Protokoll der Sitzung vom 07.05.2004

Schließlich noch ein kurzes Wort zur Bildungsberichterstattung: Die Thüringer Landesregierung setzt sich für eine fundierte Bildungsberichterstattung ein und das Thüringer Kultusministerium bemüht sich deshalb, die von der Enquetekommission empfohlenen Indikatoren in das Konzept der Bildungsberichterstattung der Kultusministerkonferenz mit einzubringen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir beenden die Beratung des Abschlussberichts der Enquetekommission "Erziehung und Bildung in Thüringen" und ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf

Aktion zur Überwachung der 100 wichtigsten Abfallbehandlungsanlagen in Thüringen Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/4169

Frau Abgeordnete Klaubert wird diesen Antrag für ihre Fraktion begründen. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, Herr Minister, ich will den Antrag doch noch kurz begründen, und zwar aus der Sicht heraus, die wir Ihnen in zwei Anfragen schon an Ihr Haus geschickt haben, nämlich der Anlage der Firma Eurobest Business GmbH & Co. KG, die auf dem Gelände der Stadt Altenburg seit über einem Jahr Reifen und andere Abfälle ablagert. Diese Anlage hat in der Öffentlichkeit damit geworben, dass sie eine Betriebsgenehmigung ab dem 1. März 2004 habe. Wir haben durch die Antwort aus Ihrem Hause festgestellt, dass diese Betriebsgenehmigung gar nicht wirk

sam ist. Auf dem Gelände am Rande der Stadt Altenburg sind weiterhin diese Abfälle abgelagert worden. Die Brandschutzauflagen sind nicht erfüllt worden. Die Antwort auf unsere Anfrage ergab, dass mindestens 6.000 bis 8.000 Tonnen mehr an Altreifen dort lagern, als überhaupt zu genehmigen wären. Nun hat die Stadt Altenburg ein eigenes Brandschutzgutachten erstellt, auch selbst bezahlt, woraus hervorgeht, dass die Auflagen, die bisher an die Firma gestellt worden sind, nicht erfüllt worden sind.

Das heißt, ich spreche von einer der 100 Anlagen, über die berichtet werden soll am heutigen Tag. Unser Antrag zielt darauf, erst einmal zu den Feststellungen aus der Überwachung dieser 100 Anlagen zu kommen und zum anderen natürlich auch von Ihnen über die Maßnahmen informiert zu werden, die aufgrund der festgestellten Mängel eingeleitet werden sollen. Ich freue mich, dass Sie diesen Bericht auch in der heutigen Plenarsitzung geben und ich hoffe, dass ich auch Antwort auf meine ganz spezifischen Fragen in diesem Zusammenhang erhalte.

Vielleicht eine Anmerkung noch: Die Anlage, von der ich gesprochen habe, ist etwa seit der vergangenen Woche bereit und in der Lage, täglich etwa 150 Tonnen Altreifen abzufahren. Offensichtlich wird die Überlast dort abgebaut und diese wird nun in Richtung MecklenburgVorpommern gefahren. Ich weiß nicht, ob Sie das in Ihrem Hause wissen. Vielleicht könnten Sie diesem Fall noch einmal nachgehen. Er passt in das Maßnahmefeld, welches aus den Überprüfungen tatsächlich abgeleitet werden müsste.

(Beifall bei der PDS)

Herr Minister Sklenar, Sie haben das Wort für den Sofortbericht der Landesregierung. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf heute und hier den Bericht der Landesregierung zu dem Antrag der PDS-Fraktion geben. Ich schicke aber gleich voraus, dass ich hier keine Analyse der 100 überprüften Anlagen im Einzelnen vornehmen werde und vornehmen kann. Ich glaube, das würde den Rahmen der heutigen Veranstaltung sprengen und wir würden sicher um Mitternacht noch hier sitzen. Ich weiß, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion heute noch ein großes Happening, ein großes Meeting, haben, an dem Sie sicher auch teilnehmen möchten. Ich möchte auch ganz gern, dass das klar geht.

Ich werde mich allgemein halten, aber schade, Frau Klaubert ist gerade raus. Ach, sie sitzt hinter mir. Das ist noch besser.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich würde alle 100 vortragen.)

Ich will es gleich mal vorweg aufgreifen, was sie hier angesprochen hat. Diese Firma Eurobest Business GmbH & Co. KG Altenburg hat nach Informationen, die wir haben, meine sehr geehrte Frau Klaubert, ihren Bestand, ihre Menge von 5.000 Tonnen Altreifen auf ca. 350 Tonnen Altreifen reduziert. Wir sind gegenwärtig dabei, zu prüfen, wie das jetzt weitergeht, was dort noch an einer Reihe von Dingen zu klären und aufzubereiten ist. Ich denke, hier ist doch wirksam geworden, dass man das stärker kontrollieren muss. Das ist eigentlich das Problem.

Lassen Sie mich mal meinen Bericht geben. Seit den letzten Jahren wurden durch die Staatlichen Umweltämter in mehreren Abfallbehandlungsanlagen zum Teil erhebliche Mängel, insbesondere Brandschutzmängel, festgestellt. Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt hat darauf reagiert. Das Thüringer Landesverwaltungsamt als die fachübergreifende Aufsichtsbehörde wurde mit der Koordination einer umfassenden Kontrolle von Anlagen dieser Art beauftragt. Für die Kontrolle wurden nach Risikoanalyse 100 Anlagenstandorte ausgewählt. Der spätere Brand auf dem Betriebsgelände der ehemaligen Firma Berkvens in Gösen im August 2003 hat uns allen deutlich die möglichen Folgen von Fehlentwicklungen für Mensch und Umwelt vor Augen geführt. Die Beseitigung der Brandschäden belasten Kommune und Land finanziell erheblich. Weitere Brandereignisse, zuletzt am 7. April 2004 in einem illegalen Reifenlager in Oldisleben, unterstreichen die Notwendigkeit der von uns eingeleiteten Maßnahmen.

Die Überwachungsaktion verlief von Mitte Oktober 2003 bis Ende März 2004 und erstreckte sich auf 95 Anlagenstandorte mit insgesamt 216 Abfallbehandlungs- und -lageranlagen, die nach dem Bundesemissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftig sind. Nun werden Sie sagen, es fehlen fünf. Das stimmt auch, denn bei den fünf, die herausgesucht worden waren und die man kontrollieren wollte, wurde festgestellt, dass diese Anlagen bereits stillgelegt sind bzw. bereits beräumt sind oder gerade beräumt wurden, so dass hier eine dieser umfangreichen Kontrollen nicht durchgeführt werden musste.

Hauptziel der Überwachungsaktion war die Überprüfung brandschutz- und baurechtlicher Anforderungen im Sinne einer brandschutztechnischen Vorsorge. Gleichzeitig waren auch umweltrechtliche Belange zu prüfen, um künftig frühzeitig und gesamtschaulich auf Fehlverhalten von Betreibern dieser Anlagen Einfluss nehmen zu können.

Dies ist der einzige Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ausmaß von Betriebsstörungen und insbesondere von Bränden eingrenzen zu können. Ein entsprechender Überwachungsdruck - und das ist im Straßenverkehr und in vielen anderen Lebensbereichen nicht anders kann zudem bereits die Neigung zu bewusstem Fehlver

halten erheblich eindämmen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Wenn man es macht.)

Natürlich muss der Staat seine Kräfte dort konzentrieren, wo Anzeichen für besonderen Handlungsbedarf erkannt worden sind. Dies hat das Ministerium im Rahmen seiner Verantwortlichkeit mit diesen Schwerpunktaktionen getan. Mit dieser Aktion wird auch der Fortentwicklung des Bundesemissionsschutzrechtes seit dem Jahre 2001 Rechnung getragen. Im Zuge einer Novelle der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und des Abfallrechts sind zahlreiche Anlagentypen dem Emissionsschutzrecht unterworfen worden, die vormals bautechnisch genehmigt wurden. So war es auch im Bereich der Abfallanlagen. Während im Jahr 2000 ca. 250 emissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen in Thüringen existierten, sind es nunmehr ca. 800 derartige Anlagen. Bei den hinzukommenden Anlagen besteht Anpassungsbedarf, weil im Rahmen der emissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren deutlich umfassendere Prüfungsanforderungen erforderlich sind, als in den früher durchgeführten baurechtlichen Verfahren. Der rechtskonforme Zustand dieser Anlagen muss jetzt häufig über nachträgliche Anordnung der Änderungsgenehmigung hergestellt werden. Für die Staatlichen Umweltämter, die durch das Landesverwaltungsamt mit der Federführung in dieser Überwachungsaktion beauftragt wurden, bedeutet dies, mit einer neuen Herangehensweise die Anlagen zu überwachen. Bei einer Komplexkontrolle wurden alle zu beteiligenden Fachbehörden einbezogen, d.h., neben der Emissionsschutz-, Abfall- und Wasserbehörde, dem Staatlichen Umweltamt auch die zuständige untere Brandschutz- und Baubehörde der Landkreise bzw. kreisfreien Städte beteiligt. So wurden auch für die Umweltbehörde fachfremde Sachpfade einer eingehenden Kontrolle unterzogen. Im Ergebnis der Gesamtauswertung hieß es: Die Komplexkontrolle hat verdeutlicht, wie wichtig eine umfassende Kontrolle ist. Ich werde gleich darauf eingehen. Wie bereits erwähnt, ist die Überwachungsaktion bis Ende März dieses Jahres fristgerecht abgeschlossen worden. Im Anschluss, und das ist ebenfalls mit einem erheblichen Aufwand für die staatlichen Umweltämter verbunden, sind die notwendigen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zur Beseitigung vorgefundener Mängel einzuleiten. Daran arbeiten die Ämter gegenwärtig und in den nächsten Tagen und Wochen und Monaten sehr intensiv. Ebenso ist die Gesamtauswertung für die vorgefundenen Mängel und das eingeleitete Verwaltungshandeln noch nicht abgeschlossen.

Im Ergebnis der bisherigen Auswertung durch das Landesverwaltungsamt zeigt sich folgendes Bild: Bei 47 Anlagestandorten wurden keine oder nur unerhebliche Mängel festgestellt. Bei 48 Standorten wurden erhebliche Mängel in einem oder mehreren der Bereiche aufgedeckt. Dies sind vorbeugender und bautechnischer Brandschutz, Abfallrecht, Wasserrecht und Emissionsschutzrecht. Zu den anderen fünf Standorten hatte ich bereits gesagt, dass die

wegen zwischenzeitlicher Stilllegung und Beräumung nicht mehr zur Kontrolle kamen.

Fazit: 50 Prozent der einbezogenen Standorte weisen bzw. wiesen erhebliche Mängel auf. Solche erheblichen Mängel sind beispielsweise: Keine ausreichende Sicherstellung der Löschwasserversorgung und Rückhaltung, fehlende Unterteilung in Brandabschnitte und ungenügende Bewegungsflächen für die Feuerwehr, Anlagenbetrieb ohne ausreichende Genehmigung, fehlendes Regenrückhaltebecken, Lagerung auf ungenehmigten Betriebsflächen und Überschreitung der genehmigten Lagerkapazitäten. Bei Standorten mit Überschreitung der Lagerkapazitäten hat sich bestätigt, dass die staatlichen Umweltämter ihre Überwachungsaufgabe im Bereich ihrer originären fachlichen Zuständigkeiten im Wesentlichen ordnungsgemäß wahrgenommen haben. Während auch vor der Überwachungsaktion bereits sechs Problemfälle mit Überlagerung bekannt waren und auf den Abbau der Lagermengen auch Einfluss genommen wurde, sind zwischenzeitlich lediglich zwei weitere Anlagen hinzugekommen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1040 des Abgeordneten Kummer von Oktober 2003. Nichtdestoweniger muss festgestellt werden: Gefahrenpotenzial muss konsequent abgebaut werden. Die staatlichen Umweltämter sind deshalb angewiesen, ihr Verwaltungshandeln danach auszurichten. Dabei wird das Gefahrenpotenzial durch überschrittene Lagerkapazität wie Abfall besondere Berücksichtigung finden. So besteht bei Kunststoffabfällen und Altreifen ein deutlich größeres Handlungserfordernis als bei Bauschutt. Es handelt sich bei den überschrittenen Lagermengen an den acht Standorten insgesamt um ca. 6.000 t Altreifen, ca. 20.700 t Baustellenmischabfälle, Sortierabfälle, Holzund Ziegelabfälle, ca. 6.900 t Kunststoffabfälle, ca. 6.100 t Bauschutt und ca. 25 t Spuckstoffe.

Die festgestellten Mängel an den Anlagenstandorten verteilen sich wie folgt: Die Brandschutzanforderungen erfüllten 20 in vollem Umfang, 41 wiesen unerhebliche und 34 erhebliche Mängel auf. 57 Standorte waren baurechtlich beanstandungsfrei, 14 wiesen Defizite von unerheblicher Schwere und 11 von erheblicher Schwere auf. Im Hinblick auf das Wasserrecht erfüllten 40 Anlagen alle Anforderungen, 45 unerhebliche und 8 erhebliche Verstöße wurden festgestellt. Abfallrechtlich waren 58 Anlagen beanstandungsfrei, 17 wiesen unerhebliche und 20 erhebliche Mängel auf. Die emissionsschutzrechtlichen Anforderungen erfüllten 62 Standorte im vollen Umfang, bei 21 Standorten wurden unerhebliche Defizite und bei 12 erhebliche Defizite festgestellt.

Fazit, meine sehr verehrten Damen und Herren, bei rund einem Drittel der kontrollierten Abfallbehandlungs- und Lageranlagen liegen erhebliche Verstöße gegen die bestehenden Brandschutzanforderungen vor. Mit erheblichen Mängeln der anderen Rechtsgebiete waren zwischen 8 und 20 Prozent der Standorte behaftet, dennoch geht von den kontrollierten Anlagen aufgrund der festgestellten Män

gel zunächst kein erhöhtes Brandrisiko aus. Das heißt, diese Mängel erhöhen nicht direkt die Wahrscheinlichkeit eines Brandes. Das Brandrisiko ist lediglich, wie bei anderen technischen Systemen auch, durch technische Defekte, menschliches Versagen oder vorsätzliche Brandlegung gegeben. Die beiden erstgenannten Fälle sind als Ursache von Bränden in dieser Art von Anlagen wegen deren vergleichsweise einfacher Technologie recht unwahrscheinlich. Unabhängig davon können die festgestellten Mängel zum Teil aber weit reichende Folgen für das Ausmaß möglicher Brandereignisse haben. Je nach Lage der Standorte, d.h. ihre Nähe zur Wohnbebauung und zu anderen Schutzgütern, können in Brand geratene Abfälle zu Schadstoffemission und -immission führen. Kurzzeitige Auswirkungen auf die Luftqualität, auf Böden und Pflanzen sowie auf Oberflächengewässer und das Grundwasser sind lokal möglich. Diese Emissionen sind selbstverständlich umso größer, je schwieriger der Brand unter Kontrolle gebracht werden kann. Das Brandergebnis in Gösen kann insoweit als Extremfall eingeschätzt werden.

Natürlich endet die Komplexkontrolle nicht mit der Feststellung der Mängel. Die staatlichen Umweltämter arbeiten intensiv an der Durchsetzung der Mängelbeseitigung. Dabei wird der Fachverstand der beteiligten Behörden entsprechend einbezogen. Das Verwaltungshandeln gegenüber dem jeweiligen Betreiber orientiert sich dabei an der Schwere der Mängel. Zunächst wurden die Betreiber direkt im Anschluss an die durchgeführte Kontrolle von den anwesenden Behörden mündlich über festgestellte Mängel informiert und zur Beseitigung aufgefordert. Dies wurde im Regelfall anschließend mit einem Revisionsschreiben und der Fristsetzung untermauert. Die festgesetzten Fristen werden am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet. Sollten, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Betreiber ihrer Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht oder nicht vollständig nachkommen, werden von der jeweiligen Überwachungsbehörde weitere verwaltungsrechtliche Maßnahmen ergriffen. Hier kommen insbesondere Anordnungen nach § 17 bzw. § 20 Bundesemissionsschutzgesetz in Betracht. Das heißt, es werden dann nachträgliche Anordnungen zur teilweisen bzw. vollständigen Untersagung des Anlagenbetriebes sowie zur Stilllegung oder Beseitigung der Anlage getroffen. Außerdem können gegenüber dem Betreiber Zwangsgelder angeordnet oder Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Stand der Mängelbeseitigung wurde in den vergangenen Tagen im Rahmen von Nachkontrollen durch die Staatlichen Umweltämter erfasst. Der Umweltausschuss des Thüringer Landtags wird noch im Mai schriftlich informiert. Die bislang vorliegenden Ergebnisse zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die von mir angeordnete Initiativpflicht der Staatlichen Umweltämter, auch für die Kontrolle fachfremder Belange, stellt besser als in der Vergangenheit sicher, dass bestehende Mängel insbesondere im Brandschutz erfasst und beseitigt werden. Das eigenverantwortliche Verwaltungshandeln der anderen Fachbe

hörden bleibt dabei unberührt. Diese Form der integrierten Überwachung wird künftig die Tätigkeit der emissionsschutzrechtlichen Überwachungsbehörde bestimmen. Wir führen den Grundsatz ein, die Überwachung beginnt bei der Genehmigung. Noch vor der Inbetriebnahme bzw. im Zeitraum der Inbetriebnahme einer neuen oder wesentlich geänderten Anlage wird es eine gemeinsame Erstkontrolle von Genehmigungs-, Überwachungs- und allen beteiligten Fachbehörden geben. Dieses Vorgehen wird den Grundstein für eine qualitative hochwertige Organisation der Überwachungsaufgaben bilden. Auf eine noch bessere behördenseitige Zusammenarbeit, auf die die emissionsschutzrechtliche Überwachungsbehörde unbedingt angewiesen ist, werden wir auch weiter hinwirken müssen. In den seit Oktober 2003 kontrollierten Standorten von Abfallbehandlungs- und Lageranlagen bedürfen auch weitere immissionsschutzrechtliche Anlagen, die mit Abfällen umgehen unter Nummer 8 des Anhanges zur Vierten Bundesimmissionsschutzordnung zuzuordnen sind, einer gleichartigen Kontrolle. Die zuständigen Ämter sind deshalb angewiesen, vorerst auf Basis einer Risikobewertung weitere 300 Anlagen zunächst einer Vorprüfung zu unterziehen. Bei Anlagen, die Anhaltspunkte für möglichen Handlungsbedarf ergeben, wird dann in Analogie zur 100-Anlagen-Kontrolle vorgegangen. Natürlich ist dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, eine neue, aber notwendige Form der Überwachungstätigkeit, die mit einem erheblich deutlichen Mehraufwand für die Behörde verbunden ist. Wir werden deshalb künftig die Überwachung nicht mehr nach einem starren Überwachungsschema durchführen und alle immissionsschutzrechtlichen Anlagen in mehr oder weniger gleichen Abständen kontrollieren. Vielmehr müssen wir uns an den potenziellen Gefährdungen orientieren, die von bestimmten Anlagen bzw. Anlagentypen ausgehen. Dies wird in Form einer jährlich neu zu erstellenden Überwachungsplanung durch die Staatlichen Umweltämter in Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt geschehen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Welche Fraktion möchte die Aussprache? Die SPD-Fraktion, die PDS-Fraktion beantragen die Aussprache zum Bericht. Ich rufe als Erste für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Becker auf.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, Herr Minister, mit Zwischenberichten ist das immer so eine Sache. Schon der Zwischenbericht im März zeigte, dass es doch erhebliche Mängel bei den meisten Anlagen geben wird und bei den anderen leichtere Mängel. Nichtsdestotrotz haben Sie es wieder geschafft, uns in dieser Waage zu halten und uns nicht zu zeigen, ob denn der Bericht noch kommt oder nicht. Im Umweltausschuss wur

de auch nicht noch einmal darauf hingewiesen. Deshalb halte ich es schon für richtig, dass wir heute im Plenum noch einmal dieses Thema behandeln. Sie haben ja gesagt, dass uns der Bericht im Mai noch schriftlich zugeht, weil das ja auch ein zu großer Umfang ist, um die einzelnen Probleme hier zu besprechen. Nichtsdestotrotz ist das ja immer so - wenn Ereignisse waren, Sie haben auch Gösen schon ein paar Mal angesprochen, es ist ja so wie bei Hochwasserkatastrophen oder wie bei Gösen -, umso mehr Zeit ins Land geht, umso schneller wird auch wieder alles vergessen. Wir dachten, wir müssten auch die Landesregierung vielleicht noch einmal unterstützen, dass ihr Gedächtnis ein bisschen auf Vordermann bleibt, Herr Minister Sklenar. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass heute dieser Antrag behandelt wird.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das ist eine Unverschämtheit.)

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Doch, das ist eine Unverschämtheit.)

Herr Minister, wir machen doch keine Unverschämtheiten. Nein, die große Anzahl der Versäumnisse, die im Rahmen der Untersuchung festgestellt wurden, hat erneut deutlich gemacht, dass die Kontroll- und Überwachungstätigkeit der Behörden dringend verbessert werden muss. Der Auftrag, der ja aus dem Ausschuss resultiert, also Sie sagen, es war schon vorher geplant, diese Anlagen zu kontrollieren, aber ich glaube, Gösen hat da noch einmal ein bisschen Schub hineingebracht, dass es doch schneller geht. Gösen hat auch gezeigt, dass Kontrollversäumnisse vorliegen. Ob nun mit Großbrand oder ohne Großbrand, unkontrollierte Abfalllagerungen oder sonstige Mängel in solchen Anlagen gehen letztlich immer zulasten der Allgemeinheit. Wir müssen dann alle für die dadurch entstandenen Kosten einstehen. Leider hat auch hier die Landesregierung nach meiner Meinung bei Gösen doch ein bisschen versagt, Herr Minister, auch wenn Sie mir da wieder eine Unverschämtheit vorwerfen. Ich glaube, das Staatliche Umweltamt in Gera wusste schon lange Bescheid, was da für Mengen von Abfall zu viel liegen, und sie haben nicht gehandelt. Sie haben erst nach dem Brand gehandelt. Ich glaube, da ist schon ein großes Fehlverhalten vorzuwerfen. Deshalb war es ja auch Aufgabe - und der Umweltausschuss hat sich dann ja auch damit befasst -, die anderen Anlagen zu überprüfen. Eine effektive behördliche Kontrolle im Abfallbereich muss daher auf allen Stufen gleichermaßen angesetzt werden. Sie sind auch schon auf einzelne Punkte eingegangen, die mit unseren identisch sind, wie eine konsequente Vorsorge vor Gefahren schon bei der Genehmigungserteilung. Das hatten Sie zugesagt, eine konsequente Kontrolle der Genehmigun

gen und deren Aufgaben und gegebenenfalls auch nachträgliche Anordnungen. Drittens, eine konsequente Überwachung und die Durchsetzung der Beseitigung der erkannten Mängel, wie gesagt, da will ich mich nicht wiederholen, das ist in Gösen nicht passiert. Der zweite und dritte Punkt sind einfach vernachlässigt worden und durch diese Versäumnisse konnte die Katastrophe erst so groß werden. Das wissen Sie auch, Herr Minister. Fragen, wie eine mögliche Sicherheitsleistung für Unternehmen, aus denen die Beseitigung von rechtswidrigen Zuständen bezahlt werden kann, sollten noch intensiver geprüft werden. Davon hatten Sie auch nach meiner Meinung jetzt nichts gesagt. Gerade diese Frage ist im Zwischenbericht schon sehr kurz nur angesprochen worden.

Besonders bedauerlich ist auch, dass in vielen Fällen, obwohl Kontrollversäumnisse staatlicher Behörden vorliegen, die Gemeinden und Landkreise dann die Kosten tragen müssen. Auch dafür ist Gösen das beste Beispiel, weil der Landkreis sich damit doch ziemlich überfordert fühlte und vielleicht konnte da eine entsprechende Sicherheitsleistung zumindest teilweise entgegenwirken, dass das nicht alles dann bei den staatlichen Behörden, Landkreisen und Kommunen bleibt. Ich glaube, die Gemeinde Gösen hat immer noch Probleme mit der Finanzierung des Brandes. Neben der Sicherheitsleistung ist auch der von uns schon öfter eingeforderte Katastrophenfonds ein Mittel, was wir für richtig erachten und wo man wirklich darüber nachdenken muss. Natürlich wird das jetzt nichts vor den Wahlen, aber, ich glaube, für die neue Legislaturperiode sollten wir uns das alle als ersten Punkt mit herannehmen, weil die Katastrophen nun einmal nicht an Thüringen vorbeigehen. Wir hatten sie im Hochwasser, wir hatten sie in Gösen. Natürlich muss auch bewusst mit diesem Geld und mit diesem Fonds umgegangen werden. Aber, ich glaube, und das zeigt ja auch Ihre Analyse von diesen 100, also 95 Anlagen, dass es doch eine größere Gefährdung gibt, als wir vielleicht vor Gösen geglaubt hatten. Und vielleicht könnten Sie da auch noch einmal darüber nachdenken, wie das mit dem Katastrophenfonds für Thüringen denn wäre. Im Großen und Ganzen ist es natürlich schon schade, dass erst durch so etwas darauf aufmerksam gemacht wird, dass 48 Anlagen schwer wiegende wesentliche Mängel aufweisen, und dass die Landesregierung jetzt wieder im Anschluss daran uns so schwerfällig darüber berichtet. Das ist schon traurig, aber ich hoffe auf die Zukunft. Na ja, im Herbst geht alles neu und dann werden wir sehen, was wir mit den Anlagen machen und wie wir auch damit umgehen. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Krauße zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es hier bei diesem Antrag oder Gegenstand, den dieser Antrag behandelt, mit Abfallverwertungsanlagen zu tun. Die Abfallverwertungsanlagen bzw. deren Zahl ist ja in den letzten Jahren ganz erheblich gestiegen. Der Herr Minister hat es gesagt und die Verwaltung hat jetzt natürlich alle Hände voll zu tun, diese ca. 800 Anlagen zu überwachen und diese Überwachung möglichst lückenlos zu gestalten. Seit dem Schadensereignis in Gösen - und das war durchaus kein Einzelfall in Thüringen, denn solche Brände sind bisher immer wieder aufgetreten - gibt es jedoch auch eine Vielzahl parlamentarischer Aktivitäten, die zeigen, dass auch wir uns als Landespolitiker natürlich mit diesen Dingen intensiv beschäftigen. Ich möchte hier nur einige nennen. Zum Beispiel: "Ursache der Brände in Niederpöllnitz und Gösen, ihre Konsequenzen", die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fiedler, "Auswirkungen des Großbrandes in der Recyclinganlage Gösen", Antrag der SPD "Unregelmäßigkeiten bei der Ablagerung von Abfällen in Gösen und in Thüringen", Kleine Anfrage der Abgeordneten Becker, "Abfallablagerungen in Recyclinganlagen", Kleine Anfrage des Abgeordneten Kummer. Darüber hinaus haben sich der Umweltausschuss, der Innenausschuss und der Agrarausschuss des Öfteren intensiv mit diesen Themen beschäftigt. Die komplizierten genehmigungsrelevanten Vorschriften, die sich weit gehend auch auf Bundesrecht beziehen, sind insbesondere in der Drucksache 3/3781 umfassend aufgeführt und machen deutlich, wie komplex die Materie ist. Ich meine, wenn es gewünscht ist, kann ich die auch einmal vortragen, ich habe sie hier liegen, aber es muss nicht sein.

Bereits Mitte der 90er-Jahre regelte ein Erlass die Kontrollen und die Kontrolltätigkeit in diesen Anlagen. Das Problem, das es damit aber gibt, die Anlagen werden immer mehr, da wir in Deutschland Verwertungsweltmeister sind und sein wollen. Natürlich gibt es dann dadurch auch Schwachstellen, Gesetzeslücken, die ausgenutzt werden. Eine Kontrolle durch die staatlichen Behörden ist halt deshalb nicht ganz einfach. Neu ist jetzt - und das begrüßen wir ausdrücklich -, dass eine gebündelte Überprüfung fachübergreifend erfolgt. Somit kann man feststellen, dass Gösen hier auch eine neue Qualität gebracht hat. Man kann aber nicht behaupten, dass diese Überprüfungen vorher nicht stattgefunden hätten. An dieser Stelle sollte man allen Beteiligten für ihr Engagement danken, denn es bedarf doch einer gehörigen Kraftanstrengung, diese komplexen Kontrollen durchzuführen und an der Mängelbeseitigung zu arbeiten. Die Fortführung dieser intelligenten und integrierten Überwachung wird aufgrund der Haushalts- und Personallage nicht einfacher. Hier bietet sich aber in der gebündelten Umweltverwaltung in den Staatlichen Umweltämtern die Chance, dass dies gewährleistet werden kann. Ich bin mir durchaus nicht sicher, wenn diese Aufgaben alle kommunal geleistet werden müssten, ob wir dann die Probleme insgesamt besser in den Griff bekommen würden.

Wir müssen uns im Klaren sein, dass all der Aufwand wahrscheinlich auch in Zukunft schwarze Schafe von ihrer Arbeit nicht abhalten wird. Vielleicht kann ein gesteigerter Überwachungsdruck den einen oder anderen von seinem geplanten Handeln abhalten. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz sieht die geänderte vierte BImSch-Verordnung nunmehr vor, dass eine Sicherheitsleistung verlangt werden kann. Ich setze voraus, dass im Rahmen der Überprüfung der Anlagen und der Anpassung an das neue Recht die Behörden diese Sicherheitsleistung bei denjenigen Anlagen auch nachträglich einfordern, wo dies durch Bundesrecht gedeckt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wünschenswert wäre natürlich, wenn man schon im Genehmigungsverfahren beurteilen könnte, ob es denn hier für die Verwertungsprodukte überhaupt Marktchancen gibt. Denn wenn Abfälle zur Verwertung angenommen werden, muss auch das Verwertungsprodukt wirtschaftlich verwertbar, sprich verkaufbar, sein, sonst geht die Rechnung von Anfang an nicht auf und der Verwerter wird früher oder später in Konkurs gehen. Diese Fälle sind gar nicht so selten. Dass es in diesem Abfallgeschäft eine Grauzone gibt, ist unbestreitbar. Doch genauso unbestreitbar ist, dass wir eine hundertprozentige Sicherheit hier nicht in jedem Fall erreichen werden. Wir können nicht an jede Anlage 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche einen Kontrolleur setzen, das können wir finanziell und personell nicht leisten. Dennoch muss durch einen hohen Kontroll- und Überwachungsdruck die Wahrscheinlichkeit solcher Großschadensereignisse wie in Gösen möglichst auf null reduziert werden. Hier müssen auch alle Möglichkeiten der behördlichen Zusammenarbeit genutzt werden. Ich meine, gute Information unter den Behörden ermöglicht dann eben auch schnelles und effektives Handeln zum Schutz unser Bürger, zur Schadensabwendung und zum Schutz von Natur und Umwelt. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Kummer zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wenige von uns werden sich noch an den Brand in der Recycling-Anlage Umweltservice Marius Mulden in Stotternheim erinnern.