Ich begrüße Sie alle ganz herzlich, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, sehr geehrte Damen und Herren von der Landesregierung, liebe Gäste, liebe Vertreter der Medien. Ich eröffne die 35. Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 20. Dezember 2000, der letzten Plenarsitzung, nehme ich an, im Jahr 2000. Mir zur Seite haben die beiden Schriftführer, Frau Abgeordnete Bechthum und Herr Abgeordneter Mohring, Platz genommen. Die Rednerliste führt Frau Bechthum.
Für die heutige Sitzung haben sich entschuldigt Frau Abgeordnete Dr. Fischer, Frau Abgeordnete Dr. Klaus, Herr Abgeordneter Kretschmer, SPD-Fraktion, Herr Abgeordneter Dr. Koch, Frau Abgeordnete Neudert, Frau Abgeordnete Dr. Stangner und Frau Abgeordnete Dr. Wildauer. Wir setzen in der Beratung zum Tagesordnungspunkt
a) Thüringer Gesetz über die Feststellung des Landeshaushaltsplans für die Haushaltsjahre 2001 und 2002 (Thüringer Haushaltsgesetz 2001/2002 - ThürHhG 2001/2002 -) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/979 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksachen 3/1150/1173 dazu: 1 Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1177 20 Änderungsanträge der Fraktion der PDS - Drucksachen 3/1186 bis 3/1205 9 Änderungsanträge der Fraktion der SPD - Drucksachen 3/1215 bis 3/1223 dazu: Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Botz, Ellenberger (SPD), Dr. Fischer (PDS), Heß (SPD), Huster, Dr. Kaschuba, Dr. Klaubert (PDS), Dr. Klaus (SPD), Neudert, Nothnagel (PDS) , Pelke, Dr. Schuchardt (SPD) und Dr. Stangner (PDS) - Drucksache 3/1108 1 Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1168 - Neufassung 8 Entschließungsanträge der Fraktion der PDS - Drucksachen 3/1184/1185/1206 und 3/1207/1208/1229/1230/1231
b) Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Finanzwirtschaft des Landes - Unterrichtung des Landtags nach § 31 Abs. 2 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) Unterrichtung durch den Finanzminister - Drucksache 3/1023 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksache 3/1151
c) Mittelfristiger Finanzplan für die Jahre 2000 bis 2004 für den Freistaat Thüringen Unterrichtung durch die Landesregierung - Drucksache 3/1129 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksache 3/1152
d) Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2001/2002 (ThürHhBG 2001/2002) Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 3/1022 dazu: Beschlussempfehlung des Haushaltsund Finanzausschusses - Drucksache 3/1154 dazu: Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 3/1155 dazu: 1 Änderungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1224 3 Änderungsanträge der Fraktion der SPD - Drucksachen 3/1212/1213/1214 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1169 ZWEITE BERATUNG
Wir kommen nun zur Fortsetzung der Aussprache zu den Einzelplänen bzw. zu den daraus zusammengefassten Komplexen.
Wir haben gestern Abend mit der Beratung zum Einzelplan 08 abgeschlossen und ich rufe nun die Beratung zum Einzelplan 09 - Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt - auf. Als erster Redner hat sich der Abgeordnete Kummer, PDS-Fraktion, zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zuerst mal: Guten Morgen! Gleich am Anfang eine Frage: Meine Damen und Herren, waren Sie schon mal auf dem Güterbahnhof?
Es ist egal, auf welchem. Wenn ja, dann ist Ihnen zumindest von früher her bekannt, wie es dort zugeht. Man rangiert meist recht kurzfristig die Wagen zusammen, die man braucht, wenn man einen Zug von A nach B schicken will. Genau dieses Bild fällt mir ein, wenn ich den Haushalt des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt ansehe.
Bewusste nachvollziehbare Mittelverwendungen - wie von uns mehrfach gefordert - wurden abgelehnt. Man will auf die gewaltigen Umverteilungsmöglichkeiten des Ministeriums nicht verzichten. Zum Kapitel - Bewilligung für Maßnahmen zur Verbesserung der Argrarstruktur - wurde uns sogar mitgeteilt, dass alle Titel in diesem Kapitel untereinander deckungsfähig sind. Als wir dieses kritisierten, forderte Herr Minister Sklenar Vertrauen vom Parlament. Herr Minister, ich halte es immer noch mit dem Spruch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Außerdem denke ich, dass das Parlament auch die Aufgabe hat, die Landesregierung zu kontrollieren. Deshalb kündige ich hier an, entsprechende Zwischenergebnisse des Ministeriums abzufordern und den Einsatz der Mittel in den nächsten zwei Jahren regelmäßig zu prüfen.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Das klingt ja gerade so, als würden wir das Geld verschieben.)
werde ich in diesem Punkt noch konkret eingehen, zuerst auf die Abwasserabgabe, aus der im nächsten Jahr nur ca. 50 Prozent der im Jahr 2000 anfallenden Einnahmen
erwartet werden. Wir gehen davon aus, dass hier mindestens 5 Mio. DM jährlich mehr eingenommen werden, und fordern Sie auf, Herr Minister: Stellen Sie dieses Geld den auch in Ihrem Haushalt arg gebeutelten Kommunen zur Verfügung! Wir werden hinterfragen, ob es zu diesen Mehreinnahmen kommt und wie sie verwendet werden. Das zweite Beispiel ist der Titel - Zuschüsse an private Unternehmen -, der Mittel für die Revitalisierung der Wismut-Region und Maßnahmen des Umweltmanagements enthält. In der Haushaltsberatung wurde uns mitgeteilt, dass hier der Anteil der Wismut-Sanierung 2,6 Mio. DM betragen soll. Ob es dabei bleibt, werden wir hinterfragen. Übrigens, meine Damen und Herren, die Wismut-Sanierung ist und bleibt für uns eine Bundesaufgabe, die von Landesseite unterstützt, aber nicht übernommen werden kann.
Nun zu den Unterschieden der Mittelverteilung zwischen allgemeinen Bewilligungen für Naturschutz und Umwelt und für Landwirtschaft und Forsten. Im Bereich Naturschutz und Umwelt wird 2001 um fast 10 Mio. DM gegenüber 2000 gekürzt. Im Bereich Landwirtschaft und Forsten gibt es 2001 ca. 28 Mio. DM mehr als 2000. Glückwunsch, Herr Minister. Nur, den Bereich Naturschutz und Umwelt sollten Sie vielleicht abgeben, da er Ihnen nicht besonders am Herzen zu liegen scheint.
Ja, Herr Minister, man muss zu dieser Wertung kommen, wenn man die Aufgabenfelder im Einzelplan 09 betrachtet. Ich möchte das noch mit einem kleinen Vergleich untersetzen. Während die Zuschüsse für die Förderung des Jagdwesens von 560.000 DM im Jahr 2000 auf 550.000 DM in den Jahren 2001 und 2002 gekürzt werden - das sind ca. 2 Prozent -, werden Zuschüsse für laufende Zwecke im Bereich Umweltbildung von 600.000 DM im Jahr 2000 auf 460.000 DM im Jahr 2001 und 420.000 DM im Jahr 2002 gekürzt. Das sind über 20 und sogar über 30 Prozent im Jahr 2002. Besonders hervorzuheben ist bei der Umweltbildung noch, dass ein deutschlandweit für seine Struktur gelobtes Modell in Thüringen durch ein 40.000 Mark teures Strukturgutachten unter die Lupe genommen werden soll. Dieses Geld zieht man dann auch noch im Gesamttitel Umweltbildung von den für die Umweltbildung zur Verfügung stehenden Mitteln ab. Auf der einen Seite wird dem Arbeitskreis Umweltbildung in Thüringen Geld gekürzt, auf der anderen Seite wird er mit immer mehr Aufgaben, z.B. im Rahmen der Agenda 21, überhäuft und dann wird noch Geld für so ein lächerliches Gutachten ausgegeben.
Diese Umwelt- und Naturschutzpolitik steht auch im Gegensatz zu Äußerungen und Verordnungen des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt. Ich möchte hier kurz aus der Verordnung zum Naturpark Thüringer Wald vom 11.05.2000 zitieren: "Im Na
turpark sollen zum Schutz und zur Entwicklung von Natur und Landschaft insbesondere das historisch entstandene landschaftstypische Offenland sowie die gebietstypischen Landschaftselemente und Flurstrukturen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege als Lebensräume besonders schutzwürdiger Lebensgemeinschaften erhalten und entwickelt werden. Ebenso sollen im Naturpark die Siedlungen unter anderem mit Angeboten der Umweltbildung entwickelt und naturverträglich erschlossen werden." Ich kann nicht umhin, kurz auch auf das Echo zum Streichkonzert im Naturschutz einzugehen. Dazu möchte ich aus der gemeinsamen Presseerklärung der Thüringer Naturschutzverbände, Arbeitskreis heimische Orchideen, BUND, Grüne Liga und Nabu zitieren: Traditionell gewachsene jahrhundertealte Kulturlandschaften könnten in Zukunft nicht mehr erhalten werden, da die Mittel für deren Pflege gestrichen seien. Durch die geplanten Kürzungen würde der Naturschutz in Thüringen handlungsunfähig. Diese Befürchtungen sollten wir nicht wahr werden lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Nun zu unseren Änderungsanträgen: Wir möchten hier nicht noch einmal alle unsere vom Haushalts- und Finanzausschuss abgelehnten Anträge einbringen. Trotzdem möchten wir mit zwei Änderungsanträgen Ihnen die Chance geben, die Schwerpunktsetzung des Landwirtschaftsministeriums zu verändern. Wir fordern Sie auf, die Mittel für die 29er Verbände um 150.000 DM zu erhöhen. Beim gegenwärtigen Haushaltsansatz müssen sich mehr Verbände, es soll z.B. der Gebirgs- und Wanderverein - was vielleicht den Herrn Ministerpräsidenten, der leider nicht da ist, als passionierten Wanderer interessieren dürfte -, als weiterer 29er Verband anerkannt werden. Zusammen müssen sich dann die Verbände weniger Geld teilen. Das heißt auch, dass als Unterstützung der umfangreichen ehrenamtlichen Arbeit in diesen Verbänden noch weniger Geld bereitsteht. Ein ernst zu nehmender Beitrag zum Jahr des Ehrenamtes, der nachdenklich macht. Sie selbst, meine Damen und Herren von der CDU, fordern in einem Ihrer Entschließungsanträge die Landesregierung auf, das Ehrenamt stärker zu fördern. Mit der Zustimmung zu unserem Antrag in Drucksache 3/1193 würden Sie sogar konkret werden.
Unterstützen Sie die Menschen, die sich für den Erhalt unserer Umwelt einsetzen, und stimmen Sie diesem Antrag zu.
Unser zweiter Antrag bezieht sich auf die verstärkte Förderung der Energieträgerumstellung auf regenerative Energien. Ich möchte hier nur an die Debatte zur Situation Thüringer Gartenbaubetriebe erinnern. Diesen Betrieben
kann durch unseren Änderungsantrag konkret geholfen werden. Wir wollen auch im Rahmen der Dorferneuerung Möglichkeiten schaffen, Dörfer mit Wärme aus Biomasse zu versorgen. Unsere Vorstellungen gehen dahin, dass beim innerdörflichen Straßenbau Heiztrassen verlegt werden könnten, um die Wärme von Biogasanlagen im Dorf zu nutzen. Auch Dorfläden als Zentrum des ländlichen Lebens und Chance für regionale Vermarktung sollten verstärkt gefördert werden.
Zum Abschluss möchte ich noch auf zwei Probleme hinweisen: Zuerst möchte ich an den Anlass der Benshäuser Demonstration vorige Woche vor dem Landtag erinnern. Im Haushalt sind keine Mittel für den Flächenankauf außerhalb der Flurbereinigung eingestellt. Daran droht die kostenfreie Übertragung von BVVG-Flächen zu scheitern, da diese in Lose mit kostenpflichtigen Flächen zusammengefasst wurden. Auch Chancen für den Erwerb des Kanzlersgrundes mit seinen für das Land außerordentlich bedeutsamen Sportstätten werden damit verspielt. Herr Schwäblein, vielleicht helfen Sie als Mitglied des Benshäuser Thüringer Waldvereins hier eine Lösung zu suchen!
Wunderbar. Zum Zweiten muss ich noch einmal auf den geplanten Neubau des Landwirtschaftsministeriums zurückkommen. Meine Damen und Herren von der CDU, die Mittel für den Umzug des Ministeriums in Höhe von 325.000 DM haben Sie bereits gestrichen. Vielen Dank dafür. Allerdings waren Sie nicht konsequent, da der Neubau noch als Verpflichtungsermächtigung im Einzelplan 18 zu finden ist. Unsere Fraktion hat übrigens schon mal versucht, diese Verpflichtungsermächtigung streichen zu lassen; das wurde im Haushalts- und Finanzausschuss mit der Mehrheit abgelehnt. Dass Sie es mit Verpflichtungsermächtigungen nicht so genau nehmen, konnten wir schon feststellen, als Sie einem Antrag von uns zustimmen mussten. Stimmen Sie jetzt noch einmal einem Antrag von uns zu, meine Damen und Herren, und streichen Sie auch diese Verpflichtungsermächtigung.
Wenn, wie von allen Fraktionen festgestellt, Sparen notwendig ist, können wir uns diesen Mittelansatz nicht leisten. Sie werden unglaubwürdig, wenn Sie im Haushalt die Kommunen aus Geldmangel mit zusätzlichen Gegenfinanzierungen wie bei der Dorferneuerung belasten, ihnen Mittel streichen und Landesmittel in ihrem Sparbetrieb einstellen. Gleichzeitig binden Sie für einen in der nächsten Zeit nicht notwendigen Ministeriumsneubau nahezu 100 Mio. Mark. Und, Herr Finanzminister, wenn Sie unbedingt etwas bauen wollen, tun Sie es in der Dorferneuerung, fördern Sie den Bau von Anlagen zur Nutzung regenerativer Energien. Es gibt genug Möglichkeiten. Unsere Fraktion lehnt den Einzelplan 09
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der Einzelplan 09 wird in den Bereichen Landund Forstwirtschaft seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten.
Unsere land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen, aber auch die Gartenbaubetriebe werden durch die Agenda 2000, durch die Steuerpolitik der Bundesregierung, vor allem die Ökosteuer oder den jetzigen BSE-Fall außergewöhnlich stark belastet, was zu mancher Existenzgefährdung führt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sowohl in den Debatten um die Ökosteuer als auch in der letzten Landtagsdebatte zu BSE ist von der CDU immer wieder die Unterstützung durch die Bundesregierung angemahnt worden. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, gerade in der Landwirtschaft darf sich die Bundesregierung nicht aus ihrer Verantwortung stehlen.
Da die Landwirtschaft sehr stark von Entscheidungen in Brüssel abhängig ist, mahnen wir immer wieder eine Harmonisierung in Europa an, sowohl im Steuerrecht als auch im Verbraucherschutz. Aber wie sieht denn die Wirklichkeit aus? Noch nie ist die Wettbewerbsverzerrung in Europa so groß gewesen wie derzeit und dafür trägt die Bundesregierung die Verantwortung, denn mit ihren Alleingängen zur Belastung unserer landwirtschaftlichen Unternehmen wird das unerträglich, meine sehr verehrten Damen und Herren.