nen wurde. Und es ist wirklich die Strecke, die am meisten frequentiert ist, weil sie die Thüringer Städtekette miteinander verbindet. Die Deutsche Bahn gibt bis zur Stunde die Mittel nicht frei und deshalb müssen wir auf dieses Problem mit allem Nachdruck deutlich hinweisen. Als Einziges konnte verhindert werden, dass der Verkehr nicht gänzlich eingestellt wurde zwischen Ronneburg und Schmölln, dass dort noch mit 20 oder 30 Stundenkilometern überhaupt noch gefahren wird.
Der Ministerpräsident hat dankenswerterweise mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn auch zu diesem Thema ein Gespräch geführt und es wurde zugesagt, nun sehr zügig mit den Bauarbeiten zu beginnen. Allerdings müssen wir feststellen, bis heute ist nicht begonnen worden und deswegen müssen wir wieder mit allem Nachdruck auf dieses Defizit hinweisen. Weil nun der Zustand immer schlechter wird, hat das auch Konsequenzen für den Fahrplan. Das Zugangebot muss an dieser Stelle weiter eingeschränkt werden, leider weiter eingeschränkt werden. Sie haben sicherlich die Proteste aus Jena und Gera gehört. Wir können nur sagen, wenn hier wieder ein vernünftiges Angebot realisiert werden soll, dann muss die Bahn endlich mit den Sanierungsarbeiten beginnen. Und dazu muss sie der Bund in die Lage versetzen und die entsprechenden Mittel endlich freigeben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir halten daran fest, dass man eines Tages mit der Interregiolinie 20, dass ist die, die aus dem Ruhrgebiet über Kassel hierher führt und von hier weiter über Weimar, Jena, Gera nach Glauchau, ohne Umsteigen nach Gera fahren kann. Das ist unser Ziel: zweigleisiger Ausbau und Elektrifizierung so schnell wie irgend möglich, meine Damen und Herren.
Und zum 3. Punkt - Sanierung des Schienennetzes in Thüringen insgesamt -: Wir haben leider festzustellen, dass in der letzten Zeit der Zustand des Gleisnetzes in Thüringen insgesamt immer schlechter wird. Immerhin sind schon 142 km stillgelegt, aber nicht wegen Abbestellung von Leistungen durch das Land, sondern wegen des schlechten Streckenzustandes. Auf 142 km muss also Schienenersatzverkehr angeboten werden und bei weiteren 120 km droht dieser Zustand. Also es ist kein Stillstand, sondern nach wie vor noch eine weitere Verschlechterung. Langsamfahrstellen nehmen zu und Leistungen müssen reduziert werden, weil die Geschwindigkeit immer mehr abnimmt. Ein Beispiel: Zwischen Gera und Hof bei Greiz gibt es eine Strecke von 12 km, auf der nur noch 10 km/h, meine Damen und Herren, gefahren werden kann. Also alle Witze, die es über die Bahn gibt, die treffen dort wirklich zu.
Ja, dort gibt es auch Blumen, schöne Blumen. Es ist ja vom Grunde her eine herrliche Gegend, aber das ist wirklich blamabel und wir müssen mit allem Nachdruck auf dieses Thema, auf dieses Problem hinweisen.
Es war aber nicht immer so, meine Damen und Herren. Bis 1997/98 sind 5,5 Mrd. Mark in das Schienennetz Thüringens investiert worden. Und jetzt? Was wird jetzt noch investiert? Fast nichts, es tendiert gegen Null. In dem Antrag ist auf die gesetzlichen Grundlagen hingewiesen worden, wonach der Bund verpflichtet ist, die Bahn entsprechend mit Mitteln auszustatten. Ich weise darauf hin, welche Mittel grundsätzlich zur Verfügung stehen. Der Altlastenfonds, also Altlasten aus DDR-Zeiten, um diese zu sanieren, sind bei dem Eisenbahngründungsgesetz 33 Mrd. DM zugesagt worden. 14 Mrd. DM sind für die neuen Bundesländer insgesamt noch nicht geflossen. Wir fordern, dass dieses Geld so schnell wie möglich vom Bund bereitgestellt wird. Da es aber bis zum Ablauf des Gesetzes gar nicht mehr möglich ist, ist es sinnhaft, dieses bis 2007 zu verlängern und dann könnten pro Jahr 2 Mrd. DM zur Verfügung gestellt werden.
Ein anderes Stichwort: 8,1 Mrd. DM sollte der Transrapid von Hamburg nach Berlin kosten. Sie wissen, die Bundesregierung hat beschlossen, dieses Projekt nicht zu realisieren. Das ist technikfeindlich, ist gegen den Wirtschaftsstand Deutschland, so ein Beschluss. Wir sind damit nicht einverstanden, meine Damen und Herren. Aber wenn es nun nicht realisiert wird, da müssen wir in den neuen Bundesländern sagen, wir haben nach wie vor erhebliche Defizite in der Infrastruktur. Wir wollen von diesen Einsparungen partizipieren.
Oder ein weiteres Stichwort: Antistauprogramm. Vom Grunde her sind Mittel in die Straßen, in die Eisenbahnstrecken und in die Wasserstraßen zu investieren. Allein für die Entwicklung der Infrastruktur Schiene sind 2,8 Mrd. DM eingeplant. Aber wenn Sie die Landkarte von Deutschland anschauen, werden Sie sehen, dass in der Mitte Deutschlands Tabula rasa ist, ist nichts vorgesehen in unserem Bereich, rein zufällig sicherlich der Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen. Ein politischer Zusammenhang ist sicherlich rein zufällig, dieser Beschluss von der Bundesregierung, dieses Land besonders zu bevorzugen. Wir fordern hier, entsprechend beteiligt zu werden.
Der nächste Punkt: Investitionsprogramm 2002 bis 2007. Auch dort müssen wir schon jetzt rechtzeitig sagen, wir wollen hier entsprechend berücksichtigt werden. Und zum Schluss: Natürlich müssen auch die Eigenmittel der Deutschen Bahn hier endlich wieder zum Einsatz kommen. Offenbar wird alles investiert zwischen Frankfurt und Köln und in der Bundeshauptstadt Berlin. Wir finden das ja ganz prima, aber es darf nicht alles Geld dorthin gehen und bei uns in der Fläche überhaupt nichts mehr investiert werden. Dagegen wenden wir uns. Es kann nicht sein, dass nur noch Notfahrpläne bei uns aufgestellt werden, weil keinerlei Geld mehr hier investiert wird. Man braucht nur noch kurz
den Güterverkehr zu erwähnen, weil er kaum noch eine Rolle spielt. Das ist gegen eine vernünftige Verkehrspolitik. Wir wollen Verkehr auf der Schiene haben, auch Güterverkehr, aber im Moment wird es wegen des schlechten Angebots der Bahn immer weniger.
Also, meine Damen und Herren, wir müssen weiterhin die Interessen Thüringens nachdrücklich gegenüber dem Bund und der Bahn vertreten. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte namens der CDU-Fraktion beantragen, dass dieser Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik überwiesen wird.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, dass uns heute hier dieser CDU-Antrag vorliegt, der vom Titel her, vom Erhalt und Ausbau völlig richtige Prämissen setzt, im Beschlusstext aber an erster Stelle der Neubau steht, und zwar das Prestigeobjekt, ICE-Verkehrsprojekt deutsche Einheit Nr. 8, zeugt von dem Spagat der Landesregierung bei diesem Thema:
Auf der einen Seite einen bevölkerungsinteressanten Titel und auf der anderen Seite Durchsetzung des ICE, koste es, was es wolle.
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Bahnreform wurde das Grundgesetz bekanntlich ergänzt um die Passage - ich darf zitieren: "Eisenbahnen des Bundes werden als Wirtschaftsunternehmen in privatrechtlicher Form geführt. Diese stehen im Eigentum des Bundes, soweit die Tätigkeit des Wirtschaftsunternehmens den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen umfasst." Beim antragsgerechten Erhalt und Ausbau sowie favorisierten Neubau ist also trotz Bestehen des Geschäftsbereichs Netz der DB AG der Bund in der Verpflichtung. Wir gehen davon aus, dass eine flächendeckende Schieneninfrastruktur Teil der Daseinsfürsorgepflicht des Bundes für die Bürgerinnen und Bürger ist. Bevor ich zu weiteren Ausführungen komme, meine Damen und Herren, muss ich schlichtweg feststellen, dass der Antrag der CDU, zumindest was den Teil des Antrags unter den Punkten 2 und 3 betrifft, nicht nur um Jahre zu spät kommt, sondern wider besseres Wissen von eben der Vorgängerfraktion, personell aber verschieden, vor allem unter dem gleichen Ministerpräsidenten und dem für Verkehr zuständigen Landesminister, seit 1997 verschleppt wird.
Herr Minister, ich kann Ihren Widerspruch verstehen, aber lassen Sie mich rekapitulieren. In den Protokollen des Thüringer Landtags ist nachzulesen, dass sich die PDS-Fraktion in der 2. Legislaturperiode ständig mit den Anträgen an das Plenum zu Leistungsentwicklungen der DB AG im Nahverkehr - Protokoll vom April 1997 und vom Juli 1998 - sowie zur Instandhaltung, zum Ausbau und zum Schutz der Bahntrassen - aus dem Juli 1997, aus dem Januar 1998 - gewandt hat. Es ist auch nachzulesen, wie sich die anderen Fraktionen diesbezüglich verhalten haben. Unsere Anträge wurden nicht nur abgelehnt, sondern die Ergebnisse wurden, wie mir beim Lesen der Landtagsprotokolle auffiel, im gewissen Sinne schöngeredet. Dort wurde geredet vom Thüringentakt, zu dem man bemerken muss, dass er auch für nicht ausgelastete Züge gilt. Es wurde geredet von der Erhöhung der Zugkilometer, zu der man ergänzen muss, ja, aber auf einzelnen Strecken durch Verdichtung der Zugfolge erreicht und bei gleichzeitiger Aufgabe von Streckenbedienungen, immerhin seit 1996 auf 16 Verbindungen mit 223,8 Kilometern Streckenlänge und 68 Zugangsstellen. Oder es wurde als Ergebnis hervorgehoben der Einsatz neuer Fahrzeuge, ich ergänze, die sich zum Teil als Flop wie im Fall des Triebwagens, der ab Weimar nach Kranichfeld zeitweise im Einsatz war, erwiesen hat. Dass sich seit 1996 außer beim Einsatz von 15 Triebzügen von insgesamt 34 in Thüringen zur Verfügung stehenden Einheiten nichts getan hat, zeigt die Antwort vom Februar dieses Jahres auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dittes. Zweifelsfrei hat es aber auch bei den im Bundesverkehrswegeplan enthaltenen Maßnahmen Ergebnisse gegeben. So wurde die als Lückenschluss bezeichnete Ausbaumaßnahme der Saalebahn realisiert, die Eichenberger Kurve wurde als vorgezogene Maßnahme des Projekts Ausbaustrecke Paderborn-Halle in Betrieb genommen und hat, und das muss man sicherlich auch sagen, dem Land Thüringen 1 Mio. DM Baukostenzuschuss gekostet. Auf den Strecken Bebra-Erfurt und CamburgHochstadt-Marktzeuln wurden zweigleisige Abschnitte ausgebaut und auch auf der Mitte-Deutschland-Trasse hat sich im Raum Jena zaghaft etwas getan. Aber, meine Damen und Herren, bei aller Anerkennung des Erreichten, des Geschaffenen, aus Altzeiten Überwundenem sollten uns diese Ergebnisse nicht den kritischen Blick auf die Gesamtsituation trüben. Diese kritischen Punkte sind allemal zum Ersten die wachsende Anzahl von Langsamfahrstellen, Verringerung der Reisegeschwindigkeiten und Verlängerung der Fahrtzeiten, von denen auch mein Kollege Kallenbach eben gesprochen hat, letztlich Ausdruck des Erhaltungszustands der Strecken. Ich glaube, der "Focus" macht in seiner jüngsten Ausgabe berechtigt den Zustand nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit in dieser Frage deutlich.
Der verkehrspolitische Sprecher der PDS hat bereits im Juli 1998 hier in dem hohen Haus analysiert, dass die mitt
lere Reisegeschwindigkeit in Thüringen unter der durchschnittlichen Geschwindigkeit in der BRD liegt, unter der durchschnittlichen Geschwindigkeit in den neuen Bundesländern liegt und nur noch im Verkehrsraum Hamburg und in Sachsen noch niedrigere Durchschnittsgeschwindigkeiten erzielt werden. Ich kann mir vorstellen, dass diese Tatsachen von Seiten der CDU nicht mit dem Slogan "Top Thüringen" in Verbindung gebracht werden wollen. Auch wenn Sie, Herr Kallenbach, in der 2. Legislaturperiode verkehrspolitischer Sprecher Ihrer damaligen Fraktion waren, mehrfach bei der Behandlung von entsprechenden PDS-Anträgen darauf hingewiesen haben, dass eine Verschlechterung der Verkehrsverbindungen nicht erfolgen darf, hat sich nichts oder jedenfalls nur wenig geändert.
Der Fahrplan zum Mai dieses Jahres zeigt wieder Fahrtzeitverlängerungen auf Hauptstrecken. Für Thüringen scheint der abgewandelte Werbeslogan der Bahn zu gelten: Die Bahn kommt - immer öfter langsamer und längst nicht mehr überall hin.
Meine Damen und Herren, bekannt ist, dass der Streckenzustand sich permanent verschlechtert und der Instandhaltungs- und Reparaturbedarf immer weniger erfüllt wird. Die DB AG, der Geschäftsbereich Netz, konzentriert sich, da gebe ich Herrn Kallenbach völlig Recht, mit den Instandhaltungsmaßnahmen immer mehr auf das für den Fernverkehr relevante Hauptnetz. Dadurch werden Streckenzustände erzeugt, und das ist der Teufelskreis, die zu immer mehr Langsamfahrstellen, zu unattraktiven Fahrtzeiten und damit zu sinkenden Benutzerzahlen führen, letztlich zur Einstellung der Streckenbedienung. So findet ein Sterben auf Raten der Strecken statt.
Zu einem zweiten kritischen Punkt, der längst bekannt war und auf den trotz oder gerade wegen erfolgter Thematisierung durch die PDS-Fraktion in der 2. Legislaturperiode weder von der CDU-Fraktion noch vom CDU-Ministerpräsidenten bzw. auch vom Wirtschaftsminister für meine Begriffe reagiert wird: Bereits 1996 hat Herr Günter Sassmannshausen, damals Aufsichtsratsvorsitzender der DB AG gegenüber der FAZ sich zur Entwicklung des Schienennetzes geäußert. Er sprach davon, dass die Halbierung des gegenwärtigen Schienennetzes von etwa 40.000 Kilometern auf ein so genanntes Kernnetz von 17.500 Kilometern geplant ist, das mit der Zusammenführung mit dem S-Bahnnetz in Berlin und Brandenburg etwa ein Schienennetz von 20.500 Kilometern ergibt. Das ist die Zielvorstellung der DB AG. Und auch das Material der 11. Sitzung des Geschäftsbereichs Netz vom Januar 1997 sagt eindeutig unter dem Tagesordnungspunkt "Kein Geld für politische Forderungen" wohin die Reise gehen soll. Dargestellt wird in dem Material, dass Investitionen und Instandhaltungen nur auf wirtschaftlich tragfähige, zukunftsträchtige Strecken konzentriert und ausschließlich der Einsatz der
Mittel nach unternehmerischen Kriterien gesteuert wird. Ferner wird dargestellt, dass allein durch diese Konzentration der Mittel auf die zukunftsfähigen Strecken für die anderen Strecken, auf denen die DB AG beim besten Willen kein Geschäft machen kann, Stilllegungen oder die Überlassung an andere Betreiber die Folgen sind und dass die DB AG damit rechnet, dass davon nicht weniger als 10.000 Kilometer Strecke des Geschäftsbereiches Netz betroffen sind. Für Thüringen scheinen die von mir bereits genannten Stilllegungen zuzutreffen. Und was die Bahn in Thüringen vorhat und was möglicherweise jetzt oder perspektivisch mit Anmeldungen oder besser Abmeldungen von SPNV-Leistungen durch Thüringen gestützt wird, ist schlicht und ergreifend eine Verletzung des entsprechenden Grundgesetzanspruchs und der Beschlüsse der Bahnreform.
Eigentlich macht der Nahverkehrsplan des Freistaats, meine Damen und Herren, mit seiner Anlage 9.1 dem Zielkonzept "Produktangebot 2002" eine solche weitere Stufe der Netzausdünnung auf der Grundlage der Anlage 8, Kategorisierung des Schienenpersonennahverkehrsnetzes, deutlich.
Meine Damen und Herren, zum Fahrplan, zu Fahrtzeiten; zum eingesetzten rollenden Material habe ich mich schon geäußert. Ein Wort zur Wirtschaftlichkeit oder besser Unrentabilität von Strecken als Grundlage für fehlende Instandhaltungen und Abbestellungen von Beförderungsleistungen. Wer nur betriebswirtschaftlich die Strecken bewertet, wird zu anderen Ergebnissen kommen als derjenige, der gemeinwirtschaftliche Bewertungen durchführt. Es geht uns um eine flächendeckende Schieneninfrastruktur, egal von welcher Firma der Verkehr durchgeführt wird, um eine flächendeckende Schieneninfrastruktur als Teil der Daseinsfürsorge und als Standortfaktor. Was nützen uns die Kapitel im Landesentwicklungsprogramm und in den regionalen Raumordnungsplänen, die sich mit dem Schienenverkehr befassen, wenn der Erhalt und der Betrieb infrage gestellt wird.
Dann passiert es wie in Sonneberg, dass eine Thüringer Stadt nur über Bayern mit der Eisenbahn erreichbar ist und die Nutzer der Oberweißbacher Bergbahn zu ihrem ehemaligen Verknüpfungspunkt mit der Strecke der DB AG mit dem Auto fahren müssen, um diese touristische Attraktion nutzen zu können. Die DB AG ist kein "Unternehmen Zukunft", sie ist - wie die Zeitung "Die Zeit" schon im März 1997 schrieb - ein "Unternehmen Kahlschlag". Das ist jetzt nicht einmal von der PDS. Nur der Minister Schuster, meine Damen und Herren, ist in der DB-Broschüre "who is who im Nahverkehr" zu einer anderen Auffassung gekommen. Frau Präsidentin, ich darf zitieren. Herr Minister, Sie führen dort aus: "Seitdem rollt der Nahverkehr auf der Schiene in die Zukunft. Mit Investitionen, innovativen Ideen und intelligenten Lösungen wird
der Schienenpersonennahverkehr landesweit zu einer attraktiven und leistungsfähigen Alternative zum Auto ausgebaut." Herr Minister, Sie sehen mit dem Antrag Ihrer Fraktion doch selbst, dass Ihre Aussage in dieser Broschüre eher ein Traum als Wirklichkeit ist und es in den letzten Jahren eher Rückschritte als Fortschritte in dieser Frage gegeben hat. Auch die Dienstfahrt anlässlich des Besuchs des Bundespräsidenten nach Gera auf einem Teilstück der Mitte-Deutschland-Verbindung hat bei Ihnen nicht zu den öffentlich artikulierten Erkenntnissen geführt, wie die Fahrt nach Würzburg zur gemeinsamen Kabinettssitzung mit der bayerischen Staatsregierung,
nämlich zu der Erkenntnis, dass schnellstens etwas zur besseren Anbindung Ostthüringens getan werden muss. Es ist doch bekannt, dass zwischenzeitlich bei Papiermühle der Hang abgerutscht ist, eine zusätzliche Langsamfahrstrecke eingerichtet wurde und ein weiteres Teilstück der Strecke nur eingleisig befahrbar ist. Aber weil die Fahrt nach Würzburg zu langsam ging, wurde flugs über Bauarbeiten im großen Stil auf dieser Strecke Erfurt-Würzburg nachgedacht und sie eingefordert.
(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Das darf doch nicht wahr sein!)
Herr Minister, Sie werden in der Zeitung "Freies Wort" vom 3. April dieses Jahres mit den Worten zitiert: "Wo soll denn der Verkehr rollen, wenn nicht hier." und meinen die Strecke Erfurt-Würzburg. Ich sage es Ihnen, wo er rollen soll, er soll in ganz Thüringen rollen und vor allem in der Fläche. Und als in besagter Kabinettssitzung
die Bayern später losfahren konnten und in kürzester Fahrzeit aus München in Würzburg waren, bekommt natürlich auch der unter Punkt 1 des heutigen Plenarantrags in Drucksache 3/499 einen besonderen Inhalt. Zum einen wird trotz anders lautender Titel des Antrags der Neubau der ICE-Trasse zum Punkt 1 des Antrags und zum anderen muss nicht nur schnellstens bei den Objekten Verkehrsprojekt deutsche Einheit 8.1, also Nürnberg-Erfurt, und A 8.2, Erfurt-Halle, weitergebaut werden, die Bundesregierung soll sich zu den - wie es im Antrag heißt planfestgestellten Trassen bekennen und Mittel bereitstellen. Als Sahnehäubchen will Thüringen sich noch bei der Vorfinanzierung beteiligen. Der Sparhaushalt und alternative Finanzierung zulasten künftiger Thüringer Landeshaushalte lassen hier für mich etwas grüßen.
Hier will ich einen dritten Problempunkt deutlich machen: Unbestritten ist von der EU im Europanetz eine Nord-SüdTrasse unter den Kern Nr. 1 über Thüringen aufgeführt, aber ebenso unbestritten ist der Trassenverlauf nicht festgelegt worden. Aus einer landesherrlichen Großmannssicht
sind Trassenvarianten nur über Erfurt untersucht worden. Wer also die schnelle Schienenverbindung von Süd- nach Nordeuropa über Erfurt festgeklopft hat und keine kostengünstigere Lösung - wie etwa die aus sächsischer Sicht jetzt ins Spiel gebrachte Alternative über die Sachsen-Magistrale - oder die Vorschläge kommunaler Politiker zum Lückenschluss zwischen Hildburghausen und Coburg gelten lässt, muss sich natürlich mit Zusagen zur Bereitstellung von finanziellen Mitteln vielleicht Gewogenheit in Berliner Ministerien erkaufen.
Im Übrigen sind diese ins Spiel gebrachten Varianten nicht neu, Herr Minister. Bereits vorliegende und von der bayerischen und thüringischen SPD in Auftrag gegebene Untersuchungen bei einem renommierten deutschen Verkehrsplanungsbüro haben eben diese Variante über Hof als kostengünstigste Variante erarbeitet.
Wer von schneller Verbindung mit dem ICE über Erfurt spricht, der muss aber auch zur Kenntnis nehmen wollen, dass die Strecke ab Halle-Leipzig für geringere Geschwindigkeiten als die Strecke in Thüringen ausgebaut wird. Nur auf weniger als 20 Prozent der Gesamtstrecke von Frankfurt nach Berlin könnte der ICE auf dem Teil der Neubaustrecke Höchstgeschwindigkeit fahren, und dort planfestgestellt oder baurechtlich vorliegend, meine Damen und Herren. Fakt ist jedenfalls, dass mit dem ICE bei einem Halt in Erfurt und wahrscheinlich einem Halt in Ilmenau fast alle bzw. fast alles schnell durch Thüringen fährt. Ob und wie weit diese Trasse den Wirtschaftsstandort derart aufwertet, dass neue Gewerbeansiedlungen entstehen, neue Arbeitsplätze geschaffen werden, höhere Staatseinnahmen die Thüringer Landeskasse füllen, ist jedenfalls - außer in Worten - noch nicht nachgewiesen. Ich hoffe, dass das eintritt und die Wirtschaftlichkeit der Strecke nicht ähnlich wie beim Transrapid - schöngeredet wurde.
Die fachgutachterliche Stellungnahme zum Verkehrsprojekt deutsche Einheit 8 - Neubaustrecke Erfurt-Leipzig-Halle der TU Dresden, der Fakultät für Verkehrswissenschaften sicherlich nicht verdächtig, in der Nähe der PDS zu stehen - bestätigt die Wirtschaftlichkeit und Vertretbarkeit der Investitionen in Höhe von ca. 5 Mrd. DM für die Neubaustrecke jedenfalls nicht.