Protokoll der Sitzung vom 18.05.2000

Abschließend: Wohnungspolitik und Stadtentwicklungspolitik muss ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden. Städtebaulicher Wandel muss im Sinne nachhaltiger Entwicklung familienbezogener Strukturpolitik erfolgen, das heißt nicht zuletzt auch nachhaltige Sicherung und Entwicklung von Arbeitsplätzen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Nothnagel, PDSFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte mich nur noch ganz kurz zu unserem Antrag als behindertenpolitischer Sprecher der PDS-Landtagsfraktion zu Wort melden.

Meine Damen und Herren, die Probleme behinderter Menschen in Thüringen, die sich entschieden haben, ein Leben außerhalb von Einrichtungen zu führen, also ein selbstbestimmtes Leben, sind sehr groß, wenn es darum geht, eine geeignete Wohnung zu finden, die barrierefrei ist und die ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis hat. In den letzten zehn Jahren wurden sicherlich große Anstrengungen in den Sondereinrichtungen, die aber den separativen Charakter besitzen, unternommen, um behinderten Menschen eine angenehmere Wohnsituation zu bieten, aber auf dem freien Wohnungsmarkt sind barrierefreie Wohnungen nach wie vor eine Rarität. Die Landesregierung hat durch ihr Wirtschaftsförderungsprogramm, aber auch durch ihr Wohnungsbauprogramm in der Umsetzung versagt. Lassen Sie mich das durch einige Beispiele untermauern. Als Vorsitzender des Behindertenbeirates der Stadt Schmalkalden wurde ich von einer Architektin angesprochen, die für den Ortsteil Weidebrunn neue Sozialwohnungen projektierte, ihr mit Namen und Adressen behinderte Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schmalkalden zu benennen, die nach Fertigstellung der neuen Sozialwohnungen diese auch beziehen. Sofern ich ihr keine behinderten Bürgerinnen und Bürger nennen kann, werden diese neu geschaffenen Sozialwohnungen auch nicht barrierefrei gebaut. Dies war 1994 und damals gab es keine behinderten Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schmalkalden, die definitiv zusagen konnten oder wollten. Somit wurde hier nicht mit in Erwägung gezogen, diese Wohnungen auch barrierefrei zu bauen. Jahre später gab es aber durchaus behinderte Menschen, die barrierefreien Wohnraum suchten und diesen auch benötigten. Nur leider ist es jetzt dazu zu spät. Behinderte Menschen wurden in dieser Wohnanlage ausgegrenzt bzw. sie mussten dies dann später teuer umbauen lassen und auch selber bezahlen. Das ist nur ein Beispiel, wie durch die derzeitigen Gesetze und Verordnungen behinderte Menschen ausgegrenzt und auch diskriminiert werden. Es verwundert mich auch nicht, dass Hauseigentümer in Thüringen, aber auch Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften kein Interesse daran haben, die Belange behinderter Menschen zu berücksichtigen, solange es bei den derzeitigen Wohnungsförderungsprogrammen, aber auch bei der derzeitigen Bauordnung bleibt. Das Problem wird aufgeschoben und zum individuellen Problem der Betroffenen gemacht. In diesem Falle sind es behinderte Menschen, aber auch die Senioren. Was heißt das? Wenn eine Wohnung barrierefrei umgebaut wird, bekommen behinderte Menschen durch das genannte Wohnungsförderungsprogramm von der Landesregierung 8.000 DM. Wenn diese behinderten Menschen noch pflegebedürftig sind, haben sie die Möglichkeit, durch das SGB XI, durch das Pflegeversicherungs

gesetz, 5.000 DM zu erhalten. Das ist eine Summe von 13.000 DM, um ein Haus im Eingangsbereich barrierefrei zu gestalten, die Türen verbreitern zu lassen, das Bad behindertengerecht umzugestalten, die Küche anzupassen und - wenn auch erforderlich - einen Treppenlift einzubauen. An meinen Aufzählungen können Sie sehen, dass die oben genannte Summe bei weitem nicht ausreichend ist, um einen Wohnraum barrierefrei zu gestalten. Als Sozialarbeiter habe ich in den letzten Jahren in Südthüringen versucht Wohnumfelder behindertengerecht zu gestalten, und dies für Menschen, die aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder auch durch ihr Alter vor diesem Problem standen. Dabei sind z.B. Summen in Höhe von 30.000 bis 70.000 DM erforderlich gewesen. Bei der Förderungssumme von maximal 13.000 DM bleibt natürlich eine beträchtliche Summe als Differenz. In Einzelfällen haben wir gemeinsam versucht, dies zum Teil durch die Stiftung des Bundespräsidenten zu puffern. Aber es kann doch nicht sein, dass jeder behinderte Mensch, der sein Wohnumfeld barrierefrei gestalten möchte oder auch muss, durch die Stiftung des Bundespräsidenten unterstützt wird. Die Landesregierung hinterlässt hier eine Lücke in Thüringen im Bereich des barrierefreien Wohnens. Hier besteht unbedingt Handlungsbedarf. Durch die demographische Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland, die natürlich auch nicht spurlos an Thüringen vorbeigeht, wird weiterhin der Bedarf an barrierefreien Wohnungen steigen. Wenn der Grundsatz "ambulant vor stationär" ernst gemeint ist, muss hier schnellstmöglich reagiert werden, aber nicht nur, wie sich zurzeit eine gewisse Tendenz herausstellt, in Richtung Seniorenwohnanlagen. Aus meinem Heimatort Steinbach-Hallenberg sind mir Pläne über die Gründung einer Genossenschaft bekannt, die eine solche Wohnanlage für Senioren neu errichten will. Diese Wohnanlage soll an ein kleines Plattenbauwohngebiet gebaut werden. In der Stadt Steinbach sowie in den umliegenden Gemeinden mehren sich die Leerstände von Häusern, die seit Jahren nicht veräußert werden können; somit steht dieser Wohnraum leer. Dies ist kein Wohnraum, wie Herr Abgeordneter Wetzel vorhin gesagt hat, der als sozialistische Monokultur zu bezeichnen ist. Auf der anderen Seite soll ein künstliches Gebilde neu errichtet werden, und dies in einem Stadtteil, der soziale Konflikte in sich birgt. Es wird keine Vermischung zwischen den Senioren, die in dieser Wohnanlage leben, mit den Bewohnern des Stadtteils geben.

Da in unserem Antrag unter dem Punkt a die Erarbeitung eines ganzheitlichen Stadt- und Regionalentwicklungskonzepts unter Berücksichtigung extremen Wohnungsleerstands gefordert wird, ist es wichtig, dass auf solche Missstände, wie ich sie vorhin genannt habe, hingewiesen wird und diese auch beseitigt werden. Es muss doch selbstverständlich sein, dass das vorhandene Potenzial von Wohnraum so zu gestalten ist, dass es für alle Menschen nutzbar und dass das soziale Umfeld dabei berücksichtigt wird. Ich fordere die Landesregierung auf, die Förderung für barrierefreien Wohnraum zu erhöhen, damit es jedem behinderten Menschen, aber auch jedem

Senioren möglich ist, außerhalb von Einrichtungen zu leben, sofern dieser Wunsch danach besteht.

(Beifall bei der PDS)

Wortmeldungen aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir nicht vor. Herr Innenminister Köckert.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, erstens bedanke ich mich für die überraschende Fürsorge von Frau Sedlacik, die sich Sorgen macht, ob denn das Pensum des Innenministers schaffbar sei. Machen Sie sich bitte keine Sorgen, es läuft ganz gut.

(Heiterkeit bei der PDS)

Die Wohnungswirtschaft hat sich in den letzten Wochen und Monaten nicht vernachlässigt gefühlt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Man muss bei dem Thema - das habe ich gestern kennen gelernt bzw. als ich heute früh die Zeitung aufschlug wirklich sehr aufpassen, was man sagt. Ich hatte gestern gesagt, generell ist festzustellen, dass es in Thüringen keine Insolvenzen von Wohnungsunternehmen gegeben hat und auch keine akuten Gefährdungen erkennbar sind; habe dann eingeräumt, dass die Zeit schnelllebig ist, denn man muss sehr genau aufpassen und hinschauen. Ich bin dann im Text fortgefahren: Schwierigkeiten gibt es bei etwa 30 Unternehmen, die bei längerem Anhalten des Negativtrends und so weiter und so fort zu Liquiditäts- bzw. Insolvenzproblemen führen könnten. Das Ergebnis war, dass ich heute lesen konnte: Der Innenminister sagt den Konkurs von 30 Wohnungsunternehmen im Land voraus. Frau Doht, mein Gedächtnis hat bis gestern noch gereicht.

(Beifall Abg. Fiedler, CDU)

Ich wusste es noch und konnte dieses noch einmal vergleichen. Im Übrigen, und nun appelliere ich noch einmal an das Gedächtnis, Frau Sedlacik, ich habe gestern von dem Missstand, der uns als Erbe überkommen ist, nicht geredet, ideologiebehaftet und gebeugt, um noch einmal deutlich zu machen, was für Schlimmes uns überkommen ist, sondern ich habe versucht die Brücke zu machen, die wir ja auch der Bundesregierung gegenüber als Begründung brauchen, weshalb wir das Geld des Erblastentilgungsfonds dafür benötigen, weil es eben eine Erblast ist, die nicht aus den letzten vier, fünf Jahren kommt, sondern vor allen Dingen aus den Zeiten vor 1989/90. Über diese Begründungsbrücke können wir die Bundesregierung nur überzeugen, hier uns unter die Arme zu greifen. Aber das werden wir im nächsten Tages

ordnungspunkt noch besprechen können.

Sie schreiben in Ihrer Begründung des Antrags: "Angesichts der zugespitzten Situation in den betroffenen Regionen muss schnell gehandelt werden." Da sage ich Ihnen, mit Ihrem Plädoyer für rasches Handeln: Sie kommen spät, Sie kommen, aber Sie kommen zu spät.

(Zwischenruf Abg. Dittes, PDS: Die SPD hat gesagt, wir kommen zu früh.)

Ja, das hat Frau Doht gesagt. Die einen sagen, es kommt zu spät, die anderen sagen, es kommt zu früh. Also für den Innenminister kommen Sie zu spät, denn das Ministerium handelt schon längst, meine Damen und Herren,

(Beifall bei der CDU)

wobei wir nicht die Schwierigkeiten verkennen, die durch die veränderte Situation - darüber haben wir gestern in der Aktuellen Stunde gesprochen - entstanden sind. Die komplizierten Fragen der Entwicklung des Immobilienmarkts und der Wohnungswirtschaft gilt es natürlich ernsthaft und verantwortungsbewusst zu beraten und zu begleiten. Wir wissen sehr wohl um den doppelten Wert der Wohnung als ein hochsensibles Sozialgut auf der einen Seite, auf der anderen Seite natürlich auch um die Eigenschaft als Wirtschaftsgut. Jeder weiß, vor welcher Herausforderung wir im Wohnungs- und Städtebau standen. Auf uns lastet das wohnungspolitische Erbe der DDRZeit - Erblastentilgungsfonds. Wir werden noch beim Altschuldenhilfe-Gesetz davon sprechen. Nicht wenige Wohngebiete gründeten auf einem ideologiegeprägten Wohnungs- und Städtebau, der an den Bedürfnissen vieler Menschen vorbeiging. Von Anfang an war dabei klar, und hier muss ich dem Kollegen Huster etwas korrigierend zur Seite stehen, dass mit dieser Feststellung keineswegs die Forderung einhergehen konnte, die Platte nun platt zu machen. Im Gegenteil, die größte Herausforderung für alle Beteiligten bestand nun gerade darin, dass man kreative Lösungen für die Sanierungen, für die Nutzung der großen Neubaugebiete entwirft und entwickelt und sie dann auch umsetzt. Denn für jeden ist klar, wir brauchen die Neubaugebiete als vollwertige Stadtteile. Wir brauchen diese Gebiete als eine gute Adresse eines Drittels aller Thüringer Bürgerinnen und Bürger. Es geht uns darum zu zeigen: Auch die großen Neubaugebiete können attraktiven Wohnraum und ein attraktives Wohnumfeld bieten. Dafür sind ja in den vergangenen Jahren gute Beispiele geschaffen worden. Wir haben bei der Umgestaltung der großen Neubaugebiete in den letzten Jahren beachtenswerte Erfolge erzielt. Sie sind weit über die Grenzen des Freistaats hinaus bekannt geworden.

(Beifall bei der CDU)

Gestern haben Herr Wetzel und Herr Böck begeistert hier davon berichtet. Es ist eben nicht nur Leinefelde oder das eine oder das andere. Schauen Sie in die Wohnge

biete der größeren Städte, da ist viel geschehen - eben und gerade auch deshalb, weil hier die soziale Komponente eine große Rolle spielt.

Ich will auf einige der Vorschläge des Antrags eingehen und Ihnen dazu die Position der Thüringer Landesregierung erläutern, meine Damen und Herren. Eines ist klar, Grundlage aller weiteren Schritte müssen kommunale, wohnungspolitische und städtebauliche Gesamtkonzeptionen sein. Dies gilt für künftige Förderprogramme, für städtebauliche Planungen, für wohnungswirtschaftliche Strukturveränderungen und auch für die betriebswirtschaftlichen Dispositionen der Wohnungsunternehmen. Solche Konzepte müssen unter Leitung bzw. Federführung der Gemeinden, der Kommunen erarbeitet werden. Dass dabei die landesplanerischen Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Region zu beachten sind, dass die regionalen Entwicklungskonzepte und auch die begleitenden fachübergreifenden Planungen zu beachten sind, versteht sich hierbei von selbst.

Wir wissen sehr genau, dass da verschiedene Arbeitsschritte zu einer Synthese zusammengeführt werden müssen. Wir wissen auch, dass es ohne die beteiligten Wohnungsunternehmen überhaupt nicht geht, aber es geht auch nicht ohne die privaten Vermieter, es geht auch nicht ohne die Wohnungseigentümer, ohne die städtischen Ämter, die Mietervertreter, die Stadtwirtschaftsbetriebe und wahrscheinlich auch nicht ohne die daran beteiligten Banken. Deshalb arbeiten wir an einem aussagefähigen Erkenntnisstand, vor allem über das erreichte Niveau der Wohnraumversorgung in der Gesamtstadt und in den Stadtteilen bzw. Wohngebieten. Wir brauchen aktuelle Analysen über Wegzüge, Leerstände und andere Indikatoren, die auf geringe und hohe Beliebtheit von Wohngebieten hindeuten. Es geht darum, eine möglichst breite Datenbasis für Entscheidungen darüber zu gewinnen, ob Verbesserungen vorzunehmen sind oder ob wir Rückbau- oder Abrissmaßnahmen in manchen Gebieten befürworten sollen. In die Analyse sind vorhandene Daten über die künftigen Einwohnerzahlen - über die statistische Hochrechnung haben wir gestern kurz gesprochen -, die Daten über die Familienstrukturen und über die Haushaltsgrößen einzubeziehen. So lässt sich ein besserer Überblick zum wahrscheinlichen Wohnungsbedarf in der Zukunft gewinnen, der die sozialen und altersmäßigen Strukturänderungen, die Änderungen der Familienstrukturen mit berücksichtigt und nun nähere Vorhaben deutlich werden lässt. Wir brauchen möglichst aktuelle Auskunft über den Wohnraumbedarf für bestimmte, spezifische Nachfragebereiche und Anforderungen. Herr Nothnagel hat von den behindertengerechten Wohnungen gesprochen. Aber auch von den altengerechten Wohnungen, von Single-Wohnungen usw. brauchen wir nähere Kunde, damit wir ungefähr die Anzahl berechnen können. Wir brauchen möglichst aktuelle Auskunft darüber, inwieweit es erforderlich ist, Maßnahmen zum Um- und Ausbau, zur Modernisierung und Instandsetzung einschließlich der Zusammenlegung von Wohnräumen zu größeren Wohnungen zu ergreifen. Zu

berücksichtigen ist auch, meine Damen und Herren, dass eine funktionsfähige Größe bzw. vertretbare städtebauliche Strukturen der Wohngebiete gewahrt und dass die bereits modernisierten und instand gesetzten Gebäude erhalten bleiben können, denn wir wollen keine Modernisierungsgelder mehr in Gebäude hineinstecken, die über kurz oder lang, weil sie dauerhaft leer stehen, wieder abgerissen werden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Das alles sind nicht letztlich Forderungen in die Zukunft hinein, die wir an die Kommunen stellen, sondern mit solchen Arbeiten haben zum Beispiel die Landeshauptstadt Erfurt, aber auch schon eine ganze Reihe anderer Städte begonnen.

Zu Ihrer Forderung, meine Damen und Herren von der PDS, nach Gewährung von besonderen Finanzhilfen an die Kommunen für die Erarbeitung ganzheitlicher Stadtund Regionalentwicklungskonzepte unter Berücksichtigung extremen Wohnungsleerstands muss Folgendes gesagt werden: Sie wissen genau, die Thüringer Landesregierung hat in vielfältiger Weise durch den gezielten Einsatz der Mittel und durch die Bündelung der Aktivitäten dafür gesorgt, dass nun auch in den strukturschwächeren Regionen innovative Prozesse zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis Fuß fassen. Sie wissen, es geht darum, Infrastruktur auszubauen; es geht darum, Arbeitsplätze zu sichern und damit die Bevölkerung an die jeweilige Region und an die Städte zu binden. Nicht die attraktive Wohnung wird die Leute in ihrer Stadt halten, nein, der Arbeitsplatz wird sie in der Stadt und in der Region halten. Dann allerdings müssen auch die attraktiven Wohnungen da sein. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann auch die Vermarktungs- und die Vermietungssituation verbessert werden, d.h., erst dann kann sich Wohnungsnachfrage recht entwickeln.

Meine Damen und Herren, zu Ihrer Forderung nach Gewährung von Finanzhilfen und Zuschüssen an die betroffenen Wohnungsunternehmen zur Verringerung des Leerstands sei Folgendes angemerkt: Die bisherige Wohnungsund Städtebauförderung gewährt durch die verschiedenen Förderprogramme als Darlehen und Zinszuschüsse sowie ggf. auch über Baukostenzuschüsse schon immer Hilfen für bedarfsgerechte Weiterentwicklung, für den Umbau, für die Modernisierung, die Wohnungszusammenlegung, für die behinderten- bzw. altengerechte Anpassung, für Grundrissveränderungen, für Fahrstuhlein- bzw. -anbauten und Brandschutzmaßnahmen.

Ich werde den Hinweisen, die Kollege Nothnagel hier in seiner Rede abgegeben hat, nachgehen, wie das Stützungsverhältnis entsprechend finanziell zu den tatsächlichen finanziellen Belastungen ist und wie diese Dinge vielleicht in Zukunft anders betrachtet werden müssen.

Bedarfsgerecht aufgewertet und angepasst bzw. umgestaltet wird das Wohnumfeld zudem sowohl mit der Wohnungsbauförderung, aber besonders auch mit Bund-Länder-Programmen sowie rein landeseigenen Programmen im Städtebau. Grundsätzlich förderfähig sind, wie Sie wissen, notwendige Maßnahmen zum Rückbau einzelner Etagen, zur Verkürzung von Gebäudelängen durch Abriss oder zur Trennung langer Gebäudezeilen durch Abbruch einiger Segmente bis hin auch zum Gesamtabbruch von Wohngebäuden. Damit kann sicher nicht die Gesamtkostenhöhe übernommen werden, sondern hier sind auch die Gemeinden und die Wohnungsunternehmen mit zu beteiligen. Frau Sedlacik, ohne einen solchen Eigenanteil wird es auch in Zukunft nicht gehen. Eines muss aber auch betont werden: Finanzhilfen zur Wohnungsbauförderung, die wir vom Bund kriegen und die das Land selbst bereitstellt, werden und dürfen wir für den Abbruch von Wohnungen nicht einsetzen. Da müssen städtebauliche Mittel zum Einsatz kommen. Es muss klar sein, meine Damen und Herren, dass es allein mit dem Abbruch von leer stehenden Wohnungen nicht getan ist, denn die auf abzubrechenden Wohnungen lastenden Altschulden verteilen sich auf den Restbestand des Wohnungsunternehmens und erhöhen damit die Verschuldensquote pro Quadratmeter. Das ist ein Problem, dem werden wir uns noch einmal im nächsten Tagesordnungspunkt zuwenden. Hier ist der Bund in der Pflicht, im Rahmen der Novellierung des Altschuldenhilfe-Gesetzes für eine Entschuldung der abzubrechenden Wohnungen zu sorgen.

(Beifall Abg. Fiedler, CDU)

Dies ist seit langem eine Forderung nicht nur Thüringens allein, sondern der jungen Länder insgesamt. Wir hoffen, dass der Bund sich mit einer Änderung seiner bisherigen Handhabung auch des Altschuldenhilfe-Gesetzes mit ins Boot nehmen lässt. Sie haben weiter in Ihrem Antrag die Forderung nach Milderung der infolge Rückbau, Abriss und Abwertung entstehenden bilanziellen Verluste von Wohnungsunternehmen aufgemacht. Die bilanziellen Verluste der Wohnungsunternehmen durch Abbruch darf man sicher nicht kleinreden und man muss sie mit im Blick behalten, zumal wir wissen, dass auf der anderen Seite sehr häufig die Eröffnungsbilanzen von den entsprechenden Wohnungsunternehmen bei der Übernahme der ehemaligen kommunalen Wohnungen mit übersteigerten Wertgrößen der Immobilien optimiert wurden. Hier sind also Wertberichtigungen vorzunehmen. Es ist klar, diese Wertberichtigungen schränken vorübergehend das Eigenkapital und die Kreditfähigkeit dieser Wohnungsunternehmen ein. Wenn wir hier aber mit unternehmensbezogenen Zuschüssen und Finanzhilfen eingreifen, und damit verzerrend den Wettbewerb bestimmen, dann verstoßen wir gegen den Wettbewerb, gegen das Wettbewerbsrecht und vor allem in der Regel gegen das Beihilferecht der Europäischen Union. Dann kommt wieder der Kollege Bodo Ramelow und stellt nicht nur den Wirtschaftsminister, sondern dann den Innenminister ins Internet, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Das ist Taktik.)

Das kann von Ihnen nicht im Ernst beabsichtigt sein. Wir sind der Auffassung, dass im Zusammenhang mit dem Altschuldenhilfe-Gesetz bzw. der Fortführung des Erblastentilgungsfonds hier vom Bund Regelungen für solche Unternehmen geschaffen werden müssen, die unverschuldet in eine solche Situation geraten sind und die Teile des strukturell bedingten dauerhaften Leerstands nur noch durch Abriss beseitigen können.

Jetzt bleiben noch die Forderungen von Ihnen nach zeitlich befristeten Zuschüssen über anfallende Betriebskosten auf leer stehende Wohnungen. Sie können sich sicher erinnern, wir haben unmittelbar nach der Wende mit Bewirtschaftungszuschüssen den Wohnungsunternehmen geholfen, angesichts der sehr, sehr niedrigen Mieteinnahmen und des Fehlens entsprechender Abgaben, überhaupt ihre Aufgaben durchzuführen. Dies kann sich angesichts der akuten Lage, in der wir uns jetzt befinden, so nicht wiederholen. Jetzt müssen andere Wege gegangen werden - Wege, welche die Ursachen beseitigen und zu einer nachhaltigen Bereinigung des deformierten Wohnungsmarkts führen. Hier gilt es, die eigentliche Aufgabe und Zuständigkeit des Erblastentilgungsfonds zu berücksichtigen, meine Damen und Herren.

Zu Ihrer Forderung nach Bereitstellung von Bundesund Landesbürgschaften zur kurzfristigen Sicherung der Kreditwürdigkeit der betroffenen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften merke ich an, dass seit einiger Zeit Landesbürgschaften in den Fällen eingesetzt werden, in denen die derzeitige Finanzsituation von Wohnungsunternehmen die Darstellung des notwendigen Eigenkapitals bzw. der entsprechenden Rücklagen eben dies nicht ermöglicht. Soweit mittelfristig die Vermietbarkeit gegeben ist und das Wohnungsunternehmen mit der Unterstützung wieder normalisierte Marktchancen erhält, werden gegenüber den kreditierenden Banken Landesbürgschaften übernommen. Der Bund hat sich übrigens bereits seit längerem von der Übernahme von Bundesbürgschaften bzw. Rückbürgschaften in diesem Bereich zurückgezogen. Das ist bedauerlich. Den Vorstoß einzelner Bundesländer, darunter Thüringen, die Bürgschaftsrichtlinie im Wohnungswesen zu erweitern und auch Bürgschaften für Liquiditätshilfen vorzusehen, hat der Bund im letzten Jahr leider abgelehnt; auch das gehört in diesen ganzen Rahmen hinein.

(Beifall bei der CDU)

Zu Ihrem Programmschwerpunkt "Entwicklung von Modellobjekten zur gezielten Um- und Weiternutzung leer stehender Wohnungen einschließlich der notwendigen sozialen Infrastruktur", da gehen Sie, wenn ich das richtig verstehe, offensichtlich immer wieder von der Annahme

aus, es gebe trotz der leer stehenden Wohnungen noch ungedeckten Wohnungsbedarf. Das hat nun inzwischen Frau Doht auch schon begriffen, dass es nicht so ist. Sie sollten sich dieser Erkenntnis anschließen.

(Beifall bei der CDU)

Es ist nicht auszuschließen, dass das in ganz bestimmten Einzelfällen so noch der Fall ist. Die Wohnungsunternehmen haben aber bereits in großer Kreativität seit längerem ganz unterschiedliche Lösungen und Planungen zur Weiterentwicklung und Anpassung von Wohnungen an neue Bedarfe gebaut, geplant und erprobt. Da liegt schon eine ganz breite Palette vor. Angeboten und realisiert werden z.B. schon heute spezielle Wohnungen und Vergünstigungen für junge Leute und für junge Familien, auch für Studenten, entsprechende Wohnungen für Behinderte und ältere Mieter bzw. für pflege- und betreuungsbedürftige alte Menschen, generationsübergreifende Wohnungen durch Umbauten für Untermiet- bzw. Einliegerwohnungen, Maisonettewohnungen, Wohnungen für die kurzfristige Vermietung für Besucher usw. Also da ist eine ganze Menge entstanden und viele Varianten, die man sich hier vor Auge führen kann.

Der Verband Thüringer Wohnungswirtschaft und der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft in der Bundesrepublik sichern hier über ganz vielfältige Veranstaltungen und über das entsprechende Informationsmaterial den Erfahrungsaustausch und geben auch ständig entsprechende Anregungen für die Wohnungsunternehmen, die ihnen angehören, z.B. - und das ist nicht die schlechteste Variante - indem sie Wettbewerbe durchführen. Insgesamt muss bei allen theoretischen und praktischen Möglichkeiten immer der konkrete und der künftige Bedarf im Verhältnis zur Entwicklung der wirtschaftlichen Leistungsmöglichkeit der Mieter bedacht werden, denn es ist klar, am Markt vorbei kann auch ein Wohnungsunternehmen nicht produzieren, wenn es denn nicht bald in Konkurs gehen will; und das will keiner, jedenfalls keiner, dem ich bisher begegnet bin.

Sie können, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie wahrscheinlich wissen, solche Umgestaltungsergebnisse bei uns in Thüringen selbst schon betrachten; ich habe es gesagt, nicht nur in Leinefelde, nicht nur in Jena-Lobeda, nicht nur in Weimar-Nord. Meine Damen und Herren, Sie kommen also mit Ihrem Antrag etwas zu spät. Und weil wir in der Landesregierung hier schon mitten in der Arbeit sind, was diese Angelegenheit betrifft - was prima ist, Herr Ramelow, endlich einmal Beifall von Ihrer Seite -, empfehle ich, den Antrag der PDS abzulehnen.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und wir kommen damit zur Abstimmung. Es ist ein Überweisungsantrag an den Innenausschuss gestellt worden, darüber stimmen wir zunächst ab. Wer mit der Überweisung an den Innenausschuss einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenprobe? Enthaltungen? Mit Mehrheit abgelehnt.