Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Die Gesetzesänderung selbst wird keinen Einfluss im Wesentlichen auf die Beitragshöhe haben, aber es ist auch darüber zu sprechen, wie die Beiträge weiter in Anspruch genommen werden und auch hinsichtlich der Fälle dann in die Verteilung oder in die Anspruchslage kommen. Wir sehen auch besonders für erachtenswert die kommunale Mitwirkung, die auch im Gesetz vorgeschlagen wird. Ich denke, es ist auch wichtig, dass der Punkt 3 a angesprochen worden ist, das ist die ordnungsbehördliche Frage der Inanspruchnahme von Schlachtungen durch die Landesverwaltung, weil auch das eine Seuchenfrage insbesondere berührt. Ich würde also zum Schluss sagen, die Überweisung an die Ausschüsse ist geleistet worden. Wir wollen insbesondere im Agrarausschuss, also im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, im Detail die aufgeworfenen Fragen weiterberaten. Ich denke, das ist für die Landwirtschaft eine wichtige Aufgabe. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit schließe ich die Aussprache. Es sind Überweisungen beantragt worden, leisten müssen wir sie noch, und zwar federführend an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und mitberatend an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Herr Scheringer hat etwas mit Umwelt noch gesagt, war das auch als Ausschussüberweisung oder war das nur...?

(Zuruf Abg. Scheringer, PDS: Ja, ja.)

Ja, also dann auch die Überweisung an den Umweltausschuss. Gut, dann stimmen wir zunächst über die genannten Ausschüsse ab. Wer für die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit stimmt, den bitte ich um seine Zustimmung. Danke, das ist die übergroße Mehrheit. Dann die Überweisung an den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Das ist dasselbe. Und die Überweisung an den Ausschuss für Naturschutz und Umwelt. Danke. Da müssen wir die

Gegenprobe machen. Danke. Enthaltungen? Dann ist das mit Mehrheit abgelehnt. Bleiben also die Überweisungen an den Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit und den Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Dann stimmen wir noch über die Federführung ab. Wer mit der Federführung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Dann ist das mit Mehrheit so beschlossen. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 5

Aktuelle Situation im Zusammenhang mit der Rinderseuche BSE und die Auswirkungen auf den Verbraucherschutz und die Landwirtschaft in Thüringen Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 3/1288 dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/1308 - Neufassung

Ich darf sagen, dass mir signalisiert wurde, dass während der Beratung zu diesem Punkt auch noch ein Entschließungsantrag der Fraktion der PDS verteilt wird. Ich denke, wir können den dann noch rechtzeitig ausgeteilt zur Kenntnis nehmen. Begründung durch den Einreicher wird nicht gewünscht, soweit ich sehe. Das ist so, da die Landesregierung ohnehin angekündigt hat, von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch zu machen. Das ist der Fall, dann darf ich für die Landesregierung Herrn Sozialminister Dr. Pietzsch bitten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne der Abgeordneten Frau Dr. Klaus wehtun zu wollen, bei diesem Tagesordnungspunkt fehlt uns ganz besonders Herr Dr. Mäde, der uns hier Ausführungen machen würde über BSE, seitdem die Welt besteht.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Er kann aber auch einen Brief schreiben.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich dennoch ich nehme ihn gern entgegen, ich korrespondiere gern mit Dr. Mäde - eine kleine Vorbemerkung machen, die nicht ganz ernst zu nehmen ist. Eine aufmerksame Beobachterin der BSE-Situation hat eine Veranstaltung, ein Protokoll gefunden, wo Rudolf Steiner, der Nestor der anthroposophischen Medizin, zu der Frage Rinderwahnsinn 1923 Stellung genommen hat. Er hat damals gesagt: Der Ochse ist so eingerichtet, dass er aus Gras tierisches Eiweiß, Fleisch macht, und das ist seine Aufgabe. Gras kann man kochen, solange man will, und behandeln, solange man will, man kriegt kein Fleisch daraus. Wenn man aber dem Ochsen Fleisch geben würde, dann würden sich so viel Stoffe ansammeln und es würde so viel Energie

entstehen, dass der Ochse verrückt wird. Meine Damen und Herren, immerhin 1923, man muss es sicherlich nicht ganz ernst nehmen und die wissenschaftliche Begründung ist auch nicht so ganz haltbar, aber offensichtlich ist das auch schon zu der Zeit ein gewisses Thema gewesen. Und dieses Thema ist ein Thema, was uns momentan alle berührt und zweifelsohne die Medien beherrscht, d.h. die gegenwärtige Entwicklung und die weitere Entwicklung zum Thema BSE.

Ich kann zum aktuellen Stand der Labordiagnostik in Tübingen unverändert leider nichts sagen. Vielleicht gelingt es mir, während der Plenarsitzung noch etwas zu erfahren.

Meine Damen und Herren, BSE, lassen Sie mich etwas ausholen, weil man dann vielleicht besser versteht, in welche Kategorie diese Erkrankung einzuordnen ist. In dem vorigen Tagesordnungspunkt haben manche Redner schon darauf hingewiesen, ich auch, dass es eben nicht so einfach in die Rubrik Tierseuchen einzuordnen ist. Das Tierseuchengesetz des Bundes formuliert ganz klar, was Tierseuchen sind. BSE - dabei handelt es sich nicht um eine Erkrankung bei Rindern, die wir erst seit Ende des letzten Jahres kennen, das wissen Sie alle. Im November des Jahres 1986 glaubte man in Großbritannien eine bis dahin völlig unbekannte Rinderkrankheit beobachtet zu haben, histologisch eine schwammartige Hirnkrankheit des Rindes, die durch Verfütterung von Tiermehl an Rinder entstehe. Es handelt sich um die so genannte - BSE ist die Abkürzung - bovine spongiforme Enzephalophatie, die wir kurz BSE nennen. In den Folgejahren, wenn Sie sich mal die Dimension vergegenwärtigen, wurden dann in Großbritannien rund 170.000 BSE-Fälle nachgewiesen. Bereits 1993 wurde ein Zusammenhang zwischen BSE und einer neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit vermutet. Meine Damen und Herren, bitte nicht Creutzfeldt-Jakob-Krankheit mit der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit durcheinander bringen. Der Verdacht eines Zusammenhangs von BSE und dieser neuen Variante der Creutzfeldt-JakobKrankheit verdichtete sich im Jahr 1996, als die britische Überwachungsstelle für Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gerade bei jüngeren Personen ein bisher unbekanntes Erkrankungsmuster, die eben neue Form der CreutzfeldtJakob-Krankheit, feststellte. Es wird vermutet, dass BSE wahrscheinlich Ursache für zahlreiche tödliche Fälle dieser Krankheit ist; wissenschaftlich erwiesen ist dieser Zusammenhang bisher nicht eindeutig. Einen Fall der neuen Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gibt es bisher in ganz Deutschland nicht. Allerdings, die klassische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die seit 1994 anzeigepflichtig ist, ist auch in Thüringen vorgekommen. Wir haben seit 1994 18 Fälle dieser klassischen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit gezählt.

Nun, meine Damen und Herren, es gab einen BSE-Fall eines in Deutschland geborenen Nachkommenrindes eines britischen Rindes, das war im Januar 1997. Die Lo

ckerung der bis 1999 geltenden Einfuhrbeschränkung für Rindfleisch und Produkte aus Großbritannien wurde gegen das klare Votum Thüringens 1999 von der Bundesregierung beschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt schien es noch immer so, als sei Deutschland von BSE kaum berührt, wenn auch von Seiten der EU Deutschland in die Risikogruppe 3 eingestuft wurde, das heißt höchstwahrscheinlich BSE, in einer Rinderpopulation bisher aber nicht manifest aufgetreten. Am 24. November des letzten Jahres dann wurden wir alle durch zwei BSEVerdachtsfälle aufgeschreckt, von denen sich der eine Fall in Schleswig-Holstein bestätigt hat. Seit diesem Tag ist klar, dass Deutschland also nicht BSE-frei ist, sondern auch hier BSE vorkommt. Als Übertragungsweg wird nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand die Verfütterung von Tiermehl oder die Verwendung von Milchaustausch schon bei der Kälberaufzucht angenommen. Auslöser der gesamten BSE-Krise ist vermutlich, dass das Tiermehl in Großbritannien ab 1972 unzureichend erhitzt und darüber hinaus an Wiederkäuer verfüttert wurde. Seit dem 24. November des vergangenen Jahres laufen auch in Deutschland für Erzeuger, Fleischindustrie, Verbraucher und natürlich auch für die Politik die Uhren etwas anders. Bereits einen Tag nach dem Herausfinden dieses Verdachtsfalls tagte der zentrale Krisenstab der für die Tierseuchen zuständigen Bundes- und Landesministerien und beriet eine Reihe von Maßnahmen.

Meine Damen und Herren, im schnellsten Gesetzgebungsverfahren der Geschichte der Bundesrepublik hat der Deutsche Bundestag am 30. November und der Bundesrat am 1. Dezember des letzten Jahres dem Gesetz zum Verbot der Verfütterung von Tiermehl zugestimmt. Am 6. Dezember trat die Fleischhygienerechtliche Verordnung des Bundesministeriums in Kraft, die die Anwendung von BSE-Schnelltests bei allen über 30 Monate alten Schlachtrindern vorschreibt. Hier haben Bund und Länder schnell und unbürokratisch an einem Strang gezogen, wie es die Dringlichkeit und die Anforderungen an den Verbraucherschutz erfordern. Die Länder haben immer wieder darauf gedrungen, dass der Bund und die Europäische Union zu ihrer Verantwortung mit stehen müssen und die Kosten für Schnelltests, für die Ausfälle bei den Erzeugern und den Fleisch verarbeitenden Betrieben sowie die Entsorgung des Risikomaterials und des Tiermehls mit zu übernehmen haben.

Meine Damen und Herren, über viele dieser Dinge habe ich bereits anlässlich meines Sofortberichts während der 33. Plenarsitzung ausführlich gesprochen und wir haben in diesem Hause einvernehmlich festgestellt, dass sich auch der Bund nicht aus seiner Verantwortung - und da beziehe ich sowohl gesetzgeberische Verantwortung als auch finanzielle Verantwortung ein - zurückziehen darf. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern: Herr Kollege Botz, Sie meinten damals die Bereitschaft der Bundesregierung zur finanziellen Mitverantwortung ausgemacht zu haben. Herr Kollege, bisher sind Sie offensicht

lich - ich habe es damals auch gesagt - einer Fata Morgana nachgelaufen, denn kein Landwirtschaftsbetrieb und kein Fleisch verarbeitender Betrieb kann gerettet werden durch das Klingeln mit der Münze, sondern nur, indem man eindeutig bezahlt.

(Beifall bei der CDU)

Und eine klare Aussage zur Mitverantwortung und Mitfinanzierung fehlt bis heute.

Meine Damen und Herren, ich habe wiederholt darauf hingewiesen, dass lückenlose Testungen auch zu einer vermehrten Feststellung von BSE-Fällen führen werden. Heute haben wir in der Bundesrepublik Deutschland 17 Fälle von BSE-Erkrankungen bei Schlachtrindern in Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt; Sachsen ist noch nicht bestätigt.

Dass sich die Situation und die Verwirrung bei den Verbrauchern auch durch eine nicht immer ganz seriöse Berichterstattung der Medien weiter verschärft hat, muss ich nicht ausdrücklich betonen. Und meine Bitte an die Medien, wenigstens an die Thüringer: Berichten Sie weiter sachlich. Ich kann den Thüringer Medien einen Dank aussprechen, dass bisher im Wesentlichen eine sachliche Berichterstattung stattgefunden hat. Es geht nicht um Sensation und es darf nicht um Sensation gehen, sondern es muss um Aufklärung der Bürger und um Aufklärung des Verbrauchers gehen.

Meine Damen und Herren, aber verbindliche Zusagen und Regelungen der Bundesrepublik hat es trotz der inzwischen stattgefundenen vierten Koordinierungsrunde auf Staatssekretärsebenen und weiteren Bund-LänderKontakten nicht gegeben. Demgegenüber sind die Maßnahmen und Vorbereitungen in Thüringen mit Hochdruck vorangetrieben worden. In Krisenzeiten - ich denke, die BSE-Gefahr ist als eine solche anzusehen - verspreche ich mir von der Einbeziehung eines breiten Sachverstands eine schnellere und zielorientiertere Erfüllung der notwendigen Aufgaben. Deshalb habe ich im Zusammenhang mit der Verschärfung der BSE-Situation eine ständige interministerielle Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern des Gesundheits- und des Landwirtschaftsministeriums unter Beteiligung von Wissenschaftlern gebildet. Ihre Aufgabe besteht in einer regelmäßigen Information und Abstimmung in Vorbereitung notwendiger Entscheidungen. Dies betrifft die aktuellen Rechtsetzungen des Bundes, deren reibungslose Umsetzung, die Logistik der erforderlichen Maßnahmen, die Analyse der Auswirkungen und Konsequenzen für die betroffene Wirtschaft und für die Landwirte, aber auch die Suche nach Möglichkeiten zur Hilfe und Unterstützung für diese. Unser Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt in Bad Langensalza war in der Lage, die seit Anfang Dezember 2000 vorgeschriebenen Untersuchungen auf BSE sachgerecht und zuverlässig durchzuführen.

Meine Damen und Herren, ich bin schon überrascht gewesen, eine Zeitungsnotiz zu lesen, dass man in Hessen neben dem Elisa-Test sich nun durchgerungen hat auch den Prionics-Test durchzuführen, in der Hoffnung dann sicherer zu gehen. In Thüringen sind von Anfang an der Prionics-Test und der Elisa-Test durchgeführt worden. Auch bei dem Verdachtsfall, der uns vorliegt, sind beide Tests in mehreren Untersuchungen angewandt worden. Voraussetzung aber, dass dies möglich war, war die kurzfristige Erweiterung der räumlichen Bedingungen sowie die Einstellung einiger Mitarbeiter. Und als unschätzbar erwiesen hat sich die Erfahrung, die bereits seit August 2000 bis Anfang Dezember mit 300 durchgeführten Prionics-Tests im Rahmen des epidemiologischen Überwachungsprogramms gesammelt werden konnte. Da außerdem auch die gerätetechnischen Ausstattungen für die Elisa-Verfahren beschafft wurden, stehen also, ich sagte es schon, beide Testsysteme zur Verfügung. Derzeit beträgt die wöchentliche Untersuchungskapazität bis etwa 1000 Proben. Ab Februar, d.h. bereits in einer Woche, können 2.000 Proben pro Woche auf BSE untersucht werden. Im Nebensatz darf ich vielleicht sagen, ich wäre froh, wenn der Bedarf an Rindfleisch wieder so steigen würde, dass die 2.000 Proben ausgelastet sind. Es wäre mir allerdings noch lieber, wir würden keinen positiven Befund darunter haben.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, dass man in diesem Zusammenhang - es wird immer geklopft, es soll ein ehrliches Klopfen sein - dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des TMLVUA herzlich danken sollte;

(Beifall im Hause)

und wenn wir eine Strukturveränderung durchgeführt haben, dann bedeutet das keinen Abstrich an dem bisher Geleisteten. Die inzwischen im Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt über 5.500 durchgeführten BSE-Tests bei geschlachteten Rindern ergaben also in Thüringen inzwischen einen Verdachtsfall. Es handelt sich dabei um ein aus Sachsen stammendes Rind, das in Jena geschlachtet wurde. Aber, meine Damen und Herren, die BSE-Gefahr beginnt natürlich beim Futtermittel, nachdem, was ich vorhin zur Übertragung gesagt habe. Aus diesem Grund haben die Thüringer Landesämter für Landwirtschaft 124 Futtermittelproben in Thüringen entnommen, um diese auf einen verbotenen Anteil von Tiermehl zu prüfen. In 14 Fällen wurden Tiermehlanteile festgestellt, davon waren es bei 11 Proben unter 0,5 Prozent und bei drei Proben zwischen 0,5 und 1 Prozent. In vier Fällen handelte es sich um Produkte anderer Länder, nicht aus Thüringen. In einem Fall wurde bereits ein Herstellungs- und Inverkehrbringungsverbot angeordnet, sie haben es alle in der Zeitung gelesen; der Betrieb ist vorübergehend geschlossen worden, es ist gesäubert worden, es war eine Verunreinigung und unterdessen ist die Futtermittelherstellung wieder

gesichert. Neben der interministeriellen Arbeitsgruppe wurde bereits der Krisenstab zusammengerufen, dem neben den Ministerien und den nachgeordneten Behörden auch Vertreter der Fleisch verarbeitenden Industrie und der Erzeugerverbände sowie weiterer berufsständischer Organisationen angehören. Inzwischen wurden den Schlachthöfen und den Tierhalterbetrieben Maßnahmekataloge zugeleitet, wie beim Auftreten eines BSE-Falls zu verfahren ist und welche Vorsichtsmaßnahmen bei jeder Schlachtung getroffen werden sollten, um den entstehenden materiellen Schaden so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört z.B. Schlachtung der über 30 Monate alten Rinder am Ende des Schlachttages oder Bildung von kleineren Schlachtposten, damit innerhalb eines Schlachtpostens eine Abgrenzung möglich ist. Im Mittelpunkt stehen dabei Vorkehrungen zur Vermeidung von Kontaminationen des Fleischs mit Risikomaterial im Schlachtprozess. Durch organisatorische Maßnahmen soll eben erreicht werden, dass bei einem positiven BSE-Untersuchungsergebnis kein unnötig großer Teil der Gesamtschlachtung aus dem Verkehr gezogen werden muss. Für die Aufklärung der Verbraucher haben wir ein Faltblatt erstellt, das die wichtigsten Fragen zum Thema BSE beantwortet. All diese Maßnahmen wurden zwischen dem Sozialministerium und dem Landwirtschaftsministerium schnell und reibungslos koordiniert. Diese Struktur hat sich bewährt und steht auch in Übereinstimmung mit dem Leitgedanken des Weißbuchs der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zur Lebensmittelsicherheit. Um die Effektivität noch weiter zu steigern, hat sich die Landesregierung am Dienstag entschieden, zur Bündelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes ein Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz zu bilden. In diesem Amt werden sowohl die Aufgaben von sechs Referaten des Landesverwaltungsamts, die für den gesundheitlichen Verbraucherschutz und für die Koordinierung der Lebensmittelüberwachung zuständig sind, als auch die Aufgaben des Thüringer Medizinal-, Lebensmittelund Veterinäruntersuchungsamtes zusammengefasst. Das heißt, Grundgedanke Verwaltungshandeln folgt direkt dem Untersuchungsamt und damit soll kein neues Amt geschaffen werden, sondern es erfolgt eine Bündelung der Kompetenz, Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren. In dieses Landesamt überführt wird auch aus dem Wirtschaftsministerium und aus dem Landwirtschaftsministerium die Förderung der Verbraucherberatung einschließlich der Ernährungsberatung. Für diese Aufgaben sollen im laufenden Jahr sowie im Jahr 2002 jeweils zusätzliche 500.000 DM zur Verfügung gestellt werden.

Meine Damen und Herren, die Kritik der SPD geht ins Leere, dass angeblich unverändert die Zuständigkeit in den Ministerien zersplittert bleibt. Die Zuständigkeit ist zusammengefasst in diesem Amt und ist zusammengefasst in einem Ministerium. Dass es überdies hinaus eine gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ministerien geben muss und geben wird, ist keine Frage

einer etwa nicht guten Zusammenarbeit. Wir werden diese gute Zusammenarbeit so, wie wir sie bisher hatten, auch in Zukunft fortführen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte ausdrücklich den Mitarbeitern in der Verwaltung auch herzlich danken für diese absolut reibungslose Zusammenarbeit, die in den Ministerien geklappt hat.

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen natürlich auch berichten, was wir in Thüringen nach dem Verdachtsfall vom letzten Freitag auf dem Schlachthof in Jena getan haben. Nach Bekanntwerden dieses BSEVerdachts sind die zuständige Referatsleiterin meines Hauses sowie ein Mitarbeiter des Landesverwaltungsamts und der zuständige Amtstierarzt sofort in den Schlachthof nach Jena gefahren, um das Schlachtverfahren und die Einlagerung der Tiere in Augenschein zu nehmen. Der Schlachtprozess wurde natürlich bis auf Weiteres eingestellt. Gleichzeitig haben wir auf Fachebene und auf Staatssekretärsebene mit dem sächsischen Gesundheitsministerium Kontakt aufgenommen, um die Maßnahmen sowohl im Landwirtschaftsbetrieb als auch im Schlachthof zu koordinieren und danach wurde die Öffentlichkeit sowohl durch das hiesige als auch das sächsische Gesundheitsministerium informiert. Die Ergebnisse der Vor-Ort-Besichtigung auf dem Schlachthof Jena wurden noch Freitagnacht im Ministerium ausgewertet und die bereits erwähnte interministerielle Arbeitsgruppe BSE-Bekämpfung wurde am Samstagnachmittag zu einer Sondersitzung einberufen. Sie hat über die noch zu veranlassenden Maßnahmen beraten. Die Öffentlichkeit wurde im Rahmen einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag eingehend informiert. Für Montag früh wurde der Landeskrisenstab, in dem auch die betroffenen nichtbehördlichen Organisationen vertreten sind, einberufen. Der Krisenstab hat über alle zu treffenden Maßnahmen einvernehmlich beraten.

Meine Damen und Herren, ganz deutlich ist in den Beratungen des vergangenen Wochenendes geworden, wie dringend wir auf bundesgesetzliche Regelungen angewiesen sind. Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal sagen, das Tierseuchenrecht greift bei BSE eigentlich nicht und schon gar nicht, wenn es um die Entschädigung geht. Deswegen kann allenfalls mit großen Bauchschmerzen die Tierseuchenkasse für die Landwirtschaftsbetriebe eintreten; die Tierseuchenkasse kann nicht für die Schlachtbetriebe eintreten. Und die Maßnahmen, die wir auf der Grundlage des Tierseuchengesetzes veranlassen, sind äußerst fragwürdig. Deswegen ist auch zwischen Bund und den Ländern vereinbart worden, dass entweder eine einheitliche Verordnung - aber man war sich auch da schon sehr unsicher, ob das überhaupt geht, denn eine Verordnung braucht eine gesetzliche Grundlage - oder ein eigenes BSE-Gesetz geschaffen werden sollte. Diese Vereinbarung ist vor nunmehr 14 Tagen oder über

14 Tagen getroffen worden und bisher hat sich nichts ereignet. Ich habe vorhin lobend erwähnt das Gesetz über die Tiermehlverfütterung, die Verordnung über den BSE-Schnelltest, aber seit dem Tiermehlverfütterungsverbot von Ende November/Anfang Dezember erlebe ich bei der Bundesregierung absoluten Stillstand. Nichts konkret Neues ist uns mitgeteilt worden. Tatsache ist, und ich habe dieses eben bereits ausgeführt, dass wir bis heute keinerlei gesetzliche Regelungen von Seiten der Bundesregierung haben. Vor allen Dingen brauchen wir eine einheitliche Regelung, wie mit dem Viehbestand eines Hofes umzugehen ist, in dem ein BSE-Fall festgestellt wird. Thüringen hat mehrfach erklärt, dass wir uns zu der Kohortenregelung bekennen. Aber, meine Damen und Herren, was nützt es dem Landwirtschaftsbetrieb, wenn er seine Milch nicht mehr loswird und wenn er sein Fleisch nicht mehr loswird? Hier müssen wir eine gesetzliche Grundlage schaffen, dass möglicherweise dann eine Bestandstötung durchgeführt werden muss. Bis heute gibt es noch immer keine Festlegung, ob der gesamte Bestand oder nur die Kohorte zu töten und zu vernichten ist. Sachsen-Anhalt, so habe ich es heute Morgen vernommen, versucht die Kohortenlösung zu realisieren. Es ist abzuwarten, ob dieses möglich ist.

Alle Bundesländer haben sich dazu bekannt, diese einheitliche Regelung des Bundes anzuerkennen und durchzuführen, aber bisher fehlt ein klares Votum aus Berlin. Wir müssen davon ausgehen, und das ist ein Problem der neuen Bundesländer, dass es gerade bei uns größere Bestände von 1.000 bis 3.000 Rinder treffen kann. Denken Sie an das Beispiel in Sachsen-Anhalt, dort ist es eine Herde von etwa 1.000 Rindern. Ich glaube, niemand von uns wird so blauäugig sein und glauben, dass wir auf alle Zeiten in Thüringen von einem BSE-Fall verschont bleiben, auch nicht bei so großen Beständen. Wenn es dann in Thüringen eine Herde mit 1.000 oder 1.500 Rindern treffen wird, dann stellt sich sehr intensiv die Frage, wie wir damit umgehen können.

Meine Damen und Herren, das ist auch nicht nur eine Frage der Entschädigung, sondern auch eine Frage des Tierschutzes. Gehen wir mit den Tieren als Mitgeschöpfe um oder als Substanz, die man beseitigen kann, wie es einem gerade passt?

Meine Damen und Herren, Tatsache ist auch, dass sowohl für unsere amtlichen Anordnungen auf den Schlachthöfen als auch für unsere Anordnungen gegenüber den Tierbeständen im Falle eines BSE-Verdachts oder gar im Falle einer bestätigten BSE-Erkrankung die Rechtsgrundlagen sehr wacklig sind. Alle Länder einschließlich Bayern haben zuletzt am 10. Januar in Bonn - ich habe gesagt, vor 14 Tagen, es ist einen Tag länger her - bei der Bund-Länder-Besprechung auf Staatssekretärsebene ein schnelles Gesetzgebungsverfahren von der Bundesregierung gefordert und dafür ihre einmütige Unterstützung im Bundesrat angeboten. Bisher ist nichts geschehen. Trotzdem - wir werden gezwungen sein, zu han

deln - müssen wir sowohl die Schlachthofbesitzer als auch die Tierbesitzer entschädigen, und das alles ohne Rechtsgrundlage. Die bisher errechneten Kosten, meine Damen und Herren, ohne jetzt zu wissen, in welche Rinderbestände eventuell ein Erkrankungsfall einschlägt, lediglich diese bisher errechneten Kosten beziffern sich auf etwa 135 bis 150 Mio. DM. Wenn die Bundesregierung nichts vorlegt, werden wir Länder handeln müssen. Ich beabsichtige in einer der nächsten Bundesratssitzungen einen entsprechenden Gesetzentwurf einzubringen, wenn wir es im Kabinett beschließen.

Meine Damen und Herren, die Ministerpräsidenten der Länder und der Bundeskanzler haben sich am 14. Dezember 2000 in Berlin verständigt, eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern einzurichten, in der die Kostentragung für alle Folgen der BSE-Bekämpfung einvernehmlich ermittelt und die Kostentragung geregelt werden solle. Es liegen alle Folgekosten auf dem Tisch. Die Bundesregierung hat aber bis zum heutigen Tag verschwiegen, welche Kosten der Bund übernehmen will. Es betrifft im Übrigen nicht nur die rein wirtschaftliche Frage der Entschädigung der Beteiligten, sondern auch die dringend notwendigen Forschungsprojekte.

(Beifall bei der CDU)

Eine Vielzahl der Länder, auch Thüringen, hat sich nicht nur bereit erklärt eigene Forschungsprojekte im Bereich BSE zu betreiben, sondern hat schon erste Überlegungen angestellt. Doch auch hier sehe ich dringenden Koordinierungsbedarf von Seiten der Bundesregierung.

Meine Damen und Herren, es bringt nichts, wenn 16 Bundesländer an der gleichen Frage arbeiten und eine andere Frage überhaupt nicht bearbeitet wird. Hier muss ein zentrales Forschungsprojekt aufgelegt werden und nach Möglichkeit zwischen Bundesregierung und EU. Es ist eine deutliche Verstärkung und bessere Koordinierung der BSE-Forschung einschließlich der humanmedizinischen Seite auf allen Ebenen dringend erforderlich. Dazu gehört auch die Erstellung eines nach Prioritätsgesichtspunkten gegliederten nationalen BSE-Forschungsplans unter Berücksichtigung der Forschungsaktivitäten auf EU-Ebene.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Problem im Verbraucherschutz ergibt sich bei möglichen Fehletikettierungen. Ich habe festgelegt, dass seit letzten Montag festgestellte Verstöße, die nach Einzelfallprüfung auf eine vorsätzliche Falschetikettierung von Fleisch- und Wurstwaren schließen lassen, der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Einen entsprechenden Beschluss haben meine Kolleginnen und Kollegen aus Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Sachsen, Hessen und dem Saarland gemeinsam mit mir getroffen. Doch diese Maßnahme des Verbraucherschutzes, die vehement auch von den Damen und Herren der Opposition gefordert wird, steht auf durchaus wackligen gesetzlichen

Füßen; das wissen wir sehr wohl. Ich habe mich dennoch dazu entschlossen, weil die Verbraucher gerade in dieser Situation höchster Verunsicherung ein Recht auf vertrauenswürdige Deklaration aller Lebensmittel haben.

Meine Damen und Herren, ich mache noch einmal ganz deutlich und ich bitte dieses weiter zu verbreiten, es geht dabei nicht um die Verarbeitung von Rindfleisch als Verfehlung, es geht dabei einzig und allein um die Falschetikettierung als Verfehlung des Herstellers.

Meine Damen und Herren, abschließend noch einige wenige Worte zur wirtschaftlichen Entwicklung in der Fleischindustrie. Weil bei der Entwicklung, Übertragung und in Auswirkung von BSE noch vieles im Unklaren ist, gehen wir mit diesem Thema mit größter Vorsicht um. Wir halten uns an die Vorgaben des Tierseuchenrechts, obgleich dieses - das habe ich nun schon ein paar Mal gesagt - schwerlich auf BSE unmittelbar anwendbar ist. Die Folge muss unweigerlich sein, dass sich das Verhalten der Länder und natürlich die Berichterstattung enorm auf die ganze Branche auslegt, doch die Folgen sind für eine Gruppe besonders existenzgefährdend. Der Verbraucher muss selbst bestimmen, wie er auf diese Gefahren reagiert und seine Ernährung möglicherweise umstellt. Die Fleisch verarbeitende Industrie wird nach anfänglichen Schwierigkeiten auch einen Weg finden, sich auf dieses neue Konsumverhalten einzustellen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Anfrage?