Der Deutsche Bundestag hat dann das Gesetz zum Verbot der Verfütterung von Tiermehl am 30. November 2000 beschlossen; der Bundesrat hat diesem Gesetz am 1. Dezember 2000 zugestimmt und das Gesetz ist am 2. Dezember 2000 in Kraft getreten. Ferner hat das Bundesgesundheitsministerium eine fleischhygienerechtliche Eilverordnung erlassen, die ab 6. Dezember 2000 die Anwendung von BSE-Schnelltests bei über 30 Monate alten Schlachtrindern vorschreibt. Auch diese Verordnung wurde von allen Bundesländern voll unterstützt. Meine Damen und Herren, dabei geht es nicht allein um die Sicherheit des Fleisches für den Verbraucher, sondern es geht in ganz entscheidendem Maße auch um die epidemiologische Aufklärung möglicher BSE-Fälle in Deutschland. Deswegen möchte ich hier schon heute sagen: Wir sollten uns nicht wundern, wenn etwas Ähnliches wie in Brandenburg, nämlich ein Verdachtsfall, in nächster Zukunft häufiger auftreten wird. Wenn mehr untersucht wird, wird logischerweise mehr gefunden. Und nicht jeder Vortest ist spezifisch, sondern muss erst mal durch einen spezifischen Test dann noch mal erhärtet werden. Also, meine Damen und Herren, dieses Mal gleich am Rande mit zur Kenntnis: Bitte nicht wundern, wenn in nächster Zeit häufiger Verdachtsfälle auftreten, selbst wenn kein BSEFall gefunden wird.
Der Bundesrat hat am 1. Dezember 2000 eine Entschließung gefasst, die Maßnahmen enthält, die über die national getroffenen Maßnahmen der Bundesregierung hinausgehen. Es hat dazu einen Antrag von Baden-Württemberg gegeben und einen zweiten Antrag der A-Länder, meine Damen und Herren, und es ist schon erfreulich, in dieser schwierigen Situation feststellen zu dürfen, dass man sich auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag geeinigt hat. Dieser Entschließungsantrag sieht z.B. ein Importverbot für Tiermehl vor. Meine Damen und Herren, beschlossen im Gesetz ist nur das Verbot des Exports von Tiermehl. Ich halte dieses für eine
Wettbewerbsverzerrung und für eine Gefahr, wenn nicht gleichzeitig das Importverbot beschlossen ist. Zum Zweiten, ein Ausfuhrverbot von Rindfleisch aus Großbritannien: Meine Damen und Herren, nicht nur ein Einfuhrverbot auch ein Ausfuhrverbot ist dringend notwendig. Export und Import sind zwei unterschiedliche Dinge und die B-Länder haben sich im März dieses Jahres vehement dafür eingesetzt, dass das Importverbot für britisches Rindfleisch nicht gelockert wird.
Der EU-Agrarrat hat am 4. Dezember 2000 unseren Forderungen nur teilweise entsprochen. Er hat das Verbot der Verfütterung von Tiermehl ab 01.01.2001, eine unverantwortliche Verzögerung, und zwar zunächst befristet für sechs Monate, beschlossen. Meine Damen und Herren, das ist so gut als wenn man gar nichts Richtiges beschließt. Die Umsetzung der nationalen Rechtsvorschriften wurde in Thüringen sofort sichergestellt. Sowohl das Einsatzverbot von Tiermehl als auch die Einführung von Schnelltests bei Schlachttieren wurde in Thüringen realisiert. Dabei, meine Damen und Herren, besteht ein Verfütterungsverbot von Tiermehl an Wiederkäuer bereits seit 1994 und ist auch, soweit wir informiert sind, in Thüringen eingehalten worden. Die erforderlichen Voraussetzungen für die Durchführung des Schnelltests in den Labors des Thüringer Medizinal-, Lebensmittelund Veterinäruntersuchungsamtes in Bad Langensalza wurden bereits vor dem In-Kraft-Treten der Eilverordnung geschaffen. Von Seiten der EU war unabhängig von dem Auftreten dieses BSE-Falls festgelegt worden, dass in den einzelnen Ländern Schnelltests in einer Größenordnung durchgeführt werden. Auf Thüringen entfielen ab dem Jahr 2001 etwa 2.200 Tests, die hätten durchgeführt werden müssen. Thüringen hat diese Schnelltests bereits, und zwar etwa 300, seit dem 1. August dieses Jahres durchgeführt. Die notwendigen Testkits wurden sofort im Ausland bestellt, es ist eine Schweizer Firma, die diese Testkits herstellt. Diese Testkits sind bestellt worden und stehen unterdessen in Thüringen zur Verfügung. Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen hier im Augenblick nicht sagen, wie es im nächsten halben Jahr laufen wird. Thüringen hat zumindest 5.000 Testkits nicht nur bestellt, sondern erworben, damit kann bis Ende Februar natürlich haben wir weiter bestellt - abgesichert werden, dass diese Schnelltests durchgeführt werden können. Außerdem kann ich berichten, dass die nach EU-Recht vorgeschriebene getrennte Erfassung, Verarbeitung und Vernichtung des spezifischen Risikomaterials von Rindern, Schafen und Ziegen in Thüringen seit dem 1. Oktober 2000 läuft. Auch hier sind wir schneller gewesen als es uns vorgegeben wurde, und zwar etwa um ein Vierteljahr.
Meine Damen und Herren, dennoch sind einige Fragen offen. Zu ihrer Lösung haben inzwischen mehrere BundLänder-Beratungen in Bonn stattgefunden. Noch immer
offen sind die Fragen der Logistik zur Tiermehlentsorgung, d.h., wo und wie wird das Tiermehl weiter verarbeitet. Wird es verbrannt? Eine andere Möglichkeit ist, es in der Zementindustrie zu nutzen. Um es für Thüringen zu sagen, an jedem Arbeitstag fallen in Thüringen 100 Tonnen Tiermehl an, das sind pro Monat etwa 1.800 Tonnen. Und die finanziellen Aufwendungen liegen in diesem Bereich bei etwa 30 Mio. DM, 28 Mio. DM für die eigentlich der Freistaat nicht zuständig ist, 2 Mio. DM aus seuchenrechtlichen Rückständen, für die der Freistaat zuständig ist. Weitere offene Fragen sind die Einheitlichkeit von Maßnahmen in allen Mitgliedsstaaten der EU in qualitativer, quantitativer und terminlicher Hinsicht. Ich hatte schon gesagt, dass das Verfütterungsverbot in den EU-Mitgliedsstaaten erst ab 1. Januar 2001 gilt. Meine Damen und Herren, das Verfütterungsverbot ist auch insofern unterschiedlich, als in Deutschland Fischmehl nur für die Fischzucht genutzt werden darf, in den anderen Ländern Fischmehl in der Tierproduktion möglich ist. Das heißt aber mit anderen Worten, wenn wir kein Fischmehl verfüttern dürfen bei landwirtschaftlichen Nutztieren, woanders aber Fischmehl verfüttert werden darf und das Fleisch dann wieder importiert werden darf nach Deutschland, dann beißt sich hier etwas und das entspricht nicht ganz der Logik.
Ein weiteres Thema ist natürlich die Finanzierung durch entstehende direkte, aber auch im besonderen Maße indirekte Folgenkosten. Die Sorgen der Verbraucherinnen und Verbraucher vor den Risiken und Folgen des Verzehrs von Fleisch, das von BSE-kranken Tieren stammen könnte, ist berechtigt. Ich will ausdrücklich den Begriff "BSE-haltigen Fleisches" nicht verwenden, denn Prionen sitzen im zentralen Nervensystem und sitzen nicht im Fleisch, deswegen sollte man von BSE-haltigem Fleisch überhaupt nicht reden, um nicht hier auch Unsinn zu verbreiten.
In Thüringen hat die Bekämpfung von BSE immer oberste Priorität gehabt, wie ich denke auch an den Maßnahmen erläutert zu haben. Ich erinnere auch daran, dass in Thüringen bereits 1997 so konsequent wie in keinem anderen Bundesland die Tötung aller Rinder angeordnet wurde, die aus Großbritannien stammten. Thüringen hat sich bis zuletzt mit allem Nachdruck für die Beibehaltung des Exportverbots für britisches Rindfleisch und gegen die Aufhebung des Importverbots eingesetzt. Die Bedenken Thüringens wurden allerdings von der Bundesregierung und der Mehrheit des Bundesrats im März in den Wind geschlagen, meine Damen und Herren, wir konnten uns damit leider nicht durchsetzen. Die Bundesregierung hat das Importverbot entgegen aller Warnungen aufgehoben und sie hat das mit der Zusage an die Verbraucher getan, britisches Rindfleisch komme nur gekennzeichnet auf den Markt und auf die Ladentheke, meine Damen und Herren, nach dem Motto: Erst aufheben und dann die Kennzeichnungspflicht durchsetzen. Wir haben gesagt: Erst die Kennzeichnungspflicht durchsetzen und wenn sie durchgesetzt ist, können wir über die Aufhebung reden.
Es ist genau der falsche Weg gegangen worden und heute ist es bittere Wahrheit, dass die Mitgliedsstaaten in Europa die Kennzeichnungspflicht eben nicht so ernst genommen haben, wie wir es dringend für erforderlich gehalten haben. Der Bundesrat hat im März dieses Jahres entgegen allen Warnungen einer Lockerung des Exportverbots für britisches Rindfleisch zugestimmt. Aber die Thüringer Landesregierung hat sich für die weiter gehende Forderung des Bundesrates eingesetzt, den Import von Rindfleisch aus Großbritannien jetzt zu untersagen, auch notfalls im nationalen Alleingang. Auch wenn Deutschland seit Ende November in einer anderen Situation ist, meine Damen und Herren, und auch zu den Ländern zählt, in denen BSE aufgetreten ist, so ist die Ausgangslage immer noch eine andere als vor allem in Großbritannien. Bis einschließlich Oktober 2000 sind in Großbritannien insgesamt 180.000 BSE-Fälle aufgetreten. Das BSE-Risiko aus den genannten Ländern Großbritannien, Frankreich, Portugal ist immer noch ungleich höher als bei Rindfleisch aus Deutschland. Hier soll nichts schöngeredet werden, aber ich denke, man muss die Zahlen nennen dürfen, die Realität sind. Deshalb fordere ich die Bundesregierung auf, auch von dieser Stelle unverzüglich die Lockerungsvorschriften zugunsten des Vereinigten Königreiches aufzuheben und hier erwarte ich, dass die Bundesregierung im Interesse
des vorbeugenden Gesundheitsschutzes möglicherweise einen nationalen Alleingang macht. Während Deutschland bis 1998 auf europäischer Ebene der treibende Faktor bei allen Maßnahmen zur Bekämpfung von BSE war, lässt sich die heutige Bundesregierung von aktuellen Ereignissen treiben, meine Damen und Herren.
Ich bin ja froh, dass nun endlich ein Kurswechsel vollzogen worden ist, bin aber überrascht, wie abrupt dieser Kurswechsel vollzogen worden ist. Sie haben ein Wort gebraucht, Herr Dr. Botz, was ich nicht wiederholen möchte, aber was man auch in manchen Maßnahmen erkennen könnte. Die Bundesregierung muss nun unverzüglich die notwendigen gesetzlichen Regelungen schaffen, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene. Ich muss Ihnen sagen, ich bin etwas schockiert gewesen, dass ein so heißes Thema in Nizza offensichtlich mit keinem Wort erwähnt worden ist.
Auf nationaler Ebene müssen die Anfang Dezember vom Bundestag und vom Bundesrat beschlossenen Maßnahmen auch finanziell nicht nur durch die EU, sondern vor allem durch den Bund untersetzt werden. Die hierzu vorgestern auf Wunsch des Bundeskanzlers zusammen
Erstens: Die Tiermehlentsorgung wird bundesweit im nächsten Jahr einen Betrag von rund 662 Mio. DM erfordern. Dazu kommen noch rund 112 Mio. DM für die Entschädigung von Futtermittelaltbeständen. Ich hatte vorhin schon gesagt, für Thüringen berechnet bedeutet dieses 30 Mio. DM. Die Länder fordern die Bundesregierung auf, den notwendigen Ausgleich für die betroffene Wirtschaft in vollem Umfang zu leisten, denn der Erlösausfall bei der Tiermehlentsorgung ist einzig auf die getroffenen bundesrechtlichen Maßnahmen zurückzuführen.
Zum Zweiten: Allein durch die vorgeschriebenen Schnelltests entstehen Kosten in Höhe von mehr als 200 Mio. DM. Es kann den Rindfleischproduzenten, meine Damen und Herren, bei einem zusammengebrochenen Markt nicht zugemutet werden, diese Kosten allein zu tragen,
denn diese Kosten sind doch nicht auf den Verbraucher umzulegen. Für Thüringen bedeuten diese Kosten ca. 6 Mio. DM, meine Damen und Herren, ca. 6 Mio. DM für die über 30 Monate alten Schlachtrinder - nicht etwa, wenn man weitere Tests macht und ich vermute, dass der Verbraucher fordern wird, dass an jedem Stück Rindfleisch bis hin zum Kalbfleisch dransteht BSE-getestet, davon ganz abgesehen, dass diese Formulierung "BSE-getestet" keine 100-prozentige Sicherheit bietet -, das muss man auch wissen. Daher fordern die Länder, dass sich nicht nur die EU, sondern auch der Bund an den notwendigen Kosten massgeblich beteiligt.
Drittens: Die zur Entlastung des Rindfleischmarkts vorgesehene Aufkaufaktion von über 30 Monate alten Schlachtrindern, die in Deutschland zunächst 400.000 Tiere umfassen soll, EU-weit 2 Mio., ergibt Kosten in Höhe von ca. 650 Mio. DM. Daran will sich die EU zu 70 Prozent beteiligen. Die Kostenübernahme der weiteren 30 Prozent ist noch nicht geklärt. Weiterhin ist zu klären, durch wen die Kosten für den Schnelltest bei den Aufkauftieren getragen werden. Dieser ist durch EU Recht nicht vorgeschrieben, soll aber nach Auffassung des Bundes in Deutschland vorgeschrieben werden. Das würde keine Frage des Verbraucherschutzes sein, sondern eher eine Frage der epidemiologischen Abklärung der Verbreitung. Es soll zur Klärung eben dieser Frage von Seiten des Bundes verordnet werden. Die Länder fordern deswegen eine Kostenübernahme durch den Bund.
Viertens: Die geschilderten unmittelbaren Kosten sind aber nur ein Teil der Auswirkungen der BSE-Krise. Viel entscheidender sind die Folgekosten für die beteiligten Wirtschaftskreise, d.h. auf die rindfleischerzeugenden Landwirte sowie auf die Fleisch- und Futtermittelindustrie. Diese indirekten Folgen setzen sich zusammen durch einen Preiseinbruch bei Rindfleisch mit einer Minde
rung von 25 Prozent bereits jetzt, Erlösminderungen in der Landwirtschaft beim Verkauf von Rindern und Kälbern, der Rückgang der Rinderschlachtungen um 50 bis 70 Prozent, Anstieg der Futterkosten durch Substitution des nicht mehr eingesetzten Tiermehls. Der Preis von Sojaschrot ist bereits um 10 Prozent angestiegen. Die Substitutionskosten bei Futtermitteln werden auf 45 Mio. DM veranschlagt. Das heißt mit anderen Worten, wir müssen, und so deutlich muss man dieses auch sagen, mit der Insolvenz einiger Betriebe rechnen, die nicht auf eine andere Erzeugung ausweichen können.
Meine Damen und Herren, dieses Thema BSE darf nicht zur Hysterie führen, das ist richtig gesagt worden, es darf uns aber auch nicht ruhen lassen. Wir brauchen konsequente, durchgreifende und dauerhafte Maßnahmen und dazu, meine Damen und Herren, gehört auch ganz entscheidend, dass die Forschung zu BSE intensiviert werden muss,
und zwar intensiviert werden muss zentral in der Europäischen Union. Es hat keinen Zweck, dass sich da kleinere Institutionen daranmachen, sondern dieses muss EU-weit vorangetrieben werden. Es ist eigentlich eine Schande, dass bisher auf diesem Gebiet nicht mehr erfolgt ist, denn es gibt genügend ungeklärte Fakten bei BSE und der neuen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. Recht herzlichen Dank für die Möglichkeit, diesen Bericht zu erstatten. Ich bin gern bereit, über den weiteren Fortgang der Dinge zu berichten. Danke.
Damit kommen wir zur Aussprache über den Bericht. Es wurde mir bereits von Seiten der CDU-Fraktion signalisiert, dass die Aussprache gewünscht wird. Ich denke, die anderen sehen das genauso. Dann würde ich als Ersten aufrufen den Abgeordneten Scheringer, PDSFraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich frage Sie jetzt einmal: Woran mag das wohl liegen, dass den meisten Menschen in Deutschland gründlich der Appetit auf Rindfleischessen vergangen ist? Dabei wird ja hier durch das Rind, und das ist ja das Interessante, hauptsächlich durch das Rind, dazu durch das Schaf, das Wild und die Ziege und zum Teil das Pferd pflanzliches Eiweiß in tierisches Eiweiß umgesetzt. Dazu ist das Rind eigentlich durch seinen Magen- und seinen Darmtrakt als einzigstes Tier in der Lage. Und Rindfleisch ist neben dem Wildfleisch das Fleisch, was am besten schmeckt und auch am wertvollsten ist.
Na ja, ich weiß ja nicht, was so alles noch kommt. Das weiß ja fast jede Köchin, aber es muss noch einmal hier ganz öffentlich gesagt werden. Worauf ich dabei hinaus möchte, ist sicherlich klar. Hier ist das schon zweimal gesagt von unserem hoch verehrten Dr. Pietzsch
Ich bin ja auch in dem Fall mit meinem Mehrfamilienbetrieb ein ursächlich Geschädigter. Wir hoffen jetzt auf die Politik und auf die EU, alle Landwirte in Deutschland, ob ein kleiner Betrieb, der zwei Kühe hat und 30 Schafe oder ein großer Betrieb, da gibt es ja auch noch die Verteufelung. Ich bin erst einmal richtig froh gewesen, dass das nicht in einem großen Betrieb der Fall war, sondern in einem kleinen Betrieb,
das wäre ja noch schneller das Aus gewesen. Ich muss Ihnen nämlich dazu sagen: Für mich und meinen Mehrfamilienbetrieb ist es ein Leichtes, morgen früh den Kuhstall zuzumachen. Ich muss mich nicht "Bauer" beschimpfen lassen und die Hysterie ist ja so schlimm, das ist sehr ernst mit der BSE. Das kann man sich gar nicht vorstellen, da tickt eine Zeitbombe, aber die Hysterie ist so schlimm. Und was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, ist, dass die seit Wochen öffentlich damit betrieben wird. Die Medien haben dazu ihre Rolle sehr gut gespielt; zur allgemeinen Verwirrung der Menschen haben sie einen hervorragenden Beitrag geleistet. Das sage ich, wenn ich davon ausgehe, warum die Menschen kein Rindfleisch mehr essen. Vorgestern Abend war ich im Anger Maier, da stand auf der Speisekarte Rindersteak.
Ich natürlich, wie ich so bin, bestelle Rindersteak medium. Früher wusste ich immer nicht, was medium heißt, da habe ich gesagt, etwas blutig, weil das ein bisschen so dem Bauern immer noch schmeckt, den anderen natürlich nicht. Auf einmal kommt eine Kellnerin und sagt, also, werter Gast - ich war noch mit meinem Sohn dort, wir alle beide wollten das essen -, ist nicht da, es ist nicht vorhanden. Es wird seit 14 Tagen kein Stück Rindfleisch oder Goulasch in dem Anger Maier, der da irgendwo am Anger ist, der auch manchmal im Fernsehen ist, mehr angeboten. Es ist nichts im Kühlschrank, es ist nirgendwo. Das ist traurig - ein Nahrungsmittel, was eigentlich zur Volksernährung dient. Hier muss ich natürlich noch einmal sagen, obwohl ich alles, was unser Minister Dr. Pietzsch gesagt hat, zu 80 Prozent fest unterschreiben kann, er hat bei einem nicht ganz Recht. Bei der Entfernung des Rückenmarks - das haben wir aber im Ausschuss schon behandelt, Herr Wunderlich - kommt es natürlich zur Verschmierung mit Rückenmark und dem Fleischteil, weil das überhaupt nicht anders geht. Wenn du den Rückenmarkknochen ausschneidest, entweder mit der Säge oder mit der Axt, das ist jetzt egal, dann verletzt du immer das Rückenmark und verschmierst den Knochen und der Knochen wird mit verkauft. Also, das ist nicht so, dass das 100-prozentig ist. Das wollte ich Ihnen sagen. Ich will jetzt keine Hysterie schüren, aber wir wollen hier doch die Wahrheit sagen, im Knochen und im Fleisch, den Fleischknochen koche ich als Suppe, da ist es also schon drin. Das ist so, Sie müssen mich nicht verbessern, wenn ich jetzt dran bin, sage ich das sowieso. Und nochmals zu der Hysterie und der Verwirrung: Es ist nicht gleichzeitig dazu gesagt worden, dass von 1 Mio. Menschen 0,8 Menschen in Deutschland von der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit betroffen sind. Es ist nicht gesagt worden, dass wir 30.000 unheilbare AIDS-Kranke haben und es ist auch nicht gesagt worden, dass 40.000 Raucher jedes Jahr in der Bundesrepublik sterben. Wenn das dazu gesagt worden wäre, wären wir heute gar nicht hier und bräuchten nicht darüber zu sprechen; das meine ich mit Hysterie. Aber ich will nicht falsch verstanden werden; ich bin immer dafür, dass Probleme beim Namen genannt werden. Ich bin aber auch unbedingt dafür, dass angemessen und realistisch damit umgegangen wird. In welcher Weise Menschen in den letzten Wochen massiv verunsichert wurden, können wir wahrscheinlich noch gar nicht überblicken, weil die Zeitbombe weiter tickt. Das muss natürlich gesagt werden. Auf der anderen Seite ist die Erkenntnis, dass vielleicht schon seit Jahren diese Zeitbombe tickt, die nicht nur Tiere, sondern Gesundheit oder gar das Leben von Menschen bedroht, für uns alle eben auch ein Schock.
Fangen wir einmal beim Ausgangspunkt der jetzigen hitzigen Debatte an. In Schleswig-Holstein und in Sachsen-Anhalt wird ein Rind mit BSE entdeckt bzw. in Portugal finden die irgendetwas. Wer weiß, was in Portugal ist? Wer weiß, was in Argentinien ist? Jetzt bieten die immerzu argentinisches Rindfleisch an, die haben überhaupt keines untersucht.
Die sind aus der Pampa. Ihr wisst gar nicht, was hier los ist. Natürlich muss ich sagen, Deutschland als Musterland des vorbeugenden Verbraucherschutzes steht eben plötzlich gar nicht mehr so makellos da. Das muss ich auch sagen. Zu dem Problem Großbetrieb und Kleinbetrieb brauche ich mich nicht mehr weiter äußern. Die Ereignisse um BSE mit den hektischen Aktivitäten und heftigsten Schuldzuweisungen machen deutlich, wie sehr die Daseinsvorsorge durch den Staat insgesamt auch vernachlässigt wurde.
Was wurde in den letzten Jahren in diesem Land zur Bekämpfung von Seuchen tatsächlich getan? Bekannt ist BSE immerhin schon seit 15 Jahren. Die Frage bezieht sich natürlich nicht nur auf die Regierungszeit von Rotgrün, sicher, meine Damen und Herren von der CDU, auch vorher in der Bundesrepublik wurde das nicht so behandelt, wie es hätte sein können. Sicherlich ist es gut, dass jetzt nach dem Bekanntwerden des BSE-Falls in Deutschland von den politisch Verantwortlichen sehr schnell gehandelt wurde. Das Gesetz zum Fütterungsund Exportverbot für Tiermehl hat innerhalb einer Woche alle möglichen und nötigen gesetzgeberischen Hürden absolviert, auch Thüringen hat zugestimmt. Ich finde, das ist richtig so. Andererseits kann ich auch die Zögerlichkeit der Landesregierung in diesem Punkt verstehen, denn den Presseerklärungen war anfangs nicht eindeutig zu entnehmen, wie sich Thüringen im Bundesrat verhalten würde. Bemängelt wurde aus meiner Sicht zu Recht, dass sich der Bund aus der Finanzierung heraushalten wollte. Das ist ganz, ganz schlimm. Wir Bundesbürger, wir Bauern sind Bürger von der Bundesregierung, von dem Staat und wir brauchen die Unterstützung. Es gibt nicht nur ein paar Insolvenzen, sondern gibt es viel, viel mehr. Und das muss ich sehr scharf kritisieren. Es kann natürlich auch nicht hingenommen werden, dass alles, was Geld kostet, auf die Länder oder Kommunen abgeschoben wird. Immerhin ist der Bund mit seinen Handlungen daran, was alles jetzt ist, nicht ganz schuldenfrei. Dass wir jetzt in diese verzwickte Lage geraten sind, und wenn es auch eine Erblast ist, das darf nicht zugelassen werden. Ich richte einen Appell von hier aus auch an die Bundesregierung, wie unser Minister, Herr Dr. Pietzsch, sich der Verantwortung zu stellen und sich an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Ganz aussichtslos scheint mir das auch nicht zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie die schon erwähnte Bund-Länder-Arbeitsgruppe sich dazu verhält und wann eine verbindliche Aussage dazu endlich hier getroffen wird.