Ich erwarte deshalb von der CDU, dass sie in der Diskussion um den Rentenkonsens entweder ihre familienpolitischen Forderungen durchsetzt oder aber ihre Beteiligung aufkündigt. Denn gerade die Entlastung junger Familien wäre ein ermutigendes Zeichen für die junge Generation, aber auch für die älteren, denn, meine Damen und Herren,
ich kenne viele Rentner, die sich um diese Fragen große Sorgen machen und die nicht nur an ihre eigene Tasche, sondern auch an ihre Enkelkinder denken.
Große nachteilige Auswirkungen für Familien hat auch die Ökosteuer. Familien sind aufgrund des höheren Verbrauchs wesentlich härter betroffen; jeden Monat 130 DM mehr für das Tanken und 33 DM mehr für das Heizen bei einer vierköpfigen Familie. Im Freistaat Thüringen kommt wie in anderen neuen Ländern hinzu, dass die Beitragsbemessungsgrenze zur gesetzlichen Krankenversicherung auf Westniveau angehoben wurde, und das bei deutlich niedrigeren Löhnen als im Osten. 200 DM weniger bedeutet dies im Monat für viele Familien; im Saldo also deutlich Minus. Da hilft die Kindergelderhöhung überhaupt gar nichts. Das ist die Politik von Rotgrün: unsozial, familienfeindlich und gegen das Zusammenwachsen und die innere Einheit unseres deutschen Vaterlands.
Diese Weichenstellungen können von der Landespolitik selbstverständlich nicht kompensiert werden. Aber deshalb wird die CDU-Fraktion die Familienpolitik der Landesregierung umso engagierter unterstützen. Wichtiger Punkt ist für uns die Sanierung von Kindertagesstätten, ein Problem, für das Kommunal- und Landespolitik endlich an einem Strang ziehen und das in den nächsten Jahren abgearbeitet werden muss. Diese Aufgabe war Inhalt des Wahlprogramms der CDU Thüringen und wird demzufolge auch zügig abgearbeitet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, selbstverständlich sind auch für uns die Beratungsdienste für Familien, die wir allerdings als Hilfe zur Selbsthilfe verstehen, außerordentlich wichtig. Es wird ihnen oft nachgesagt oder sie sagen es auch manchmal selbst, sie seien in ihrer Leistung nicht abrechenbar. Ich sehe das ehrlich gesagt ein bisschen anders und rege deshalb an, ob man nicht mit Leistungsverträgen diese Arbeit transparenter machen und ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen kann,
denn es hat durchaus positive Folgen, wenn durch die Beratung eine Familie nicht zerbricht, sondern wieder ein intaktes Familienleben ermöglicht wird. Anregen möchte ich auch, dass die erhobenen Daten des Statistischen Landesamts in Bezug auf Familie stärker durch die Landesregierung genutzt und in die Sozialberichterstattung eingearbeitet werden. So kann man Tendenzen und problematische Entwicklungen rechtzeitig erkennen und frühzeitig gegensteuern, was hilfreich und Kosten sparend ist. Für eine weitere innovative Entwicklung sind generationenverbindende Elemente, die Kinderbetreuung und Senioren
verknüpfen, hier zu nennen. In einigen Thüringer Kommunen gibt es dafür bereits gute Beispiele, z.B. Haus der Generationen oder die Kombination von Kindertagesstätte und Seniorenbetreuung. Ich war zunächst auch skeptisch, ob dies funktioniert, habe aber selbst erlebt, dass bei einem guten Konzept Alt und Jung voneinander profitieren können.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass wir die Arbeit der Landesregierung hier unterstützen und begleiten und ich würde mir wünschen, dass wir die ressortübergreifende Zusammenarbeit innerhalb der Landesregierung auch noch verbessern und damit zum Wohle der Familien in unserem Freistaat beitragen. Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, einleitend eine Bemerkung: Ich halte das verstärkte Hinwenden zu Problemen der Familien für notwendig. Dafür spricht meiner Meinung nach auch, dass der Anteil der Jugendlichen, die rechtsextremes Gedankengut, fremdenfeindliches Gedankengut aus dem Elternhaus erhalten, höher ist, als wir das bisher angenommen haben. Die Studie dazu wurde vorhin vom Minister erwähnt.
Im Folgenden will ich mich hauptsächlich mit Fragen der Jugendpolitik beschäftigen. Hierbei ist vor allem ein fachressortübergreifender Blick notwendig. Zu diesem gehört, dass uns die wieder verstärkte Abwanderung junger Leute aus Thüringen beunruhigt. Diese führt in den nächsten Jahren - auch das wurde schon erwähnt -, wenn uns keine Umkehr gelingt, neben den Langzeitfolgen der geburtenschwachen Jahrgänge zu einer "ungesunden" Bevölkerungsstruktur. Gewissermaßen entsteht eine Spirale, die zu Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt führt, zur Abwanderung und geringen Geburten. Das bedeutet weniger Familien und Kinder im Land. Dies hat Konsequenzen für Schulen, für die Lehrer etc., ebenso für Kindertagesstätten, entsprechende Zuschüsse und in der Summe führt die daraus folgende Kürzung bei der sozialen Infrastruktur wiederum zum Abbau von Arbeitsplätzen. Ich will das etwas deutlicher formulieren. Ich glaube, wir alle als Parteien, die im Landtag vertreten sind, müssen unsere Arbeit in einigen Jahren daran messen lassen, ob in Thüringen annähernd gleiche Lebens- und Arbeitsverhältnisse herrschen oder nicht, denn dies wird in erheblichem Maße darüber entscheiden, ob und wie familienfreundlich wir sind. Eine Abwartestrategie wäre meines Erachtens falsch; die Zukunft würde so nicht gewonnen, sondern verspielt.
Damit bin ich bei einem zweiten Punkt, meine Damen und Herren, dem Erhalt und dem Ausbau der sozialen Infrastruktur. Sie gestatten mir, dass ich nach den Veröffentlichungen der letzten Tage erhebliche Zweifel habe, dass Sie sich der großen Verantwortung bewusst sind, diese soziale Infrastruktur zu festigen. Oder wie soll man sich erklären, dass ein Sprecher des Ministeriums sinngemäß äußern kann, die geplanten Kürzungen im Sozialbereich dienen ja der Deutschen Einheit oder würden das Niveau nur erreichen, was es in den alten Bundesländern schon gibt. Um es noch klarer zu formulieren, wer bei den Kindereinrichtungen aus Haushaltsgründen kürzt, in die Leistungsgesetze eingreift, wer den Kommunen in ihre freiwilligen Leistungen hineinredet, der kann sich dieser Verantwortung einfach nicht bewusst sein und der muss natürlich damit rechnen, dass es im Land Proteste gibt. Gleiches gilt für die Jugendpauschale. Die PDS warnt vor jedweder Kürzung, wie sie jetzt vorgesehen ist. Wir sind für ihre gesetzliche Verankerung, zumindest für ihre Festschreibung auf jetzigem Niveau,
meine Damen und Herren, dies nicht aus Prinzip. Die Jugendpauschale hat sich bewährt, das ist unumstritten. Sie ist ein sehr junges Instrument. Die Finanzlage der Kommunen wird sich nicht verbessern, im Gegenteil, mit hoher Wahrscheinlichkeit verschlechtern. Und nach wie vor, das wissen wir auch alle hier im Raum, ist die Abhängigkeit vieler Projekte von ABM und SAM zu groß. Nach wie vor haben wir zu wenig Fachkräfte, die wir dringend brauchen, wenn wir die Qualität gerade in den Angebotsbereichen verbessern wollen, wo wir es mit problematischen Jugendlichen zu tun haben. Gestern hatten wir dazu eine lange Debatte gehabt.
Ein weiterer Punkt spricht für die Stabilität in der Jugendpauschale. Die Probleme, meine Damen und Herren, werden mit zurückgehenden Zahlen von Kindern und Jugendlichen nicht kleiner, sie bleiben gleich, sie werden eventuell größer, in der Regel gehen die weg, die Perspektiven haben. Das gilt für den Wegzug aus dem Land Thüringen, das gilt aber auch für den Wegzug innerhalb einer Stadt, innerhalb eines Kreises, wir haben gewisse Konzentrationen in Stadtteilen. All das spricht dafür, an der Jugendpauschale nichts zu verändern, sie festzuschreiben und sie ggf. auch gesetzlich zu verankern.
Wir brauchen mehr Kooperation der Jugendhilfe und der Schule und vor dem Hintergrund des zunehmenden Rechtsextremismus in Thüringen ist die Schulsozialarbeit flächendeckend zu verankern. Insofern bin ich sehr froh über das, was der Herr Minister vorhin gesagt hat. Wir müssen künftig mehr Augenmerk darauf verwenden, frühzeitig bei Kindern und Jugendlichen wirklich demokratische Teilhabe zu ermöglichen. Gewissermaßen müssen wir aus diesem Projektcharakter, es gibt in vielen Regionen Thüringens gute
Projekte, wir müssen da raus, wir müssen wirklich das flächendeckend verankern, weil es auch diesen Zusammenhang zwischen der Erfahrung von demokratischer Selbstbestimmung, Selbstbeteiligung und dem Nichtentstehen totalitärer Verhaltens- und Denkweisen gibt.
Zu den Jugendverbänden möchte ich ausführen, dass ihre Arbeit ausdrücklich zu würdigen ist. Ich denke, das ist unumstritten. Zu stärken sind meines Erachtens die politische und kulturelle Jugendbildung, da stimme ich völlig mit dem Minister überein. Ebenso sind im Bereich der internationalen Jugendarbeit verstärkte Anstrengungen nötig. Und ich will mit Blick auf die Kommunen sagen, dass sich bestimmt auch Teillösungen ergeben können, die finanzielle Spielräume eröffnen. Ich will das nur mal ansprechen, das ist in erster Linie auch für die Akteure vor Ort eine wichtige Frage, aber es steht heute einfach. Ich glaube, wir müssen darüber diskutieren, ob wir noch in jedem Fall neue Büromöbel in den Kommunen fördern oder ob es da nicht schon längst Möglichkeiten gibt, sich die Möbel in Gebrauchtwarenläden beispielsweise billig und praktikabel zu beschaffen, ohne an den Etats zu kürzen und trotzdem die Träger vernünftig auszustatten. Ich denke, in der Frage solcher Lösungen hätten wir noch eine ganze Menge Spielräume.
Einen dritten Aspekt will ich benennen, der ist heute noch nicht angesprochen worden, der geht über das Fachressort der Jugendhilfe gewissermaßen hinaus, berührt sie aber sehr wohl. Wir können hier im Haus auch parteiübergreifend die besten Absichten haben, wir sind aber nicht immer im Bilde, was davon und wie bei den Leuten ankommt. Es gibt ja in der soziologischen Theorie das Theorem der nicht intendierten Folgen. Ich meine also, dass der Blick der Betroffenen das Entscheidende ist; es ist nicht davon abhängig, was wir hier wollen, sondern wie das tatsächlich bei den Leuten ankommt. Und diese Betroffenen sind nicht immer nur freie Träger, die schon viele Jahre aktiv und zunehmend professionell arbeiten, dies sind oftmals spontane Jugendgruppen, die einfach nur einen Raum zur Freizeitgestaltung brauchen, die wollen Musik hören, so banal ist das, und dann geht es los mit diesen ganzen Versicherungsfragen, GEMA-Fragen etc. Und für viele Leute jüngeren und älteren Jahrgangs wird diese Begegnung mit Politik, diese in der Regel erste Begegnung mit Politik und Verwaltung oftmals zu einem dauerhaft prägenden und entmutigendem Ergebnis. Ämter und Verwaltung arbeiten oft nicht flexibel miteinander, sie reizen die rechtlichen Spielräume nicht aus und es gibt eben noch keine Kultur im Lande Thüringen, die da heißt: Da kommen junge Leute zu uns, die wollen was auf die Beine stellen, wir haben nicht viel Geld, aber wir tun jetzt alles, damit ihr Projekt entstehen und gelingen kann. Diese Kultur, meine ich, des Aufbauenwollens benötigen wir aber unbedingt und zudem ist ein den Leuten zugewandtes Vorgehen vielleicht am ehesten geeignet, demokratische Verhaltens- und Denkweisen sowie Wertvorstellungen zu vermitteln, zu befördern. Hierbei würde sich auch ein verstärktes Engagement der Landesebene gegen Bürokratie und Formalismus lohnen.
2. Thüringen braucht die Jugendlichen zuallererst hier in Thüringen. Wir dürfen nicht dauerhaft zum Abwanderungsland werden.
3. Was dieses Land nicht vertragen kann, ist ein Sparkurs zulasten der sozialen Sicherung und der Jugendhilfe. Dies wird unseren entscheidenden Widerstand finden.
4. Wir brauchen ein breites Nachdenken über die Wirksamkeit unserer Angebote mit dem Ziel, mehr Menschen auch nachhaltig zu erreichen. Deshalb brauchen wir mehr Fachkräfte, weniger Abhängigkeit von ABM und SAM, mehr internationale Kontakte und eine intensivere Jugendbildung.
5. Wir müssen mit den Jugendlichen gemeinsam die vorhandenen Spielräume nutzen. Eine demokratische Beteiligungskultur entsteht nur, wenn das Handeln von Menschen reale Erfolgsaussichten hat.
Insofern, denke ich, da sind wir uns einig, stehen wir erst am Anfang einer Entwicklung. Daran sollten wir uns messen lassen, meine Damen und Herren, wenn diese Regierungserklärung und die Versuche ihrer Erwiderung schon längst vergessen sind. Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es stellt sich nach dem, was wir bislang gehört haben, die Frage: Was ist eine Regierungserklärung? Und die Antwort darauf lautet: Das war keine. Es war eine Bestandsaufnahme, Herr Minister, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und so ehrlich sollte man an diesem Punkt sein. Lassen Sie mich, bevor ich zu dem Aspekt der Jugendpolitik komme, Ihnen noch mal einiges mit auf den Weg geben zu Ihrer Familiendiskussion, auch insbesondere etwas, das Frau Arenhövel angeht. Ich bitte doch die Kolleginnen und Kollegen der CDU zur Kenntnis zu nehmen, dass sich Lebensformen geändert haben und dass man nicht ständig
die tradierte Formen der Ehe hier im Bild nachzeichnen muss. Genau das wird wieder deutlich, wenn es um die Fra
ge geht, wie lange bleibt eine Frau zu Hause, wenn das Kind zur Welt gekommen ist. Das ist eine Entscheidung, meine Damen und Herren, die die Mutter bzw. der Vater selber zu tragen hat. Und Sie wissen doch ganz genau und es ist ausgeführt worden von Frau Nitzpon, dass nach wie vor immer noch in Größenordnungen die Frauen zu Hause bleiben, weil sie nicht den großen Karriereschritt vor sich haben, möglicherweise, weil sie weniger Geld verdienen. Wenn Sie hier jetzt so tun, als sei es im Prinzip nicht in Ordnung, schon nach einem Jahr wieder in die Arbeit zurückzukehren, dann muss ich fragen: Was wollen Sie denn eigentlich? Wollen Sie, dass Frauen wieder zurück an den Herd gehen, dass Sie zu Hause bleiben, dass die tradierten Familienformen wieder hier eingeführt werden? Dann sagen Sie doch, was Sie wollen. Wir jedenfalls finden das, was die Bundesregierung in diesem Bereich getan hat, in Ordnung, im Übrigen auch gerade bei sehr jungen Frauen, die möglicherweise im Rahmen ihrer Ausbildung weiter tätig sein müssen, die im Studium stehen und, und, und. Es ist einfach notwendig, dann die Entscheidung zu treffen, früher in den Beruf zurückzugehen oder ins Arbeitsleben.
Wenn man dann eine solche Regierungserklärung, so eine Bestandsaufnahme hier vorlegt unmittelbar vor der Haushaltsdiskussion, dann muss man auch ehrlicherweise sagen, wenn man Familie, Kinder so in den Vordergrund steckt, dass natürlich auch Einsparungen von Ihnen vorgesehen sind. Das ist doch ganz offenkundig, im Kindertagesstättenbereich wollen Sie einsparen und das ist so, dass diese Gelder dann nicht irgendwo hängen bleiben, nicht von den Kommunen übernommen werden, sondern sie werden weitergegeben exakt an die Familien. Und wenn dem so ist, dann sagen Sie es doch hier auch ehrlich.
Lassen Sie mich auf den Aspekt der Jugendpolitik eingehen und in erster Linie auf die Frage der Jugendpauschale, die ja von Seiten des Ministeriums, von Herrn Minister auch sehr gelobt worden ist. Nun, was passiert jetzt mit der Jugendpauschale? Die gesetzliche Verankerung haben Sie abgelehnt. Sie haben damals erläutert, Haushalt ist auch Gesetz. Sie haben damals gesagt, an der Jugendpauschale wird nicht gerüttelt, und Sie haben damals gesagt, die Größenordnung von 24,5 Mio. DM bleibt bestehen. Und was passiert jetzt? Der Ansatz für den nächsten Haushalt ist gesenkt.
Es geht nicht um den Mittelabfluss, da muss man mal darüber nachdenken. Und im Übrigen, die Richtlinie soll ja überarbeitet werden, das müssten Sie eigentlich wissen, liegt ja schon im Jugendhilfeausschuss vor. Da kann man ja noch mal darüber nachdenken, wie möglicherweise das Engagement von Kommunen in der Kofinanzierung verstärkt werden kann; Sie wissen doch genau, dass es um die Kofinanzierung der Kommunen geht.
Das kann doch nicht der Aspekt sein, wenn Sie sich hier herstellen und versprechen, dass an einer solchen Position nicht gerüttelt wird, dass Sie jetzt wieder nach einer Erklärung suchen, warum Sie die Gelder absenken für die Jugendpauschale.