Protokoll der Sitzung vom 19.12.2000

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zentraler Teil des Einzelplans 03 ist der Haushalt der Polizei. Es ist unbestritten, die Thüringer Polizei leistet in unserem Freistaat eine hervorragende Arbeit.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Das zeigt sich u.a. in der Kriminalitätsstatistik, dass wir eines der sichersten Länder in der Bundesrepublik sind, und über 50 Prozent in der Aufklärungsquote, das spricht auch eine ganz deutliche Sprache. Damit liegen wir ja auch an dritter Stelle hinter Bayern und Baden-Württemberg. Auch ihr Wirken gegen rechtsextremistische Aufmärsche verdient natürlich unsere Anerkennung. Aber, meine Damen und Herren, das ist nur die eine Seite der Medaille; es ist eben auch ein ganzes Stück Scheinheiligkeit, wenn die Landesregierung richtigerweise von der Polizei einen erhöhten Druck auf rechte Gewalttäter fordert, aber gleichzeitig fehlende Stellen und die notwendigen Hebungen von Stellen im Landespolizeidienst ignoriert.

(Beifall bei der SPD)

Hier stecken wir doch in einem bestimmten großen Dilemma. Uns fehlen in Thüringen bei einer anzustrebenden Polizeidichte von 1 zu 340 - gegenwärtig haben wir 1 zu 350 - im Polizeivollzugsdienst einschließlich auch der neuen Aufgaben für die neuen Autobahnen etwa 375 Beamte. Da ist es mir schon, Herr Innenminister, ein Rätsel, dass Sie anlässlich eines Besuchs bei der PD in Suhl am 02.11. dieses Jahres erklärten, dass die Polizei in Südthüringen um 60 Beamte aufgestockt wird, die dann als Autobahnpolizei auf der neuen A 9/A 71 wirksam werden sollen. Herr Innenminister, wo nehmen Sie denn eigentlich diese Beamten her, denn zusätzliche Stellen habe ich im Haushalt nicht erkennen können?

Meine Damen und Herren, ich weise gleichzeitig darauf hin, dass das Netz der Kontaktbereichsbeamten noch ziemlich löchrig ist. Hier ist auch Handlungsbedarf angesagt. Besonders macht mir und meiner Fraktion das Problem der Stellenhebungen Sorge. Mit diesem Haushaltsentwurf findet praktisch keine Entwicklung der Polizei statt. Ich

verweise auf den Beschluss der Innenministerkonferenz, der einen Anteil von Stellen im gehobenen und höheren Dienst an der Gesamtzahl der Haushaltsstellen von 40 Prozent vorsieht. Gegenwärtig beträgt der in Thüringen nur ca. 26 Prozent. Damit sind wir das Schlusslicht aller Bundesländer. Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass in unserem Freistaat bereits in der vergangenen Legislaturperiode ein Personalentwicklungskonzept vorlag. Danach sollte bis 2008 das Niveau der anderen Bundesländer erreicht werden. Aber konkret, Herr Innenminister, fehlen mir dazu im Doppelhaushalt die ersten Schritte auf diesem Weg dahin. Circa 120 Beförderungen reichen nicht aus. Um dieses Ziel 2008 zu erreichen, bräuchten wir in Thüringen ca. 500 Beförderungen jährlich. Das hat, Herr Innenminister, auch mit der Verbesserung der Einkommenssituation der Thüringer Polizei zu tun. Was mir in diesem Zusammenhang besonders am Herzen liegt: Wir dürfen die hohe Motivation der Beamtinnen und Beamten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Herr Innenminister, man kann von den Polizistinnen und Polizisten nicht nur fordern und sie loben, sondern sie brauchen auch die Unterstützung der Politik. Das ist das Wichtige dabei.

(Beifall bei der SPD)

Zum Haushalt der Feuerwehr möchte ich mich hier nicht äußern. Hier stimme ich auch meinem Vorredner, Herrn Fiedler, zu. Wir haben ein schweres Stück weggeräumt, das ist das Problem der Lohnfortzahlung beim

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Weiterbil- dung!)

Besuch der Landesfeuerwehrschule und das Problem mit den Verpflegungssätzen wird auch geregelt. Zum Verfassungsschutz sage ich, dass wir den Verfassungsschutz in dem Haushalt dieser zwei Jahre nicht gekürzt haben. Das finde ich in der gegenwärtigen Zeit eigentlich sehr richtig.

Meine Damen und Herren, im Bereich der kommunalen Finanzen möchte ich den Ausführungen, die mein Kollege Schemmel in der letzten Woche zum FAG gegeben hat, nicht allzu viel hinzufügen.

(Beifall Abg. Schemmel, SPD)

Nur so viel: Der Landtag hat letzte Woche schon über den nicht unwesentlichen Teil des Kommunalen Finanzausgleichs beschlossen, indem er dieses Gesetz verabschiedet hat. Die handelnden Akteure müssen sich aber zumindest die Frage gefallen lassen, ob dieses Verfahren noch parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht.

Meine Damen und Herren, meine Fraktion hat sich auch deshalb entschlossen, aus genannten Gründen die von der Mehrheitsfraktion gewollte Verschlechterung der finanziellen Situation und Lage der Thüringer Kommunen abzulehnen. Sie sparen bei den Thüringer Kommunen mehr als beim Land. Ich muss Ihnen sagen, ich kann das auch beur

teilen, denn ich bin sowohl Gemeinderatsmitglied, Mitglied des Kreistags und Landtagsmitglied. In mir schlagen auch die drei Herzen; ich weiß aber nicht, welches am stärksten schlägt. Wir halten das nicht für angemessen. Den Argumenten und Bitten aller haben Sie sich auch verschlossen, und das gerade vor dem Hintergrund der Anhörungen und dass u.a. die kommunalen Spitzenverbände eine ganz andere Meinung dazu haben. Meine Fraktion machte mit dem Änderungsantrag zu dem so genannten Zufließvermerk für die kommunale Investitionspauschale den Vorschlag, die Kommunen wenigstens an einer positiven steuerlichen Entwicklung teilhaben zu lassen. Es hat innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs eine Veränderung zwischen frei verfügbaren und zweckgebundenen Mitteln gegeben. Es stehen deutlich weniger frei verfügbare Mittel zur Verfügung, wodurch auch die Gefahr besteht, dass Fördermittel für Investitionen wegen fehlender Eigenanteile der Kommunen nicht abgerufen werden können. Aus diesen Gründen eröffnet sich - ich sage einmal - die Möglichkeit, zusätzliche freie Mittel zur Verfügung zu stellen. Im Interesse der Kommunen bitte ich Sie, gerade auch auf diesen von uns abgegebenen Änderungsvorschlag positiv zu reagieren. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Wetzel zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Abgeordneter. Herr Wetzel, wenn Sie sofort an das Rednerpult kommen könnten? Okay.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir eröffnen damit die Diskussion zum Haushaltstitel 19 - Wohnungsund Städtebau. Wir werden zu diesen 38,8 Mrd. DM Volumen für die nächsten zwei Jahre sicherlich auch im Wohnungs- und Städtebau das Wort "Sparhaushalt" verwenden. Wir werden im Einzelplan 19 03 und 19 04, für Wohnungs- und Städtebau sprechend, das System "Sparen und Gestalten" an oberster Stelle ansetzen. Diese knappen Finanzmittel - geschuldet den weiter gesenkten Bundeszuschüssen - so effizient wie möglich, nicht wie nötig, einzusetzen, ist auch im Wohnungs- und Städtebau oberstes Gebot. Trotzdem stehen den beiden Titeln beträchtliche Mittel in den Jahren 2001 und 2002 zur Verfügung. Alle eingestellten Programme sind Programme, die sich meist über mehrere Jahre erstrecken, und deshalb ist bei jeder Betrachtung die VE heranzuziehen. Doch weniger schwierig als in den vorangegangenen Jahren werden die Jahre, die im Bereich Wohnungs- und Städtebau vor uns liegen sicherlich nicht. Dass bei fast 100.000 Wohnungsleerständen im Wohnungsmarkt des Freistaats kein sozialer Wohnungsneubau mehr gefördert wird, hat sich selbst bei der Opposition als sinnhafte Betrachtung in den letzten Jahren doch herausgebildet. Es gibt keine Forderung mehr, die auf 2.500 neue Sozialwohnungen jährlich eingestellt war. Ich

denke, dass auch diese Forderung und Förderung, die in den zurückliegenden Jahren in dem Bereich geschehen ist, meist auf der grünen Wiese geschehen ist und gegen jegliche Urbanisierung der Innenstädte gerichtet war, einen gewissen Schaden in der Urbanisierung der Innenstädte schon erreicht hat. Wir müssen heute gemeinsam darüber nachdenken, wie wir diesem begegnen, wie wir der Suburbanisierung begegnen können. Ich denke, dass die Rufer, die in den Jahren 1991, 1992 und 1993 hier in diesem hohen Hause von diesem Platz aus das Schlafen von über Hunderttausenden von Thüringerinnen und Thüringern unterdrückten, die Panikstimmung herbeiriefen und damit natürlich Schiffbruch erlitten hatten - dasselbe erleben wir ja heute heute des gleichen Rufens mächtig sind, aber das Abrissprogramm herbeirufen.

Warum stehen wir nun vor diesem demoskopischen Desaster, meine Damen und Herren? Wohnen als sozialstes Gut unserer Menschen - wir befinden uns immer noch im Steuerungsprozess. Weggebrochene Monowirtschaftsstrukturen der alten DDR, Schaffung von völlig neuen Wirtschaftsstandorten - und hier an dieser Stelle darf ich den Frauen und Männern, die in den letzten 10 Jahren hier verantwortungsvolle Arbeit leisteten, auch einmal dafür Dank sagen, für die Dinge, die sie entgegengesteuert haben, dass diese Wirkung nicht so dramatisch ausfiel wie in manch anderem Bundesland in den neuen fünf Ländern. Ich habe hier an dieser Stelle schon einmal erwähnt, und ich tue das heute auch wieder, ich tue das immer gern wieder, dass wir im Wohnbereich in den letzten 10 Jahren von der Verwaltung sozialistischer Mangelwirtschaft, in den ersten vier Jahren auf die Leerstandsverwaltung, in den letzten vier Jahren bis heute noch keine soziale Marktwirtschaft im Wohnbereich je erlebt haben. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir soziale Marktwirtschaft auch im Wohnbereich erreichen würden.

Wir hatten schon in der vergangenen Woche einen kurzen Einblick, meine Damen und Herren, in die wohnungspolitische Gedankenwelt der Opposition. Minus 50 Mio. DM war von diesem Platz aus schlicht und einfach ausgedrückt eine Falschmeldung. Im Einzelplan 19, in den Titeln 231 51 und 681 31 gehört eben auch die Wohngeldeinstellung zu betrachten. Das sind plus 35 Mio. DM mehr aus dem vorangegangenen Jahr. Somit können Sie nur von minus 15 Mio. DM Barmittelansatz des Jahres 2001 und 2002 sprechen, aber nicht vom Verpflichtungsermächtigungsrahmen insgesamt.

Meine Damen und Herren, warum erhöhen wir das Wohngeld? Was nützt uns schöner sanierter Wohnraum, wenn keiner mehr darin wohnen könnte, der nach der Sanierung leer stünde? Aus dem Grunde, denke ich, wer hier noch von falsch eingesetzten, unsozial eingestellten Barmitteln spricht, dem gehört wohl irgendwo nicht die Zukunft in unserem Freistaat. Herr Höhn beschwor das 700-Millionen-Mark-Programm des Bundes. Er nannte es wohl Abrissprogramm. Ich nenne es Geld im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes § 6 a, das nur dann fließt, wenn die Vo

raussetzungen zum fast konkursreifen Unternehmen, meine Damen und Herren, gegeben sind, die Banken auch noch auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen. Ich sage, es gibt auch Wohnungsunternehmen in Thüringen mit 5 Prozent Leerstand, nicht mit 15 Prozent, aber mit hohen Kreditrahmenverpflichtungen, die trotzdem gefährdet, sonst aber gesund sind. Ihnen muss auch in diesem Programm geholfen werden können. Wir nennen es Zuschüsse zur Wohnungsmarktstabilisierung und Sanierung von Wohnquartieren mit dem Einzelplan 19 Haushaltstitel 893 26. Das ist ein völlig neues Programm und ein reines Landesprogramm. Es ist keine Eichel-Mogelpackung. Unser Landesprogramm ist kein Etikettenschwindel, es kennt solche Eingangsvoraussetzungen nicht.

(Beifall bei der CDU)

Da es neu ist und es dazu derzeit in zwei Städten planerische und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen gibt, wird es in 2002 und folgenden bis 2004, natürlich auch über 2004 hinaus, aber im bestehenden VE-Rahmen bis 2004 in vollem Umfang zur Wirkung kommen und nur eben im Barmittelansatz zum VE-Rahmen getauscht. Die Behauptungen der Opposition, wir würden 100 Mio. DM extra sparen, ist schlicht und einfach falsch. Bewusst falsch? Oder - zweite Möglichkeit - wer das behauptet, kann auch im Jahre 10 der deutschen Einheit keinen Thüringer Haushalt lesen. Ich darf eben nicht nur die Kassenmittel, sprich die Barmittelansätze addieren, vielleicht muss man auch die VE-Rahmen addieren und im VE-Zeitraum denken. Die Folge ist eine Streckung des Programmes, aber keine Streichung.

Wie angekündigt, wird es in diesem Titel einen Programmrahmen von 19 Mio. DM geben. Damit, meine Damen und Herren, ist Planungssicherheit für unser Unternehmen gegeben, eine ganz wichtige Größe. Auch der niedrige Kassenansatz für 2001 ist doch richtig. Das Programm ist ja erst angelaufen. Ich sprach von zwei Thüringer Städten, es sind dies Erfurt und Gera, in denen in 2001 das Programm anläuft. Der Bund hat nun auf seine maßgebliche Thüringer Mitwirkung hin endlich sein KFW-II-Programm aufgelegt. Auch das KFW-CO2-Programm wurde, mit 3,8 Mrd. DM dotiert, eingestellt. Anlässlich der letzten Bauministerkonferenz sollten weitere Zeitverschiebungen nach hinten ermöglicht werden, mit Bildung neuer Kommissionen, mit Bildung neuer Projektgruppen, mit Verpflichtung zu weiteren Zwischenberichten, mit Zwischenberichten in nächster BMK. Maßgeblich hat der Freistaat Thüringen die Bundesverzögerungstaktik und die westdeutschen Länder dies verhindert. Nun muss der Bund auch endlich bekennen, was er für die Problemlösung in den neuen fünf Ländern tun will. Die wohnungspolitische Schwerpunktsetzung der Landesregierung des Freistaats Thüringens wird jedenfalls vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft getragen. Wenn Herr Staatssekretär Brüggen und meine Wenigkeit in Saalfeld bis hierher innerhalb von sechs Wochen von der Opposition gerügt werden, gelogen zu haben, da muss ich dem deutlich widersprechen. Gleiches, nämlich dass Thüringen,

die Thüringer Landesregierung und VTW die Politik tragen, kann man nun wahrhaftig von Bundesregierung und dem GdW, dem Bundesverband wohl nicht behaupten.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir können die 20 Mio. DM Bareinlage in die TAB durch den Verkauf des Landeswohnungsbauvermögens getrost kommen lassen. Wohlbemerkt, es handelt sich um Wohnungsbauvermögen, das bis Ende 1995 geschaffen wurde. Das Wohnungsbauvermögen ab 1995 bis heute ist davon nicht betroffen. Sie verwechseln auch hierbei Ausgabeseite und Finanzierungsseite. Diese Verwechslungen geschehen Ihnen leider immer häufiger und immer lieber.

Völlig geöffnet wird auch die Forderung der Bestandserwerber. Thüringen ist da lt. Lehmann-Grube-Studie im Bund weit voraus. Wir haben kein Verständnis für die Eigenheimzulagesenkung im Osten wegen Leerstandes und auch für den Bestandserwerb zu öffnen gleichzeitig im Westen aber alles beim Alten zu belassen. Die Folge, meine Damen und Herren, wären höhere Förderungen im Westen. Wenn das geschieht, dass die Bürger in den fünf neuen Bundesländern geringere Wohnungsbauförderung erhalten, wäre das ein weiteres demoskopisches Desaster. Ja, die gläserne Mauer würde sicherlich mit Eurozeichen beklebt werden. Das ist mit einer CDU-Fraktion im Thüringer Landtag mit dem Bund nicht zu machen. Meine Damen und Herren, im Namen der CDU-Fraktion bitte ich um Zustimmung zum Einzelplan 19. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat sich Frau Abgeordnete Doht zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, bereits bei Vorlage des Haushaltsentwurfs war erkennbar, dass ein großer Teil der finanziellen Kürzungen im Bereich des Innenministeriums zulasten der Wohnungsbauförderung geht. 50 bzw. 75 Mio. DM sollten hier gegenüber dem Haushalt 2000 eingespart werden. Ein Zeichen dafür, dass der Innenminister diesem Bereich anscheinend keine so große Bedeutung beimisst. Die Krönung aber sind die weiteren Kürzungen durch die CDU-Fraktion im Laufe der Haushaltsberatung. Der nun noch vorhandene Mittelansatz wird den Problemen im Lande in keinster Weise gerecht und wir lehnen diesen wohnungspolitischen Kahlschlag ab. Die Probleme, vor denen die Thüringer Wohnungswirtschaft steht, sind nach wie vor enorm, auch wenn sie inzwischen anderer Gestalt sind. Abwanderung und sinkende Geburtenzahlen haben zu einem Bevölkerungsrückgang geführt. Andererseits wurde durch Sonderabschreibungen im frei finanzierten Wohnungsbau ein Überangebot von Wohnungen geschaffen.

Hinzu kommen Abwanderungen aus den Städten ins Umland, auch aufgrund der Bodenpolitik der Landesregierung in den ersten Jahren nach der Wende, welche eine Suburbanisierung und eine Schwächung der Städte zur Folge haben. Prognosen der Bevölkerungsentwicklung, stagnierende Einkommen und Kaufkraft und eine noch immer viel zu hohe Arbeitslosigkeit lassen hier auch mittel- und langfristig keine Trendwende erwarten. Die Wohnungswirtschaft steht daher vor der Aufgabe, sich von einem Teil ihres Bestandes zu trennen, das heißt, mit den Gemeinden zusammen ganze Stadtviertel umzubauen, Stadtstrukturen zu sanieren. Es geht, Herr Wetzel, nicht vordergründig um ein Abrissprogramm, wie leider in der Vergangenheit auch immer wieder in der Presse und aus dem Innenministerium zu vernehmen war, sondern es geht um ein Programm zur Stadtentwicklung, zur Schaffung von nachhaltigen und auf wirtschaftlichen und sozialen Ausgleich gerichteten Stadtstrukturen.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das hatte ich schon verlesen.)

Um diese gewaltige Aufgabe zu lösen, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen aller Beteiligten - Wohnungswirtschaft, Kommunen, Land und Bund. Der Bund wird 700 Mio. DM für dieses Programm bereitstellen. Der Freistaat Thüringen aber hat sich mit seinem lächerlich geringen Mittelansatz für das geplante Programm zur Wohnungsmarktstabilisierung bereits im Vorfeld von dieser Aufgabe verabschiedet und lässt die Thüringer Wohnungsunternehmen im Stich.

(Beifall bei der PDS, SPD)

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das ist ein- fach eine Lüge.)

Während noch unlängst auf dem Verbandstag der Thüringer Wohnungswirtschaft der Innenstaatssekretär und auch Sie, Herr Wetzel, als wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, die Haushaltseckwerte angepriesen und sie als Partner der Wohnungswirtschaft dargestellt haben, hat Ihre Fraktion doch bereits an den Änderungsanträgen zum Haushalt gebastelt, um in diesem Bereich noch einmal Tabula rasa zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Die nochmaligen Kürzungen beim o.g. Programm bei der Wohnungsmodernisierung, aber auch im Landesprogramm für städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen sind unverantwortlich und zeugen von völliger fachlicher Inkompetenz der handelnden Personen.

(Heiterkeit Abg. Wunderlich, CDU)

Sie sind darüber hinaus ein Zeugnis für den schwachen Stand des Innenministers in Kabinett und Fraktion.

(Heiterkeit Abg. Wunderlich, CDU)

Die Wohnungsunternehmen im Freistaat und ihre Mieterinnen und Mieter sind die Leidtragenden.

Meine Damen und Herren, noch ein paar Bemerkungen zur Eigentumsförderung und zu unserem Entschließungsantrag: Die SPD spricht sich für eine weitere Erhöhung der Quote beim Wohneigentum und für eine Förderung der Eigentumsbildung aus. Aber auch hier muss ein Umdenken erfolgen. Wir müssen weg vom Eigenheimbau auf der grünen Wiese hin zur Eigentumsbildung im Bestand.

Der Bericht der Kommission zum wohnungswirtschaftlichen Strukturwandel in den neuen Bundesländern hat im Ergebnis gezeigt, dass, entgegen landläufiger Meinung, nicht der Leerstand in den Plattenbauten am höchsten ist, sondern im Altbaubestand. Andererseits stehen hier oft städtebauliche und denkmalrechtliche Gegebenheiten einem Abriss entgegen. Wir können schließlich nicht unsere Innenstädte abreißen, sondern wir müssen Anreize schaffen, um diese Wohnungsbestände wieder einer Sanierung und einer Nutzung zuzuführen. Wir fordern daher in unserem Entschließungsantrag, die Wohneigentumsförderung auf den Bestand auszuweiten und dieser den Vorrang gegenüber dem Neubau einzuräumen.

Der Neubau von Wohneigentum soll darüber hinaus nur noch in innerörtlichen Bereichen gefördert werden. Der weiteren Suburbanisierung und Zersiedlung der Landschaft darf der Freistaat nicht noch mit Fördermitteln Vorschub leisten.

(Unruhe bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die SPD-Fraktion war in der Vergangenheit immer ein verlässlicher Partner der Wohnungswirtschaft und der Mieter und Mieterinnen. Dies wollen wir auch in Zukunft bleiben. Wir fordern daher eine Wohnungspolitik, die sich auch hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung an den Erfordernissen der Zeit orientiert. Mit Ihren Kürzungsanträgen, meine Damen und Herren der CDU, haben Sie den gemeinsamen Konsens mit der Wohnungswirtschaft gebrochen. Wir lehnen diesen Einzelplan aber auch ab, weil er schon jetzt eine Mogelpackung ist. Mit dem Beschluss zum Verkauf des Wohnungsbauvermögens wissen wir alle, dass die Haushaltszahlen auf der Einnahmenseite zumindest für das Jahr 2002 schon jetzt nicht mehr stimmen. Warum hat denn dann der Finanzminister diese Mindereinnahmen nicht gleich bei der Vorlage des Haushalts korrigiert, sondern will dies dann im Haushaltsvollzug tun. Ich kann es Ihnen sagen. Dann müssten Sie nämlich auf der Ausgabenseite noch weiter kürzen und dann würde das ganze Desaster Ihrer Politik heute noch deutlicher.

(Beifall bei der PDS, SPD)