Ich fordere den Bund auf, diese Wirkungsanalyse so früh wie möglich mit den Ländern zu besprechen und noch vor dem Sommer entsprechende gesetzgeberische Aktivitäten einzuleiten. Für die unverzichtbaren Modernisierungsinvestitionen, insbesondere in den innerstädtischen Gebieten, ist die Investitionszulage gerade für die großen Wohnungsunternehmen ein wesentliches Instrument zur Eigenkapitaldarstellung und sie ist für uns deshalb auch ein Element des Stadtumbaus.
Einen wesentlichen Beitrag zur Revitalisierung der Städte wird unser in diesem Jahr erstmals aufgelegtes InnenstadtStabilisierungsprogramm leisten. Mit diesem Programm fördern wir die Altbausanierung und die Lückenbebauung in den Siedlungszentren. Innenstadtwohnungen sollen familien- und altengerecht ausgestattet sein,
um auch für diese Personengruppen ein Angebot bereitzuhalten. Die Anmeldungen, die derzeit bei der Bewilligungsstelle vorliegen, übersteigen das Programmvolumen bereits um das Zehnfache. Dieses Programm ist gleichzeitig wesentlicher Bestandteil unserer seit 2002 laufenden Förderinitiative "Genial zentral". Im Rahmen dieser Initiative werden die Kommunen dabei unterstützt, innerstädtische Brachen aufzuwerten bzw. einer Wohnnutzung zuzuführen. Diese ungenutzten Flächen wandeln die Kommunen in Areale um, auf denen sich Wohneigentum errichten lässt. Wir haben auch klären können, dass Kommunen innerhalb dieser Initiative rechtlich die Möglichkeit haben, an weniger einkommensstarke, junge Familien Grundstücke unter Verkehrswert zu veräußern, weil das eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung von Wohneigentum in den Innenstädten der Ober- und Mittelzentren ist.
Diese Vorhaben werden in den bestehenden Programmen der Städtebau- und Wohnungsbauförderung gebündelt und als Vorrangförderung definiert. Bei aller Konzentration auf die Probleme des Stadtumbaus - die Landesregierung wird die Wohneigentumsbildung darüber nicht aus den Augen verlieren. Nach wie vor ist der Wunsch der Thüringer Bürger groß, in den eigenen vier Wänden zu leben. Insbesondere vor dem Hintergrund einer zusätzlichen Altersversorgung ist dies für breite Schichten der Bevölkerung ein erstrebenswertes Ziel.
Bei der Förderung selbst genutzten Wohneigentums haben wir uns in den letzten Jahren jedoch auf die Siedlungszentren beschränkt. In der Fläche fördern wir nur noch Familien mit Kindern und Haushalte mit Schwerbehinderten. Zur Haushaltskonsolidierung gibt es keine Alternative. Angesichts der rückläufigen Fördermittel beschreiten wir mit dem Ergänzungsprogramm der Thüringer Aufbaubank neue Wege. Dieses neue Programm sieht vor, dass der Bauherr neben dem Landesförderdarlehen ein zinsverbilligtes Ergänzungsdarlehen erhält, das von der KfW refinanziert wird. Dieses zusätzliche Darlehen eröffnet uns die Möglichkeit, die Höhe der Darlehen in der Landesförderung zu senken. Gleichzeitig können wir jedoch unser Kontingent in der Eigentumsförderung weiter verstetigen und trotzdem die Haushaltskonsolidierung unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Thüringen hat neben einer klaren Strategie zur Förderung des Wohnungsund Städtebaus auch im Bundesrat seine Möglichkeiten genutzt, die Bedingungen für den Wohnungs- und Städtebau in den neuen Ländern zu verbessern.
Die jahrelangen Bemühungen, auch in den neuen Ländern die Verwertungskündigung zuzulassen, sind im letzten Jahr durch die von Thüringen eingebrachte Bundesratsinitiative erfolgreich abgeschlossen worden. Damit steht der Woh
nungswirtschaft das lange von ihr geforderte Instrument zur Verfügung: Für den Abriss vorgesehene Wohngebäude können auch gegen den Widerstand vereinzelter Mieter leer gezogen werden. Wir gehen davon aus, dass damit ein weiteres Hemmnis für den Stadtumbau beseitigt ist.
Ein weiterer Erfolg ist die Befreiung der Wohnungsunternehmen von der Grunderwerbssteuer bei Fusionen. Damit hat die Wohnungswirtschaft die Möglichkeit, durch Fusionen wirtschaftlich tragfähige Betriebsgrößen zu schaffen. Dieses Fenster ist jedoch nur für zweieinhalb Jahre geöffnet und es gilt, dass diese Chance unverzüglich genutzt wird. Das Stadtumbauprogramm Ost wird Marktangleichungsprozesse bewirken, die an der Unternehmenslandschaft nicht spurlos vorübergehen werden. Meines Erachtens ist es allemal besser, wenn sich die Unternehmenslandschaft durch Fusionen und nicht durch Insolvenzen verändert.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Innenminister liegt mir eine neue Initiative besonders am Herzen, die das Wohnen in den Städten und Gemeinden sicherer machen soll. "Sicher wohnen" entwickelt sich immer mehr zu einem wichtigen Kriterium bei der Wohnungssuche. Urbane Kriminalprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der sich die Landesregierung mit Nachdruck stellt. Zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in Städten und Wohngebieten beabsichtigen wir, neue Wege der Kooperation zu beschreiten. Wir sind im Gespräch mit dem Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft, um das Wohnen in Thüringen noch sicherer zu machen. Unsere Initiative zielt darauf ab, gemeinsam mit den Bewohnern eine Art "Sicherheitsmanagement im Wohngebiet" zu etablieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser erfolgreiches Vorgehen beim Stadtumbau basiert auf klaren und realistischen Konzepten. Es wird von einer engen Zusammenarbeit mit unseren Kommunen getragen. Der Stand, den wir in Thüringen erreicht haben, wäre ohne eine enge Einbeziehung der Thüringer Wohnungswirtschaft nicht denkbar.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, dem Verband Thüringer Wohnungswirtschaft als Interessenvertreter der gewerblichen Wohnungswirtschaft für das einvernehmliche und kooperative Vorgehen den Dank der Landesregierung auszusprechen.
Die Städtebauförderung als Leitprogramm für den Stadtumbau bietet Chancen für die Zukunft. Stadtentwicklung heißt heute vorrangig Qualität statt Quantität. Wir wollen
deshalb im Ergebnis unserer programmbegleitenden Forschung eine Thüringer Qualitätsoffensive Stadtumbau anstoßen.
Der Stadtumbau braucht in besonderer Weise die Akzeptanz der Bewohner, aktive Gemeinden, kompetente Planer und engagierte Bauherren.
Bei unserer Qualitätsoffensive geht es insbesondere darum, die Akzeptanz der Öffentlichkeit für den Stadtumbau weiter zu erhöhen und neue Formen der Qualitätssicherung zu entwickeln. Auf diese Weise können Umbaustrategien erfolgreich umgesetzt und die hohe Effizienz der Städtebauförderung sichergestellt werden. Die Qualitätsoffensive wird den Stadtumbau darstellen als Chance auf dem Weg zu einer neuen Qualität der Stadt, zum lebenswerten und zukunftsfähigen städtischen Gemeinwesen - das alles natürlich unter möglichst breiter Beteiligung der Öffentlichkeit.
Stadtumbau wird in Thüringen nicht mit der Zerstörung historischer Stadtstrukturen und dem Abbruch historischer Bausubstanz verbunden sein. Es geht vielmehr darum, unter Beachtung der gesamtstädtischen Entwicklung die Funktionen der Innenstädte zu stärken. Es geht darum, unsere Städte familien- und kinderfreundlicher zu machen.
Es geht darum, unsere Städte mit neuen Nutzungsqualitäten zu versehen und sie damit zu befähigen, auch künftig ihre Aufgaben für die Region wahrzunehmen. Gleichzeitig sind diese umfassenden Nutzungsqualitäten unserer Städte die entscheidende Voraussetzung für das Bestehen unserer Städte im Standortwettbewerb der Zukunft.
Wir sind uns im Klaren: Die Städtebauförderung allein kann dies nicht schultern. Wir werden die ressortübergreifende Zusammenarbeit weiter verstärken und wir werden darauf drängen, dass der Stadtumbau wesentlicher Bestandteil des Aufbaus Ost bleibt. Wir sind sicher, dass die Wohn- und Lebensqualität in Thüringen durch unser gezieltes und weitsichtiges Vorgehen weiter nachhaltig verbessert wird. Stadtumbau bleibt ein Kernelement der Politik der Landesregierung. Im Mittelpunkt wird für uns dabei immer das Interesse der Bevölkerung stehen. Wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen dafür zu sorgen, dass Thüringen ein attraktiver Standort, ein lebens- und liebenswerter Wohn- und Arbeitsort bleibt.
Das war die Regierungserklärung. Wir kommen jetzt zur Aussprache. Als Erste hat das Wort Frau Kollegin Sedlacik, PDS-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die heutige Regierungserklärung ist ein Beleg für die Wirksamkeit der Oppositionsarbeit durch die PDS.
Freut mich, dass Sie das auch so sehen. Denn allein unsere Ankündigung im Februar, einen Bericht von der Landesregierung zur Umsetzung des Bund-Länder-Programms "Stadtumbau Ost" in Thüringen im Jahr 2003 zu fordern, hat die Landesregierung veranlasst, eine eigene Regierungserklärung abzugeben.
Unserer Fraktion kann es recht sein. Für uns ist es wichtig, dass das Thema Stadtumbau nicht vollständig aus der Landespolitik verschwindet. Es ist viel zu brisant, als dass man sich nicht damit beschäftigt.
Schon der Titel der Regierungserklärung "Stadtumbau Mehr Wohn- und Lebensqualität für unsere Bürger" ließ vermuten, dass sich die Landesregierung heute in ihren vermeintlichen Erfolgen sonnen und die Probleme bagatellisieren wird. Unter allen Problemkindern sind wir natürlich die Besten: weiter so - "Topp Thüringen". Alle Erfolge gehören uns, jawohl. An Fehlentwicklungen und Defiziten sind andere schuld. Allein die Bezeichnung der Regierungserklärung muss sogar Dr. Michael Pietzsch an eine Tagung zur Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms der DDR erinnert haben, wenn er von der Lösung des Wohnungsproblems als soziale Frage nach der Wende spricht. Zitat aus der gestrigen OTZ.
Diese Regierungserklärung hat unsere Vermutungen noch übertroffen - ja, ab und zu lese ich auch mal Zeitung -, 52 Seiten Erfolge unserer Landespolitik. Die Probleme sollen möglichst andere klären, weil die ja auch zuständig sind.
ähnlich wie die zum Landesentwicklungsplan, die ExMinister Gnauck hier einmal gehalten hat. Wenige Wochen später wurde dieser Landesentwicklungsplan zurückgezogen. Welches Schicksal wird wohl unser heutiges Thema erleiden?
Meine Damen und Herren, natürlich erkennen auch wir die Erfolge im Stadtumbau in Thüringen an; jedoch ist der Blick auf Probleme von unserer Seite weit wachsamer als bei Ihnen, Herr Minister. Probleme dürfen nicht totgeschwiegen werden. Sie müssen beim Namen genannt werden, weil anderenfalls keine Lösungen diskutiert und gefunden werden. Also nutzen wir am heutigen Vormittag die Gelegenheit, um einerseits auf Erfolge zu verweisen, aber andererseits auch, um uns den Problemen zuzuwenden.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Regierungserklärung gehört, die ganze Bandbreite städtischer Entwicklungsprozesse wurde dargestellt. Welchen Zweck außer eines Eigenlobs dies haben sollte, erschließt sich mir nicht. Ich will in meinem Beitrag Ihrem Konzept nicht folgen, sondern mich auf den eigentlichen Kern des Stadtumbaus beschränken, nämlich die Probleme der Wohnungswirtschaft und der Stadtentwicklung. Herr Minister, hören Sie zu. Ich habe Ihnen auch sehr aufmerksam zugehört. Zunächst möchten wir noch einmal betonen, dass aus Sicht der PDS-Fraktion Arbeiten und Wohnen nicht voneinander zu trennen sind. Diese Aussage ist für das Verständnis der Probleme beim Stadtumbau Ost für uns von großer Bedeutung, denn die gegenwärtigen Probleme der Thüringer Wohnungswirtschaft, die sich im strukturellen Wohnungsleerstand widerspiegeln, sind die direkte Folge verfehlter Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. Hierfür trägt unstrittig der Bund die Hauptverantwortung
Herr Wetzel, ja, ja, immer die anderen -, jedoch hat doch auch der Freistaat Thüringen seine wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Potenzen nicht effektiv ausgeschöpft. In Ihrer Regierungserklärung sind Sie nur auf die Verantwortung des Bundes eingegangen. Die eigene Verantwortung wurde wie immer ausgeblendet. Eine derartige Art der Verantwortungsverweigerung ist nahezu einmalig und Ihre Darstellungen zu Beginn zur Familienpolitik, was Sie alles dazu beitragen wollen, sind wohl sehr, sehr schwammig. Denn hohe Arbeitslosigkeit und mangelnde Lebensperspektive zwingen ja viele Bürger, viele Menschen Thüringen zu verlassen. Letztlich ist auch die geringe Geburtenrate Widerspiegelung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktsituation im Freistaat. Die von Ihnen in der Regierungserklärung beschriebene demographische Entwicklung von Thüringen ist nicht naturgegeben, wie Sie den Eindruck immer vermitteln wollen, nein, diese demographische Entwicklung ist nur die Folge einer verfehlten Politik. Sie werden die Menschen in Thüringen nicht halten können, und wenn Sie noch so sehr auf Heimatverbun
denheit setzen, wenn Sie nicht endlich existenzsichernde Arbeitsplätze in Thüringen schaffen. Bedauerlicherweise ist hier eine Lösung gegenwärtig nicht zu erkennen. Nicht, dass Sie jetzt wieder auf die Verantwortung des Bundes schielen, nein, Sie sind für Misserfolge zuständig, nicht andere. Ganz so einfach geht es nicht. Nein, Sie müssen auch für Fehlentwicklungen politische Verantwortung übernehmen. Diese von mir beschriebenen Entwicklungen haben in Thüringen einen dramatischen Wohnungsleerstand hervorgebracht. Dieser wird sich unmittelbar auf die betriebswirtschaftliche Situation der Thüringer Wohnungsunternehmen auswirken. Es ist selbstverständlich, dass die Thüringer Wohnungswirtschaft diese Probleme des strukturellen Wohnungsleerstands nicht allein bewältigen kann. Es wäre auch nicht sachgerecht, weil die Wohnungswirtschaft nicht für die Ursachen des Wohnungsleerstands allein verantwortlich ist. Deshalb ist das Stadtumbauprogramm Ost, wodurch eine Stabilisierung des Wohnungsmarkts erreicht werden soll, grundsätzlich zu begrüßen. Wir erkennen dabei durchaus an, dass die Thüringer Landesregierung im Vorfeld des Stadtumbauprogramms und im ersten Programmjahr einen zusätzlichen Landesbeitrag zur Wohnungsmarktstabilisierung geleistet hat. Das war topp. Darüber hinaus hätte es die PDSFraktion aber begrüßt, wenn das Land dieses Engagement fortgeführt hätte und die Kürzungen der Landesmittel bei der allgemeinen Wohnungs- und Städtebauförderung moderater ausgefallen wären. Leider haben wir in der Regierungserklärung auch zur allgemeinen Wohnungsund Städtebauförderung nur Erfolgsmeldungen gehört. Der Sache wegen wäre aber zumindest eine differenziertere Bewertung durch Sie, Herr Minister, dienlich gewesen. Die bisherigen Erfahrungen beim Stadtumbau Ost zeigen, dass die vorgesehenen Mittel bis 2009 nicht ausreichen werden, um den Wohnungsleerstand nachhaltig zu senken.