Zu Frage 3: Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung in Thüringen wurde bei der Erarbeitung der Richtlinie zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen ebenso einbezogen wie der LigaArbeitskreis Schuldnerberatung, also beide sind dort beteiligt gewesen. Mein Ministerium hat gemeinsam mit der Liga sowie der Landesarbeitsgemeinschaft diesen statistischen Erhebungsbogen entwickelt und ausgefüllt, von dem ich vorhin in einer anderen Mündlichen Anfrage bereits berichtet habe. Die Ergebnisse dieser Auswertung dienten als Grundlage für die Prüfung der Richtlinien zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen. Nach Diskussion und Abstimmung der Ergebnisse in beiden Arbeitskreisen wurde der sich hieraus ergebende Änderungsbedarf bei den Förderrichtlinien mit den betroffenen Verbänden nochmals besprochen.
Zu Frage 4: Quantitative Erweiterungen der bestehenden anerkannten Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungen sind nicht pauschal vorgesehen. Es besteht mehr in begründeten Fällen die Möglichkeit, vom derzeitigen Bedarfsschlüssel von 50.000 Einwohnern pro Beratungsfachkraft abzuweichen, wenn die sachlichen und örtlichen Gegebenheiten dieses erforderlich machen. Bisher wurden alle dementsprechenden Anträge der Landkreise und kreisfreien Städte auch genehmigt.
Herr Minister, eine Verständigungsfrage: Sie sagten nach Ablauf der Frist des Einspruchs kann die Auszahlung erfolgen.
Ich habe noch niemanden erlebt, der bei einem Fördermittelbescheid Einspruch erhoben hat und er kann sogar sofort auf die Rechtsbehelfsfrist verzichten und dann wird er sofort bestandskräftig. Also, das ist der ganz übliche Weg, das ist gar nichts Neues.
Gibt es weitere Nachfragen? Ich nehme an, keine Nachfrage, sondern ein Antrag. Frau Abgeordnete Neudert.
Namens der PDS-Fraktion beantrage ich die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit.
Auch das werden wir abstimmen. Wer für die Ausschussüberweisung votieren will, den bitte ich um das Handzeichen. Ja, das nötige Quorum ist erreicht. Die Frage ist überwiesen. Eine Frage haben wir noch, und zwar die Mündliche Anfrage in Drucksache 3/482. Bitte, Frau Abgeordnete Heß:
Fördermöglichkeiten für das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland e.V. (CJD) Ilmenau als Ausbildungseinrichtung im gewerblich-technischen Bereich
Die Kostensätze aus Bildungsmaßnahmen reichen als Refinanzierungsgrundlage für notwendige Anpassungs- und Ergänzungsausstattungen, die den wirtschaftlichen, der Technologieentwicklung entsprechenden Anforderungen genügen (Lasertechnik, CNC-Maschinen u.ä.), nicht aus.
1. Welche Fördermöglichkeiten sieht die Landesregierung bezogen auf die Eingangsbemerkung - unter Umständen auch gemeinsam mit der Bundesanstalt für Arbeit?
2. Wie wird sich die Sachkostenbezuschussung durch das Land entsprechend § 266 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB III) für das Jahr 2000 gestalten?
3. Wie findet in Zukunft die Förderung benachteiligter Arbeitnehmer mit mindestens zwei Vermittlungshemmnissen statt?
4. Unter welchen Voraussetzungen kann das CJD Ilmenau den Status einer Reha-Ausbildungsstätte erhalten?
Zu Frage 1: Eine Prüfung bzw. Entscheidung über die Förderkonditionen und Fördermöglichkeiten kann erst nach Vorlage eines entsprechenden Antrags erfolgen.
Zu Frage 2: Das Land gewährt auf der Grundlage des § 266 SGB III Zuschüsse im Rahmen der verstärkten Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zur Sicherstellung der Restfinanzierung ausgewählter, im Landesinteresse liegender Maßnahmen. In diesem Zusammenhang sind auch Sachkostenzuschüsse enthalten.
Zu Frage 3: Für die benachteiligten Arbeitnehmer mit mindestens zwei Vermittlungshemmnissen kommen alle Fördermöglichkeiten des SGB III in Frage, wenn sie die sonstigen Zugangsvoraussetzungen dafür erfüllen.
Zu Frage 4: Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung Behinderter orientieren sich an dem jeweiligen Bedarf. In Sachsen-Anhalt und Thüringen wurden aufgrund der
spezifischen Ausbildungssituation behinderter Jugendlicher Mitte der 90er Jahre ausgewählte Einrichtungen mit der Ausbildung insbesondere Lernbehinderter betraut. Für diese Einrichtungen wurde ein mittelfristiger Bedarf gesehen. Eine Bestandsgarantie ergab sich daraus nicht. Die vorhandenen Kapazitäten der Träger decken den Bedarf an Bildungsplätzen. Wohnortnahe Ausbildungsmaßnahmen für behinderte Jugendliche werden durch die Arbeitsämter entsprechend dem Bedarf ausgeschrieben. Das CJD hat die Möglichkeit, sich an diesen Ausschreibungen zu beteiligen.
Gibt es Nachfragen? Gibt es Anträge? Nein. Damit ist auch diese Frage beantwortet und ich schließe den Tagesordnungspunkt 16 für heute und rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf.
a) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Die Auswirkungen der Neuregelungen für geringfügig Beschäftigte (630-DM- Gesetz) auf den Freistaat Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/473
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit der am 01.04.1999 in Kraft getretenen Novellierung des so genannten 630-DM-Gesetzes hat die deutsche Bundesregierung die Sozialversicherungspflicht für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse neu geregelt. Sie hat mehrere Ziele verfolgt, erstens die dramatische Ausweitung dieser Beschäftigungsverhältnisse einzudämmen. Ich rufe noch mal drei, vier einprägsame Zahlen ins Gedächtnis zurück. Wir haben in diesem Haus schon das eine oder andere Mal darüber gesprochen. 1987 2,8 Mio., 1992 4,4 Mio., 1997 5,6 Mio. und im I. Quartal 1999 dann schließlich 6,5 Mio. Der zweite Beweggrund war und ist, ein weiteres auch unkontrollierbares Aufsplitten der Arbeitsrechtsverhältnisse zu verhindern. Der dritte Punkt schließlich, eigentlich der wichtigste von allen, ist gewesen und ist es noch, der Erosion der beitragsfinanzierten Sozialversicherungskassen entgegenzuwirken, weil die Gefahr bestand, die hohen Standards sozialer Sicherheit in Deutschland mit immer weniger Beitragszahlern nicht mehr dauerhaft halten zu können.
Seit einem Jahr ist nun das Gesetz in Kraft, Sie haben es damals im Stadium der Entstehung dieses Gesetzes zu einer kontroversen Debatte kommen lassen und Sie hatten es auch aufgerufen, meine sehr verehrten Damen und Her
ren von der CDU-Fraktion, das war legitim. Heute rufen wir es auf, auch das ist legitim. Selbstverständlich fand dieses Gesetz nicht immer, überall und sofort Zustimmung und meine Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion befürchteten das Ende der Dienstleistungsgesellschaft, des Mittelstandes, sie befürchteten Massenentlassungen, das sind alles Worte, die hier gefallen sind, die Katastrophe schlechthin. Auf dem sachlichen Anliegen dieses Gesetzes ist mit dem allergrößten Vergnügen herumgetrampelt worden, denn es war Wahlzeit, nicht Mahlzeit, Wahlzeit!
Das haben wir jetzt hinter uns und es ist merkwürdig still geworden um dieses Gesetz, merkwürdig auch, dass dieses Gesetz in seinen Einzelheiten, in seinen Regelungsmechanismen noch immer erstaunlich unbekannt ist. Sie müssen mal, den Rat gebe ich allen, wenn Sie danach gefragt werden, man möge doch das 630-DM-Gesetz novellieren, mal fragen, was denn zu novellieren sei und Sie werden die erstaunlichsten Ergebnisse dabei haben, nämlich überhaupt keine Vorschläge. Aber die Einzelheiten jetzt nachzuholen, das ist nicht Anliegen der Aktuellen Stunde. Unbestritten sind, und das wird durch eine Studie, die in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen gemacht worden ist, drei Dinge. Die sind nachzulesen in den Angaben der Bundesanstalt für Arbeit.
1. Die Fehlentwicklung des rasanten Anstiegs der sozialversicherungsfreien geringfügigen Beschäftigung ist gestoppt. Die Zahl derer ging von ursprünglich 6,5 Mio. auf 5,8 Mio. Beschäftigte zurück. Bis zum Mai 1999, genauere Zahlen liegen nicht vor, wurden 1,4 Mio. Kündigungen ausgesprochen, in der Zwischenzeit die Hälfte davon wieder zurückgenommen oder in versicherungspflichtige Jobs überführt. Dieses Ziel, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist erreicht worden.
2. Die Missbrauchsquote, bezogen auf die unzulässige Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze, hat sich reduziert, allerdings noch nicht in dem Maße, wie man sich das wünscht, und im Unterschied zu anderen Kollegen, die heute hier aufgetreten sind, bin ich aufrichtig genug, dies auch zuzugeben.
3. Die Erwartungen der Bundesregierung hinsichtlich zusätzlicher Beitragseinnahmen wurden bisher weit übertroffen. Per Jahresende 1999 sind erstmals 3,5 Mio. geringfügig Beschäftigte sozialversicherungspflichtig gemeldet. Allein die Einnahmen daraus, aus den pauschalen Beiträgen ausschließlich geringfügig Beschäftigter, werden in 1999, und das ist nicht ein volles Berechnungsjahr, bei 3,1 Mrd. DM liegen, davon in der gesetzlichen Krankenversicherung 1,3 Mrd. DM und in der Rentenversicherung 1,8 Mrd. DM. Die administrativen Mehrbelastungen, über die Unternehmen klagen, vor allen Dingen die kleinen und mittelständischen Unternehmen durch die Einbeziehung geringfügig Beschäftigter in das allgemeine Melde- und Beitragsverfahren, sind wohl unbestritten, jedoch
liegen die Belastungen nicht über den Belastungen durch alle anderen Beschäftigungen auch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Gesetz hat sich bewährt, eine Korrektur wird nicht erfolgen,
zumal weitere Sonderregelungen für bestimmte Branchen oder Betriebe verfassungsrechtlich bedenklich sind. Wenn die Zahlen der statistischen Landesämter stimmen, daran ist wohl nicht zu zweifeln, ich habe keinen Anlass dies zu tun, stieg die Zahl der Beschäftigten im Thüringer Einzelhandel 1999 um 2,4 Prozent bei einer Zunahme der Vollzeitbeschäftigung um gleichzeitig 4,2 Prozent. Das Dienstleistungsgewerbe ist nicht zusammengebrochen und Zeitungen werden nach wie vor ausgetragen.
Erlauben Sie, einen letzten Satz zu sprechen. Ich würde gern von Kassandrarufen sprechen, aber das hieße, Frau Kassandra zu beleidigen, denn sie hat nicht wider besseres Wissen gesprochen, sondern voller Überzeugung. Das ist damals hier nicht passiert und dies galt es heute festzustellen. Vielen Dank.
Danke schön, Herr Abgeordneter Lippmann. Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Bergemann zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, es ist richtig, Herr Lippmann, völlig klar, das 630-DM-Gesetz, es musste etwas gegen die Erosion aus den Sozialversicherungskassen getan werden. Die von Ihnen zitierte Studie aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen sagt aber auch etwas anderes aus. Sie haben die Zahlen natürlich mit 1,4 Mio. genannt, aber dass im gleichen Zeitraum bis zum heutigen Zeitpunkt aus der Kürze der Ermittlungen, die ja erst möglich sind, auch 700.000 Arbeitsplätze weggefallen sind, da kann man sich schon seine Gedanken darüber machen.
Ich glaube, dass dieses Gesetz so, wie es in der aktuellen Fassung vorliegt, höhere Kosten verursacht, es kostet Jobs, es hat eine höhere Bürokratie zur Folge. Und was keiner in einer Studie auch jemals sagen wird, wenn er befragt wird, es wird eine steigende Schwarzarbeit praktiziert.
Das steht außer Frage. Herr Lippmann, reden Sie bitte einmal mit den einschlägigen Unternehmen, Sie haben einige angesprochen. Sie waren ja gestern auch beim Thüringer Handwerkstag dabei. Ich meine, das muss wie eine schallende Ohrfeige gewesen sein, was dort gekommen ist, denn Sie haben ja deutlich gehört, wie das Thüringer Handwerk und die Branchen die Situation einschätzen, nicht nur im Handwerk, das Gaststättengewerbe, die Sportvereine, das Handwerk. All diese haben Schwierigkeiten mit diesem Gesetz. Fragen Sie sie und schauen Sie bitte in die Studie. Es ist unstrittig, dass gerade 630-DM-Jobs - geringfügige Beschäftigungen - gebraucht werden. Sie sind schon ein wichtiges Instrument für uns, für die kleinen und für die Großunternehmen bei der personellen betrieblichen Planung. Das steht außer Frage. Aber wenn man die Zahlen hört, muss man auch einmal sagen, dass etwa nur 13 Prozent der Unternehmen angegeben haben, dass sie die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse in Voll- oder Teilzeitarbeitsplätze umgewandelt haben. Die Mehrzahl dieser Unternehmen hat eine Erhöhung von Überstunden, sie haben Stellenabbau oder Mehrbelastungen für die Arbeitnehmer in den Unternehmen zur Folge gehabt. Ich denke schon, das ist natürlich auch ein Ausdruck dafür, dass es einen viel zu hohen bürokratischen Aufwand gibt. Was muss das Unternehmen oder der Arbeitgeber tun, wenn er sich auf dieses neue Gesetz einlässt?
(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Herr Ber- gemann, wollen Sie Ihre Behauptungen nicht einmal mit Zahlen untersetzen?)