Protokoll der Sitzung vom 13.10.2000

Der Herr Minister hat ja auf verschiedene Punkte schon hingewiesen. Und wenn ich dann den grinsenden und zynischen Trittin in den Talkshows sehe, wie er dann mit dem Mittelstand und mit den Betrieben umgeht, da muss er einfach, genau wie die gesamte Bundesregierung, mal folgende Fakten zur Kenntnis nehmen. Mir liegen die Berechnungen, die betriebswirtschaftlichen Kennzahlen des Arbeitskreises "Betriebswirtschaft Hannover - Regionalauswertung Thüringen" vor. Und da steigt eben der Dieselkraftstoff zwischen 97 pro Liter von 96 Pfennigen auf 1,67 DM, das sind 174 Prozent, und das Heizöl von 33 Pfennigen pro Liter auf 85 Pfennige pro Liter, das sind

258 Prozent.

Auf die Zierpflanzenbetriebe ist der Minister eingegangen. Ich möchte noch auf Gemüse unter Glas eingehen. Der Minister hat gesprochen davon, dass der durchschnittliche Gewinn von 62 Prozent wieder aufgefressen wird durch die hohen Heizölpreiserhöhungen von 66.000 DM. Mal in Zahlen: Der Heizkostenanteil am Betriebsertrag wird sich von 7,4 Prozent auf 19,1 Prozent und der Heizmaterialverbrauch pro m2 Glasfläche von 2,47 DM auf 16,24 DM erhöhen. Er beträgt damit das Sechsfache des Ausgangswertes von 1997. Bei der Anbaufläche von 33 ha unter Glas ist mit einer Mehrbelastung von 4,5 Mio. DM zu rechnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend entsteht für den Thüringer Gartenbaubetrieb eine Mehrbelastung von rund 13,7 Mio. DM. So viel zu den Fakten.

Eine weitere Drosselung der Heizung ist kaum mehr möglich, da mit 14,4 Liter Heizöl pro m2 schon ein extrem niedriger Verbrauch eingestellt ist.

Herr Abgeordneter Wunderlich, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Zum Schluss meiner Ausführungen.

Zum Schluss bitte.

Bisher wurde bereits aus Mitteln des AIP und Wiedereinrichtungsprogramm viel in Heiztechnik investiert - der Minister hat es gesagt -, deshalb kann auch das Energieeffizienzprogramm nicht so greifen. Und gegenüber den Hauptkonkurrenten am Markt, den Niederlanden, Herr Kummer, sind die deutschen und somit die thüringischen Gartenbaubetriebe hoffnungslos unterlegen. Dort zahlen die Gärtner für ihre Heizung nur ein Drittel des Preises wie in Deutschland. Im Gegensatz zu Deutschland erhalten die holländischen Gartenbaubetriebe eine Beihilfe zu den Ölkosten und wären aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrung durchaus in der Lage, den gesamten deutschen Markt zu übernehmen. Ich sage es ganz ehrlich, ich kann das Gefasel von Herrn Schröder, Herrn Trittin oder Herrn Funke, dass sie sich weiterhin auf allen Ebenen und mit aller Kraft in der Europäischen Union für eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen einsetzen, nicht mehr hören. Die Wettbewerbsverzerrungen waren nie so groß wie zurzeit,

(Beifall Abg. Primas, CDU)

seitdem diese Bundesregierung in Bonn und jetzt in Berlin die Verantwortung trägt. Nichts, aber auch gar nichts ist auf diesem Gebiet zur Harmonisierung durch diese Bundesregierung erreicht worden. Auf diesem Gebiet könnte sie beweisen, dass sie nicht nur gut bei Versprechungen, sondern auch beim Handeln ist. Und ich frage Sie wirklich: Sind die in Berlin wirklich so naiv, dass sie glauben, dass die Holländer, die Franzosen, die Dänen und die Südeuropäer ihren Landwirten und Gartenbaubetrieben diesen Wettbewerbsvorteil nehmen lassen? Wer glaubt denn das! Diese Regierung sollte endlich begreifen, dass eine Angleichung nur in Richtung der Konkurrenzländer möglich ist, aber dazu gehört eben, dass man die ideologischen Scheuklappen ablegt.

(Beifall bei der CDU)

Und deshalb bleibt der Antrag der CDU/CSU-regierten Länder auf einheitliche Energiesteuer auf Heizöl von 0,11 DM, die ist zwar durch die SPD-Länder abgelehnt worden, aktueller denn je. Dies zeigen ja die Wettbewerbsverzerrungen der letzten Wochen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kann einfach nicht angehen, dass die Blindheit der rotgrünen Bundesregierung zur Preisgabe eines ganzen Berufsstandes führt. Die Betriebe stehen kurz vor dem Aus. Einen Beerdigten kann man nicht wiederbeleben. Schnellstmögliche Hilfe ist angesagt. Und ich glaube, das arrogante Verhalten dieser Bundesregierung wird dann wohl dahin führen, dass wir billigen Atomstrom aus Tschechien und Frankreich beziehen, Rindfleisch aus Frankreich und England, Schweinefleisch aus Dänemark, die Blumen und das Gemüse aus den Niederlanden. Transportiert wird alles mit polnischen und tschechischen Spediteuren. Und sollte der Bundeskanzler mal wieder eine Reise durch die neuen Länder machen, benutzt er portugiesische Reiseunternehmen, raucht eine Zigarre aus Havanna, wird angezogen aus Italien und lässt sich dann von den Medien vor südeuropäischem Wein sehr loben.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, soll so die Zukunft aussehen? Im Gegensatz zur Bundesregierung hat die CDU-Fraktion den thüringischen Gartenbaubetrieben schnelle Hilfe im Rahmen ihrer Möglichkeiten zugesagt. Diese Zusagen werden wir auch einhalten. Sie sind zwar bescheiden, der Minister hat es angesprochen, aber sie sollen helfen, um Liquiditätsengpässen im kommenden Winterhalbjahr zu begegnen. Zu mehr sind wird ja auch nicht in der Lage und der Minister hat es angesprochen, es werden Zinsbeihilfen sein, und ich glaube, man sollte auch im Einzelfall über Erleichterungen bei Bürgschaften nachdenken. Ich habe es gesagt, hierdurch kann den Betrieben nur kurzfristig das Überleben gesichert werden. Eine langfristige Lösung ist nur in Berlin möglich.

Hier ist die Bundesregierung gefordert. Insbesondere müssen die Steuerentlastungen in Betracht kommen, die ja von der EU-Kommission nicht genehmigt werden müssen. Auf die einheitliche Energiesteuer von 0,11 DM auf Heizöl habe ich hingewiesen. Hierbei sollte man natürlich auch die Landwirte mit einbeziehen. Es bleibt dabei, die Hauptforderung der CDU bleibt der sofortige Verzicht auf die Ökosteuer. Diese ökologische Steuer ist sowieso eine Verunglimpfung des Wortes "Öko". Und wie die Beispiele unserer Gartenbaubetriebe zeigen, Frau Dr. Klaus, ist es eine lupenreine K.O.-Steuer. Und damit hat auch der Slogan der CDU vollkommen Recht.

(Beifall bei der CDU)

Und es zeigt sich immer deutlicher, dass die Steuerpolitik dieser rotgrünen Bundesregierung nicht zur Entlastung des Mittelstandes beiträgt, sondern zur Erdrosselung dieses wichtigen Standbeins der deutschen Wirtschaft. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gartenbaubetriebe, dafür interessieren sich wahrscheinlich die Medien nicht so in dem Falle und dann ist es eben auch für den Medienkanzler nicht so interessant.

Noch einmal was zu dem Bundeskanzler: Wenn sich ein Bundeskanzler der stärksten Wirtschaftsnation in der Welt hinstellt und davon spricht, dass die Schwäche des Euro ja gar nicht so schlecht ist für die Exportwirtschaft, dann ist er mit verantwortlich für die Steigerung des Ölpreises hier in Europa und diese kleinen und mittelständischen Betriebe sind keine Exportbetriebe. Der Bundeskanzler Schröder kann nicht mit Hunderten von Millionen eine Einzelfirma wie Holzmann sanieren und bei dem Aus eines mittelständischen Berufsstandes wegschauen. Ich frage mich: Wo ist da die soziale Verantwortung und Gerechtigkeit? Es geht nicht nur um die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen, die über viele Jahrzehnte schwer geschuftet haben, sondern es geht vor allem auch um die Arbeitsplätze und da vor allem auch um die Frauenarbeitsplätze. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ja, Herr Wunderlich, Sie wollten am Ende Ihrer Rede die Frage von Herrn Kummer zulassen.

Herr Wunderlich, ich habe vielleicht nicht richtig zugehört, aber ich habe es irgendwie vermisst in Ihrer Rede: Können Sie mir sagen, ob Ihre Fraktion dann in den kommenden Haushaltsverhandlungen eine zusätzliche Landesunterstützung für die Gartenbaubetriebe befürwortet?

Herr Kummer, wir werden in den Haushaltsberatungen genau über diese Dinge uns unterhalten müssen.

Es hat jetzt das Wort Frau Abgeordnete Dr. Klaus, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zunächst erstmal kann ich nicht ganz widerstehen, die Liste des Abgeordneten Wunderlich mit diesem südeuropäischen Wein usw. etwas zu ergänzen, nämlich um die Bratwürste aus Nürnberg, die auf CDU-Parteitagen in Thüringen gegessen werden, das gehört nämlich auch dazu.

(Beifall bei der SPD)

(Heiterkeit bei der CDU)

So ist das halt mit den Thüringer Produkten. Meine Damen und Herren, hier war jetzt sehr viel von Unverschämtheiten und sonstigen Dingen die Rede. Einfuhrverbot wäre sicherlich angebracht, Herr Minister, überlegen Sie sich das mal. Wenn man den Antrag liest, wird einem ja deutlich, dass hier, und diese Auffassung teilen wir auch, ein ernsthaftes Problem vorliegt für die Thüringer Gartenbaubetriebe wie für Gartenbaubetriebe deutschlandweit. Und kurzfristig in meinem naiven Sinn dachte ich - und die ersten Reden haben mich darin durchaus bestärkt -, dass es tatsächlich heute hier um die Diskussion eines Problems gehen soll, weil, wie ja unschwer zu verstehen ist, diejenigen, die davon betroffen sind, heute auch auf diese Debatte lauern. Diese Hoffnung, muss ich mal sagen, Herr Abgeordneter Wunderlich, haben Sie vollkommen zerstört.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Sie haben die Not dieser Gartenbaubetriebe benutzt, in unverschämter Weise benutzt, um Ihre Parteitagspolemik unters Volk zu bringen. Es ist eine bodenlose Frechheit mit der Not der Leute zu spielen, mit Halbwahrheiten hier zu diskutieren.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Dann widerlegen Sie doch mal die Zahlen!)

Haben Sie sich das überhaupt überlegt, wie das auf die Leute wirkt? Sie haben hier Sachen gesagt, von denen Sie ganz genau wissen, dass sie nur die halbe Wahrheit sind, und Hoffnungen erweckt, die vollkommen unrealistisch sind. Wir wissen ganz genau, dass die Gartenbaubetriebe, auch unsere Fraktion ist da angeschrieben worden, sich in einer komplizierten wirtschaftlichen Lage befinden.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU)

Herr Kretschmer, ich bin jetzt am Reden, Sie können gerne dazwischenrufen, ich will Sie nur darauf hinweisen, dass es mich nicht stört. Die Ausgaben für Energie insbesondere im Unterglasanbau haben natürlich eine besondere Bedeutung. Ohnehin ist der Wettbewerb außerordentlich hart, und das schon seit vielen Jahren. Der Landesverband für Gartenbau führt dabei an, dass auch die Überproduktion, die Allmacht der Großabnehmer mit deutlichen Monopolstrukturen da große Probleme für die Betriebe mit sich bringen. Die Energiepreise sind im letzten Jahr ganz besonders in den Vordergrund getreten. Dabei spielen die Erhöhung der Rohölpreise, die Aufwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro und die in jüngster Zeit vorgefundene Verknappung an den Rohölmärkten eine Rolle. So wird das auch vom Landesverband Gartenbau eingeschätzt. Ich will nur eine Zahl nennen, um das zu verdeutlichen: Der Nettowarenwert je Liter Diesel zum Beispiel ist von 39 Pfennige im Jahr 1998 auf 73 Pfennige im September 2000 angestiegen. Eine dramatische Wettbewerbsverzerrung auf dem europäischen Markt erfordert rasche Harmonisierung der Wettbewerbsbedingungen. Nun ist beklagt worden, dass das in zwei Jahren Regierung Schröder nicht geglückt ist. Was ist denn vorher passiert in 16 Jahren Regierung Kohl - nichts, nichts, nichts auf diesem Gebiet.

(Beifall bei der SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Nichts ist passiert. Also wie Sie die Entfernung von "nichts" zu "noch nicht geglückt" messen, das möchte ich wirklich mal wissen.

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Irgend- wann ist die Zeit vorbei, wo Sie sich auf die frühere Regierung berufen können!)

Also 16 Jahre Kohl sind eine lange Zeit und zwei Jahre Schröder - Sie haben schon vollkommen Recht, dass dieses Argument ein Zeitargument ist, aber im Moment ist es vollkommen tragfähig.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich die Mühe machen würden, mal die großen Preisschwankungen im Energiebereich hier kurz vor dem Landtag zu verfolgen, da würden Sie feststellen, dass Steuersenkungen den Gartenbaubetrieben überhaupt nichts nützen würden. Allein an dieser Tankstelle hier vor dem Landtag hat es in der letzten Woche bei Diesel eine Preisschwankung von über 10 Pfennigen gegeben, ohne jede politische Einflussnahme, so ist die Realität.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Abgesehen davon, dass Ihr Vorschlag mit dem Agrardiesel bedeutet, dass dem jegliche Gegenfinanzierung fehlt, ich

möchte mal wissen, was Sie sagen würden, wenn die Opposition so einen Vorschlag machen würde und Herr Trautvetter wäre betroffen. Also abgesehen davon, dass zumindest jede realistische Gegenfinanzierung fehlt, wäre es überhaupt nicht möglich, diesen Vorteil an die Gartenbaubetriebe weiterzureichen, es würden sich nämlich ganz flugs die Mineralölkonzerne bedienen, weil, bei den heutigen Summen fällt das ja gar keinem auf.

(Beifall Abg. Becker, SPD)

Und es ist praktisch überhaupt nicht möglich, gegen diese Frage etwas zu tun. Ich finde es richtig, wenn wir uns über die kurz- und mittelfristigen sowie langfristigen Maßnahmen im Landwirtschaftsausschuss, über diesen Antrag unterhalten würden, weil ich denke, die Not ist groß und alles, was getan werden kann, sollten wir tun.

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Abschaf- fen, nicht unterhalten!)

Ja, ich habe also heute, das muss ich jetzt hier auch gleich an dieser Stelle erwähnen, zwar sehr viel Polemik über die Bundesregierung gehört, aber auf eine konkrete Nachfrage des Abgeordneten Kummer bezüglich der Taten des Landes Thüringen nur sehr wenig gehört. Und das kann man ja durchaus vervollständigen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Unruhe bei der CDU)

Also es ist, wie gesagt, auf diesem Gebiet sehr wenig geschehen.