Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Zweitens, die Kraftwerke haben nicht dargestellt, dass sie bereit und in der Lage sind, in Größenordnungen Abfälle zur Verwertung abzunehmen. Das sind Monostrukturen, aber nicht das, was wir unter Hausmüll verstehen. Es hat sich auch in Kassel gezeigt, dass die MBA, die ja flächendeckend so gelobt wird, nicht ohne Probleme ist. Nicht umsonst hat Minister Trittin angekündigt, verschärft Bedingungen zur Einlagerung von Abfällen aus der MBA zu stellen und ganz besonders zu dem Betrieb von mechanisch-biologischen Anlagen. Es ist heute bekannt, dass eine hohe Emission von den Anlagen ausgeht und dass die Keime, die gesundheitsgefährdend sind, nicht unbeträchtlich sind. Es ist bekannt, dass das Methan, das entsteht an diesen Anlagen und anschließend bei der Ablagerung, nicht weniger gefährlich ist als CO2. Wer da heute behauptet, Müllverbrennungsanlagen seien gefährliche Instrumente, dem sei gesagt, die Technik ist wesentlich weiter. Es ist Stand der Technik und es gibt heute moderne Verfahren, die auch durchaus in Thüringen einziehen können. Es wird nach meiner Überzeugung in Thüringen einen gesunden Mix geben. Wenn ich die einzelnen Körperschaften in Thüringen anschaue, sind sie auf einem guten Weg. Diesen Weg sollten sie auch gehen. Wir haben in der Planungsregion Südthüringen das Raumordnungsverfahren im Abschluss. Man wird sich mit einer Ausschreibung beschäftigen und die Ausschreibung bringt die technische Lösung, weil damit der Preis zusammenhängt.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Ja, aber es kann doch nicht sein, dass...)

Frau Becker, ich komme gleich auf Sie zurück. Sie haben 1999 angekündigt, dass

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Es kann doch nicht um eine... technische Lösung gehen.)

die Bundesregierung - Sie haben es auch ausgesprochen in einer Pressemitteilung - nun die Regelungen schaffen möge, die technischen Parameter festlegen soll für die Abfallbehandlung. Darauf warten die Zweckverbände. Wir haben keine Planungssicherung und wir haben Investitionsunsicherheit. Da bitte ich Sie herzlich, dass Sie in Berlin vorstellig werden und Zweckverbände unterstützen, denn dass sind unsere Probleme, die wir in Thüringen haben und nicht eine verfehlte Politik vielleicht der Landesregierung.

Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass die kommunalen Körperschaften sehr wohl wissen, wo ihre Zukunft im Bereich der Abfallentsorgung liegt und dass sie auf sicherem Weg in Thüringen sind. Es gibt in Thüringen aus meiner Sicht auch keine Überkapazität von Deponien. Es ist eine gesunde Reserve. Frau Becker, gehen Sie einmal davon aus,

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Gehen Sie doch mal nach Jena, Herr Schugens.)

1992 haben wir noch eine Unmenge von Standorten gesucht für Deponien, die wir zukünftig errichten wollten. Die Mission ist auch in diesem Haus hier geteilt worden. Heute werden wir keinen Standort zu einer Errichtung einer Neudeponie je genehmigt bekommen. Ich möchte sehen, wie sich die Bürger einer solchen Sache stellen.

Deshalb, meine Damen und Herren, die Politik in Fragen "Abfallwirtschaft" war in Ordnung, diese muss fortgesetzt werden. Die Bundesregierung hat ihre Hausaufgaben zu machen, damit die Zweckverbände noch dieses Jahr zur Entscheidung kommen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Es hat sich der Abgeordnete Dr. Botz, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Minister, ich möchte nur auf zwei, drei Punkte Ihrer Erklärung eingehen. Herr Minister, Sie haben das auch abschließend noch mal sehr plakativ in Punkten zusammengefasst. In dem einen Punkt sind Sie darauf eingegangen und das ist ja auch sehr oft ein Thema, dass uns in den Regionen auch interessiert -, dass die Europäische Union Rahmen setzen muss und dass natürlich - das ist auch so festgelegt, wir bezeichnen das als Prinzip der Subsidiarität innerhalb dieses festgesetzten Rahmens, auf den sich inzwischen 15 Mitgliedsstaaten zu politischen Fachbereichen einigen, in oft langwierigen Verhandlungen dann die Ausgestaltungsmöglichkeit in den Mitgliedsstaaten bzw. in den Regionen stattfindet. Darauf möchte ich etwas eingehen.

Diese Rahmen zu setzen heißt natürlich zu Beginn, dass man Kompromisse finden muss, die dann vertraglich geregelt werden. Das ist in einem Abwasserzweckverband so - dort läuft das nicht anders, da sind wir sicher etwas stärker damit vertraut als Kommunalpolitiker -, das ist zwischen 15 Mitgliedsstaaten natürlich auch so, nur eben noch ein bisschen schwerer. Wenn man einen guten Willen hat, kann man sich das sehr gut vorstellen. Sie sind ja nicht umsonst einer der dienstältesten Minister in Deutschland insgesamt und deswegen haben Sie auch genügend

Gelegenheiten, in den letzten neun oder zehn Jahren gehabt, solche Verhandlungen zu erleben. Ich möchte Sie eben wegen dieser langen Dienstzeit darauf hinweisen, dass die überwiegenden Rahmenbedingungen, mit denen wir es heute EU-rechtlich zu tun haben, maßgeblich unter CDU/CSU-F.D.P.-Regierungen geschaffen wurden, nämlich im Zeitraum 1982 bis 1998, und zwar ganz maßgeblich in einer Periode einer wirklich bewegten europäischen Entwicklung nach langen Jahren der Stagnation, was man auch ganz ehrlich sagen muss. Ich will die Punkte nennen - und das ist ja anerkanntermaßen so, ich sage das auch ausdrücklich "anerkanntermaßen", auch international wird das ja so gewertet: Unter der Schirmherrschaft eines häufigen Ratspräsidenten, des ehemaligen Bundeskanzlers Dr. Kohl, haben entscheidende Verhandlungen und Vertragsabschlüsse stattgefunden zur damaligen europäischen Akte 1986, dem Maastrichter Vertrag 1991, der überwiegend durch den Euro bekannt geworden ist, aber sehr viele andere, auch umweltpolitisch relevante Vertragsteile enthält, und 1997 dem Amsterdamer Vertrag. All diese Vertragspakete stellen den Rahmen dar, auf den wir uns stützen können und müssen und den wir eben auch nicht verlassen können, das wissen Sie.

Jetzt möchte ich Sie auch an etwas erinnern, das hat sehr viel mit Umweltpolitik und auch sehr viel mit Bürgerbetroffenheit zu tun, was bei uns in den letzen Jahren stattgefunden hat. Eine dieser Rahmengesetzgebungen war die Abwasserrichtlinie, die genau kurz vor unserem Beitritt als ehemalige DDR zu Deutschland und damit in den Binnenmarkt der Europäischen Union, der damaligen Europäischen Gemeinschaft, kam. Da stand die Frage - und die haben wir als Europaabgeordnete heftig mit der Bundesregierung und auch mit der Kommission diskutiert: Kann man einem so plötzlich Beigetretenen, deutlich unterschiedlich ausgestattet in der Infrastruktur abwassertechnisch, einer solchen Region, dieselben Fristen bei der Umsetzung dieser abwasserrechtlichen Fragen auferlegen, wie man es selbstverständlich von den alten Bundesländern erwarten konnte. Da war es niemand anderes als die Kommission - zu unserer Überraschung, natürlich mit Unterstützung der Abgeordneten aus den neuen Bundesländern im Europaparlament -, die gefragt hat; ihr lieben Freunde, schafft ihr das wirklich, es gibt Mitgliedsstaaten, die von Anfang an dabei sind, z.B. Belgien und Frankreich - Sie kennen das Problem mit der Brüsseler Kläranlage, das ist ja durch die Zeitung gegangen -, die das nicht so einfach schaffen, die längere Fristen brauchen und die auf eine Sonderregelung der Abwasserrichtlinie zurückgreifen werden, nämlich, dass man das Staatsterritorium unterteilt in gefährdete und nicht gefährdete Gebiete, sprich, die gefährdeten Gebiete müssen natürlich schneller aus umweltpolitschen Gründen einbezogen werden, aber die national zu definierenden nicht gefährdeten Gebiete, bei denen kann man sich etwas mehr Zeit nehmen.

Deutschland hat mit einer gewissen Überheblichkeit, die später sehr bedauert wurde, zu dieser Zeit ganz klar gesagt: Ja, wir schaffen das. Und ich erinnere mich - ich werde das

nie vergessen - an ein Zitat des damaligen parlamentarischen Staatssekretärs im F.D.P.-geführten Bundeswirtschaftsministerium, der auf die dringende Nachfrage von uns in der entscheidenden Anhörung ganz klar geantwortet hat. Die Frage lautete: Glauben Sie nicht, dass der Druck auf die Regionen der neuen Bundesländer, auf die Bürger bei dieser Umsetzung haushaltspolitisch, finanzpolitisch insgesamt zu groß wird? Darauf gab es eine klare Antwort, Herr Minister, unvergessen: Ja, wir wissen, der Druck wird groß, wir wollen diesen Druck, wir halten diesen Druck für richtig. Und denken Sie bitte mal darüber nach, Sie haben das hier hautnah in den Jahren erlebt wenn ich hier die älteren Kollegen aller Fraktionen ansprechen darf -, wie groß der Druck dann deshalb geworden ist, weil wir alles relativ schnell umsetzen wollten. Das bitte mal zuerst zur Erinnerung.

Zweitens möchte ich eingehen und das hier abrunden - Sie haben es erwähnt, aber mehr aus thüringischer Sicht: Es gibt eben in diesem EU-Rahmen, dem wir uns ja nicht nur unterwerfen, sondern den wir vorher aushandeln, Dinge, mit denen wir auch in unserer Heimatregion wuchern können. Der Herr Minister hat das ja angesprochen, ich will es nur in die richtige Reihenfolge setzen. Da geht es z.B. um Öko-Audit, eine hoch sinnvolle Sache; da kann ich Sie nur in Ihrer Argumentation unterstützen, aber geboren in der Europäischen Union. 1991/92, als wir da aufgetaucht sind, da kann ich mich noch an die heftigen Anhörungen und Diskussionen im Europäischen Parlament erinnern, wo Vertreter der Wirtschaft und überwiegend der Konservativen sich auch gewehrt haben gegen die dann endgültig beschlossenen Spielregeln, die ja auch hinterm Öko-Audit stehen. Und dann ist - Gott sei Dank - die europäische Entscheidung getroffen worden: Wir bieten euch das an, greift es auf, aber wir fordern euch auch nachdrücklich auf, es zu tun, also eine positive Anregung aus dieser europäischen gemeinsamen Willensbildung. Wir haben sie aufgegriffen, wir setzen sie gut um und das sollten wir auch weiter tun. Ich möchte das mal wirklich relativieren.

Mit der FFH-Richtlinie, Herr Minister, ist es ja auch nicht anders; ungefähr zur selben Zeit europaintern entstanden, aufgebaut, hart diskutiert - ich darf mal sagen, Sie wie ich, ich darf uns auch nicht nur als ländliche Lobbyisten ab und zu verstehen, sondern durchaus auch als Landwirte und da ist es vollkommen klar, dass es auch zu Interessenkonflikten zwischen Landwirten kommen muss und natürlich zwischen Naturschutzverbänden und dem allgemein staatlichen Interesse, dass die Umwelt stärker geschont werden muss. Und diese Debatten - ja, das ist logisch, das hat in Europa zuerst stattgefunden - mit der Konsequenz, dass es aber - und das ist doch der Vorteil dieser Integration, dass man grenzüberschreitend endlich Dinge miteinander regeln kann, die man national in seinen Grenzen nicht regeln kann. Wie oft und geflügelt ist dem Herrn Minister heute, und den anderen Vertretern der Fraktionen auch, das Wort über die Lippen gegangen: Selbstverständlich, wir müssen global handeln und die Umwelt hat keine Grenzen. FFH ist nichts weiter als die konkrete Umsetzung und ich warne

davor, weil es politisch in die Region mal irgendwie reinpasst, so ein kleines Feindbild aufzubauen. Nein, das brauchen wir nicht tun, weil die Spielräume groß genug waren, dass man sich regional intern durch den Föderalismus in Deutschland sogar bei uns einigen konnte. Die Fristen, Herr Minister, Sie können mir das bestätigen, waren ursprünglich so, dass im Juni 1995 eigentlich die Hausaufgaben gemacht werden sollten. Es gab Gründe, das zu verschieben. Da hat man - und ich erinnere mal an die Jahreszahl, meine Damen und Herren - sich 1996, wenn ich richtig informiert bin, in einer Umweltministerkonferenz erst mal in Deutschland intern, parteiübergreifend geeinigt, wir nehmen uns da noch mehr Zeit, hat um Verständnis bei der Kommission gebeten. Alles korrekt, alles gelaufen. Wir sind aber im Jahr 2000. Und wenn wir am Schluss in Druck gekommen sind - in Thüringen haben wir - das will ich wirklich ganz klar hier sagen, was Recht ist, muss Recht bleiben - dann unter dem Druck positiv, schnell, zügig und vor allen Dingen, was wertvoll ist, das will ich hier ausdrücklich sagen, im gegenseitigen Einvernehmen vernünftig und zügig diese Ausgliederung der FFH-Gebiete geregelt, aber es sind Jahre verstrichen. Gegenüber der eigentlichen europäischen Anforderung von 1995 hätten eigentlich diese Dinge geregelt werden müssen. Also bitte nicht diesen Popanz aufbauen, sondern bei den Fakten bleiben.

Und ich möchte zu einem letzten Thema, sicher zur Freude und zur allgemeinen Belebung des Plenums, hier noch mal etwas zu einem Punkt sagen, den der Minister heute nicht thüringenspezifisch hier aufgegriffen hat, nämlich zu unserem Lieblingsthema der letzten Wochen und Monate, ich glaube, es dauert auch noch eine Weile - zur ÖkoSteuer. Dazu möchte ich schon noch mal etwas sagen, da Sie es in der Regierungserklärung aufgegriffen haben. Meine Damen und Herren, wissen Sie, im Augenblick reden wir über 14 Pfennige und wir haben die Mehrwertsteuer praktisch mit drin, weil sie ja bezahlt werden muss, also nehmen wir sie mit rein. Und wenn wir richtig am Ende sind, planbar, praktisch angekündigt, gesetzgeberisch durchgezogen, dann befinden wir uns irgendwo bei 32 Pfennigen. Und wir könnten ja mal Folgendes machen, das sage ich jetzt zur Erheiterung: Wir stellen uns gemeinsam an die Tankstelle, und wir könnten das auch im Jahr 2003 machen, und dann stellen wir uns hin, Rotgrün in der Verantwortung - Schimpf und Schande über sie -, und wir stellen uns hin mit einer Schüssel und Schwarzgelb stellt sich aber bitte ein Stück daneben. Heute würde mir das großen Spaß machen, aber ich rede von 2003. Und da stellen wir uns hin und lassen uns für jeden Liter, der getankt wird, von dem Bürger diejenigen Pfennige in die jeweilige Schüssel werfen, die diejenigen in ihrer Regierungszeit politisch an Mineralölsteuererhöhung zu verantworten hatten. Und da will ich Ihnen eines sagen, diese Schüssel könnten Sie gar nicht wegschleppen, so viel wird das und wir, wir würden relativ bescheiden, ich hoffe, trotzdem mit einiger Kraftanstrengung da weggehen. Das sind die Realitäten, wenn wir von der wirklichen Mineralölsteuererhöhung

sprechen. Die Zahlen - wir hatten nämlich bis heute noch nicht mal das erreicht, was ohne Ankündigung die schwarzgelbe Bundesregierung - Sie können mir am Schluss gerne eine Frage stellen, Herr Kollege,

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Wenn Sie so lange regieren, werden Sie einen Lkw brauchen, um es fortzufahren.)

nein, nein, da schätze ich Sie zu sehr, Sie werden einen Taschenrechner haben und Sie können Kopfrechnen. Die 50 Pfennige, die Sie zwischen 1993 und 1995 ohne Ankündigung, ohne vorher klar zu sagen, wofür Sie es verwenden wollen...

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Das ist eine Lüge.)

Das ist keine Lüge, der eine Sprung war innerhalb einer - Herr Wunderlich, das wissen Sie genau, dass das richtig ist, das müssen Sie immer wieder in Sachdiskussionen zur Kenntnis nehmen. Die einmalige Erhöhung, die wir bis heute immer noch nicht erreicht haben, das war eine Erhöhung um 21 Pfennige in einem Sprung. Lesen Sie doch nach, Sie müssen sich mal stärker erinnern an Dinge, die waren, und damit möchte ich zum Abschluss kommen.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie brauchen sich nur mal an Ihren ehemaligen Vorsitzenden zu erinnern, aber in der entscheidenden Zeit, den stellvertretenden Bundesvorsitzenden Herrn Dr. Schäuble. Der hat nämlich schon in der Vorbereitung auf den vorletzten Wahlkampf 1994 in Ihrer Partei gegen große Widerstände, aber mit Erfolg genau die Energiebesteuerung mit demselben Modell mit größeren Einzelsprüngen durchgesetzt. Damit sind Sie 1994 in den Wahlkampf gegangen. Es war haargenau dasselbe Modell, sogar bis hin - Sie brauchen den Kopf nicht schütteln, lesen Sie Ihre eigenen Unterlagen durch - zur richtigen Zielstellung der Absenkung der Lohnnebenkosten. Das war dieses Modell, damit sind Sie in den Wahlkampf gegangen, schauen Sie in Ihre eigenen Unterlagen. Und Frau Merkel, damalige Umweltministerin, hat hier in Erfurt genau dieses Konzept - wir nennen es Öko-Steuer und Sie haben es eine stufenweise Energiebesteuerung genannt - verkauft und als Umweltministerin vertreten. Deshalb, und damit komme ich zum Abschluss, kann ich Sie wirklich nur auffordern, ich weiß, dass es ein paar Gründe gibt, sich an Vergangenheit nicht so gerne zu erinnern, meine Damen und Herren von der CDU, aber verlassen Sie doch bitte bei all dem, was Sie hier loslassen, nicht ganz die Daten und Fakten, die Sie in 16 und auch in den letzten zehn Jahren auf diesem Gebiet geschaffen haben.

(Beifall bei der SPD)

Moment mal bitte, Herr Abgeordneter Dr. Botz, gestatten Sie eine Frage?

Ja, natürlich.

Herr Dr. Botz, ich habe jetzt aufmerksam zugehört und war schon erfreut, dass Sie hauptsächlich von Mineralölsteuererhöhung gesprochen haben. Warum sind Sie dann nicht den Schritt noch gegangen und sagen ganz klar, wir lassen diesen Etikettenschwindel Öko-Steuer und sagen klar Mineralölsteuererhöhung? Das wäre doch eine Klarstellung für uns alle. Warum tun Sie das nicht?

Das kann ich Ihnen ganz einfach und klar beantworten: Ich habe den Begriff "Mineralölsteuererhöhung" deshalb hier verwandt, weil diejenigen 50 Pfennige, die in den letzten Jahren zwischen 1993 und 1998 die schwarzgelbe Koalition zu verantworten hatte, ausschließlich eine Mineralölsteuererhöhung war. Und Mineralölsteuer wird

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Was ist es heute?)

überwiegend - das können Sie sich von Herrn Waigel erklären lassen, er ist noch anwesend im Deutschen Bundestag - dafür eingesetzt, dass Straßen gebaut werden, Verkehrswege finanziert...

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Ha, ha.)

(Zwischenruf Abg. Vopel, CDU: Schön wäre es, wenn es jetzt so wäre.)

Erinnern Sie sich doch an die 16 Jahre, wo Sie das gemacht haben. Was meinen Sie, wo das meiste Geld für Infrastruktur pro Jahr herkommt? Das kommt aus der Mineralölsteuer.

(Unruhe bei der CDU)

Ich möchte den zweiten Teil Ihrer Frage beantworten, das war nur der erste Teil, warum ich den Begriff "Mineralölsteuer" verwendet habe. Der zweite Teil war: Warum haben wir es Öko-Steuer genannt? Man hätte es anders nennen können, das stimmt, aber es ist der Teil eines sehr langfristigen Konzepts, eines überfälligen Konzepts, das in der überwiegenden Anzahl der anderen europäischen Mitgliedsstaaten schon lange unter anderem Namen umgesetzt wurde, nämlich der allmählichen, stärker wahrnehmbaren, kalkulierbaren Besteuerung von Energie für Bürger und Wirtschaft - berechenbar und nicht so plötzlich

ursprünglich, wie Sie das immer gemacht haben. Dieses Konzept hat eine ökologische Endzielstellung, und was wir jetzt aber tun, und das ist richtig und da bleiben wir auch dabei, ist, es dafür einzusetzen, wo Sie den größten Handlungsbedarf hinterlassen haben. In den letzten 20 Jahren sind die Lohnnebenkosten unter Ihrer Verantwortung

(Beifall bei der SPD)

nur angestiegen und wir haben es geschafft und wir werden es konsequent weiterführen, dass Lohnnebenkosten abgesenkt werden, und deswegen kann man es nicht einfach Mineralölsteuer nennen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abgeordneter Wunderlich, nehmen Sie die Behauptung, dass das eine Lüge war, was der Abgeordnete Dr. Botz vorgetragen hat, zurück?

(Zuruf Abg. Wunderlich, CDU: Nein.)

Dann erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

Es hat sich zu Wort gemeldet der Abgeordnete Sonntag, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Krauße, Sie haben jetzt eben gemerkt, wie auf die einfache Frage, warum das Ding denn "Öko" heißt, wenn nicht Öko drin ist, sich doch eine recht langatmige Erklärung mit vielen Wenn und Aber anschließen kann. Ich habe mich nur deshalb zu Wort gemeldet, nicht um jemandem zu unterstellen, dass er falsch Zeugnis redet, sondern einfach noch mal, um auf zwei Dinge hinzuweisen: Erstens, Herr Dr. Botz, die von Ihnen angeführte Erhöhung des Benzinpreises damals, darüber kann man denken wie man will. Aber eines - Sie haben ja vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, was damit gemacht worden ist - ist für uns, ich sage mal salopp, Ossis schwierig, denn die Maßnahmen, die hier gebaut werden mussten nach der Wende, die sind nicht zum unwesentlichen Teil auch damit finanziert worden. Und diese Benzinpreiserhöhung hat auch die vielen Leute in den Altbundesländern genauso getroffen. Das war auch ein Teil des Solidarpakts.

(Beifall bei der CDU)

Und deswegen ist es für mich schwierig, sowohl für die Preiserhöhung damals wie für die Preiserhöhung jetzt - Sie haben zu Recht auf den Zusammenhang mit den Lohnnebenkosten hingewiesen - so plakativ draufzuhauen, aber damals noch viel schwieriger als jetzt. Und, Herr Dr. Botz, die Diskussion, die wir jetzt damit haben, hat sich ja nicht zu Unrecht an diesem Etikettenschwindel entzündet. Hätte

man gesagt, okay, es ist notwendig, um hier die Lohnnebenkosten abzusenken und um die Renten zu stabilisieren, dann hauen wir den Zuschlag halt drauf, dann wären die Leute nicht zufriedener gewesen, aber es wäre auf alle Fälle dieses "Öko" nicht so ein Allerweltswort geworden, denn heutzutage ist es im Prinzip kaum noch werbewirksam, wenn Sie irgendwo "Öko" draufschreiben, weil sich unter "Öko" so ziemlich alles verbirgt und damit so ziemlich jedes begründet werden kann. Und vielleicht noch einen Hinweis dazu, Herr Dr. Botz: Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde auch hier in Thüringen unisono gegen den Kohlepfennig gewettert - Sie wissen es vielleicht nicht, aber die meisten wissen es noch, dass ich einer der wenigen bin hier in Thüringen, der sich für die Kohle einsetzt -, obwohl für die Braunkohle damals nie auch nur ein Jota von diesem Kohlepfennig gegeben wurde. Da bin ich mal gespannt, Herr Dr. Botz, wann Sie hier an dem Platz, wo ich jetzt stehe, stehen werden und den Leuten schmackhaft machen müssen, warum wir demnächst dann den Atomausstiegsgroschen bezahlen müssen. Danke.