Protokoll der Sitzung vom 26.01.2001

(Beifall bei der CDU)

Wohlgemerkt, in der Sache selbst sind wir uns einig und da können Sie im Protokoll nachschauen, was ich gesagt habe. Unbeschadet dessen danke ich Ihnen dafür, dass Sie auch auf Konsens hingewiesen haben, den wir teilweise im Ausschuss für Bildung und Medien immer wieder finden.

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das ist jetzt ein Beitrag pro 2004.)

Ich diskutiere dort auch gerne die pädagogischen Fragen, die Sie z.B. bezüglich Geschichtsunterricht erneut aufgeworfen haben.

Was die Frage der Unsicherheit und Unruhe an den Schulen betrifft, gibt es verschiedene Ursachen. So haben mich bereits im vergangenen Jahr viele Briefe von Floatingteilnehmern erreicht, die die Kollegen, die Vollarbeitszeit nutzen, offensichtlich nur schwer ertragen können. Und nicht deshalb, sondern weil es in der gegebenen Situation objektiv notwendig ist, habe ich heute für den Grundschulbereich

Klarheit schaffen müssen.

Die Situation in den anderen Schularten ist aus verschiedenen Gründen nicht mit dem Grundschulbereich vergleichbar. Wir werden sobald wie möglich detaillierte Informationen auch im Interesse des Schulklimas vorlegen. Allerdings geht im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen auch hier Sorgfalt vor Schnelligkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie hatten eine Nachfrage für Frau Nitzpon versprochen. Und der Abgeordnete Dewes will fragen oder sich melden zur Rede?

Herr Minister Krapp, können Sie uns sagen, wann denn die Landesregierung diese Novelle zum Schulgesetz einreichen wird?

Wir arbeiten heftig daran, Frau Abgeordnete Nitzpon, und ich hoffe, es noch vor den Sommerferien in den Geschäftsgang geben zu können.

Damit beantwortet. Herr Abgeordneter Dr. Dewes, eine Frage? Herr Minister, Sie lassen sie zu?

Herr Dr. Krapp, ist Ihnen bekannt, dass in kirchengeschichtlichen Abhandlungen der katholische Orden der Jesuiten oft als Schild und Schwert des Papsttums bezeichnet wird?

(Unruhe bei der CDU)

Ich möchte, wenn ich das sagen darf, darauf hinweisen, dass ich diesen Ausdruck nicht benutzt hätte, hätte ich gewusst, dass er diese Irritation auslösen würde.

Die Frage war nach der Kenntnis des Ausdrucks bei den Jesuiten.

Ich habe ja auch nur festgestellt, Sie sind in diesem Punkt eben noch nicht in Thüringen angekommen und Sie haben das jetzt noch mal bestätigt.

(Beifall bei der CDU)

Damit sind alle Redemeldungen abgearbeitet. Ich kann damit den Tagesordnungspunkt 2 schließen.

Wir kommen jetzt zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 10

Auswirkungen der Landes- und Regionalplanung im Landkreis Nordhausen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 3/1258

Mir wurde signalisiert, dass Begründung durch den Einreicher gewünscht wird. Das wird für die SPD-Fraktion Frau Abgeordnete Becker tun.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion sah es als richtig und notwendig an, das Thema Landesplanung und Regionalplanung des Landkreises Nordhausen heute auf diese Tagesordnung zu setzen. Wir möchten nicht, dass unsere Enkel und Urenkel einmal in den Schulbüchern lesen werden, dass es sich bei der Südharzer Karstlandschaft um ein in Mitteleuropa einmaliges Gebiet mit reicher Naturausstattung und mit großem Erholungswert gehandelt hat, das leider aufgrund mangelnder Bereitschaft, Herr Minister, und fehlenden Verantwortungsbewusstseins zukünftigen Generationen nicht mehr zur Verfügung steht, sondern der Vernichtung preisgegeben wurde, so wie das leider in Niedersachsen schon passiert ist.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, in Niedersachsen, das ist noch nicht so lange SPDregiert, Herr Minister.

Frau Abgeordnete Becker, wenn Sie einmal einen Augenblick warten. Es ist eine allgemeine Unruhe im Raum, die es wirklich schwer macht, noch etwas zu verstehen. Ich bitte doch um etwas mehr Ruhe. Bitte.

Der regionale Raumordnungsplan der Planungsregion Nordthüringen wurde am 20. April 1999 für verbindlich erklärt. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es sehr viele Abstimmungsrunden, auch oben in unserer Region. Die Veränderungen wurden wirklich teilweise nur durch massiven Druck aus der Landesregierung vor Ort auch umgesetzt zugunsten - leider Gottes mussten wir das immer wieder feststellen - der Gipsindustrie. Der Unmut im Landkreis Nordhausen ist seitdem angewachsen. Es zeugt von großem Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger vor Ort, dass sich verschiedene Bürgerinitiativen bildeten und sie auch mit vielen Aktivitäten darauf auf

merksam machten, dass sie dieser Naturzerstörung nicht mehr zusehen wollen. Die Situation verstärkte sich noch durch die Ausweisung eines Industriegebiets in der Goldenen Aue. Es ist nicht nur die Goldene Aue; die Rüdigsdorfer Schweiz ist massiv von dem Gipsabbau betroffen. Die Stadt Nordhausen wurde als kommunaler Planungsträger in dieses Recht nicht anerkannt, sondern ihr Mitspracherecht wurde verweigert. Deshalb haben wir auch noch einmal heute diesen Antrag gestellt, um zu klären, wie es mit der Landesplanung nun weitergehen soll. Wir fordern einen Raumordnungsplan für die ganze Region, für die Goldene Aue, für den Kuhberg - in dem Verfahren sind wir jetzt schon -, da hoffe ich, dass wir auch Aussagen von Herrn Minister Gnauck bekommen werden. Es ist nicht so zu verstehen, meine Damen und Herren, dass in Nordhausen kein Gips abgebaut werden soll. Der Raumordnungsplan weist im Moment schon 640 Hektar aus, wo abgebaut wird und wo zukünfig auch abgebaut werden soll. Es gibt Vorranggebiete zum Gipsabbau, unter diesen sind der Alte Stolberg und der Kohnstein, aber wir sehen nicht ein, dass jedes Mal, wenn die Region ein Stückchen gegeben hat, wieder mehr gefordert wird. Die Gipsindustrie geht mit ihren Forderungen immer weiter und die Planungen des Landes gehen wirklich an den Menschen im Landkreis Nordhausen vorbei. Deshalb bitten wir die Landesregierung, doch die Planungen mit den Menschen im Landkreis Nordhausen zu machen und nicht ohne sie.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Dr. Zeh, CDU: Das sagen Sie wider besseres Wissen.)

Das war die Begründung des Antrags. Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit des Sofortberichts Gebrauch zu machen. Herr Minister Gnauck für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung berichte ich Ihnen zum Antrag der Fraktion der SPD "Auswirkungen der Landes- und Regionalplanung im Landkreis Nordhausen". Frau Abgeordnete Becker, ich nehme sehr gern die Gelegenheit wahr, ein Stückchen Nachhilfe in Sachen Landesplanung zu erteilen.

(Beifall Abg. T. Kretschmer, CDU)

Ich darf zunächst daran erinnern, dass der Landtag bereits 1991, also nur wenige Monate nach der Wiedergründung des Freistaats Thüringen, das Landesplanungsgesetz verabschiedet hat. Thüringen verfügte damit als erstes der jungen Länder über eine eigene gesetzliche Grundlage zur Planung und Abstimmung von raumbedeutsamen Maßnahmen. Eine wichtige Voraussetzung für eine zügige, für

eine geordnete, für eine erfolgreiche Entwicklung des Landes. Auf Grundlage dieses Gesetzes wird also seit fast zehn Jahren in unserem Land Raumordnung und Landesplanung betrieben und ich füge hinzu, wenn man das nicht überall merkt, auf einem hohen Niveau, das bundesweit Anerkennung findet. Das Gesetz hat sich bewährt, einzelne Regelungen waren sogar Vorbilder für andere Länder. Trotzdem arbeitet die Staatskanzlei derzeit an einer Novellierung des Landesplanungsgesetzes, denn wir müssen es an die rahmenrechtlichen Vorgaben des neuen Bau- und Raumordnungsgesetzes anpassen. Die Landesregierung wird dem Landtag noch in diesem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

(Beifall bei der CDU)

Das 1993 von der Landesregierung beschlossene Landesentwicklungsprogramm hat die Entwicklung des Freistaats Thüringen mit geprägt. Die darin enthaltenen raumordnerischen Zielsetzungen waren richtig und sind heute weitgehend umgesetzt. Auch das, und darauf lege ich Wert, kommunal geprägte System der Regionalplanung hat sich bewährt. Die Landkreise und Städte, die in den vier regionalen Planungsgemeinschaften zusammengefasst sind, haben mit großem Einsatz und in einem schwierigen Abstimmungsprozess regionale Raumordnungspläne erarbeitet und beschlossen, und übrigens, Frau Abgeordnete Becker, weitgehend im Konsens. Es spricht für die Qualität dieser Arbeit, dass die Landesregierung diese Pläne mit nur geringfügigen Änderungen für verbindlich erklären konnte. Seit Oktober 1999 sind sie in Kraft. Thüringen war also wiederum das erste der jungen Länder, in dem auf regionaler Ebene flächendeckend Ziele der Raumordnung vorlagen.

(Beifall bei der CDU)

Aus dieser Struktur der Landes- und Regionalplanung ergibt sich: Ein isolierter Bericht über einen einzelnen Landkreis ist kaum möglich. Raumordnung hat grundsätzlich das ganze Land, eine Planungsregion oder einen zentralen Ort im Blick und orientiert sich weniger an Verwaltungsgrenzen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Aussagen werden sich aber, da kann ich Sie beruhigen, Frau Becker, auch auf Nordhausen als Stadt oder auf Teilräume beziehen, die über die Kreisgrenzen hinausgehen.

Ich beginne mit dem Landesentwicklungsprogramm: Die Stadt Nordhausen ist Mittelzentrum mit Teilfunktionen eines Oberzentrums und hat als solche somit als räumlicher Leistungsträger das Netz der Oberzentren zu ergänzen und aufgrund der räumlichen Lage sowie der gesetzlichen Voraussetzungen ausgewählte oberzentrale Aufgaben wahrzunehmen. Diese Zielsetzung richtet sich zunächst an die kommunalen Entscheidungsträger. Aber auch Ge

setzgeber und Landesregierung leisten wichtige Beiträge zur Stärkung dieses Nordthüringer Zentrums. Durch die Eingliederung bis dahin rechtlich selbständiger Gemeinden in die Stadt Nordhausen ist Nordhausen in seiner zentralörtlichen Funktion und der damit verbundenen Verantwortung für die gesamte Region gestärkt worden. Darüber hinaus hat sich die Landesregierung 1997 für die Gründung der vierten Fachhochschule in Nordhausen entschieden. Im Wintersemester 2000/2001 sind bereits 457 Studierende in den Studiengängen Betriebswirtschaft, Technische Sanierung, Technische Informatik und Sozialmanagement immatrikuliert. Nordhausen wird, um auch diesen Ausblick zu wagen, im Jahr 2004 die 2. Landesgartenschau ausrichten und das ist eine weitere Chance zur Stärkung und Entwicklung der Region. Sie wahrzunehmen ist eine gemeinsame Aufgabe. Als ein Hauptziel für die Entwicklung der Planungsregion Nordthüringen wird im Landesentwicklungsprogramm der Aus- und Neubau von Verkehrstrassen zur besseren Anbindung der Region an wirtschaftsstärkere Räume genannt. Um die vordringlichen Entwicklungsziele, die dort aufgeführt sind, zu verwirklichen, wurde in den vergangenen Jahren viel getan. Von den Ergebnissen kann sich vor Ort jeder überzeugen. Der Baufortschritt an der A 38 ist unübersehbar.

(Beifall bei der CDU)

Die Eisenbahnstrecke Halle-Kassel ist seit Mai 1994 zweigleisig und elektrifiziert. Verschiedene Ortsumgehungen sind gebaut oder sind in Vorbereitung. Es kann also mit Fug und Recht gesagt werden, die Ziele des Landesentwicklungsprogramms zeigen positive Auswirkungen.

(Beifall bei der CDU)

Nun zum Regionalplan: Der regionale Raumordnungsplan Nordthüringen hat Ziele beschrieben. Sie orientieren sich an den Aufgaben, die in § 1 Abs. 2 des Landesplanungsgesetzes formuliert sind. Danach ist die Struktur des Raumes unter Berücksichtigung der infrastrukturellen, ökologischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse so zu ordnen und zu entwickeln, dass auch langfristige Gestaltungsmöglichkeiten offen gehalten werden. Eine wichtige Zielkategorie sind die so genannten Vorranggebiete, die bestimmte raumbedeutsame Nutzungen privilegieren und entgegenstehende Nutzungen ausschließen. Im Landkreis Nordhausen sind dies aufgrund der natürlichen Voraussetzungen vor allem Vorränge für Natur und Landschaft, insgesamt 11.313 ha, für den Schutz des Bodens als landwirtschaftliches Produktionsmittel 7.809 ha und für die Sicherung und Gewinnung von Rohstoffen 1.436 ha. Insgesamt ist fast ein Drittel der Kreisfläche betroffen. Damit ist auch in Abwägung mit anderen konkurrierenden Belangen Vorsorge getroffen sowohl für den erforderlichen Abbau von Rohstoffen als auch für die Bewahrung von Natur und Landschaft und den Schutz des Bodens. Diese Vorsorge ist ergänzt durch die Ausweisung von Vorbehaltsgebieten wie regionalen Grünzügen, Gebieten zur Verbesserung der Kulturlandschaft und Ge

bieten für den Fremdenverkehr. Die regionale Planungsgemeinschaft Nordthüringen hat damit deutlich gemacht, worin sie die besondere Eignung eines Gebiets sieht, ohne die endgültige Entscheidung darüber vorwegzunehmen. Vorrang- und Vorbehaltsgebiete sind in der Raumnutzungskarte, einem wesentlichen Bestandteil des Raumordnungsplans, mit verschiedenen Farben gekennzeichnet. So ist zu erkennen, dass für den weit überwiegenden Teil der Region klare räumliche Funktionszuweisungen gelten. Dennoch sind auch die, wie es in Ihrem Antrag so schön heißt, "weißen Flecken" nicht zu übersehen. Der Antrag erweckt nun in Text und Begründung, die - ich hoffe, das haben Sie meinen Ausführungen entnommen - von mir fachlich nicht in jedem Punkt nachvollzogen werden können, den Eindruck, als handele es sich bei den "weißen Flecken" um einen Missstand der Planung, den es schleunigst zu beheben gelte. Dies ist schlicht falsch oder - im besten Falle ein Missverständnis. Weiß bedeutet, dass diese Gebiete nicht beplant worden sind, wie es im Fachjargon heißt. Dafür gibt es mindestens drei gute Gründe:

1. Langfristig sollen Gestaltungsmöglichkeiten offen gehalten werden. So sind beispielsweise häufig Flächen um den Siedlungsbereich von Ortschaften, insbesondere von zentralen Orten, folglich auch um Nordhausen herum, bewusst nicht beplant. Dadurch ist die Planungsfreiheit der Kommunen eben nicht in unnötiger Weise eingeschränkt. Auch für spätere Infrastrukturmaßnahmen, etwa für Ortsumgehungen, wird so Planungsraum erhalten.

2. Unbeplant bleiben Gebiete auch, wenn es keinen Regelungsbedarf gibt, weil zum Beispiel überhaupt keine Konflikte erkennbar sind, weil es keine besonders schützenswerten oder entwicklungsbedürftigen Anliegen gibt. Wenn also die ordnende Hand der Raumordnung nicht gebraucht wird, muss sie auch nicht ein- oder vorgreifen.

3. Schließlich wird auch dann nicht geplant und die Entscheidung vertagt, wenn zwar offensichtlich Konflikte bestehen, gegenwärtig aber nicht alle damit verbundenen Fragen solide zu klären sind. In solchen Fällen sind vielmehr Entscheidungen über künftige Vorhaben im Einzelfall zu treffen und im Rahmen eines gesetzlich dafür vorgeschriebenen Verfahrens. Sobald solche Verfahren raumbedeutsam sind, steht dafür das Raumordnungsverfahren zur Verfügung. Die Behauptung - und da bitte ich Sie, Ihren Antrag zu lesen -, zu allen "weißen Flecken" müssten Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, ist sachlich schlicht falsch.