Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Meine Damen und Herren, dieses Problem ist längst den Fachkreisen, aber auch sämtlichen Landesregierungen bekannt und erkannt worden. Das Bedauerliche ein weiteres Mal ist, dass die einzige Institution, die offensichtlich die Brisanz der Problematik noch nie begriffen hat, das Bundesgesundheitsministerium ist. Wir haben das ja beim Arzneimittelbudget, wir haben das beim Psychotherapeutengesetz erlebt - ich habe auch hier den Eindruck, als wolle man versuchen dieses auszusitzen.

Meine Damen und Herren, das wird nicht gehen, das funktioniert nicht. Wir bringen unsere solidarische Krankenversicherung in Probleme. Es besteht die Sorge, dass der Solidaritätsgedanke innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung eben durch bestimmte Formen des Wettbewerbs der Krankenkassen untereinander in Frage gestellt ist. Wir haben dieses Problem schon einmal gesehen, es war etwa 1997, als es um die Werbegeschenke und um die Leistungen der verschiedenen Krankenkassen ging, die nichts mehr mit Gesundheit oder mit Krankheit zu tun hatten, sondern die wirklich nur Werbegeschenke waren.

Frau Fischer, ich stimme Ihnen zu, dass langfristig die Solidarität insgesamt gefährdet ist. Was nämlich für die Einnahmesituation des Gesamtsystems gesetzlicher Krankenversicherungen schädlich ist, schadet indirekt auf mittlere Frist auch jeder einzelnen Kasse. Und nicht die, die sich heute freuen, dass sie einen niedrigen Beitrag haben, werden morgen die Gewinner von dieser Situation sein, das muss man auch sagen. Denn wenn die Ausgaben gleich bleiben, aber ein größerer Teil der Kassen geringere Beiträge hat, mit anderen Worten geringere Einnahmen, dann kann es nur für das gesamte System von Schaden sein. Die Wanderungsbewegungen von Versicherten mit günstigen Risikostrukturen zu Kassen mit zunächst, ich sage bewusst zunächst, günstigen Beiträgen führt bei den ursprünglichen Kassen, ich sage es mal pauschal, AOK, VDAK, zu Beitragsausfällen. Aber, meine Damen und Herren, auch das ist hier gesagt worden, das will ich ausdrücklich unterstreichen, ich lehne eine pauschale Verurteilung der Betriebskrankenkassen ganz entschieden ab.

(Beifall bei der CDU; Abg. Dr. Stangner, PDS)

Wir haben in Thüringen, Gott sei Dank, nur Betriebskrankenkassen, hinter denen auch noch ein Betrieb steht. Das Problem sind ja Betriebskrankenkassen, hinter denen überhaupt kein Betrieb mehr steht. Das sind allerdings alles Betriebskrankenkassen, die nicht in Thüringen ansässig sind, allerdings, die dann das andere Problem, nämlich das Problem der Leistungserbringer, in Thüringen umso schwieriger machen.

Unterm Strich könnten sich Einnahmeausfälle und nicht ausreichende Ausgabendeckungen für die gesetzlichen Krankenversicherungen summieren. Und, meine Damen und Herren, auch das lassen Sie mich an dieser Stelle ruhig sagen: Ich finde es einen Skandal, wenn ein großer Leistungserbringer in Thüringen seine Mitarbeiter darauf hinweist, wie günstig es doch wäre, wenn man bei der Betriebskrankenkasse Heilberufe sich zu einem Beitragssatz von 11,9 Prozent versichern würde. Dieses ist ein Skandal, wenn sich ein Leistungserbringer das eigene Wasser abgräbt, letzten Endes auf Dauer. Auf längere Sicht führt eine Abwerbung und Konzentrierung günstiger Risiken aber auch zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der gesamten gesetzlichen Krankenversicherungen. Deshalb haben sich die Sozialminister der unionsregierten Länder bei ihrem Treffen im April ausdrücklich gegen die so genannten virtuellen Betriebskrankenkassen und anderen Missbrauch der gesetzlichen Bestimmungen ausgesprochen.

Meine Damen und Herren, um auch dieses deutlich zu machen, ich bin für Wettbewerb und Pluralität in der Versicherungslandschaft und ganz so einfach, wie es uns der Antrag und auch der Änderungsantrag vormachen will, ist es nicht. Es wäre eigentlich nur zu lösen im Rahmen einer Organisationsrechtsreform der Kassenlandschaft. Nur, meine Damen und Herren, ich befürchte, dass die Einigung zu einer Organisationsrechtsreform zu lange dauern wird. Deswegen liegt auf der nächsten Gesundheitsministerkonferenz ein Vorschlag des Landes Rheinland-Pfalz zu einem Vorschaltgesetz auf dem Tisch. Ob man dem zustimmen kann, werden wir als Gesundheitsminister beraten. Aber es liegt ein Antrag in dieser Richtung auf dem Tisch und wir werden versuchen, dass wir uns einigen und die Bundesgesundheitsministerin wird da sein und wir werden ihr dieses mit Sicherheit als Hausaufgabe mitgeben. Wenn alle Gesundheitsminister der Länder sich da einig sind, glaube ich, wird sie das nicht übergehen und nicht aussitzen können. Ich warne allerdings auch davor, Frau Kollegin Arenhövel, da gebe ich Ihnen unumwunden Recht, Hände weg vom Risikostrukturausgleich, wie wir ihn, Gott sei Dank, durchgebracht haben im Bundesrat.

(Beifall bei der CDU)

Hände weg vom Risikostrukturausgleich, wenn wir daran rühren, kann es nur zum Nachteil für uns sein.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Machen wir...)

Aber ansonsten, meine Damen und Herren, meine ich, dass in dieser Frage der Solidarität der gesetzlichen Krankenversicherung, in der Frage der so genannten virtuellen Betriebskrankenkassen in der Tat Handlungsbedarf gegeben ist, aber wir sind nicht untätig, wir handeln bereits. Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung. Ausschussüberweisung ist nicht beantragt worden, so dass wir über die beiden Anträge direkt abstimmen. Zunächst über den Änderungsantrag... Entschuldigung, Herr Stauch, bitte.

Wir bitten um namentliche Abstimmung.

Ja, das ist gar keine Frage. Trotzdem lassen Sie mich meinen Text zu Ende bringen. Wir stimmen über die beiden Anträge direkt ab, zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 3/733. Ja bitte, würden Sie Ihr Amt wahrnehmen.

Hatten jetzt alle Gelegenheit, Ihre Stimmkarte abzugeben? Dann beenden wir die Abstimmung und ich bitte, die Karten auszuzählen.

Ich gebe das Abstimmergebnis zur Abstimmung zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 3/733 bekannt.

Abgegeben wurden 62 Stimmen; davon 20 Jastimmen, 41 Neinstimmen, 1 Enthaltung. Damit ist der Antrag abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 1).

Wir stimmen jetzt weiter über den Antrag der Fraktion der PDS in Drucksache 3/701 ab. Ich nehme an, auch in namentlicher Abstimmung? Okay, dann wollen wir das jetzt tun.

Hatten alle Abgeordneten Gelegenheit, ihre Stimmkarte abzugeben? Scheinbar haben alle abgegeben, damit können wir mit der Auszählung beginnen.

Meine Damen und Herren, ich möchte das Abstimmergebnis bekannt geben und bitte Sie, wieder ein bisschen Ruhe zu bewahren. Vielen Dank.

Abgegebene Stimmen 66; davon Jastimmen 23, Neinstimmen 43, Enthaltungen keine. Damit ist der Antrag abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2) und der Tagesordnungspunkt 7 ist damit abgeschlossen.

Wir kommen zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 8

Vereinbarung zur Organisation des Berufsschulunterrichts in Thüringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/709

Herr Abgeordneter Döring hat um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Sachwörterbuch der Literatur ist unter dem Stichwort "Märchen" Folgendes vermerkt: Volksläufig unterhaltsame Erzählung von phanthastisch wunderbaren Begebenheiten und Zuständen aus freier Erfindung.

Herr Minister Krapp, was aus Ihrem Hause bisher zur Umsetzung der Vereinbarung zur Organisation des Berufsschulunterrichts zu hören war, kommt dieser Beschreibung sehr nahe.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Wenn ich allerdings generell die Antworten der Landesregierung auf Berichtsersuchen der Opposition betrachte, dann könnte ich mir schon vorstellen, dass wir in die Geschäftsordnung eine neue parlamentarische Form aufnehmen könnten, nämlich neben der Aktuellen Stunde auch die Märchenstunde.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Insofern hält sich mein Bedauern über Ihre Verweigerung eines Sofortberichts in Grenzen.

Meine Damen und Herren, der Thüringer Verband der Berufsschulpädagogen hat es in seiner Informationsschrift auf den Punkt gebracht: Die Kürzung des Berufsschulunterrichts wird mit den Worten dokumentiert, es gilt das "gebrochene" Wort. Zur Erinnerung: Während der damalige Kultusminister Althaus zum 20. Deutschen Berufsschultag in Jena stolz verkündete, am zweiten Berufsschultag wird in Thüringen nicht gerüttelt, ließ sich gleichzeitig sein Abteilungsleiter Schläger, übrigens jener Schläger, der bei der Veruntreuung von EU-Mitteln traurige Berühmtheit erlangte, von der IHK Erfurt über den Tisch ziehen - der zweite Berufsschultag war da schon Geschichte.

Es wurde dann eine Vereinbarung zur Organisation des Berufsschulunterrichts in Thüringen aus dem Boden gestampft, die wegen der völlig unzureichenden Vorbereitung und der überhaupt nicht beachteten Folgeprobleme im Desaster endete. Vom Juli 1997 bis zum November

1998 wechselten insgesamt 18 Schriftstücke vom Kultusministerium zu den Schulämtern und danach zu den Schulleitern, die diversen Schreiben der Schulämter an die Schulleiter und auch der Innungen an die Schulleiter sind dabei gar nicht eingerechnet. Dies macht deutlich, in welchem unausgereiften Zustand die Vereinbarung abgeschlossen wurde. Der Kardinalfehler aber war, dass die Vereinbarung ohne vorhergehende Beteiligung der hauptsächlich Betroffenen, nämlich der Berufsschulen, erfolgte.

Meine Damen und Herren, Berufsschulen und Betriebe können nur dann dem Wettbewerb mit den weiterführenden Schulen und Universitäten standhalten, wenn sie nicht mehr nur die traditionellen, praxisorientierten Qualifikationen vermitteln, sondern verstärkt fachliche Kenntnisse und zukunftsorientierte Qualifikationen wie Sprach- und Europakompetenz, Teamfähigkeit, Systemkenntnis, Flexibilität und Umweltbewusstsein fördern. Schwerpunkt der Vereinbarung war aber nicht eine veränderte und verbesserte Organisation des Unterrichts und des bildungspolitischen Anspruchs, sondern es wurde der zweite Berufsschultag gekappt. Mit dem Totschlagargument, die Ausbildung müsse wieder stärker vom Betrieb her gedacht werden, wurde der Anschein erweckt, als sei bei der betrieblichen Ausbildung alles in bester Ordnung. Die betriebliche Ausbildung zeigt allerdings, dass nur wenige Betriebe in der Lage sind, bestimmte bildungspolitische Angebote im Rahmen der Erstausbildung, wie z.B. Warenkunde, Rechnungswesen, vertiefte EDV-Kenntnisse, Personalwesen oder Fremdsprachen ohne die Berufsschulen sicherzustellen. Berufliche Bildung sollte die erfahrene und erfahrbare Praxis theoretisch gründlich fundieren und hierbei wird Theorie als Aufklärung von Praxis und als Anleitung zur Praxis verstanden. Sie sollte dabei das Leitziel Handlungskompetenz mit Leben erfüllen. Das kann die Berufsschule aber nur, wenn sie als gleichberechtigter Partner im dualen System wirklich anerkannt ist. Über den in Thüringen eingeschlagenen Weg wird es für die Berufsschulen immer schwieriger, dem an sie gestellten bildungspolitischen Anspruch wirklich gerecht zu werden. Fakt ist, die Wirtschaft diktiert mit dem Damoklesschwert Ausbildungsplätze die Bedingungen und damit werden die quantitativen Probleme dazu benutzt, die Qualitätsfragen des dualen Systems in den Hintergrund zu drängen. Dabei braucht die Berufsschule einen angemessenen Zeitrahmen, den auch von der Wirtschaft angemahnten Differenzierungsunterricht für die Förderung von lern- und leistungsschwächeren Schülern, für das Angebot an Zusatzqualifikationen, für die Entfaltung und Schlüsselqualifikation, für die Vermittlung berufsbezogener Fremdsprachenkenntnisse, für die Förderung der Medienkompetenz und nicht zuletzt für die Orientierung auf eine beruflich selbständige Tätigkeit.

Meine Damen und Herren, das Kultusministerium hat immer stolz verkündet, dass die Vereinbarung im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen erfolgte, damit natürlich die Thüringer Schulordnung für die Berufsschulen ihre Gültigkeit behält und die dort ausgewiesenen Unterrichtsstunden auch rechtlich gesichert sind.

Allerdings wurde nicht zur Kenntnis genommen, dass das selbst mit neunstündigen Berufsschultagen organisatorisch kaum zu bewältigen ist und dass ein neunstündiger Berufsschultag arbeitsphysiologisch unhaltbar und auch lernpsychologisch absurd ist und natürlich damit auch die Ausbildungsqualität beeinträchtigt; das ist ja wohl unstrittig. Mit einer Verordnung ist ja auch dieser Tatsache Rechnung getragen worden und man hat die Berufsschulstunden auf dem Ordnungsweg gekürzt.

Meine Damen und Herren, man kann nicht höhere Qualität fordern und gleichzeitig die Voraussetzungen dafür nicht gewähren. Um den Bedingungen gerecht zu werden, müssen viele Berufsschulen in teilweise chaotischen Organisationsstrukturen arbeiten. Die durch die unterschiedlichen Wünsche der Wirtschaft sich für die Berufsschulen ergebenden vielfältigsten Blockvarianten bedeuten natürlich oft Überbelastung in Spitzenzeiten und damit zusätzliche Probleme an den Berufsschulen. Die Lernortkooperation wird wesentlich erschwert und die Einführung der lernfeldstrukturierten Lehrpläne wird durch die Vereinbarung stark behindert. Projektarbeit und handlungsorientierter Unterricht wird zunehmend schwieriger. Der Wechsel in eine andere Berufsschule bringt erhebliche Probleme mit sich und nicht zuletzt wird die Stellung der Berufsschule im dualen System auch in den Augen der Auszubildenden geschwächt.

Meine Damen und Herren, die Lehrerverbände haben ausdrücklich versichert, dass die Bereitschaft der Berufsschullehrer zur flexibleren Gestaltung der Ausbildung entsprechend den Anforderungen der Wirtschaft vorliegt. Das geht aber nur im Dialog mit den Betroffenen, d.h. mit den Schulleitern und ihren Lehrerinnen und Lehrern an den Berufsschulen sowie mit den Auszubildenden und auch den Ausbildungsunternehmen. Mit ihnen ist gemeinsam zu besprechen, wie eine angepasste Vereinbarung zur Organisation des Berufschulunterrichts auszusehen hat. Konstruktive Vorschläge des Thüringer Verbands der Berufsschulpädagogen liegen seit geraumer Zeit auf dem Tisch. Dabei geht es unter anderem um Lernortkooperation und kontinuierliche Kommunikation zwischen Ausbildern und Berufsschullehrern, um gemeinsame Ausbildungsprojekte zur Entwicklung der Berufskompetenz, um die Teilnahme von Berufsschullehrern an betrieblichen Praktika, um die Teilnahme von betrieblichen Praktikern an Unterrichtsvorhaben und um horizontale Erweiterung beruflicher Qualifikation z.B. durch kaufmännische Qualifikation.

Mit diesen und weiteren Anregungen ziehen die Berufsschulpädagogen Schlussfolgerungen aus dem Berufsbildungsbericht der Bundesregierung. Problembewusst verweisen sie auf Gefahren der Aushöhlung der KMK-Rahmenvereinbarung über die Berufsschule und der Thüringer Berufsschulordnung. Herr Minister Krapp, der Geist ist wie ein Fallschirm, er kann nur funktionieren, wenn er offen ist. Seien Sie also offen für eine kritische Analyse zur Vereinbarung, zur Organisation des Berufsschulunterrichts in Thüringen sowie der aus Ihrem Hause stammenden

Arbeitsgrundlage zur Umsetzung dieser Vereinbarung im Interesse der Auszubildenden in unserem Lande. Danke.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Der Herr Minister möchte das Wort ergreifen. Bitte, Herr Minister Dr. Krapp.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Abgeordneter Döring, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Döring, Sie haben die Zeit in der zweiten Hälfte der 90er Jahre angesprochen, als Unterrichtsorganisation an den Berufsschulen umgestellt wurde. Nach meiner Erinnerung hat in diesen Jahren Niedersachsen umgestellt von zwei Tagen in der Woche auf einen Tag in der Woche Berufsschulunterricht und ich frage Sie, ob Niedersachsen sich damals dem Diktat der Wirtschaft unterworfen hat?

Nun zur Sache selbst: Ich möchte zu diesem Antrag Stellung nehmen. Ein Bericht im Sinne des Antrags, wie er schriftlich vorliegt, ist nicht möglich, da infolge des Zeitplans der geltenden Vereinbarungen zur Berufsschulorganisation die entsprechenden Daten und Erfahrungen noch nicht vorliegen können. Zur Begründung darf ich Folgendes ausführen: Bis zum Schuljahr 1996/97 war der Berufsschulunterricht gleichmäßig über drei Jahre mit jeweils 13 Wochen verteilt; ich sehe jetzt einmal von dem halben Jahr ab, welches dazukommt für die dreieinhalbjährige Berufsausbildung. Mit dem Schuljahr 1997/98 wurde nach ausführlichen Gesprächen mit der Wirtschaft die Blockvariante 16/8/8 Unterrichtswochen eingeführt, wieder verteilt auf drei Schuljahre. Dies war Inhalt der ersten Vereinbarung vom 4. Juni 1997. Gleichzeitig wurde die Möglichkeit zusätzlicher Blockunterrichtswochen wie folgt eingeführt: Zum Ende der Grundstufe, also am Ende des ersten Ausbildungsjahres, vor Zwischenprüfungen und vor der Abschlussprüfung. Zusätzlich wurde in dieser Vereinbarung Folgendes festgelegt: In Verantwortung der einzelnen staatlichen Berufsschulen kann unter Beachtung des Anspruchsniveaus des einzelnen Ausbildungsberufs sowie unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten der Ausbildung eine weitere Prüfungsvorbereitungswoche organisiert werden. Für Schüler mit Leistungsschwächen kann zur besonderen Förderung in Abstimmung zwischen Schule und Ausbildungsbetrieb ein zusätzlicher theoretischer Unterricht vereinbart werden und zur Vermittlung von Zusatzqualifikationen für leistungsstärkere Jugendliche kann in Abstimmung mit den zuständigen Stellen gemäß dem Bedarf der Wirtschaft von der Schule ein zusätzlicher theoretischer Unterricht in Blockwochen organisiert werden. Die mit dem Schuljahr 1997/98 mit der Blockvariante 16/8/8 Unterrichtswochen eingeführte Unterrichtsorganisation wurde im Jahre 1999 mit der Variante 15/11/10 und im letzten Halbjahr 4 Wochen

modifiziert. Diese Modifizierung erfolgte im Zusammenhang mit der Einführung von lernfeldstrukturierten KMKRahmenlehrplänen. Sie integrierte übrigens verbindlich zusätzlich optionale Blockunterrichtswochen des 16/8/8 Modells von 1997, um damit die KMK-Empfehlung von 1.440 Stunden zu sichern. Eine zutreffende Analyse der Erfahrungen mit der Vereinbarung von 1997 kann bislang nicht vorgenommen werden, da weder die IHK-Prüfungsergebnisse der ersten Generation des 16/8/8-Modells von 1997 vorliegen, noch die erste Generation des 15/11/10Modells von 1999 ihr erstes Lehrjahr abgeschlossen hat. Dies gilt insbesondere auch für die in Ihrem Antrag angesprochenen Gruppen der leistungsschwächeren und der leistungsstärkeren Schüler. Spezielle ausbildungsbegleitende Hilfen für schwächere Schüler werden übrigens nicht vom Thüringer Kultusministerium, sondern vom Arbeitsamt finanziert, weshalb auch die Statistik dazu dort geführt wird. Unbeschadet dessen, werden entsprechende Veranstaltungen selbstverständlich von kompetenten Lehrern und Lehrausbildern an den Schulen oder überbetrieblichen Ausbildungszentren durchgeführt.

Für leistungsstarke Schüler werden zurzeit folgende Zusatzqualifikationen angeboten: doppelt qualifizierender Bildungsabschluss, also Berufsabschluss und Fachhochschulreife in den Ausbildungsberufen Industriemechaniker seit 1995/96 mit insgesamt 84 Auszubildenden; Industrieelektroniker seit 1995/96 mit insgesamt 86 Auszubildenden; Mechatroniker seit 1999/2000 insgesamt 28 Auszubildende und Maurer/Zimmerer seit 1996/97 mit insgesamt 13 Auszubildenden.

Weiterhin wird das Integrationsmodell Berufsausbildung und Fachhochschulstudium angeboten in den Ausbildungsberufen Anlagenmechaniker Fachrichtung Versorgungstechnik seit 1998/99 mit insgesamt 10 Auszubildenden; Gas/Wasser-Installateur seit 1998/99 mit insgesamt 5 Auszubildenden; Zentralheizungs- und Lüftungsbauer seit 1998/99 mit insgesamt 19 Auszubildenden; Werkzeugmechaniker/Industriemechaniker seit 1997/98 mit insgesamt 10 Auszubildenden und Mechatroniker seit 1999/2000 mit insgesamt 5 Auszubildenden.

Ein weiteres Angebot ist der Betriebsassistent der Handwerkskammer in den Ausbildungsberufen Kfz-Mechaniker seit 1997/98 mit insgesamt 110 Auszubildenden; Elektroinstallateur seit 1997/98 mit insgesamt 26 Auszubildenden; Maurer sowie diverse Berufe unterschiedlicher Berufsfelder seit 1997/98 mit insgesamt 71 Auszubildenden.

Ein weiteres Angebot sind die ausbildungsergänzenden Zusatzqualifikationen in ausgewählten kaufmännischen Ausbildungsberufen wie Kaufmann im Einzelhandel, Ausbildung von Abiturienten zu Fach- und Führungskräften seit 1998/99 mit insgesamt 41 Auszubildenden; Bankkaufmann mit Zusatzqualifikation Finanzassistent seit 1997/98 mit insgesamt 64 Auszubildenden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thüringer Kultusministerium verfolgt selbstverständlich die Entwicklung beim Berufsschulunterricht sehr aufmerksam. Es lädt zu Gesprächen mit den Betroffenen ein. Zentraler Inhalt dieser Gespräche ist der Austausch der Erfahrungen mit dem jetzt praktizierten Modell. Dies ist mit der Frage, inwiefern Änderungsbedarf besteht, verbunden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.