Protokoll der Sitzung vom 19.12.2000

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat sich Herr Kallenbach gemeldet. Ich möchte mitteilen, dass es nur noch reichlich zwei Minuten Redezeit sind, die der CDU-Fraktion zur Verfügung stehen. Nicht, dass Sie das nicht vorher schon gewusst haben sollen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Viel zu lang.)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, von den eben gehörten Reden hat mich am meisten die von Kollegen Lippmann beeindruckt. Ich muss neidvoll zugestehen, dass Sie rhetorisch immer besser werden, allerdings sind die inhaltlichen Aussagen demgegenüber rückläufig.

(Beifall bei der CDU)

Das wollte ich zu Anfang doch schon mal hier gesagt haben.

(Zwischenruf Abg. Lippmann, SPD: Dann machen Sie es jetzt mal andersherum.)

Ich bemühe mich. Wir stehen da in einem gewissen Wettstreit, aber ich habe zu wenig Zeit. Bezüglich der Verkehrsinfrastruktur haben wir in den letzten Jahren in Thüringen deutliche Fortschritte zu verzeichnen. Sie können das allerorts in Thüringen sehen. Wir stehen aber auch, und das ist ganz entscheidend, mehr und mehr im Standortwettbewerb zu den anderen neuen Bundesländern, in Deutschland insgesamt und auch innerhalb Europas. Und da ist es ganz zentral, dass wir eine gute Verkehrsinfrastruktur aufweisen können. Nur so können wir die Angleichung der Lebensverhältnisse in absehbarer Zeit erreichen.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden Sie fragen, was vor allen Dingen das Land für seine Landesstraßen tut. Zwei Vergleichszahlen: Brandenburg hat für den Haushalt 2001 42,4 Mio. DM eingestellt, Sachsen-Anhalt 87 Mio. DM und in unserem Haushalt stehen für das kommende Jahr 143 Mio. DM zur Verfügung. Das heißt, das, was wir politisch wollen, setzen wir auch im Haushalt um.

(Beifall bei der CDU)

Nun wird sehr viel gesagt zu den Verlustausgleichen bei den ÖPNV-Unternehmen. Herr Gerstenberger hat hier vor allen Dingen zu Protokoll gegeben, dass sozialverträgliche Tarife nicht mehr gegeben sind und dass die Situation immer dramatischer wird. Ich möchte hier nur ganz kurz an den Passagierzahlen, an den Fahrgastzahlen belegen, dass es gerade nicht so ist. 1992 wurden 190 Mio. Fahrgäste in Thüringen registriert, 1996 waren es 202 Mio. und im letzten Jahr 205 Mio. Fahrgäste, also eine deutlich steigende Tendenz. Wir haben beantragt, Herr Gerstenberger, dass im nächsten Jahr noch mal, also wir als CDU-Fraktion, 4 Mio. DM zugelegt werden und im Jahr 2002 noch 6 Mio. DM zum Haushaltsansatz hinzukommen.

(Beifall bei der CDU)

Soweit zum Defizitausgleich. Nun lassen Sie mich insgesamt noch sagen, wir legen großen Wert darauf, dass auch in den nächsten Jahren die Verkehrsinfrastruktur zügig weiterentwickelt wird und das bringt die entsprechende Verwaltung bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, wir muten ihnen hier viel zu. Weil gerade von Dank gesprochen wurde, ich glaube, es ist an der Zeit, auch ein Dankeschön gegenüber der Thüringer Straßenbauverwaltung auszusprechen.

(Beifall bei der CDU)

Was hier in den letzten Jahren geleistet wurde, kann sich wirklich sehen lassen. Und eine letzte Bemerkung, wir haben hier gemeinsam einen mutigen Schritt gewagt, indem wir die Straßeninstandhaltung in zwei Schritten privati

sieren. Wir warten allerdings immer noch auf die Belege für die schweren Beschuldigungen, die die SPD-Fraktion hier vor einiger Zeit vorgebracht hat. Wir sind da immer noch sehr gespannt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin auch schon beim Schlusssatz. Ich glaube, mit den Zahlen für den Haushalt 2001 und 2002 sind die richtigen Weichen gestellt für den Ausbau unserer Wirtschaftsstruktur. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Das war nicht einmal rhetorisch gut gesprochen.)

Und für die Landesregierung hat sich Minister Schuster zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, hinter dem Einzelplan 07 steht ein Programm für die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Dieser Einzelplan steht auf drei Säulen. Die erste Säule umfasst den Bereich Verkehr und Straßenbau mit etwa 1,18 Mrd. DM, die zweite Säule den Bereich Wirtschaftsförderung mit etwa 1,28 Mrd. DM und die dritte Säule den Bereich Ausbildung und aktive Arbeitsmarktpolitik mit etwa 600 Mio. DM. Die genannten Zahlen machen deutlich, dass in unserem Haushalt die Infrastruktur ein großes Gewicht erlangt hat und dies gilt noch mehr, wenn man bedenkt, dass die wichtigsten Infrastrukturinvestitionen in unserem Lande nicht in unserem Haushalt, sondern im Bundeshaushalt zu finanzieren sind. Wenn man die Mittel des Bundes hinzurechnet, dann wird endgültig deutlich, dass im Vordergrund die Förderung von Infrastruktur steht. Was den Landesstraßenneubau und den -ausbau anlangt, macht der Haushalt deutlich, dass wir trotz Sparen das Niveau des letzten Jahres halten und zusätzlich so genannte EFRE-Mittel nutzen wollen, um Straßen auszubauen und das Landesstraßennetz zu verbessern. Der ÖPNV ist angesprochen, hier müssen Akzente gesetzt werden, deshalb, weil wir unsere ÖPNV-Unternehmen fit machen müssen für die Ausschreibungskonkurrenz, die ihnen bevorsteht. Wir müssen verhindern, dass sie vom Markt verdrängt werden. Natürlich muss es auch weiterhin darum gehen, einen Defizitausgleich für ÖPNV-Un

ternehmen vorzusehen, aber hier sieht der Haushalt ja entsprechende Forderungen vor.

Lassen Sie mich zum zweiten Bereich kommen, dem Aufbau der Wirtschaft. Ich denke, man braucht die Wirtschaftsdaten nicht zu wiederholen, die sind allseits bekannt. Herr Gerstenberger, langsam müssten Sie sich fragen, warum Sie der Einzige sind, der immer noch diese Jammerarien singt. Wenn Sie dann immer von den Erwerbstätigen reden, dann möchte ich Ihnen doch anraten, die Statistik mal genauer anzuschauen und zur Kenntnis zu nehmen, dass in unserem Land im letzten Jahr die Zahl der Erwerbstätigen gestiegen ist, und zwar um 1,4 Prozent - übrigens im Gegensatz zu allen anderen neuen Ländern. Ich empfehle Ihnen, diese Zahl mal zur Kenntnis zu nehmen.

Aber zurück zur Wirtschaftsförderung: Trotz der aktuellen Wirtschaftsdaten muss es darum gehen, den Aufbau der Wirtschaft weiterhin zu unterstützen, und zwar durch die Förderung. Ohne Förderungen von Investitionen wären viele Unternehmen nicht in der Lage, ihre Investitionen durchzufinanzieren oder jedenfalls schnell genug zu finanzieren. Es ist klar, dass wir bis auf Weiteres einen Bedarf an Investitionsförderung haben, siehe Gutachten im Zusammenhang mit dem Solidarpakt, wo von 100 Mrd. DM Defizit die Rede war, runtergebrochen auf Thüringen würde das bedeuten, dass wir noch einen Nachholbedarf haben von etwa 20 Mrd. DM. Nur so können wir erreichen, die endogenen und die exogenen Wachstumspotenziale in unserem Lande auszuschöpfen, die Industriedichte in unserem Lande zu steigern, den technischen Fortschritt voranzubringen, die Produktivität zu steigern usw.

Es ist die Rede von der Gemeinschaftsaufgabe gewesen. Herr Höhn sprach davon, sie würde steigen. Herr Höhn, ich darf Ihnen mal die Zahlen nennen, die GA-Ansätze sinken von Jahr zu Jahr um etwa 100 Mio. DM durch den Bund. Bitte nehmen Sie diese Zahl zur Kenntnis. Diesen Rückgang können wir zum Teil dadurch abbremsen, indem wir mit EFRE-Mitteln die GA-Mittel verstärken. Wichtig ist auch der Hinweis, dass trotz Spartätigkeit die Mittel für das Handwerk nicht gekürzt wurden, weil wir wissen, dass das Handwerk an den großen Töpfen nicht hinreichend partizipiert. Umso wichtiger ist es, die Handwerksförderung auf dem erreichten Niveau zu halten.

Meine Damen und Herren, es ist schon angesprochen worden, früher hatten wir einige KMU-Darlehensprogramme, die wir jetzt abgelöst haben durch ein Programm mit der Deutschen Ausgleichsbank "Gründungs- und Wachstumsfinanzierung". Ich denke, die Programmvereinbarung, die wir, aber auch andere Länder mit der DTA geschlossen haben, stellt sicher, dass wir insgesamt nicht weniger Darlehen ausreichen können, sondern mehr. Sie stellt sicher, dass wir trotzdem Zuschüsse ausreichen können, und sie stellt sicher, dass wir ganz gezielt Zinsverbilligungsprogramme durchführen können, um so unseren Unternehmen, insbesondere den kleinen und mittleren Unternehmen, zu helfen.

Es ist von einem weiteren Titel die Rede gewesen, von dem so genannten Industrietitel, der der LEG zufließt. Es ist dargestellt worden, dass der entsprechend dotiert werden muss. Der Grund ist ein ganz einfacher: Wir müssen weiterhin Investoren akquirieren. Wir müssen weiterhin Erweiterungsinvestitionen unterstützen. Wenn wir heute akquirieren, dann befinden wir uns praktisch bei jedem mittleren Investitionsvorhaben in einem europäischen Standortwettbewerb. Die Anforderungen an die Standorte sind massiv gestiegen. Nicht alle unserer Anfang der 90er Jahre ausgewiesenen Standorte werden diesen Anforderungen gerecht. Das heißt, wir müssen weiterhin Standortentwicklungen vornehmen, um Investoren ansiedeln zu können, um die Investitionstätigkeit steigern zu können, um die Zahl der Arbeitsplätze steigern zu können usw. Der Industrietitel ist die Kupplung zur GA, weil mit dem Industrietitel die GA kofinanziert und an Standortentwicklungsprogramme angebunden werden kann. Es ist das Thema "Standortmarketing" angesprochen worden. Dass dies ein wichtiges Thema ist, ist allseits bekannt. Wir werden im nächsten Jahr eine Aktion zum Standortmarketing in Massenmedien durchführen, um noch mehr die Potenziale und Möglichkeiten Thüringens deutschlandweit bekannt zu machen.

Stärkung von Forschung und Entwicklung - Herr Lippmann hat Recht, wir waren und sind uns einig, dass neue Technologien und Innovationen für eine nachhaltige Wachstumspolitik Impulsgeber sind. Dementsprechend sind entsprechende Mittel im Landeshaushalt vorgesehen, die noch durch EFRE-Mittel und GA-Mittel verstärkt werden sollen, um Thüringen zu einer Technologieregion weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der CDU)

Es ist dann die dritte Säule anzusprechen, der zweite Arbeitsmarkt. Ich habe die Zahlen schon genannt. Klar ist, dass der erste Arbeitsmarkt zunehmend Arbeitsplätze schafft. Klar ist, dass der zweite Arbeitsmarkt zurzeit weniger Arbeitsplätze schafft. Klar ist aber auch, dass wir den zweiten Arbeitsmarkt auch weiterhin brauchen, weil die Arbeitsplatzlücke sonst zu groß wäre. Klar ist aber auch, dass es notwendig war, den zweiten Arbeitsplatzmarkt umzustrukturieren. Wir können heute feststellen: Die Umstellung greift, sie ist vollzogen und wird heute allseits akzeptiert. Wenn nun unsere Arbeitsmarktpolitik dennoch kritisiert wird, dann verweise ich darauf, dass Herr Riester hinter verschlossenen Türen über eine Reform der Arbeitsmarktpolitik redet, die wir schon vor einem Jahr diskutiert haben. Allseits wird gefragt, ob denn die Zukunft von ABM darin bestehen kann, weiterhin solche Maßnahmen durchzuführen wie geschehen. Überall wird gefordert, stärkeres Gewicht auf Qualifizierung, auf Aus- und Weiterbildung zu legen.

Meine Damen und Herren, Herr Höhn hat nun heute hier festgestellt, der Wirtschaftsminister sei der Totengräber des zweiten Arbeitsmarkts.

(Heiterkeit bei der CDU)

(Beifall bei der SPD)

Herr Höhn, vielleicht darf ich Ihnen ein bisschen in Ihren Kenntnissen nachhelfen.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Unkenntnissen.)

Wir haben für das Jahr 2001 515 Mio. DM für diese Aufgaben vorgesehen. Davon sind 196 Mio. DM Mittel für die Arbeitsförderung Ost. Ich nenne jetzt mal die Vergleichszahlen anderer Länder: Mecklenburg-Vorpommern, da regiert ja die PDS mit, null DM für SAM-Programme; Sachsen - ebenfalls keinen eigenen Ansatz; Brandenburg, 8,9 Mio. DM für SAM; Sachsen-Anhalt 46,5 Mio. DM. Das heißt, wir bringen dreimal so viel SAM-Mittel im Rahmen unseres Landeshaushaltes auf wie alle anderen neuen Länder zusammen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Höhn, wenn Sie uns dann den Titel "Totengräber des zweiten Arbeitsmarkts" verleihen, frage ich Sie: Welchen Titel verleihen Sie denn den Kollegen in Sachsen-Anhalt und Brandenburg?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Haben Sie nun gekürzt oder nicht?)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.

(Beifall bei der PDS)

Der Einzelplan 07 ist geeignet, den Konjunkturmotor Industrie und Gewerbe weiter anzutreiben. Er ist geeignet, den Strukturwandel in unserer Wirtschaft weiter fortzusetzen. Er ist geeignet, Thüringen noch mehr zur Technologie- und Industrieregion in der Mitte Deutschlands zu entwickeln. Er ist geeignet, unsere Exportquote weiter nach vorn zu bringen und unsere Arbeitslosenquote zu senken. Das heißt, mit diesem Haushalt werden wir auf Wachstumskurs bleiben. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich weise nur darauf hin, dass sich die Grundredezeit der Fraktionen jetzt etwas verlängert hat. Das Wort dazu ist aber heute schon gefallen, das muss nicht ausgeschöpft werden. Aber Sie möchten noch einmal, Herr Abgeordneter Kretschmer? Fünf Minuten.

Ich schöpfe sie nicht aus; ich habe noch zwei Bemerkungen, eine zunächst eher ironisch an Herrn Kollegen Lipp

mann. Sie haben jetzt mehrmals gesagt, wir wollen einen zweiten Landtag bauen. Ist das die Bedingung zur Zustimmung der SPD-Fraktion für den Haushalt? Dann müssten wir beide einen Antrag bringen, Landtagsneubau in Gera z.B. zweiten Landtagsneubau. Aber jetzt etwas ernster. Wissen Sie, Herr Kollege Lippmann, ich bin sehr erschüttert, wie Sie unser Bemühen, einen Titel für Handwerker in Not einzubringen, hier diskreditiert haben. Sie wissen ganz genau, es gibt eine Vorgeschichte, an der auch insbesondere die Länderjustizminister mitgewirkt haben, mein Namensvetter Otto Kretschmer und Herr Dr. Birkmann. Verwehrt hat sich die Bundesregierung, eine Lösung für Handwerker zu finden, insbesondere die Frau Bundesjustizministerin. Und erst als die Handwerkerfrauen vor dem