Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

(Beifall bei der CDU)

Als Nächsten bitte ich Herrn Abgeordneten Huster an das Rednerpult.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Vopel, Sie haben gesagt, das ist ein außerordentlich komplexes Thema. Da gebe ich Ihnen Recht, ich denke aber, allein diese Tatsache und die Tatsache, dass im Land die Debatte stattfindet, rechtfertigt, dass wir uns heute in der Aktuellen Stunde mit dem Thema beschäftigen.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die Debatte um fehlende Fachkräfte ist für die Zukunft dieses Landes von außerordentlich hoher Bedeutung. Bereits jetzt gibt es einzelne Klagen über fehlende Fachkräfte in bestimmten Bereichen der Wirtschaft. Im Jahr 2006 - und das hat Herr Lippmann beschrieben - werden allerdings zwei Entwicklungen aufeinander treffen: ein altersbedingtes Ausscheiden vieler Mitarbeiter aus den Betrieben und ein deutlicher Bewerberrückgang um Ausbildungsplätze aufgrund des Geburteneinbruchs im Jahr 1990. Daraus resultiert ein Handlungsdruck für die Politik schon heute. Dabei darf auf der anderen Seite allerdings nicht vergessen werden, dass einer nach wie vor großen Anzahl von Menschen in Thüringen eine vernünftige, existenzsichernde Arbeit verwehrt ist. 193.000 Menschen im Jahresdurchschnitt 2000 sind in Thüringen registriert arbeitslos, dagegen liegt die Zahl der durchschnittlich gemeldeten offenen Stellen lediglich bei 14.000. Offensichtlich haben wir eine paradoxe Situation. Welche Gründe gibt es dafür? Zum einen rächt sich jetzt die zu geringe Erstausbildung vieler Thüringer Betriebe in der Vergangenheit; darunter sind viele, die trotz Ausbildungsberechtigung und finanzieller Möglichkeiten ihrer Verantwortung nur ungenügend nachgekommen sind. Zum Zweiten, das wurde hier schon angesprochen, rächt sich, dass im Osten Deutschlands das Lohnniveau gegenüber dem Westen Deutschlands nach wie vor zu gering ist und Thüringen hier das absolute Schlusslicht darstellt. Es fällt uns weiter auf die Füße, dass es an einem konkreten Zeitplan fehlt, diese Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse herzustellen, wie es das Grundgesetz erfordert. Diese Perspektive herzustellen, meine Damen und Herren, müsste auch und gerade das größte Eigeninteresse der Thüringer Landesregierung sein.

(Beifall bei der PDS)

Schließlich rächt sich jetzt, dass die Thüringer Betriebe - ich schränke ein, auch manch objektiver Unwägbarkeit geschuldet -, in den letzten Jahren sich zu wenig den kommenden Herausforderungen gestellt haben. Gerade unter Beachtung der demographischen Daten wäre eine gezielte Personalplanung und Personalentwicklung nötig und wünschenswert gewesen. Weitere Gründe wären an dieser Stelle zu nennen, beispielsweise das schlechte Image der Berufe, in denen heute schon Fachkräfte gesucht werden. Die aktuellen Studien, die uns vorliegen, zeigen u.a. deutlich, dass sich die Ausbildungswünsche vieler Jugendlicher auch nach der Zahl der angebotenen Lehrstellen richten. Mit anderen Worten, die Jugendlichen sind sehr pragmatisch und nehmen dann einen Berufswunsch wahr, wenn genau in diesem Berufsbild viele Lehrstellen angeboten werden. Auch dies ist als Plädoyer zu verstehen, jetzt deutlich mehr auszubilden, nicht nur allein der Ausbildungsplätze willen und nicht nur, um die Altersstruktur in vielen Betrieben wieder hinzukriegen, nicht nur, um die Nachfolge in vielen Betrieben zu regeln, auch da haben wir in den nächsten

Jahren ein Problem, nicht zuletzt, und darum geht es mir, meine Damen und Herren, zu zeigen, dass es in Thüringen wirkliche Lebensperspektiven gibt, denn genau davon wird es abhängen, ob die jungen Leute hier bleiben bzw. wieder nach Thüringen zurückkommen. Nichts wäre schlimmer, wenn wir hier noch lange reden und bei den jungen Leuten, bei den Heranwachsenden entwickelt sich eine Kultur des Abwanderns. Sie kommen aus der Schule und wissen schon, sie wollen hier weg und unsere Bemühungen greifen ins Leere, weil das in ist, einfach aus Thüringen wegzugehen.

Meine Damen und Herren, wir finden eine Situation derzeit vor, in der laut Prognosen des Landesamtes für Statistik die Bevölkerungszahl Thüringens bis 2020 um eine weitere Viertelmillion Menschen zurückgehen wird. Der Anteil der Älteren in der Bevölkerung wird stetig steigen, der Anteil der unter 15-Jährigen ebenso deutlich sinken wie der Anteil der 15- bis 29-Jährigen. Um drei Beispiele zu nennen, Gera hat nach diesen Prognosen im Jahr 2020 noch 80.000 Einwohner (Rückgang um 30 Prozent), Erfurt hat einen Rückgang um 54.000 Einwohner (das sind 26 Prozent), Suhl 13.000 Einwohner (26 Prozent) und ich kann Ihnen sagen, die Kette ließe sich beliebig fortsetzen. Die Abwanderung, vor allem gut ausgebildeter jüngerer Menschen und ihrer Familien, wird so nicht nur zum Problem der Unternehmen, die Fachkräfte benötigen; auch besonders für die Thüringerinnen und Thüringer, die hier bleiben wollen und müssen, wird sich dieser Bevölkerungsrückgang in vielfältiger Weise auswirken. Die Konsequenzen für die Städte und Gemeinden sind leicht auszumalen und, ich denke, in den letzten Tagen von den Thüringer Medien hinreichend beschrieben worden. Entscheidend, meine Damen und Herren, darum geht es mir, entscheidend ist, dass wir die Fachkräftedebatte führen, aber nicht isoliert führen dürfen. Denn eines ist klar, selbst wenn die jetzt noch bescheidenen Fachkräftebedarfe der Thüringer Wirtschaft gedeckt werden könnten, die Folgen von Geburtenrückgang, Sterbefallüberschuss und Abwanderung junger Menschen wird die heimische Wirtschaft nachhaltiger treffen, als wir uns das vielleicht jetzt vorstellen können.

Herr Huster, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, letzter Satz, Frau Präsidentin. Nicht zuletzt deshalb ist jetzt eine realistische Analyse des Erreichten notwendig. Entsprechende Hoffnungen verbinde ich auch mit der Enquetekommission Wirtschaftsförderung Thüringen, einer Kontinuität beim Solidarpakt II und ich darf Ihnen sagen, liebe Kollegen der CDU, mit dem Selbstlob, dass Thüringen überall Spitze ist, ist es nicht getan, ebenso, liebe Kollegen von der SPD, auch nicht mit der Replik von Herrn Müntefering auf Herrn Thierse, dass im Osten eigentlich alles schon

auf einem guten Weg wäre. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Kallenbach gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, es handelt sich tatsächlich um ein neues Thema und wenn nicht ernsthaft gegengesteuert würde, würde es sich zu einem sehr ernsthaften Problem in Thüringen entwickeln. Die Hauptursache für den Fachkräftebedarf ist zu suchen in der positiven Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes in den neuen Bundesländern insgesamt und insbesondere in Thüringen. Das ist eine gute Nachricht. Das ist prinzipiell eine gute Nachricht, wenn sich die Industrie so positiv entwickelt hat, aber das hat eben auch Folgen, vom Grund her erstmals positive Folgen auf den Arbeitsmarkt. Man kann die Situation zusammenfassen, jedenfalls die FSU Jena fasst es so zusammen, in vier Dedominaten:

Erstens wird gesagt, die breite Qualifikationsbasis, die auch Grundlage für den Aufschwung der Thüringer Wirtschaft in den letzten Jahren gewesen ist, diese breite Qualifikationsbasis ist zu sichern und auszubauen.

Zweitens: Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren zwar ausgebildet, aber es waren eben noch zu wenige. Im Moment sind es 70 Prozent, der Anteil muss noch weiter erhöht werden. Allerdings hat der Ministerpräsident und auch Minister Schuster bei jeder Gelegenheit dafür geworben, dass mehr Unternehmen ausbilden, und diese Ermahnungen sind ja auch nicht ohne Ergebnis geblieben, wie die Statistik uns zeigt.

Drittens: Natürlich haben auch zu dieser Situation Wegzug, Wechsel in andere Berufe und die frühzeitige Verrentung von vielen Fachkräften geführt.

Viertens: Gerade die 20- bis 35-Jährigen in den Unternehmen sind zu schwach vertreten. Eine gleichmäßige ausgewogene Altersstruktur ist wichtig für eine positive Unternehmensentwicklung.

Wie kann man die Situation nun nachhaltig verbessern? Natürlich muss die Bezahlung verbessert werden - es ist gesagt worden -, aber man wird es nicht mit einem starren Tarifvertrag erreichen. Und, meine Damen und Herren, was vielleicht kaum oder überhaupt kein Geld kostet, wir haben ein Imageproblem. Es hat sich halt noch nicht überall herumgesprochen, dass sich die Thüringer Industrie so positiv entwickelt hat, wie sich die Statistik nunmal darstellt, und dass es hier positive Berufsaussichten gibt für Facharbeiter und für Ingenieure.

Daran, an diesen Imageverbesserungen, muss intensiv gearbeitet werden. Ich nenne mal noch abschließend zwei Beispiele. Bei einer kürzlichen Betriebsbesichtigung, an der ich teilnehmen konnte, bei BMW Eisenach, wurde mir erklärt, dass BMW Eisenach Partnerschaften mit zwei Schulen aus der Region hat. Es kommen also Schüler in das Unternehmen und absolvieren dort Praktika, aber was noch viel interessanter war, es kommen auch die Lehrer mit, und zwar für mehrere Tage gehen sie in das Unternehmen. Ich denke, es ist für das Weltbild, für das Blickfeld der Lehrer und des Unternehmens sehr hilfreich, wenn man diesen Austausch dort pflegt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, noch ein ganz anderes Beispiel: Kürzlich hat die Fachhochschule Erfurt beantragt beim Wissenschaftsministerium, aufgrund des IT-Bedarfs anwendungsbezogene Informatik als neue Fachrichtung aufzunehmen. In einer außerordentlich kurzen Prüfungs- und Genehmigungszeit hat das Wissenschaftsministerium diesen neuen Studiengang genehmigt. Aber natürlich hat die Ministerin gesagt, es darf nicht zu einer Aufblähung des Haushalts an dieser Stelle führen, da muss an anderer Stelle eingespart werden.

(Zwischenruf Abg. Dr. Wildauer, PDS: Das ist gar nicht so einfach.)

Ich füge hinzu, dass an dieser Stelle dann auch die Wirtschaft mit als Sponsor auftreten sollte. Das hat z.B. die Sparkasse Erfurt gemacht. Sie hat für diese Studenten die Computer zur Verfügung gestellt. Auf diesem Wege müssen wir weiterkommen, wenn wir dieses Problem auch in Zukunft lösen wollen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Dr. Botz zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Debatte hat ja in dieser Legislatur damit begonnen, dass wir eine Green-Card-Diskussion geführt haben. Dann haben wir - und da waren wir gut beraten eine Anhörung gemacht. Ich glaube, es gibt kaum einen Kollegen, der sich die Zeit genommen hat, sich diese Anhörung anzuhören im besten Sinne des Wortes, der nicht den einen oder anderen Aha-Effekt hatte, ich nehme mich da jedenfalls nicht aus. Das war sehr interessant, das war sehr nachdrücklich, was wir da aus der Wirtschaft, aus Richtung Hochschule, Forschung usw. als Politiker an Anregungen erhalten haben. In diesem Zusammenhang gab es einen Hinweis auf eine sehr prägnante Studie der IHK Köln. Wir haben das als An

regung genommen, in den Ausschüssen auch anzuregen, dass vergleichbare Studien für Thüringen gemacht werden, haben mit Freude zur Kenntnis genommen, Frau Prof. Dr. Schipanski hat uns das jedenfalls sofort mitgeteilt, dass in ihrem Hause ein derartiges Bemühen schon läuft. Alles, was inzwischen an uns als Abgeordnete der Opposition dann noch über Umwege gedrungen ist, ist, dass diese Analysen dieser Umfragen, die am Lehrstuhl für Soziologie von Prof. Köhler erstellt wurden, im November aufgearbeitet wurden. Wir müssen davon ausgehen, dass sie jetzt in den Häusern, die Beauftragende waren, vorliegen. Wir fragen uns als Abgeordnete, warum ist es nicht möglich innerhalb der letzten zwei, zweieinhalb Monate, dass wir als Volksvertreter, die ja diese Debatte mitführen, die im öffentlichen Leben stehen, so bald wie möglich auch diese Ergebnisse dieser Studie zu bekommen, denn,

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

meine Damen und Herren, diese Zeit, und das wissen wir doch alle, ist eine schnelllebige. Es kann nicht sein, dass solche Informationen in einer sich so bewegenden dynamischen Gesellschaft auch nur ein paar Wochen zu lange Teilen der thüringischen Öffentlichkeit - dazu gehören auch Oppositionspolitiker, dazu gehören Medien vorenthalten werden. Das ist schädlich auch für eine breite öffentliche Diskussion. Dieses bedeutet nichts anderes, dass man - und ich bitte, das in Ihrem und in unser aller Interesse zu ändern - zu lange Wissen, das in die Gesellschaft hinaus gehört, als Hoheitswissen aus taktischen, strategischen Gründen zurückhält.

(Beifall bei der SPD; Abg. Gerstenberger, PDS)

Wir fordern Sie hiermit auf, das so bald wie möglich abzustellen. Es gibt einen wesentlichen Grund, der ist hier angesprochen worden, der gilt auch für junge Absolventen von Hoch- und Fachschulen, das sind die Lockrufe der hohen Einkommen; ich brauche hier nur das Stichwort in die Runde zu werfen, das ist einer der Gründe. Nur, meine Damen und Herren, auch da kann man eine Atmosphäre der öffentlichen Debatte von Seiten der Politik, von Seiten der Wirtschaft schaffen, die optimistischer klingt. Da freuen wir uns, dass in den letzten Monaten entgegen früherer Aussagen sowohl Herr Minister Schuster, als auch der Ministerpräsident warnend die Stimme gehoben und gesagt haben, so geht das nicht, diese Unterschiede tariflicher Natur und Bezahlung auch guter Fachkräfte zwischen Ost und West können so nicht lange aufrecht erhalten bleiben ohne dauerhaften Schaden. Danke für diese Aussage, aber bitte nehmen Sie dann doch auch etwas stärker Einfluss z.B. auf solche Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft, wie den neu gewählten Präsidenten des BDI, der eben vor wenigen Tagen noch für diesen Teil Deutschlands die bittere, die unsinnige Aussage trifft, dass hier eindeutig zu hoch bezahlt wird. Dies können doch gut und qualifiziert arbei

tende Fachkräfte, die immer wieder abwägen, ob sie nicht doch nach Baden-Württemberg oder sonst wohin gehen, als eine Verhöhnung empfinden. Bitte, verwenden Sie doch Ihre guten Verbindungen und drücken Sie auch einmal in die Richtung, dass wir hier ein einheitliches Stimmungsbild politischer und wirtschaftlicher Natur schaffen, um diesen jungen Menschen auch Hoffnung rüberzubringen. Damit möchte ich schon zum Abschluss kommen.

Meine Damen und Herren, Gott sei Dank ist es bisher gelungen - und auch mit dem Doppelhaushalt, ich sage das hier ausdrücklich noch einmal, hoffentlich geht das dann auch so weiter -, eine hervorragende Hoch- und Fachschullandschaft zu schaffen, in der außer Thüringern auch ganz viele deutsche und internationale Absolventen hervorragend ausgebildet werden. Diejenigen, die aber von unseren Schulen, aus unseren Kommunen, aus unseren Städten kommen und dorthin gehen, denen müssen wir in den nächsten Jahren dort deutlich bessere Perspektiven bieten, dass sie nicht alle, aber viele von ihnen auch als Existenzgründer, als hoch bezahlte Mitarbeiter in sich gründenden thüringischen Unternehmen eine Chance erhalten. Wenn wir das tun wollen, dann müssen wir dieses Thema auch ab und zu einmal als Politiker als aktuelles Thema einer Aktuellen Stunde weiterführen, weiter ansprechen, weil es im öffentlichen Bewusstsein erhalten bleiben muss. Darüber sollten wir uns einig sein. Das war Sinn dieser Aktuellen Stunde. Ich glaube, in diesem Interesse sollten wir auch weiterhin miteinander diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Schuster, bitte schön.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ein neues Thema entdeckt. Dieses Thema wird sehr unvollständig diskutiert - auch in unserem Lande. Es ist ganz generell von der Fachkräftelücke die Rede. Wenn man darüber redet, muss man gleichzeitig auch von dem Fachkräftepotenzial reden, das wir in unserem Lande haben.

(Beifall Abg. Illing, CDU)

80 Prozent der Arbeitslosen verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung. 110.000 Auspendler könnten für Arbeitsplätze in unserem Lande angesprochen und gewonnen werden, und das sind auch qualifizierte Fachkräfte. Es sind viele aus AB- und SA-Maßnahmen in den letzten Jahren ausgeschieden. Die Aussage muss doch lauten: Ja, wir haben eine Fachkräftelücke, aber wir haben auch ein unausgeschöpftes Arbeitskräftepotenzial in unserem Lande. Die generelle These von der Fach

kräftelücke wäre falsch, wenn die zweite Feststellung nicht dazukäme.

Meine Damen und Herren, wir können doch nicht Investoren akquirieren und gleichzeitig von der Fachkräftelücke reden. Das wären schlechte Akquisitionsargumente, die wir dann ins Feld führen oder uns vorführen lassen müssten. Sie wären auch falsch, meine Damen und Herren.

Wie groß ist denn nun die Fachkräftelücke? Wir, Herr Dr. Botz, das TMWAI, haben diese Studie in Auftrag gegeben.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Na, her damit.)

Ja, fragen Sie einmal Ihren Kollegen Lippmann, der hat sie längst. Die liegt nämlich den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses vor.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Pein- lich, peinlich.)

Und nun zum Fachkräftebearf: Meine Damen und Herren, wie groß ist sie denn, die Fachkräftelücke? Wir haben dazu in dieser Studie 1.100 Betriebe des verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors und des Handwerks befragen lassen. Tatsächlich haben von den Befragten zwei Drittel einen kurz- und mittelfristigen Bedarf an Fachkräften angegeben. Auf die Frage: "Bilden Sie auch Fachkräfte aus?", antworteten 70 Prozent der Befragten, dass sie selbst ausbilden, 30 Prozent bilden aber nicht aus. Sie wollen ihren Bedarf auf dem Arbeitsmarkt decken. Man stellt auch fest, dass häufig sehr kurzfristig Personalplanung betrieben wird. Wenn man aus dieser Erfahrung zentrale Aufgaben ableiten will, kommt man zu folgenden Kernforderungen für unser Land:

Erstens: Unsere Betriebe müssen stärker ausbilden.

Zweitens: Die überbetrieblichen Ausbildungsverbünde müssen verstärkt neue Berufe und Mangelberufe anbieten.

Drittens: Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen müssen in den Mittelpunkt unserer arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen gerichtet werden.

Meine Damen und Herren, wir sollten nicht so sehr vom Fachkräftemangel reden, sondern eine Qualifizierungsdiskussion führen, um über Aus-, und Weiterbildungsmaßnahmen den Bedarf an Fachkräften für unsere Wirtschaft zu decken. Darum geht es und nicht immer nur Klage zu führen über eine Fachkräftelücke, die es gibt. Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir müssen Qualifizierungsmaßnahmen einleiten. Dies ist auch der Grund, weshalb unsere Forderung dahin geht, nun auch im Bereich der Erstausbildung sehr viel stärker darauf zu achten, welches der Bedarf unserer Wirtschaft ist.