Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Na ja.)

Hören Sie doch auf mit Ihrer "schwarzen Seele".

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie müssen mal aufhören. Die Sachsen-Anhaltiner Landesregierung kann das gar nicht ändern. Die kann das überhaupt nicht ändern, wenn sich dort etwas etabliert, wie habe ich gesagt, das müssten Sie eigentlich verbieten. Da würden Sie wieder sagen: ihr mit euren dirigistischen Maßnahmen. So wäre das immer wieder dasselbe und deswegen müssen Sie aufhören, das so auf den Punkt zu bringen. Es geht hier, wie ich sage, um den gesamten Berufsstand und da bin ich natürlich noch einmal recht traurig. Rückerwerb, Reprivatisierung. Wissen Sie, was Sie noch

gesagt haben, es gibt 18-jährige Pachtverträge. Warum lügen Sie die Leute hier an? Es gibt viele Pachtverträge...

Herr Abgeordneter Scheringer....

Ja, da muss ich sagen, Entschuldigung für die Lüge in der Form. Da muss ich sagen, unwissentlich sagt er nicht die Wahrheit.

(Heiterkeit im Hause)

Ich weiß ja gar nicht, wie ich das als Mensch bezeichne. Es gibt viele, viele Pachtverträge, meine Damen und Herren in diesem Haus, die gelten nur immer ein Jahr. Das haben Sie überhaupt nicht gesagt. Sie haben gesagt, das stimmt, Pacht bricht keinen Erwerb, eine ganz klare Frage. Aber es gibt viele, viele Pachtverträge, die gelten nur ein Jahr und die werden dann zunehmen in Größenordnungen, dass die verkauft werden und so schnell kann der andere, der den Boden heute bewirtschaftet, gar nicht schauen. Und das muss er doch zumindest erkennen und sagen.

Herr Botz, ich gebe Ihnen ja Recht, erstens haben Sie da meine Familienmitglieder angesprochen, da bin ich ja richtig stolz auf die Bauern in Mecklenburg-Vorpommern. Ich habe natürlich mit meinen zwei Brüdern über das Problem gesprochen. Mecklenburg-Vorpommern ist in einer ganz anderen Lage als wir. Das habe ich auch hier dargestellt. Wir haben 87.000 Hektar, dort hat es fast in jedem Dorf zwei Güter gegeben oder durch das Bauernleben vor 170 oder 180 Jahren. Dann sind sie in der Regierung. Da haben Sie schon Recht. Sie sagen, die Opposition. Herr Wunderlich sagt eben, immer wieder bringt der Konrad den Scheiß auf die Tagesordnung.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Abgeordneter Scheringer, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wunderlich?

Na klar, ich bin doch nicht so wie der.

(Heiterkeit im Hause)

Mir hat er vorhin gesagt, am Ende, am Ende, wenn ich dann die Frage nicht mehr weiß.

(Heiterkeit im Hause)

Werter Kollege Scheringer, sind Sie mit mir einer Meinung, dass grundsätzlich die Laufzeit der Pachtverträge 18 Jahre beträgt und nur in geringen Ausnahmefällen unter bestimmten Bedingungen die Pachtverträge ein Jahr betragen?

Ich weiß nicht, Herr Wunderlich, warum Sie sich immer mit mir aufs Glatteis begeben.

(Heiterkeit im Hause)

Ich habe nur bei mir 300 Hektar, hör zu, Männchen, 300 Hektar über Nacht verloren, weil sie nur ein Jahr gegolten haben. Da müssen Sie doch nicht sagen, das sind geringe Ausnahmen. Ich habe Ihnen doch vorhin erzählt, das ist ja das, Sie verstehen es nicht und dann reden Sie mit mir, als ob ich es auch nicht verstehe.

(Heiterkeit im Hause)

Bei mir im Territorium - er weiß es, der Minister - waren drei Güter und da war ein Haufen Fläche, die noch der Treuhand gehörte, neben den Wegen und neben den anderen... Über Nacht habe ich die Fläche verloren, da habe ich gar keinen Pachtvertrag bekommen über 18 Jahre. Und der Mann, mein Kollege im Ausschuss, erzählt euch so etwas, was eben nicht ganz der Wahrheit entspricht.

(Heiterkeit im Hause)

Aber das ist eben das Problem, weil das sehr diffizil ist. Zu mir hat er gesagt, der Herr Wunderlich, mein Kollege Förster: populistisch. Nichts war bei mir populistisch. Nur die Wahrheit hat sogar in vielen Teilen Herr Botz bestätigt. Er kann nur mir nicht Recht geben, er hat aber auch gesagt, das ist immer noch

(Heiterkeit im Hause)

das Recht der Opposition. Ich sage Ihnen, und deswegen haben wir es heute angesprochen, es wird weiter gedreht an dieser Geschichte der Bodenreform und des Bodenreformlandes, egal wie, und deswegen hatte ich das heute hier. Dass Sie das ablehnen, war mir doch vorher klar, aber ich kann doch nicht nichts machen. Wenn Sie das ablehnen, dann muss ich doch trotzdem was machen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Da muss ich auch viele Menschen im freien Land da draußen, wenn ich ihnen das erzählt habe, da würden Sie genauso verrückt werden, wenn Sie der Bauer wären, wenn der das abholzt und da passiert noch mehr. Deswegen haben wir das hier vorgebracht und nicht, weil wir jedes Jahr wieder und wieder... Sie müssen sich eben auch damit

beschäftigen und ein bisschen positives Denken ist bei Ihnen schon lange angesagt. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Scheringer. Herr Minister Dr. Sklenar, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Jetzt hat er Angst.)

- man kann ja nie wissen, Angst habe ich noch lange nicht deswegen - im Prinzip alles gesagt worden, um was es geht. Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen, der Antrag, der hier gestellt worden ist, es geht ja eigentlich nur darum, dass neben dem Verkauf, der ja nicht bestritten wird, Herr Scheringer, auch die Fragen der Verpachtung, Pachtkauf und alles, was dazugehört, stärker mit verankert werden wird, wobei es auch verankert ist. Aber ich muss leider dem Gert Wunderlich Recht geben, es ist eine Tatsache, dass dieser Antrag, der hier gestellt worden ist, in allen Landesparlamenten schon gestellt worden ist

(Zwischenruf Abg. Neudert, PDS: Das ist mit Ihrem Steuerantrag dasselbe. Davon können wir ein Lied singen.)

und auch im Bundestag. Nur, es ist immer die Frage, welche Aussicht auf Erfolg die ganze Geschichte hat und was ich daraus machen kann bei der ganzen Sache. Ich muss ganz ehrlich dazu sagen, dass bisher diese Änderung des Treuhandgesetzes in dieser Form keine Unterstützung gefunden hat. Und da hilft es auch nichts, nach dem Motto, was ich auch oft anwende: steter Tropfen höhlt den Stein. Hier gibt es Gesetzlichkeiten, die können wir ganz einfach nicht verändern, da wird auch keiner drangehen. Das sollte man bitte schön jetzt hier einmal auch akzeptieren.

Die von der PDS genannte Zahl bisher getätigter Verkäufe nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz in Höhe von 0,43 Prozent sowie die daraus gezogene Schlussfolgerung einer zögerlichen Inanspruchnahme des Flächenerwerbsprogramms durch Thüringer Landwirte ist nicht zutreffend. Herr Scheringer hat es eigentlich auch hier klipp und klar gesagt in dieser Richtung, aber es wird behauptet. Insgesamt wurden von Thüringer Landwirtschaftsbetrieben einschließlich Alteigentümern mit Stand vom 31. Januar 2000 646 Anträge auf 29.687 ha gestellt. Die BVVG hat 997.042 ha landwirtschaftliche

Nutzfläche unter Verpachtung. In Thüringen sind davon 58.019 ha verpachtet, das entspricht einem Flächenanteil von 5,8 Prozent der gesamten ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Fläche in den neuen Bundesländern.

Die zum begünstigten Flächenerwerb zur Verfügung stehende Fläche in Thüringen wird nach Aussage der BVVG auf 30.000 bis 50.000 ha geschätzt, je nach Abgang durch Restitution an Private oder Gebietskörperschaften. Ausgehend von einer Gesamtfläche an landwirtschaftlicher Nutzfläche in Höhe von 800.000 ha in Thüringen beträgt der Anteil der ehemals volkseigenen privatisierungsfähigen landwirtschaftlichen Fläche ca. 4 bis 6 Prozent.

Vor dem Privatisierungsstopp zu Beginn des letzten Jahres waren 2.471 ha - davon 1.840 ha an ortsansässige Wiedereinrichter - durch die BVVG zu begünstigten Konditionen veräußert worden. Das entspricht 2 bis 5 Prozent der geschätzten Verkaufsfläche. Die relativ geringe Anzahl der abgeschlossenen Verträge vor Erwerbsstopp, unabhängig davon, ob 0,4 oder 5 Prozent der gestellten Anträge abgearbeitet worden sind, ist auch damit zu erklären, dass sehr umfängliche Vorbereitungsarbeiten erst durchgeführt werden müssen. Das beginnt bereits mit der Feststellung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse der betroffenen Grundstücke in der Feldflur bis zum Abschluss der Voreigentümerrechte. Das dauert im Schnitt ein halbes Jahr, das muss man ganz einfach mit kalkulieren. Das Treuhandgesetz, und das ist eine Tatsache, sieht nun einmal die Privatisierung vor. Das Privateigentum hat sich ja als Grundlage einer erfolgreichen Volkswirtschaft bewährt.

(Beifall bei der CDU)

Gemäß § 1 Abs. 6 des Treuhandgesetzes hat die Privatisierung der Land- und Forstwirtschaft entsprechend den besonderen strukturellen Bedingungen in den neuen Bundesländern zu erfolgen. Mit der langfristigen Verpachtung der ehemals volkseigenen Flächen in Thüringen von ca. 100.000 ha wurde die Privatisierung der Treuhandflächen 1993 eingeleitet.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Privat- eigentum hat sich bewährt.)

Die Bundesregierung hat im Februar dieses Jahres, nicht zuletzt auch auf Drängen der Landwirtschaftsminister der neuen Bundesländer, die Pachtverträge, die zunächst auf 12 Jahre festgelegt waren, auf 18 Jahre festgelegt. Herr Scheringer hat hier gesagt, dass ein Großteil Einjahrespachtverträge abgeschlossen worden sind. Das ist richtig. Wir müssen uns aber auch noch mal überlegen, aus welchem Grund. Das hat ja bestimmte Ursachen. Damit sollten die Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen, damit sollte der Bedarf für die Trassen usw. abgegolten werden. Dort, wo wir aber schon 12-jährige Pachtverträge haben, das sind ja auch die Flächen, die verkaufswürdig sind, die

auch zum Verkauf anstehen in erster Linie, sind die Pachtverträge auf 18 Jahre verlängert worden.

Bis heute hat bereits mehr als ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe entsprechende Anträge gestellt, so dass von dieser Warte her für den Grund und Boden eigentlich

Einen Moment bitte, Herr Minister. Dürfte ich Sie bitten, für die letzten Minuten ein bisschen Ruhe zu bewahren.

(Beifall bei der CDU)

- ich werde mich beeilen - ein ausreichender Pächterschutz auch gewährleistet ist. Meine Damen und Herren, es stimmt eben nicht ganz, Herr Scheringer, die CDU hat sich damals - und ich habe selber mitgewirkt - sehr stark dafür eingesetzt, dass wir dieses Ausgleichs- und Leistungsgesetz bekommen haben, dass wir das gemeinsam mit der F.D.P. in einer ganzen Reihe von Runden durchgedrückt haben und dass es uns damals gelungen ist, alle Formen der Landbewirtschaftung in den neuen Bundesländern mit einzubeziehen. Das ist gut so, das ist richtig so und das ist auch vernünftig so. Unsere Position zur Bodenreform ist klar, da gibt es nichts daran zu rütteln. Es gibt aber eine Gruppe, eine kleine Gruppe, die sich immer, wie das in der Demokratie nun mal ist, mit den Gegebenheiten nicht abfindet und die dementsprechend auch immer wieder versucht, das zu hintertreiben. Das ist eigentlich auch der ausschlaggebende Grund gewesen, sicher neben den Punkten, die Sie, Herr Botz, angesprochen haben, dass diese Leute in Brüssel geklagt haben, dass diese Leute das nach Brüssel getragen haben, sonst wären wir weiter, davon bin ich überzeugt. Sicher brauchte man dann nicht mehr darüber zu sprechen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nur noch ganz kurz darauf eingehen: Grund und Boden, Herr Scheringer, Sie haben davon gesprochen, dass die Bodenhaie kommen, ich bezeichne es mal so, mit viel Geld in der Tasche kommem sie her und versuchen, Grund und Boden aufzukaufen. Nur, dazu gehören immer zwei: einer, der das Geld hat und kaufen will, und zum anderen der, dem der Grund und Boden gehört und der verkaufen möchte. Leider ist es eben so, wie hier schon gesagt worden ist, dass über 90 Prozent unseres Grund und Bodens nicht den Betrieben gehört, sondern einzelnen Privatpersonen gehört. Das ist schade für die Betriebe, die darauf wirtschaften. Auf der anderen Seite ist es natürlich richtig, dass das Grundeigentum nach wie vor bei denen geblieben ist, denen es immer schon gehört hat.

Nun müssen wir gemeinsam - und das mahne hier ich ganz einfach an, Grundeigentümer, Berufsstand, Verwaltung, Ministerium, Minister - dafür Sorge tragen, dass wir den Bodeneigentümern klarmachen, wenn sie verkaufen, dass sie dann bitte schön an die Betriebe verkaufen, die den Grund und Boden auch nutzen, und dass es nicht wie in Sachsen-Anhalt zu dem ersten ostdeutschen Bodenfonds kommt und dass dort von großen finanzkräftigen Gesellschaften Boden aufgekauft wird, der dann wieder zur Verpachtung freigegeben wird. Hier sind wir aber alle gefordert, nicht nur Einzelne in dieser Richtung. Ich wünsche mir jetzt eigentlich nur, dass wir schnell und zügig die Novelle über die Bühne kriegen, dass sich mit Brüssel schnell geeinigt wird, dass der Verkauf weiter vorankommt und dass auch die, die berechtigt sind zu kaufen, dann auch davon Gebrauch machen.