerschaft genauso geregelt wie die Zusammenarbeit zwischen den Aufgabenträgern, die Finanzierung bzw. die Verwendung der Regionalisierungsmittel nach dem schon erwähnten Regionalisierungsgesetz sowie die Planung und Koordinierung des Nahverkehrs. Mit In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Regionalisierungsgesetztes am 1. Juli 2002 wurden die im Regionalisierungsgesetz verankerten Aufträge zur Revision umgesetzt. Im Ergebnis dessen sollten die Länder vom Bund bis zum Jahr 2007 jährlich um 1,5 Prozent steigende Mittelzuweisungen erhalten. Sie hatten es erwähnt. Das Grundangebot im Schienenpersonennahverkehr der Länder sollte damit gesichert und die Qualität der Leistungen erhöht werden. Die Verwendung der Mittel ist auf Ausgaben bestimmter Titel begrenzt. Der § 7 Regionalisierungsgesetz legt fest, dass die Mittel insbesondere für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr zu verwenden sind, aber auch im investiven Bereich des übrigen ÖPNV eingesetzt werden können. Diese Novellierung des Gesetzes sicherte Bund und Ländern Planungssicherheit für einen Zeitraum von fünf Jahren. Im Jahr 2008 ist eine erneute Prüfung bzw. eine erneute Novellierung geplant. Kurze Zeit vor In-Kraft-Treten der Novelle änderte der Thüringer Landtag sein ÖPNV-Gesetz. Der zu diesem Zeitpunkt zuständige Minister begründete die geplante Änderung folgendermaßen - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis: "Nach der derzeitig noch gültigen Fassung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes ist vorgesehen, dass die zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel ausschließlich für die Bestellung, Planung, Organisation des SPNV sowie für Investitionen im ÖPNV zu verwenden sind. Das Bundesrecht lässt neben der Finanzierung des SPNV auch die Finanzierung des allgemeinen ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln zu, soweit nicht durch den Mitteleinsatz für den allgemeinen ÖPNV das Verkehrsangebot im SPNV beeinträchtigt wird." Die geplante Änderung sollte dem Land die Möglichkeit eröffnen, Regionalisierungsmittel auch zur Deckung von Betriebskostendefiziten zu nutzen. Die von allen Fraktionen beschlossene Änderung ist aus heutiger Sicht mindestens zu hinterfragen. Der Kollege Lippmann hegte zwar in der 52. Sitzung am 9. November Zweifel daran, ob es denn legitim sei, den allgemeinen ÖPNV aus Regionalisierungsmitteln zu finanzieren und damit den Landeshaushalt zulasten des Bundes und zulasten der Schiene zu entlasten. Ich bin der Meinung, er wäre besser bei seinen Zweifeln geblieben und meine Fraktion hätte sich diesen angeschlossen. Aber es war schon sehr verlockend, einer Regelung zuzustimmen, die nach ihrer Umsetzung stabile Tarife im ÖPNV, effizientere Abstimmungen zwischen

den Aufgabenträgern mit dem Ergebnis verbesserter Leistungsangebote und mehr Qualität und Quantität versprochen hat. Die genannten Zielstellungen waren es wert, der geplanten Änderung zuzustimmen und die Umsetzung anzugehen. Wie wir jedoch heute wissen, konnten die Zielstellungen nicht erreicht werden. Es drängt sich folgerichtig die Frage auf, hat der SPNV durch den Mittelentzug nicht insgesamt Schaden genommen? Viele Investitionen konnten nicht begonnen werden. Bestimmte Strecken stehen aufgrund gravierender Mängel zur Disposition. Beispielhaft zu nennen wären: Kyffhäuser-Bahn, Pfefferminzbahn. Auf anderen Strecken haben wir Langsamfahrstellen. Bei der Erschaffung neuer Bahnübergänge stecken wir im Stau - alles Beispiele dafür, dass eigentlich aus den Regionalisierungsmitteln kein einziger Euro für andere Zwecke entbehrlich ist. Und, der Minister hat es angekündigt, demnächst steht uns wieder eine Gesetzesänderung ins Haus. Der Schülerverkehr soll aus Regionalisierungsmitteln bezahlt werden. Der Umgang des Freistaats mit den vom Bund zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmitteln ist weder als innovativ, zukunftsorientiert noch als zielführend zu bezeichnen.

(Beifall bei der PDS)

Das Land Thüringen zählt zur Minderheit der Bundesländer, welche weiterhin einen Globalvertrag mit der Deutschen Bahn abgeschlossen hat. Andere Bundesländer haben klare Wettbewerbskonzepte und eindeutige Wettbewerbsstrategien beschlossen. In Schleswig-Holstein beispielsweise sind inzwischen 25 Prozent der Bestellungen ausgeschrieben und bis 2011 sollen stufenweise sämtliche Zugleistungen ausgeschrieben werden. In Thüringen sind wir bis 2011 vertraglich an die DB gebunden. Abbestellungen sind laut Vertrag bis maximal 5 Prozent im Jahr möglich. Wettbewerb, meine Damen und Herren der CDU, von Ihnen zu allen passenden und oftmals auch unpassenden Gelegenheiten gefordert, den haben Sie im Thüringer SPNV bis Ende 2011 de facto ausgeschlossen. Dabei führt der Wettbewerbsdruck gerade im Schienenverkehr zu sehr innovativen und effizienten Lösungen. Die bundesweiten Erfahrungswerte sagen aus, dass Kostenreduzierungen für die Besteller von rund 20 Prozent möglich sind gegenüber den ursprünglichen Bestellkosten bei der Deutschen Bahn. Trotz des niedrigen Preises ist das Angebot qualitativ meist erheblich besser. Neue Fahrzeuge kommen zum Einsatz, positive Beispiele haben wir in Thüringen: Erfurter Industriebahn und Südthüringen-Bahn Leuchttürme im tristen Thüringer Bahnalltag. Die Lobbypolitik der Landesregierung zugunsten der Deutschen Bahn AG wird besonders deutlich, wenn man die Zuschüsse pro Zugkilometer vergleicht. Bei gleichen Leistungsangeboten mit gleichen Standards betragen sie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein 5 bis 7  in Brandenburg 8,5 bis 9  +ringen jedoch 9,7  Damit nicht genug, denn der Vertrag zwischen Freistaat und Deutscher Bahn Regio sieht eine jährliche Dynamisierung der Zuschüsse vor - der Minister hat es auch angekündigt, dieses Jahr fallen sie aus -, die mindestens in

Höhe der Inflationsrate liegen muss. Die wenigen anderen Unternehmen wie z.B. Erfurter Industriebahn und Südthüringen-Bahn bekommen einen weitaus geringeren Zuschuss pro Zugkilometer.

Meine Damen und Herren, wie Sie unschwer erkennen können, geht Thüringen sehr großzügig mit den Regionalisierungsmitteln um. Dieses geht vor allem zu Lasten des Leistungsumfangs und der Qualität. Beides ließe sich bei mehr Wettbewerb deutlich verbessern. Und nun, meine Damen und Herren, kamen im Rahmen der so genannten Reformvorhaben des Bundes auch die Regionalisierungsmittel in den großen Topf der Verhandlungsmasse. Sie kamen dabei jedoch nicht nur auf den Prüfstand, nein, sie kamen auch noch ins Gerede. Der Bundesrechnungshof hatte nämlich moniert, das etwa 18 Prozent der Regionalisierungsmittel zweckentfremdet verwendet worden sind. Ich habe in den Ausführungen des Ministers dazu überhaupt nichts gehört. Die fast logische Schlussfolgerung bei der angespannten Haushaltslage war, die Regionalisierungsmittel um eben diese 18 Prozent zu kürzen. Glücklicherweise scheint das momentan vom Tisch zu sein. In diesem Zusammenhang erinnere ich noch einmal daran, dass die Änderung des Thüringer ÖPNV-Gesetzes damit begründet wurde, dass im Regionalisierungsgesetz steht "... insbesondere für die Bestellung von Nahverkehrsleistungen im SPNV zu verwenden." Die Thüringer Landesregierung hat daraus abgeleitet, dass auch andere Optionen zugunsten des Landes möglich sind. Möglicherweise ist Thüringen durch diese Auslegung unter denen, die Regionalisierungsmittel zweckentfremdet haben. Herr Minister, darauf müssen Sie, denke ich, noch Antworten geben. Die Thüringer Auslegung des Gesetzestextes könnte möglicherweise mit den Intentionen des Gesetzgebers nicht übereinstimmen. Alles Spekulationen, könnte man meinen, aber was, wenn sie zutreffen? Rückzahlungen oder andere Sanktionen wären eventuell denkbar.

Aber zurück zu den harten Fakten: Realität ist, seit dem 19. Dezember 2003 gibt es den Beschluss des Bundesrates und des Bundestages, dass die Regionalisierungsmittel für 2004 einmalig, wie es heißt, um 2 Prozent gekürzt werden. Aber eigentlich sind es ja 3,5 Prozent, auch darauf haben Sie hingewiesen, denn die jährliche Steigerung um 1,5 Prozent ist ja gleich mit weggefallen. Wie nun mit den Kürzungen umgehen? Wo muss der Rotstift angesetzt werden? Sie haben es angedeutet. Der Schienenpersonennahverkehr, der schon jetzt darunter zu leiden hat, dass durch Mindereinnahmen des Bundes viele geplante Investitionen ins Schienennetz auf Eis gelegt werden mussten, darf nicht noch mehr an Attraktvität verlieren. Es gibt viel zu beraten und zu diskutieren, um das zu verhindern. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion die Überweisung an den Ausschuss Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Als Nächster hat Herr Abgeordneter Schugens das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Kollege Lemke, ich glaube, Sie haben Ihre eigene Vorlage nicht zielgenau behandelt. Ich will es mal so vorsichtig formulieren. Ich bin da anderer Auffassung als Sie. Das ist logisch, meinen Sie,

(Zwischenruf Abg. Lemke, PDS: Ja, ganz lo- gisch.)

es gibt auch mehrere Gründe dafür, das so festzustellen. Ich denke, mit der Novellierung des Gesetzes haben wir entsprechend der Bedingungen, die stehen, und in der Möglichkeit der Auslegung des zuständigen Bundesgesetzes eine Möglichkeit geschaffen, den ÖPNV auf der Straße und auf der Schiene in Thüringen vernünftig zu gestalten und Maximales zu leisten. Ihren Antrag, Ihren Gegenstand an den Ausschuss zu überweisen, lehne ich gleich von vornherein ab. Wir werden dem nicht folgen.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Von vorn- herein?)

Natürlich von vornherein. Sie wissen, dass die 1,5 Prozent Steigerung der Regionalisierungsmittel durch den Bund bisher eingehalten wurden. Es ist auch in Aussicht gestellt, dass es ab dem Jahre 2005 weitergeht. Dass wir 2004 eine Ausnahme haben, ist sicherlich einem Kompromiss und der misslichen Finanzlage in Deutschland geschuldet. Das möchte ich nicht der Landesregierung schuldhaft angetragen haben bzw. wissen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der Minister hat sich bisher immer dafür eingesetzt - auch der vorgehende Minister -, die Mittel zweckentsprechend einzusetzen. Ich glaube, wir können, soweit das Land Thüringen mitwirken konnte, schon darauf verweisen, dass wir mehr und zusätzlichen Verkehr auf die Schiene gebracht haben. Die Zahlen sind eigentlich nachweisbar, auch wenn sie anteilig im Verhältnis zwischen 1994 und 2001 vielleicht etwas anders aussehen, aber es sind mehr Leistungen bestellt worden. Über diese Zahlen hat der Minister bereits berichtet.

Meine Damen und Herren, sicherlich gibt es noch unbefriedigende Entwicklungen, die aber mit dem Bundesgesetzgeber und natürlich mit dem Bund selbst im Zusammenhang stehen. Die Mittelausstattung könnte reichlicher sein. Für die Schiene und die Investitionen der Schiene ist hauptsächlich der Bund zuständig und nicht vorrangig das Land. Das Land hat mit der Gesetzgebung in Thüringen darauf orientiert, genügend Mittel auch für die Investitionen für Technik auf der Schiene bereitzustellen. Sie ken

nen die Zahlen selbst, denn die PDS hat dazu im letzten Jahr eine Anfrage gestellt, die beantwortet wurde, wo diese Übersicht Ihnen sehr deutlich gegeben wurde, wie die Steigerungen sind.

Meine Damen und Herren, ich bin der Überzeugung, dass wir richtig gehandelt haben, denn wir haben die Regionalisierungsmittel in Thüringen eingesetzt, um das Straßenbahnnetz der Städte, besonders unserer größeren Städte, zu gestalten und auszuprägen. Wir haben moderne Fahrtechnik auf der Schiene angeschafft. Wir haben den Fuhrpark des ÖPNV auf der Straße in Größenordnungen von über 1 Mrd.  #  &3  finanziert worden. Wir haben die Bushaltestellensituation unterstützt und ausgebaut, moderne Leitsysteme und vieles, vieles andere.

(Zwischenruf Abg. Lemke, PDS: Aber alles aus Mitteln der Schiene.)

Es ist zulässig, die Mittel...

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Nein!)

Es ist nach unserer Gesetzgebung zulässig und - entschuldigen Sie, Herr Lemke, die Schiene ist nicht zu kurz gekommen. Wir haben jährlich die Leistungen dynamisiert und höher gestellt.

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS: Das stimmt doch gar nicht.)

Sicher haben Sie ein Problem mit Ihrem Nebenstreckennetz, aber da will ich Ihnen sagen, das ist auch eine Frage der Auslastung dieser Netze. Im Einvernehmen mit kommunalen Aufgabenträgern sind einige Netze stillgelegt worden, wie andersherum - das ist vom Minister erwähnt worden - auch Netze aktiviert wurden. Das ist z.B. die Oberweißbacher Bergbahn, die ans Netz gegangen ist, wo der Bund und das Land Mittel eingesetzt haben und dies auch Sinn macht.