Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache und wir kommen zur Abstimmung, und zwar - Entschuldigung Frau Nitzpon.

Die PDS-Fraktion beantragt in der Abstimmung, dass der Antrag noch mal an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst zurücküberwiesen wird, die Begründung dafür hat in der Rede die Frau Dr. Kaschuba gegeben. Gleichzeitig zweifelt die PDS-Fraktion laut § 40 Abs. 2 GO die Beschlussfähigkeit an und wir bitten mit der Abstimmung dann um die Zählung der Stimmen.

Wir waren natürlich auf die Frage der Beschlussfähigkeit vorbereitet. Bitte, Herr Stauch.

Frau Präsidentin, wir beantragen namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der CDU)

Gut. Das wird die durch das Präsidium hier festgestellte Beschlussfähigkeit noch mal untermauern, denke ich. Es wird jetzt erst einmal über den Überweisungsantrag abgestimmt. Rücküberweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst, wer damit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. 2. Gegenprobe? Danke. Enthaltungen? Mit einer übergroßen Mehrheit abgelehnt.

Damit kommen wir jetzt direkt zur Abstimmung über den Antrag, und zwar wurde namentliche Abstimmung beantragt. Es wird direkt über den Antrag abgestimmt, da die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Annahme des Antrags empfiehlt. Ich bitte dann die Schriftführer die Stimmenkarten einzusammeln.

Sind alle Stimmzettel eingesammelt? Wenn das der Fall ist, dann schließe ich die Abstimmung und bitte um Auszählung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können die Plätze wieder einnehmen. Die Abstimmung ist geschlossen und es ist schon ausgezählt. Es wurden abgegeben 52 Stimmen, demnach müssen sich 52 Abgeordnete hier im Raum befunden haben. Damit stimmten mit Ja, also für den Antrag, 41, mit Nein stimmten 9 und es gab 2 Enthaltungen. (Namentliche Abstimmung siehe Anlage 1.) Damit ist der Antrag angenommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Ökosteuer als einfache Verbrauchssteuer Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/392 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksache 3/1056

Als Berichterstatterin wurde Frau Abgeordnete Lehmann benannt. Ich bitte den Bericht zu erstatten.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags vom 15. März 2000 ist der Antrag "Ökosteuer als einfache Verbrauchssteuer" federführend an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie weiterhin an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik, den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt überwiesen worden.

In der 11. Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 12. Mai 2000 wurde beschlossen, zunächst die oben genannten mitberatenden Ausschüsse um Beratung des Antrags zu ersuchen. Der Ausschuss für Naturschutz und Umwelt hat in seiner 12. Sitzung am 30. Juni den Antrag beraten und im Ergebnis mehrheitlich empfohlen, den Antrag in unveränderter Fassung anzunehmen. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beriet den Antrag in zwei Sitzungen, zunächst am 22. Juni 2000 und dann nochmals am 5. Juli 2000. Dem Haushalts- und Finanzausschuss wurde eine Neufassung des Antrags empfohlen. Neben der ursprünglichen Fassung sollte ergänzt werden, dass sich die Landesregierung weiterhin auf Bundesebene für Maßnah

men, die die bisherige einseitige Belastung für die Landwirtschaft und des ländlichen Raumes kompensieren, einsetzen sollte. Dieser Antrag wurde durch den uns vorgelegten weiter gehenden Antrag des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik jedoch nicht weiter verfolgt. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik beriet den Antrag in seiner 8. Sitzung am 29.06.2000. Durch den Ausschuss wurde die Landesregierung gebeten, in einem Bericht die Auswirkungen der Ökosteuer auf die Thüringer Wirtschaft sowie die Bevölkerung einzuschätzen und diesen Bericht bis 30. September vorzulegen. Unter Bezugnahme auf den vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur erstellten Bericht zu dieser Thematik beriet der Ausschuss den Antrag in seiner 12. Sitzung am 5. Oktober erneut. Dieser Bericht enthält u.a. die Darstellung der Grundsätze der Ökosteuer, Aussagen zur Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge, die Auswirkungen auf Thüringen sowie auch eine Analyse zur preislichen Entwicklung. Dieser Bericht der Landesregierung in Vorlage 3/431 wurde in leicht geänderter Fassung zustimmend zur Kenntnis genommen. Es lagen dem Ausschuss zu dieser Beratung des Weiteren ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU und ein Änderungsantrag der Fraktion der PDS vor. Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik empfahl letztlich mehrheitlich, den Antrag der CDU in Drucksache 3/392 in einer Neufassung anzunehmen, und zwar unter Berücksichtigung des geänderten Berichts der Landesregierung als Anlage zur Begründung. Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen beriet abschließend in seiner 15. Sitzung am 17. Oktober 2000 unter Berücksichtigung der von den mitberatenden Ausschüssen vorgelegten Beschlussempfehlungen über diesen Antrag. Das Ergebnis liegt Ihnen als Drucksache 3/1056 zu Drucksache 3/392 vor.

Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt dem Landtag mehrheitlich die Annahme des Antrags nunmehr in folgender Fassung: Die Landesregierung wird ersucht, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die mit der so genannten Ökosteuer eingetretenen Verteuerungen der Energie zurückgenommen werden sowie die bis zum Jahr 2003 bereits beschlossenen Erhöhungsstufen unterlassen werden.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Damit kommen wir zur Aussprache. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zuerst möchte ich einmal kurz auf den Bericht, den Frau Lehmann eben abgegeben hat, eingehen. Eine Fra

ge stellt sich mir dabei ganz deutlich und das ist die Frage, wie ein einmal hier im Plenum gehaltener Bericht der Landesregierung im Nachhinein geändert werden kann. Das ist mir unklar. Aber vielleicht wird ja diese Frage heute noch beantwortet.

Ich bedaure außerordentlich, dass wir heute schon wieder eine Debatte zu diesem Thema führen, obwohl in der Plenarsitzung am 15. März inhaltlich schon fast alles dazu gesagt wurde. Es ist schade um die Zeit und als Vater zweier Kinder würde ich eigentlich im Moment lieber draußen bei der Demo sein. Ich denke, das wäre nötiger.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Zu kaum einem anderen Thema wurde im letzten Dreivierteljahr so häufig in diesem hohen Haus diskutiert und vor allem polemisiert wie zur Ökosteuer. Die Ursache dafür sah der Abgeordnete Höhn in der Sitzung am 15. März im Versuch der CDU, die Lufthoheit über den Stammtischen zurückzugewinnen. Einen ähnlichen Eindruck hatte ich auch bei der Debatte zur Situation der Gartenbaubetriebe, wo die CDU die Ursache der Probleme wieder mal hauptsächlich in der Ökosteuer sah. Ich frage mich nur, meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktion: Warum diskutieren Sie hier immer wieder bundespolitische Themen, bei denen Sie kaum Chancen auf Veränderung haben? Soll das vielleicht davon ablenken, wie wenig Sie im Rahmen der Landesmöglichkeiten für eine ökologisch orientierte Energiewende tun? In dieser Beziehung möchte ich nur auf den Haushaltsentwurf verweisen. Die eingesetzten Mittel für die Förderung regenerativer Energien sind mehr als dürftig. Außerdem, meine Damen und Herren von der CDU, was wollen Sie eigentlich in Sachen Ökosteuer erreichen?

(Unruhe bei der CDU)

Einige Äußerungen von Ihnen - darf ich mal weiterreden, es wird sich gleich erhellen - lassen mich ja hoffen, dass die CDU nun endlich in dieser Frage die PDS-Argumentation zumindest teilweise übernimmt. Diese geht nämlich davon aus, dass wir eine Ökosteuer brauchen, die diesen Namen verdient und eingenommene Gelder deshalb für ökologische Alternativen verwendet.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Herr Wetzel äußerte sich am 15. März mit dem Zwischenruf "Da haben wir aber nicht Ökosteuer dazu gesagt." zu den Ausführungen von Herrn Höhn zur Mineralölsteuererhöhung durch die Kohl-Regierung. Die Bezeichnung "Ökosteuer" wird von ihm also ebenfalls abgelehnt wie bei der PDS, eine Energiesteuer scheint bei ihm jedoch Zustimmung zu finden.

Herr Wunderlich regte auf der Mitgliederversammlung 2000 des Waldbesitzerverbandes an, Mittel aus der Ökosteuer für den Wald zu verwenden. Das begrüße ich aus

drücklich. Nur, wenn die CDU in diese Richtung gehen will, hätte der Antrag zum Thema "Ökosteuer" anders lauten müssen, z.B. Umbenennung der Ökosteuer in Energiesteuer oder ökologische Verwendung der aus der Ökosteuer eingenommenen Mittel. Anträgen dieser Bezeichnung hätte meine Fraktion problemlos zugestimmt.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Damit hätten Sie sogar einen Beitrag leisten können, die durch die Bundespolitik Ihrer Partei mit hervorgerufene katastrophale Situation im Bereich des öffentlichen Verkehrs, die ja morgen auch noch Thema im Plenum sein wird, zu verbessern. Fehlende Umsteigemöglichkeiten vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel gehören mit zu den Ursachen für die finanzielle Belastung von Pendlern durch die gestiegenen Kraftstoffpreise. Und glauben Sie mir, als Südthüringer, der über fast keinen Bahnanschluss mehr verfügt, weiß ich, wovon ich rede. Vielleicht haben Sie keinen Antrag in diese Richtung gestellt, weil Ihre Debatte im Arbeitskreis noch nicht abgeschlossen ist. Wie sonst soll man sich die Widersprüche in Ihrer Argumentation erklären?

In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf die Rede Ihres Ministers Trautvetter am 15. März im Plenum hinweisen. Zuerst erklärte er richtig, dass eine Ökosteuer einen ökologischen Effekt haben muss. Dann versprach er, die dritte bis fünfte Stufe der Ökosteuer kritisch zu begleiten. Anschließend ging er auf die problematische Konkurrenzsituation im Speditionsbereich ein. Ich hatte den Eindruck, er hätte einen Antrag unterstützt, der den Titel "Nutzung der Einnahmen der Ökosteuer zur Sicherstellung polnischer Benzin- und Dieselpreise in Thüringen" trägt.

Meine Damen und Herren von der CDU, ich weiß nicht, was Sie bewogen hat, sich für einen Antrag "Ökosteuer als einfache Verbrauchssteuer" zu entscheiden und die darin geforderte Abschaffung der Ökosteuer hier im hohen Hause vorzubringen, denn zumindest eine Lenkungswirkung kann man dieser Steuer nicht absprechen. Ich möchte in diesem Zusammenhang - weil Herr Sklenar gerade sagt: ich lache mich kaputt - auf die Biodieselfahrzeugflotte im Landwirtschaftsministerium hinweisen. Wenn die Spritpreise so günstig wären...

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Die hat- ten wir doch vorher schon.)

Es werden hier aber verstärkte Maßnahmen unternommen, um alle Fahrzeuge entsprechend umzurüsten.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Und ich glaube, wenn der Spritpreis nicht so hoch wäre, wären diese Gedanken nicht gekommen.

Nun noch zu einem Punkt, um den es in letzter Zeit im Zusammenhang mit der Ökosteuer ging, es ist das Problem der sozialen Unausgewogenheit. Hier unternimmt die Bundesregierung ja endlich Schritte, um das auszugleichen. Diese einmaligen Maßnahmen wie Heizkostenzuschüsse reichen uns jedoch nicht aus.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU)

Da komme ich auch noch hin. Wenn wir schon keine richtige Ökosteuer bekommen, müssen zur Schadensbegrenzung wenigstens ständige Regelungen zur Entlastung derjenigen getroffen werden, die von der Senkung der Lohnnebenkosten nichts haben. Auch die Einführung der Entfernungspauschale möchte ich hier zumindest in Teilen kritisieren. Sie begünstigt besser Verdienende gegenüber Menschen mit niedrigem Einkommen und ist außerdem kein Schritt zur Verringerung des Pendlerverkehrs. Gegen diesen helfen nur wohnortnahe Arbeitsplätze. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Höhn, SPD-Fraktion.

(Zwischenruf aus der CDU-Fraktion: Hier geht es nicht um Kulturrevolution.)

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich kann ja die Heiterkeit im Saal verstehen und ich möchte auch ausdrücklich meinem Kollegen Kummer Recht geben, es ist in der Tat vertane Zeit, sich heute hier mit diesem Antrag beschäftigen zu müssen.

Ich habe bei der Vorbereitung zu diesem Tagesordnungspunkt einmal etwas ganz anderes gemacht. Ich habe einmal im Duden-Fremdwörterbuch nachgeschaut unter P wie Populismus. Wissen Sie, was da steht? Frau Präsidentin,

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: Da stand doch wohl nicht Ihr Name?)

ich darf zitieren. Unter Populismus steht geschrieben im Duden-Fremdwörterbuch: "Von Opportunismus geprägte, oft demagogische Politik mit dem Ziel, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen zu gewinnen." So, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nun vergleichen Sie doch einmal Ihren Antrag mit dieser Definition aus dem Duden-Fremdwörterbuch. Fällt Ihnen da etwas auf?

(Zwischenrufe aus der CDU-Fraktion: Ja.)