Herr Trautvetter, wir sind uns einig, dass dieses Splitting selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Finanzen hat. Meine Frage an Sie: Haben Sie jetzt bei Ihren volkswirtschaftlichen Überlegungen, die Sie ja weiter geführt haben, nicht auch bedacht, dass diese sechs Unternehmen Investitionen in Höhe von 102 Mrd. DM vorhaben? Und geben Sie mir Recht, wenn nicht davon auch die Länder - auch Thüringen - partizipieren?
Ganz im Gegenteil, denn wenn sie ihr Eigenkapital für Lizenzgebühren aufbrauchen, dann müssen sie die Investitionen mit Fremdkapital finanzieren und dann entstehen zusätzliche Kosten über die Kapitalkosten.
Wenn man, was ich vollkommen richtig finde, solche Sachen verkauft, möchte ich jetzt noch ein anderes Problem ansprechen, was wir damit erzeugt haben, ein steuerfachliches Problem. Es kann keiner von uns absehen, wie jetzt Unternehmen immaterielle Vermögenswerte bilanzieren, abschreiben, weiter veräußern können. Wir haben mit dieser Veräußerung einen Stein losgetreten, wo wir noch nicht wissen, ob er nicht als Bumerang auf uns zurückfällt. Der Gipfel in der ganzen Ökosteuerdebatte ist der Vorschlag des Bundesverkehrsministers, die Länder können ja die KfzSteuer abschaffen. Übrigens war das ein Vorschlag, den wir 1997 mit eingebracht haben, nämlich die Mineralölsteuer als Gemeinschaftssteuer zu gestalten und die KfzSteuer generell abzuschaffen. Der Vorschlag ist gar nicht so neu. Aber einseitig jetzt zu sagen, an der Ökosteuer, an der Mineralölsteuer ändert sich nichts und die Länder und Gemeinden finanzieren die ganze Sache, das sind doch unseriöse Vorschläge.
Da freue ich mich dann auf die Debatte zum Haushalt, wer an solchen Vorschlägen hängen bleibt, weil nämlich die Kommunen vom Wegfall dieser Steuern mit nahezu 100 Mio. DM in Thüringen betroffen wären und dann werden wir sehen, wer dann über den Kommunalen Finanzausgleich reden möchte, aber gleichzeitig bei steuerpolitischen Vorschlägen bleibt, die die Kommunen zu 23 Prozent zu bezahlen haben.
Es wird keine weitere Wortmeldung mehr signalisiert. Nach so viel geballter Energie kann ich, glaube ich, feststellen, dass das Berichtsersuchen gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung erfüllt ist, falls keiner widerspricht. Es widerspricht keiner und damit ist das Berichtsersuchen erfüllt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 10 und möchte Folgendes mitteilen, bevor ich Tagesordnungspunkt 11 aufrufe: Es gab eine Einigung zwischen den Fraktionen, ist mir gesagt worden, dass man aus Zweckmäßigkeitsgründen, das heißt aus zeitlichen Gründen natürlich, ohne Mittagspause weiterarbeiten möchte.
Ich möchte das jetzt nicht kommentieren, sondern nur mitteilen. Dann möchte ich in dem Zusammenhang, dass wir
keine Mittagspause haben, doch an der dafür vorgesehenen Stelle mitteilen, dass sich hier draußen ein Unternehmen präsentiert hat, welches in diesem Jahr als frauenfreundlichster Betrieb ausgezeichnet worden ist und dass das am heutigen Morgen noch nicht in diesem Maße bekannt war es ist der Betrieb Altenburger Hüte. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ich aus Altenburg bin.
Nein, gut. Dann fahren wir so fort, dass wir den Tagesordnungspunkt 11 aufrufen und spätestens um 14.00 Uhr aber die Fragestunde beginnen müssen und wir nehmen ganz schnell einen Wechsel im Präsidium vor.
Die Landesregierung hat ja den Sofortbericht angekündigt. Ich gehe davon aus, dass Sie dann keine Begründung vortragen werden. Sie wollen eine Begründung vortragen?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Schwäblein, man mag ja denken über Ehrlichkeit und Worttreue von Politikern, wie man will, aber in einem demokratischen und rechtsstaatlichen System werden Regierungen - egal, ob die Regierung Schröder oder die Regierung Koch - immer noch durch demokratische, freie, geheime und gleiche Wahlen an die Macht gebracht. Weil das so ist, hat der Besuch des iranischen Staatspräsidenten in der Bundesrepublik Deutschland im Vorfeld sehr viel Staub aufgewirbelt. Während insbesondere Menschenrechtsorganisationen und auch Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien die Einladung Chatamis als das falsche Signal charakterisierten, verteidigten Vertreter der Bundesregierung die Einladung als Unterstützung für einen Reformer. Wie unklar aber die politische Situation im Iran ist, wird z.B. daran deutlich, dass mehrere Hundert Landes- und Bundestagsabgeordnete einen Protestaufruf des nationalen Widerstandsrats des Iran unterzeichneten, der selbst nicht sonderlich fortschrittlich war. Tatsache aber ist, dass unter dem einst tatsächlich als Reformer geltenden Chatami eine Veränderung im Iran nicht vorangeschritten ist. Die anfäng
lichen Hoffnungen auf eine gemäßigte Politik wurden enttäuscht. Im vergangenen Jahr kam es im Iran zu mehr als 100 Hinrichtungen. Hinzu kommen zahlreiche extralegale Hinrichtungen und vermutete Exekutionen von Oppositionellen im Ausland. Folter und Steinigungen sind nach wie vor an der Tagesordnung. Hinzu kommen die Zwangsverschleierung und ein Gesetz, das die Apostasie, die Ermordnung von Menschen rechtfertigt, die sich vom muslimischen Glauben abwenden.
Unter Chatami wurden mehr Zeitungen als zuvor verboten und kritische Journalisten unterliegen nach wie vor staatlicher Verfolgung. Die Proteste der studentischen Bewegungen, die Chatami im Wahljahr 1996 noch unterstützten, wurden durch den iranischen Staat auf brutale Weise niedergeschlagen. Ein Vertreter der UN-Menschenrechtsorganisation hat noch heute keinen Zutritt zur Republik Iran.
Meine Damen und Herren, der Besuch Chatamis in der Bundesrepublik wie auch die zuvor erfolgten Besuche in Frankreich und Italien verdeutlichen die Bemühungen Irans, die Wirtschaftsbeziehungen mit Westeuropa auszubauen. Und tatsächlich, die Bundesrepublik erhöhte die Hermesbürgschaften um das Fünffache auf nunmehr 1 Mrd. DM, ohne dass das aber an konkrete Entwicklungen in Menschenrechtsfragen geknüpft worden wäre. Genau dies aber wurde in der öffentlichen Diskussion verlangt. Politisch schien das aber nicht gewollt, so wie es nicht gewollt war, dass der Präsident des Iran sich einer kritischen Öffentlichkeit in der Bundesrepublik stellt. Für Weimar, die Stadt, die jährlich einen Menschenrechtspreis verleiht, war der 12. Juli 2000 kein Höhepunkt gelebter Demokratie, auch nicht für den Freistaat Thüringen. 1.500 Polizisten verhinderten einen kritischen Dialog, den die Bundesregierung in Erwiderung auf die Kritik zur Einladung Chatamis noch angekündigt hatte. Der so genannte "Dialog der Zivilisationen" fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Menschenrechtsgruppen, Politiker, Besucher und Bürger der Stadt Weimar wurde gehindert, friedlichen Protest zu artikulieren oder auch nur ihrem täglichen Leben wie sonst nachzugehen. An diesem Tage wurden in Weimar Grundrechte in einer Weise eingeschränkt, dass kein Parlament es sprachlos hinnehmen kann. Da macht es keinen Unterschied, aber es sagt sehr viel über die Situation am 12. Juli in Weimar aus, dass sogar ein Mitglied dieses Hauses in seinen Rechten massiv beschränkt wurde.
Unser Antrag richtet sich einerseits an die Landesregierung mit der Frage nach eingeleiteten und durchgesetzten Sicherheitsmaßnahmen und solchen, die im Vorfeld dazu ergriffen wurden. Insbesondere sollte dargestellt werden, in welcher Form und in welchem Maße die Sicherheitsmaßnahmen einschränkend für Anwohner und Gäste der Stadt Weimar, für Nichtdeutsche oder für Menschen wirkten, die sich an Protesten beteiligten oder diese selbst organisierten. Es wäre nicht zuletzt die Frage nach der Zulässigkeit, der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und der Wahrung des Datenschutzes zu beantworten.
Andererseits richtet sich der Antrag an Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten. Bei derartigen Anlässen und erst recht bei Besuchen von Staatspräsidenten von Ländern, in denen Menschen- und Bürgerrechte permanent missachtet werden, müssen auch wir für die Einhaltung der in der Verfassung garantierten Grundrechte eintreten und dürfen sie nicht der Hoffahrt der deutschen Zentralregierung opfern. Danke schön.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der Besuch des Staatspräsidenten der islamischen Republik Iran Mohammed Chatami, den er im Juli in Weimar durchführte, bewegte sich in einem besonderen Spannungsfeld. Einerseits galt es, außergewöhnlich hohe Sicherheitsanforderungen zu erfüllen und den stark gefährdeten Staatsgast zu schützen. Andererseits kam es darauf an, die demokratischen Grundrechte von möglichen Demonstranten und auch die Rechte der Medienvertreter zu sichern. Die Aufgabe der Thüringer Polizei war es nun, die Bedingungen für einen möglichst sicheren Besuchsablauf in Weimar zu schaffen. Ich bin froh, dass es gelungen ist, diese schwierige Doppelaufgabe, nämlich den Gast und unsere Grundrechte zu schützen, in verantwortungsvoller Weise zu erfüllen.
Dafür, denke ich, sollte man auch hier, wenn das heute behandelt wird, der Thüringer Polizei sowie den Unterstützungskräften aus den Ländern und vom Bund herzlich danken.
Gerade die sorgfältige Auswertung von Aktionen gegen iranische Politiker bei Auslandsaufenthalten in der Vergangenheit ergab, dass von einer sehr hohen Gefährdung des Staatsgastes während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik ausgegangen werden musste. Vergangene Auslandsaufenthalte hochrangiger iranischer Politiker wurden seitens iranischer Oppositioneller, insbesondere der Volksmudschahedin, regelmäßig zu Protesten genutzt, bei denen es häufig nicht nur zu verbalen Attacken kam, sondern auch zur Anwendung von Gewalt gegen Sachen und Personen. Daher war mit spektakulären medienwirksamen Aktionen, Störungen und nicht zuletzt mit Anschlägen in Weimar zu rechnen. Insbesondere waren unmittelbare Angriffe auf
den Staatsgast und seine Begleitung zu erwarten. Sogar Versuche von Selbstverbrennungen waren nicht auszuschließen.
Bei der Besuchs- und Einsatzvorbereitung war zunächst davon auszugehen, das Chatami-Gegner versuchen würden, den Besuch des Staatspräsidenten in Berlin zu stören. Nachdem dies misslang, war nach Lageeinschätzung des Bundes mit Angriffen auf die Delegation in Weimar zu rechnen. So wurde bekannt, dass sich ein Teil der Chatami-Gegner nicht nach Berlin begeben werde, sondern unmittelbar nach Weimar reist. Teile davon planten an den Fahrtstrecken und in der Weimarer Innenstadt bereits lange vor der Ankunft Chatamis präsent zu sein, um polizeilichen Kontrollen zu entgehen. Zwei Tage vor dem Besuch der Stadt Weimar verdichteten sich die Hinweise, dass während des Besuchs konkrete Störaktionen vorgesehen waren. Das Bundesinnenministerium legte im Einvernehmen mit dem Innensenat von Berlin und im Einvernehmen mit dem Thüringer Innenministerium daher unter Berücksichtigung all dieser genannten Punkte die höchste Gefährdungsstufe fest. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden entsprechend dieser Gefährdungsstufe getroffen. Im Übrigen ist die Verfahrensweise bei Staatsbesuchen in einer bundeseinheitlichen Dienstvorschrift festgelegt, die alle Länderpolizeien bei ihrer Einsatzplanung bindet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die festgelegte Sicherheitsstufe bestimmte das Ausmaß der Sicherheitsvorkehrungen, die durch Einsatzkräfte des Freistaats Thüringen und mit Unterstützung von Polizeibeamten anderer Länder und des Bundes gewährleistet wurden. Mit der Gesamteinsatzführung wurde die Polizeidirektion Jena beauftragt, die, so unsere Einschätzung, insgesamt eine hervorragende Arbeit geleistet hat.
Man darf nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass gerade die Beamtinnen und Beamten der Polizeidirektion Jena in diesem Jahr schon mehrfach Großeinsätze zu bewältigen hatten, gerade im Mai fast jedes Wochenende.
Im engen Kontakt sowie im Zusammenwirken mit den zuständigen Bundes- und Landesbehörden wurden von der Polizei Gefährdungserkenntnisse bewertet und diese flossen in das Konzept des Polizeiführers zur Sicherung des Staatsbesuches ein. Hierzu zählten neben der Sicherung der Fahrtstrecke und der Aufenthaltsorte auch eine an der Gefährdungslage orientierte Überprüfung von Personen, die an dieser Strecke sowie in Bereichen mit Einblick auf die Besuchsobjekte mit Wohnsitz gemeldet waren. Die erhobenen Daten wurden nach Abschluss des Polizeieinsatzes unverzüglich gelöscht.
Meine Damen und Herren, dieser Staatsbesuch hat einmal mehr die besondere Bedeutung Weimars als Kulturstadt
internationalen Ranges herausgestellt. Ich will gar nicht auf politische Bewertungen dieses Besuch eingehen, weil das in dem Antrag nicht impliziert ist und weil das auch in diesem Hause nicht ansteht, das nun unbedingt hier in der Ausführlichkeit zu debattieren. Aber in so gut wie allen nationalen und internationalen Medien wurde über den Besuch in Weimar, das heißt über den Besuch im Goethehaus und im Schloss berichtet. Berichtet wurde natürlich auch über die Protestaktionen. Alles in allem, zumindest wenn man die überregionale Presse betrachtet, war es eine hervorragende Werbung für Weimar und damit für Thüringen insgesamt.
Natürlich bringt so ein Staatsbesuch auch Einschränkungen für Bürger und Gäste der Stadt mit sich. Zeitweise führten Absperr- und verkehrslenkende Maßnahmen im Innenstadtbereich - nicht etwa in der ganzen Stadt, sondern im Innenstadtbereich - zu unvermeidbaren Behinderungen. Die hiervon Betroffenen reagierten darauf in der Regel gelassen und mit Verständnis. Hierfür möchte ich mich an dieser Stelle auch bedanken, denn es war für die Betroffenen sicher keine ganz einfache Situation, auch über diese längere Zeitdauer hinweg. Schließlich ist für den Erfolg eines solch großen Einsatzes der Polizei auch die Akzeptanz durch die Bürger unabdingbar. Dass es hinterher auch zu Beschwerden kommt, wird sich bei Einsätzen dieser Größenordnung nie vermeiden lassen. Dass nichts so gut ist, dass man es nicht noch besser machen könnte, lernen wir aus diesen Geschichten. So wurden zwar alle Gewerbetreibenden, z.B. im Sicherheitsbereich, vorab durch die Stadt angeschrieben, jedoch hat man den Betroffenen den vollen Umfang der Sicherheitsvorkehrungen und deren Auswirkungen nicht genau umreißen können. Die hohen Sicherheitsanforderungen verlangten, dass bei der Einsatzplanung und -durchführung auch bei Kindergärten oder medizinischen Einrichtungen der gleiche Sicherheitsstandard angelegt werden musste, sofern sich diese Objekte in den Sicherheitsbereichen befanden. Eine Reihe von polizeilichen Maßnahmen, so z.B. die Kontrolle von ausgewählten Personengruppen oder Medienvertretern, basierte auf Erfahrungen, die während des ChatamiAufenthalts in Berlin gemacht wurden. Im Verlauf des Berlin-Einsatzes wurde nämlich festgestellt, dass sich Störergruppen wiederholt zunächst als unverdächtig wirkende Personen einzeln oder in Zweiergruppen dem Sicherheitsbereich näherten. Später versuchten sie dann dort ihre Störungen vorzubereiten. Weiterhin setzten Störergruppen wiederholt auch Frauen ein, um Wurfgegenstände bzw. Farbbeutel unter der Kleidung in den abgesperrten Bereich zu transportieren. Daneben lagen Erkenntnisse vor, dass Personen mittels gefälschter Presseausweise Einlass in den Sicherheitsbereich erreichen wollten. All diese Feststellungen waren bei der Einsatzplanung in Weimar mit zu berücksichtigen.
Nichts ist so gut, ich sagte es eben, dass man es nicht noch besser machen könnte. Alle nach dem Staatsbesuch vorge
brachten Kritikpunkte wurden von der polizeilichen Einsatzführung sowie von den Verantwortlichen der Polizeiabteilung im Thüringer Innenministerium eingehend geprüft. Den Betroffenen wurden Gespräche mit Verantwortlichen der Polizeidirektion Jena angeboten und es haben auch tatsächlich viele solche Gespräche stattgefunden. Sofern Möglichkeiten zur Verbesserung von Einsatzabläufen unter Vorabweitergabe von Informationen bestehen, deren Umsetzung nicht die öffentliche Sicherheit bei derartigen Staatsbesuchen gefährden, werden diese bei der Einsatzvorbereitung und -durchführung in Zukunft berücksichtigt.