Protokoll der Sitzung vom 06.04.2001

Zu Frage 1: Die Kosten für die Gutachten liegen im Bereich des Üblichen, und zwar eher an der unteren Grenze des für derartige Gutachten gemeinhin gezahlten Honorars. Sie bewegen sich im Promillebereich, der nach dem Bericht des Thüringer Rechnungshofs aus dem Jahr 2000 zur Haushaltsrechnung 1998 in den Haushaltsjahren 1995 und 1996 entstandenen Kosten für von obersten Landesbehörden vergebene Gutachten und Studien.

Zu genaueren Angaben sieht sich die Landesregierung im Hinblick auf schutzwürdige Belange der beauftragten Gutachter außerstande. Die Landesregierung verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Haushaltsund Finanzausschuss des Thüringer Landtags kürzlich vergleichen Sie dazu bitte die Drucksache 3/1461 vom 23.03.2001 - empfohlen hat, die Landesregierung aufzufordern, dem Haushalts- und Finanzausschuss über die Vergabe von Gutachten jährlich, beginnend zum 31. Dezember 2001, zu berichten. In einem solchen Bericht wären auch die hier angesprochenen Gutachten selbstverständlich aufzunehmen.

Zu Frage 2, aus welchen Haushaltsmitteln werden diese Gutachten finanziert: Die Finanzierung der Gutachten erfolgt aus dem Titel 526 02. Ich bedanke mich.

Es gibt Nachfragen. Bitte, Herr Abgeordneter Gentzel.

Die Frage ist Folgende: Wenn Sie im Haushalts- und Finanzausschuss die Summe bekannt geben, warum können Sie die dann nicht hier bekannt geben? Ich erfahre sie doch sowieso.

(Beifall bei der PDS)

Herr Abgeordneter, weil es nach Auffassung der Landesregierung einen Unterschied macht, ob diese Angaben in einem Bericht an den Haushalts- und Finanzausschuss zusammenfassend zu einer gesamten Periode oder zu einem Geschäfts- und Haushaltsjahr abgegeben werden oder aktuell vor dem Plenum.

(Heiterkeit bei der SPD)

Es gibt eine weitere Nachfrage. Herr Abgeordneter Ramelow, bitte.

Herr Staatssekretär, Sie sprachen von oberen und unteren Bereichen und von Spannbreiten. Würden Sie mir Recht geben, dass 100.000 DM ein oberer Bereich ist und 30.000 DM ein unterer Bereich?

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Jetzt ver- sprechen Sie sich nicht; sonst kommen Sie ins Gefängnis.)

Herr Abgeordneter, Wertungen dieser Art sind in dieser Allgemeinheit sicherlich unzulässig, denn es kommt sehr darauf an, für welchen Auftrag, welches Projekt gewissermaßen, für welche Aufgabe ein Honorar gezahlt wird, ob es sich auf eine oder mehrere Personen bezieht und dergleichen mehr. Deshalb sind Verallgemeinerungen dieser Art sicherlich unzulässig. Es gibt Gutachten, die für sehr viel weniger Geld erstellt werden und andere, die weitaus aufwendiger sind. Deswegen ist diese Unterstellung oder diese Vermutung, dieses sei ein großer Betrag und jenes nur ein kleiner Betrag, in dieser Allgemeinheit nicht zulässig.

Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie haben eine weitere Nachfrage.

Sie sprachen davon, dass es für die Landesregierung ein Unterschied ist, ob sie die Gesamtsumme in einem Bericht an den Haushalts- und Finanzausschuss aufnimmt oder ob sie das hier im Landtag mündlich beantwortet. Können Sie mir diese Unterschiede bitte erklären?

Ja, der wesentliche Unterschied, Frau Abgeordnete, ergibt sich daraus, dass die Belange der betroffenen Gutachter und deren persönliche Verhältnisse mit der Frage berührt werden. Die Frage des Volksbegehrens ist im Augenblick in einer sehr aktuellen, virulenten öffentlichen Diskussion. Es geht nicht um die Frage, dass Gutachter beschäftigt worden sind und natürlich honoriert werden müssen, sondern es geht um die Frage des Schutzes der anerkennenswerten Interessen dieser Personen. Der Weg,

(Beifall bei der CDU)

den die Landesregierung zu wählen gedenkt, ist ein Kompromiss, der einerseits den legitimen Ansprüchen des Parlaments auf Informationen entspricht, andererseits aber die schutzwürdigen Interessen der Gutachter berücksichtigt. Daraus soll sich dieser Weg ergeben, ganz einfach.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Aber das müssen wir jetzt nicht verstehen.)

Frau Abgeordnete, das ist Ihre Sache.

(Zwischenruf Abg. Pelke, SPD: Nein, das ist Ihre Sache.)

Herr Staatssekretär, wenn sich keiner zu Wort meldet für eine Frage, brauchen Sie auch nicht zu antworten. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Ich rufe die nächste Frage auf in Drucksache 3/1473. Frau Abgeordnete Pelke, bitte.

Nutzung der Industriebrache des Krematoriumsherstellers Topf & Söhne in Erfurt

Das ehemalige Erfurter Unternehmen J. A. Topf & Söhne produzierte Großkrematorien für die nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald, Auschwitz, Dachau, Mauthausen und Mogilew. Das Unternehmen produzierte für einige der Lager auch die Technik für die Tötung von Menschen in "Gaskammern".

Seit 1998 bemüht sich eine Initiative unter Beteiligung zahlreicher Organisationen und Einzelpersonen um eine Auseinandersetzung mit diesem Teil der Stadt- und Industriegeschichte. Im Jahre 1999 wurde ein Förderkreis gebildet, der zahlreiche Veranstaltungen und Projekte realisierte.

Der Stadtrat der Stadt Erfurt hat mit dem Ratsbeschluss 028/2001 eine Unterstützung des Förderkreises "Topf & Söhne" zugesagt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, einen Teil der Brache des ehemaligen Unternehmens J. A. Topf & Söhne als Gedenkort zu sichern?

2. Besteht ein Interesse der Landesregierung, zukünftig das ehemalige Verwaltungsgebäude von Topf & Söhne, in dem die Krematorien und Tötungstechnik für die Konzentrationslager konstruiert wurden und von dem eine Blickachse zu Buchenwald besteht, für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit zu nutzen?

3. Mit welchen Mitteln kann das Land das Anliegen des Förderkreises "Topf & Söhne" unterstützen, eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Verstrickung des Erfurter Unternehmens in die NS-Vernichtungspolitik zu führen?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, einen Ideenwettbewerb zur zukünftigen Gestaltung der Industriebrache im Sinne der Initiative organisatorisch und finanziell zu unterstützen?

Herr Staatssekretär Aretz, bitte schön.

Frau Präsidentin, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Bechthum und Frau Pelke wie folgt.

Zu Frage 1: Die Firma J. A. Topf & Söhne hat mit einem Teil ihrer Produktion zum Vollzug der menschenverachtenden Ideologie des Nationalsozialismus beigetragen. Sie bietet damit ein besonderes, aber auch mit vielen anderen Fällen vergleichbares Beispiel für die Indifferenz der deutschen Industrie gegenüber den nationalsozialistischen Machthabern. Als Täterort kann die Industriebrache Topf & Söhne nicht Gedenkort sein. An den historischen Ort sollte in geeigneter Weise erinnert werden. Die Möglichkeiten einer solchen Erinnerung sollten eine Kennzeichnung des Ortes unbedingt einschließen. Sie sind konkret jedoch nur in Abhängigkeit von der Klärung der Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken zu diskutieren.

Zu Frage 2: Die Landesregierung hat mit der Erhaltung und Finanzierung der Arbeit der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora eindeutige Prioritäten gesetzt. Im Rahmen dieser Prioritätensetzung erscheint eine von der Landesregierung initiierte Musealisierung des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Firma J. A. Topf & Söhne wenig sinnvoll, zumal die Gedenkstätte Buchenwald sowohl der Opfer gedenkt als auch an die Täter erinnert.

Zu Frage 3: Die Landesregierung hält die öffentliche Auseinandersetzung mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte für unverzichtbar. Sie hat deshalb in den vergangenen Jahren alle Veranstaltungen des Förderkreises Topf & Söhne unterstützt. Im laufenden Haushaltsjahr wurden 8.000 DM für die Vortragsreihe "Unort Brache" und eine Fotoausstellung zum gleichen Thema bewilligt.

Zu Frage 4: Die Landesregierung wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten alle sinnvollen und verwertbaren Ideen unterstützen und fördern, die zu einer entsprechenden Kennzeichnung des Ortes beitragen.

Es gibt Nachfragen. Bitte, Frau Abgeordnete Pelke.

Im Rahmen des Jugendparlaments, das hier durchgeführt worden ist, ist auch unter anderem das Thema "Rechtsextreme Denk- und Verhaltensweisen von Thüringer Schülern" angesprochen worden und in diesem Zusammenhang hat auch der Kultusminister darauf verwiesen, dass gerade dieser Bereich - Verstrickung der Erfurter Firma Topf & Söhne mit Auschwitz - mit dazu beitragen könnte, um Aufklärung zu erwirken. Die Frage wäre jetzt: Inwieweit wird denn zwischen Ihrem Ministerium und dem Kultusministerium koordiniert oder gibt es dort Absprachen?

Ich sagte ja bereits, dass noch gewisse Voraussetzungen geschaffen werden müssen, und ich sehe überhaupt kein Problem darin, dass wir unser weiteres Vorgehen mit dem Kultusministerium abstimmen.

Eine weitere Frage von Frau Abgeordneten Thierbach.

Herr Staatssekretär, Sie sprachen von der notwendigen Klärung der Eigentumsverhältnisse der Brache. Ist es aber nicht richtig, dass die Fläche bereits durch die LEG vermarktet werden sollte, da es aus moralischen Vorbehalten zur Vermarktung aber nicht möglich war, dieses nun einem neuen, mir mit dem Namen bekannten Immobilienbüro zur Vermarktung übertragen wurde?

Frau Abgeordnete, ich bitte um Verständnis, dazu kann ich nichts sagen, weil mir dieser Hintergrund nicht bekannt ist. Ich müsste da selbst noch Recherchen anstellen.

Würden Sie das tun, Herr Staatssekretär, und dann der Frau Abgeordneten Thierbach die Antwort schriftlich zugehen lassen?

Selbstverständlich.

(Zwischenruf aus dem Hause: An alle!)

Zunächst an die Fragestellerin. Wenn es alle interessiert, natürlich, das wird sicher die Landesregierung tun. Gibt es weitere Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur Frage in Drucksache 3/1474. Herr Abgeordneter Pohl, bitte.

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, schätzt laut Südthüringer Zeitung vom 19. März 2001 ein, dass nur ein Zehntel der Straftaten gemeldet und statistisch erfasst wird. Sie sei deshalb irreführend und müsse durch die jährliche Erforschung des Dunkelfeldes ergänzt werden. Auch die Aufklärungsquote sei voller Fehler und Zufälligkeiten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Treffen diese Aussagen zu?

2. Wie bewertet die Landesregierung diese Aussagen?