Wir fahren fort in der Beratung des Tagesordnungspunkts 1. Frau Abgeordnete Groß, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der heute hier in zweiter Lesung zu beratende Gesetzentwurf, den wir im Anschluss an die erste Lesung im Innenausschuss und im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit als mitberatendem Ausschuss eingehend erörtert haben, ist eine der letzten Bastionen, in denen wir ein altes DDR-Recht den thüringischen Gegebenheiten unserer Zeit anpassen. Auch wenn in den Sitzungen der beiden genannten Ausschüsse am 29. April 2004 noch verschiedene Änderungen vorgeschlagen wurden, sind wir doch von den grundsätzlichen Überlegungen der Landesregierung kaum abgewichen. Dies hat nicht zuletzt seinen Grund darin, dass wir gerade in diesem Bereich den Vorstellungen der Kirchen und den mit ih
nen geschlossenen Staatskirchenverträgen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Auch die ansonsten im Nachgang zu der ersten Beratung vorgenommene schriftliche Anhörung hat einige Aspekte ergeben, die in der Beschlussempfehlung in Drucksache 3/4198 zum Ausdruck kommen.
Sehr verehrte Damen und Herren, die Zielstellungen des Gesetzes ergeben sich aus dem Vorblatt der Drucksache und den anlässlich der ersten Lesung vorgetragenen Ausführungen. Ich möchte mich daher darauf beschränken, die nach unserer Ansicht wesentlichen Änderungsvorschläge vorzutragen. Als wichtigen Aspekt möchte ich auch einfügen, dass die Anregungen und Vorschläge der Enquetekommission zur Würde des menschlichen Lebens hier ihren Einzug gehalten haben. Mit den Änderungen des § 1 wird dem Anliegen der Hospizbewegung Rechnung getragen, indem nun auch die Ehrfurcht vor den Toten, die Totenwürde, der Schutz der Totenruhe und die Totenehrung explizit in das Gesetz aufgenommen werden. Wir folgen den Anregungen der Hospizbewegung deshalb gern, weil damit klargestellt wird, dass dem bzw. der Verstorbenen auch nach dem Tod ein würdevoller Umgang zuteil werden soll.
Mit der Einführung des neuen Absatzes 3 in § 15 möchten wir erreichen, dass nun verschiedene Regelungen, die ursprünglich in einer Verordnung geregelt werden sollten, in das Gesetz selbst aufgenommen worden sind. Mit dieser Bestimmung wird festgelegt, wie die Gesundheitsbehörden mit den Totenscheinen und Sektionsscheinen zu verfahren haben. Ferner werden Ärzte, die eine Leichenschau oder eine Sektion vorgenommen haben, verpflichtet, auf Anforderung der zuständigen Behörde, nämlich dem Gesundheitsamt des Sterbeortes oder dem Standesamt, lückenhafte Totenscheine oder Sektionsscheine unverzüglich zu vervollständigen. Zudem werden Ärzte und sonstige Personen, die den Verstorbenen vorher behandelt oder gepflegt haben, verpflichtet, die zur Überprüfung und Vervollständigung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Mit dieser Änderung wird die bisherige einschlägige Regelung konkretisiert. Wir sind davon überzeugt, dass dies eine sinnvolle Ergänzung zum bisherigen Gesetz darstellt.
In § 16 Abs. 1 Satz 1 wird die Zahl 24 durch die Zahl 48 ersetzt. Damit wird vor allem dem Wunsch der Kirchen und der Hospizbewegung Rechnung getragen. Mit der Änderung wird erreicht, dass es nicht zuletzt auch den räumlich weit entfernten Angehörigen ermöglicht wird, von den Verstorbenen in angemessener Form Abschied zu nehmen. Wir gehen damit über den einschlägigen Änderungsantrag der PDS-Fraktion, der eine Verlängerung von 24 auf 36 Stunden vorgeschlagen hat, hinaus.
Mit der Änderung des § 17, einer Anfügung eines Absatz 4, soll erreicht werden, dass vor allem die Ausstellung "Körperwelten" und ähnliche Ausstellungen grundsätzlich nicht in Thüringen gezeigt werden müssen. Al
lerdings wird es den jeweils zuständigen Ordnungsbehörden der Kommunen gestattet, davon Ausnahmen zuzulassen. Bei ihrer Entscheidung haben sie den Schutz der Menschenwürde dem Grundrecht des Artikel 5 Grundgesetz gegenüberzustellen. Gleichzeitig wird aber klargestellt, und die Ausschussmitglieder wissen das von der letzten Beratung, dass Unterrichtsgegenstände oder bereits ausgestellte Ausstellungsstücke nicht diesem grundsätzlichen Verbot unterfallen. Denn es wäre nicht hinnehmbar, vor allem in den Schulen etwa im Biologieunterricht, auf die notwendigen Anschauungsgegenstände verzichten zu müssen.
Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 wird nun ausdrücklich auch dem Wunsch der Kirchen gefolgt, dass die Asche des Verstorbenen sowohl auf als auch unter der Grasnarbe ausgebracht werden kann.
Nach § 25 Abs. 1 sollen die Gemeinden Leichenhallen anlegen, erweitern und unterhalten. Der Gesetzentwurf hatte ursprünglich den Ausdruck "müssen". Damit wird festgelegt, dass eine obligatorische Vorhaltung solcher Gebäude nicht notwendig ist. Es hat sich nämlich gezeigt, dass diese Leichenhallen gerade in kleineren Gemeinden oftmals nicht oder nur sehr wenig genutzt werden. Eine Belastung der jeweiligen Kommunen durch die damit verbundenen Kosten erscheint nicht angezeigt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass auf die Leichenhalle verzichtet werden muss. Denn wenn Gründe des öffentlichen Wohls es erfordern, ist deren Vorhaltung nach wie vor notwendig. Im Übrigen können mehrere Gemeinden auch gemeinsam eine Leichenhalle errichten, erweitern oder unterhalten.
Mit der Änderung des § 35 können auch Ausstellungen, die entgegen § 17 Abs. 4 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, mit einer Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Im Übrigen wird die Höchstsumme der Ordnungswidrigkeiten von 10.000 auf 20.000 / die Höchstsumme von 10.000 messen, um den damit bezweckten Abschreckungseffekt zu erreichen.
Die eben von Herrn Dr. Hahnemann vorgebrachten Argumente, warum wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung maßgeblich folgen wollen, oder die Änderungsanträge, die wir ablehnen werden, die heute auch wieder vorliegen, die sind auch im Ausschuss schon abgelehnt worden, hängt in der Hauptsache mit den Friedwäldern zusammen. Wir sind froh, dass wir hier in Zusammenarbeit oder durch Anregung der Kirchen ein sehr konservatives Bestattungsgesetz auf den Weg bringen können, und ich freue mich auch über die positive Resonanz der Kirchen, die ja heute auch der Presse zu entnehmen war. Wenn der Innenminister in der vorherigen Debatte, die ja sehr angeregt und sehr emotional geladen war, gesagt hat, dass er eigentlich weiß, dass der Innenausschuss auch sehr schnell und zügig beraten kann, dann glaube ich, ist gerade dieses Bestattungsgesetz ein Beispiel dafür.
Ich bitte darum, diesem Gesetzentwurf in der Drucksache 3/4198 mit den vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen. Wir als CDU werden ihm zustimmen. Danke.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, meine Damen und Herren, die würdige Bestattung ist unbestritten eine wichtige öffentliche Aufgabe, welche sich z.B. auch in § 92 der Thüringer Kommunalordnung manifestiert. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels und der wachsenden Mobilität müssen auch Themen wie der Tod und die Bestattung betrachtet werden. Die Notwendigkeit, eine umfassende gesetzliche Regelung auf dem Gebiet des Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesens zu schaffen, wird auch von meiner Fraktion mitgetragen. Eine solche gesetzliche Fixierung soll auch zur Rechtssicherheit und zur Rechtsklarheit bei den Bürgern, den Ärzten, den Behörden und auch den Kirchen beitragen. Es wurde vorhin schon gesagt, die Novellierung dieses Gesetzes ergibt sich auch aus der Tatsache, dass das gegenwärtig existierende Thüringer Bestattungswesen noch auf der Grundlage des DDR-Rechts von 1980 basiert. Und der Rat des Kreises, die örtlichen Staatsorgane und auch andere Zuständigkeiten sind eben passé. Allerdings, meine Damen und Herren, haben wir schon in der ersten Lesung gesagt, dass wir auf diesem Gebiet kein absolutes Neuland betreten und wir deshalb auch mit der notwendigen Intensität und Tiefe den vorliegenden Gesetzentwurf hätten ausloten müssen. Aber leider wurde uns im Innenausschuss eine Lehrstunde christdemokratischen Vorgehens dokumentiert.
Aus der Situation heraus, dass es für uns Parlamentarier eine sehr komplizierte Gesetzeslage ist, haben wir eine umfassende Anhörung aller in Frage kommenden Institutionen beantragt. Fakt war, mündliche Anhörung abgelehnt und die schriftliche Anhörung, weil man das ja nach der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags nicht verhindern konnte, ja, aber von den 13 von uns beantragten Anzuhörenden blieben nur noch drei übrig. Fazit, es war ein stark einseitiges Anhörungsverfahren, denn es wurden in der Hauptsache die kirchlichen Institutionen berücksichtigt, aber der gesamte Bereich der Ärzteschaft einschließlich der Hebammen wurde abgelehnt. Es hätte sich auch gehört, dass man sie anhört. Sprach in der ersten Lesung der Innenminister auch von den Interessen der Ärzte - so steht es ja auch in der Präambel
dieses Gesetzentwurfs, ich denke dabei z.B. an das Institut für Rechtsmedizin, an die Arbeitsgemeinschaft der Notärzte, an die Landesärztekammer und an den Marburger Bund -, war dann im Innenausschuss von Seiten der CDU kein Interesse mehr angezeigt. Das hat unserer Meinung nach einer demokratischen Meinungsbildung nicht gut getan. Darüber hinaus waren sich in der abschließenden Innenausschuss-Sitzung die Behörden untereinander, hier ganz konkret die Datenschutzbeauftragte und das Innenministerium, in einigen Passagen nicht einig. Im Vordergrund stand unserer Erachtens, das Gesetz muss heute verabschiedet werden. Bestes Beispiel war die von der CDU in aller Eile gestrickte und eingebrachte Regelung zur Verhinderung der Zurschaustellung präparierter Leichenteile in dem Zusammenhang mit der von Hagen initiierten Ausstellung "Körperwelten". Obwohl die Diskussion im Ausschuss klar aufzeigte, dass die von der CDU vorgeschlagene und im Ausschuss nochmals geänderte Regelung vor Gericht im Streitfall mit aller Wahrscheinlichkeit keinen Bestand haben wird, wurde einfach durchgestimmt.
Meine Damen und Herren, es gibt ein Abstimmungsergebnis und eine Beschlussempfehlung des Ausschusses, aber nach unserer Auffassung wurde dieser Gesetzentwurf nicht zu Ende beraten.
Fazit: Es ist ein Gesetz, das eine Beratung ohne diesen Zeitdruck verdient hätte, denn zügig im Innenausschuss ein solches Gesetz zu behandeln heißt auch, mit der notwendigen Intensität und Tiefe zu beraten. Aus diesem Grunde, das kündigen wir an,
Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir schließen die Aussprache und kommen zur Abstimmung. Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag - ja, Herr Stauch, eine namentliche Abstimmung?
Gut. Dann werden wir das so machen, aber Sie lassen mich erst noch mal sagen, was wir überhaupt namentlich abstimmen wollen, nämlich wir stimmen zunächst ab über den Änderungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/4218. Bitte, die Stimmkarten einholen.
Ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Änderungsantrag der PDS-Fraktion in Drucksache 3/4218 bekannt: Es wurden 57 Stimmen abgegeben, davon 8 Jastimmen, 41 Neinstimmen und 8 Enthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage).
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses - Drucksache 3/4198 -. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Bei einer Anzahl von Gegenstimmen und Stimmenthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung mit Mehrheit zugestimmt worden.
Und so kommen wir jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 3/3937 unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Beschlussempfehlung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Der Gesetzentwurf ist mit einer Mehrheit angenommen worden.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen will, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Und wie vorher schon durch Handzeichen, ist dieses Gesetz so angenommen.
Die erste Frage ist eine Frage der Abgeordneten Frau Nitzpon und Herrn Huster in Drucksache 3/4149. Bitte, Frau Abgeordnete.
In der Antwort auf meine Kleine Anfrage 1167 in Drucksache 3/4107 behauptet Finanzministerin Diezel, dass Mitglieder des Thüringer Landtags nicht beauftragt wurden, Lottomittelbescheide zu übergeben. Unzähligen Presseberichten zufolge ist es aber eine Tatsache, dass Abgeordnete der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag in den Wahlkreisen "Lottomittel", "Lottomittelbescheide" oder "Lottomittelschecks" öffentlich und in einer Mappe mit dem Logo der CDU-Landtagsfraktion überbringen. Dies wird oft mit dem Hinweis verbunden, dass dieser oder jener Abgeordnete (Abg. Althaus, Abg. Köckert, Abg.
Pöhler u.a.) sich dafür eingesetzt hat. Abg. Volker Emde überreichte laut "Thüringische Landeszeitung" Gera einen Zuwendungsbescheid an die Gemeinde Bocka, die sich zuvor zwei Jahre lang vergeblich um Fördermittel bemühte. Er übergab den Bescheid in einer Mappe der CDUFraktion. Abg. Mike Mohring überreichte dem KraftsportClub "Deutsche Eiche" e.V. in Apolda einen symbolischen Lottomittelscheck für die Ju-Jutzu-Abteilung und auf der Grünen Woche in Berlin der WirtschaftsförderVereinigung Apolda e.V. einen Lottomittelscheck für die Ausgestaltung des traditionellen Apoldaer Abends. Die Aufzählung könnte fortgeführt werden.
1. Hat Ministerin Diezel in Drucksache 3/4107 wahrheitswidrig geantwortet, als sie darüber informierte, dass Mitglieder des Landtags nicht beauftragt wurden, Bescheide zu übergeben?
3. Wenn die Ministerin nicht wahrheitswidrig geantwortet hat und auch die Journalisten nicht wahrheitswidrig berichtet haben: Auf welchem Wege sind die MdL Emde, Mohring, Lehmann, Jaschke, Bergemann u.a. an die Lottomittelschecks bzw. -bescheide gelangt, die sie übergeben haben und müssen sie deshalb mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen?
4. Wird der Missbrauch des CDU-Fraktionslogos, z.B. durch MdL Volker Emde am 2. Dezember 2003 in Kleinbocka, bei der Übergabe von staatlichen Bescheiden geduldet?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, namens der Landesegierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Nitzpon und Huster in der Drucksache 3/4149 wie folgt:
Zu Frage 2: Die Überprüfung des Wahrheitsgehalts von Presseartikeln liegt nicht in der Zuständigkeit der Landesregierung.