Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Die Beteiligung der Träger bürgerschaftlichen Engagements durch den beschriebenen Dialog wird wesentlich zur Akzeptanz der Aufgaben und Ziele der zu gründenden Stiftung beitragen. Natürlich ist es wichtig, mit welchen Finanzmitteln diese Stiftung ausgestattet wird. Wir werden gemeinsam dazu Geldquellen erschließen. Herr Minister Pietzsch sprach dies vorhin schon an. Bewusst missverstehen wollten aber offensichtlich einige Kollegen von der Opposition den Spielbankgedanken dabei. Nicht die Gewinne bzw. Erträge, die eine Spielbank abwerfen könnte, sollen der Finanzierung dienen, sondern die gesetzlich vorgeschriebene Spielbankabgabe. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Gerade die Kollegen von der SPD und PDS sollten dies vielleicht auch anhand des Beispiels der Mineralölsteuer wissen. Die Mineralölsteuer an den Zapfsäulen hat beileibe nichts mit dem Gewinn des Tankstellenpächters zu tun. Es wäre ihnen zu wünschen, dass sie

das auch in der weiteren Debatte in Erinnerung behalten.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Wenn es kein Ehrenamt gibt, gibt es auch keine Kohle.)

In die Arbeit der Stiftung sollen u.a. auch die Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie zum Ehrenamt einfließen. Defizite bei der Erfassung von Daten, aber auch zur Entwicklung des Ehrenamts, fordern empirische Untersuchungen. Die CDU-Fraktion greift diese Forderung im vorliegenden Antrag auf.

In Vorbereitung unserer heutigen Landtagssitzung habe ich mir alte Plenarprotokolle herausgesucht. Mehrmals wurde hier im Thüringer Landtag bereits über verschiedene Formen der gesetzlichen Stärkung des Ehrenamts und der Freistellung diskutiert. Frau Thierbach, Sie wiesen vorhin darauf hin, 1997/98 war es der Entwurf eines Ehrenamtsgesetzes auf Antrag der PDS und 1993/94 der Gesetzentwurf zur Arbeitsbefreiung für ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendarbeit auf Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Von der SPD war diesbezüglich im Übrigen hier noch kein Antrag auf dem Tisch. Ich füge das nur mal in Bezug zu dem, was ich vorhin gesagt habe, noch an.

Während der erstgenannte Gesetzentwurf in der Vergangenheit an der Frage der Anspruchsberechtigten und der begrenzten finanziellen Möglichkeiten scheiterte, wurde die Notwendigkeit zu einer Freistellungsregelung zwar stets von allen Seiten betont, aber aus Rücksicht auf zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft nicht umgesetzt. Wie Sie wissen, gibt es daher im Freistaat Thüringen derzeit nur eine Freistellungsregelung im öffentlichen Dienst.

Ich erspare mir die Zitate, was der eine oder die andere Kollegin hier am Pult zu diesem Thema schon gesagt haben. Fakt ist aber, es ist nun an der Zeit, endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion fordert in ihrem Antrag die Landesregierung auf, zu prüfen, in welcher Form eine Regelung zur Freistellung für Maßnahmen der Jugendbetreuung oder Qualifikation für Inhaber der Jugendleiter-Card getroffen werden kann. Wohlgemerkt, weil ich die Kritik schon höre, nicht ob oder ob nicht, sondern in welcher Form diese Freistellung getroffen werden kann. Wir wollen dabei innerhalb der nächsten sechs Monate eine Lösung, gleich ob nun mit einer Ergänzung im Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetz oder mit einer vergleichbaren Regelung. Ich verhehle aber an dieser Stelle nicht, dass diese Regelung für die Inhaber der Jugendleiter-Card zunächst auf eine eher kleine Zielgruppe orientiert, nämlich die derzeit etwa 1.000 Inhaber der Jugendleiter-Card in Thüringen. Diejenigen sind es allerdings auch, die vornehmlich der Betreuung von Kinder- und Jugendfreizeiten oder Qualifikationslehrgängen auch noch ihren Jahresurlaub opfern.

Die angestrebte Freistellung soll aber auch dazu dienen, die Jugendleiter-Card weiterhin aufzuwerten und auch in Zukunft für ehrenamtlich Engagierte in der Jugendarbeit attraktiv zu halten. Eine Freistellungsregelung in der von mir beschriebenen Form für den beschriebenen Personenkreis wird von vielen Verbänden als ein Kompromiss angesehen zu einem derzeit nicht finanzierbaren generellen Freistellungsgesetz.

Ein weiterer wichtiger Punkt des vorliegenden Antrags ist die Forderung nach mehr Anerkennung ehrenamtlichen Engagements, insbesondere in der Wirtschaft. Wir alle, sie alle wissen, mit nur gut zureden ist an diesem Punkt nicht mehr viel weiterzukommen. Es muss also darum gehen, den Nutzfaktor auch für Firmen, in denen ehrenamtlich Tätige arbeiten, darzustellen. Was in anderen Ländern, beispielsweise in Amerika, selbstverständlich ist, müssen wir erst ins Bewusstsein vieler Personal- und Firmenchefs bringen.

Ehrenamtliche sind ein Gewinn für jedes Unternehmen. Ihre soziale Kompetenz, Teamfähigkeit und überdurchschnittliches Engagement liegen klar auf der Hand. Der geforderte Dialog soll genau hierbei ansetzen. Ich weiß, die Einflussmöglichkeiten der Landesregierung auf die freie Wirtschaft sind in dieser Frage begrenzt. Deshalb aber soll hierfür vor allem das Gespräch mit Vertretern der Wirtschaft und mit Arbeitgeberverbänden gesucht werden. Für den öffentlichen Dienst und die Schulen hat die Landesregierung hingegen stärkere Gestaltungsspielräume, und auch die sollten nach meiner Meinung genutzt werden.

Viel wurde in den letzten Monaten über neue Strukturen im Ehrenamtsbereich diskutiert. Auch die Beantwortung der Großen Anfrage geht darauf ein. Viele der heute bestehenden großen Trägerverbände, die das Ehrenamt tragen und stützen, wurden Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet. Aber auch bestehende Strukturen müssen sich wandeln können, sie müssen sich verändern und sie müssen sich anpassen.

Mit der Unterstützung für Freiwilligenagenturen oder Freiwilligenzentren wollen wir diesem Punkt Rechnung tragen. Neben dem bestehenden Zentrum in Saalfeld werden neue Zentren in Erfurt, Sondershausen, Suhl, Gotha, Sömmerda und Altenburg entstehen. Die personelle Unterstützung für diese Zentren ist über Maßnahmen des zweiten Arbeitsmarkts bereits abgesichert. Darüber hinaus soll nach unserem Verständnis das Land eine Anschubfinanzierung für Sachkosten in diesem Bereich zur Verfügung stellen.

Als wichtigste Forderung von Trägern des Ehrenamts und den Ehrenamtlichen selbst benennt der "Freiwilligen-Survey" die Freistellung von der Sozialversicherungspflicht in Bezug auf das 630-Mark-Gesetz. Frau Thierbach, Sie fragten danach.

Leider ist Thüringen mit einer diesbezüglichen Initiative im Bundesrat gescheitert, auch die Große Anfrage weist

darauf hin. 56 Prozent der Befragten nannten diese Forderung dringlichst. Allerdings reichte dies nicht dazu aus, um die Kollegen von der SPD zum Umdenken zu bewegen.

Die zweitwichtigste Forderung mit immerhin 51 Prozent ist die weit gehende steuerliche Freistellung von Aufwandsentschädigungen und Übungsleiterpauschalen. Und es gibt sie eben doch, diese Probleme, spätestens dann an diesem Punkt, wenn jemand in mehreren Feldern tätig ist, eine Übungsleiterpauschale und eine Aufwandsentschädigung in einem anderen Bereich erhält. Genau dann kommt er sehr schnell über diese Grenze. Deswegen behaupte ich auch, wir haben in Thüringen diese Probleme, die eine Lösung verlangen. Der Antrag der CDU-Fraktion greift diese beiden Forderungen auf und fordert von der Landesregierung weitere diesbezügliche Aktivitäten im Rahmen der Bundesgesetzgebung. Wir dürfen alle sehr gespannt sein, wie sich die rotgrüne Bundesregierung oder auch die Thüringer SPD - PDS hörten wir - dazu positionieren wird. Zu hoffen bleibt in diesem Zusammenhang auf konkrete Ergebnisse der angesprochenen Enquetekommission des Bundestags "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements".

Wichtige noch zu klärende Punkte, und auch diese Stichworte fielen heute schon, sind Versicherungsfragen für Ehrenamtliche, ist die Unterstützung beim Abbau finanzieller Belastungen für Ehrenamtliche und ist die Verfügbarkeitsregel im SGB III für Langzeitarbeitslose. Diskutiert werden muss aber auch die Anerkennung eines freiwilligen Jahres im Ehrenamt, analog des freiwilligen ökologischen oder des freiwilligen sozialen Jahres. Eine bessere schulische Anerkennung und die Berücksichtigung ehrenamtlichen Engagements bei der Studienortvergabe wären weitere wünschenswerte Maßnahmen zur Stärkung des Ehrenamts. Ich hoffe, dass die Enquetekommission noch in diesem Jahr Ergebnisse vorlegen kann. Sicher bin ich mir allerdings hingegen, dass uns hier in Thüringen das Ehrenamt auch in Zukunft über das Internationale Jahr der Freiwilligen hinaus im positiven Sinne weiter beschäftigen wird.

Für den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion bitte ich Sie um Ihre Zustimmung, auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition. Wir haben in diesem Antrag deutlich gemacht, dass die Umsetzung unserer Forderungen einiger Zeit bedarf und wir wollen daher mit der heutigen Beratung und dem Beschluss des Antrags im Zusammenhang mit der Großen Anfrage ein Signal dafür setzen, dass wir noch in diesem Jahr, also dem internationalen Jahr der Freiwilligen, Ergebnisse dazu erwarten. Ich darf Sie aber unabhängig davon trotzdem herzlich dazu einladen, Ihre Anregungen, Ihre Initiativen entsprechend genauso hier einzubringen und vorzustellen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU; Abg. Pelke, SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Panse, zunächst einmal herzlichen Dank, dass Sie uns einen Antrag vorgelegt haben, der nun hier mit einer großen Mehrheit abgestimmt werden soll und an dem nichts mehr zu verändern ist. Aber dass Sie uns noch zugestehen, im Nachhinein weitere Überlegungen einzubringen, das freut uns sehr.

(Beifall bei der CDU)

Sie können ja auch, Herr Panse, die PDS streicheln und der SPD Populismus und mangelndes Engagement vorwerfen, was das Ehrenamt angeht, Fakt ist, und das bleibt hier bestehen, Ehrenamtsförderung ist keine CDU-Erfindung.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Jetzt möchte ich einmal mit einer Legendenbildung aufräumen. Sie wissen sehr genau, CDU und SPD haben sich in der vergangenen Legislatur, als es noch eine große Koalition gab, für eine Ehrenamtsgesetzgebung entschieden. Es wurde vom federführenden Ministerium ein Entwurf erarbeitet. Der wurde von den einzelnen Ministerien in der interministeriellen Abstimmung, wie man das so nennt, und auch im Kabinett diskutiert. Diese Überlegungen in diesem Antrag, in diesem Gesetzentwurf waren nicht schlecht.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die sind nämlich auch mit den entsprechenden Verbänden und Vereinen diskutiert worden. Was dann übrig blieb und jetzt hören Sie noch einmal genau zu - war eine gemeinsame Entscheidung dieser damaligen Koalition, in der letzten Legislatur keine Leistungsgesetze mehr einbringen zu können. Das war eine gemeinsame Entscheidung, also tun Sie jetzt nicht immer so, als machen Sie nur das Gute und die anderen machen es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, genauso war es, aber Frau Arenhövel weiß das wahrscheinlich nicht mehr, aber auch das können wir Ihnen noch einmal schriftlich auf den Tisch legen.

(Zwischenruf Abg. Panse, CDU: Sie waren doch vorhin dabei und hörten, was ich da ge- sagt habe.)

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Manchmal muss man einen Koalitionspartner zum Jagen tragen.)

Ja, natürlich, das haben wir mit Ihnen immer versucht, Herr Trautvetter, wir wollten Sie zum Jagen tragen, aber manchmal ist es uns nicht gelungen.

(Beifall bei der SPD)

Es gab in diesem Hause - und das will ich auch einmal sagen, weil es nämlich keine CDU-, SPD-, oder PDSEhrenamtspolitik gibt - seinerzeit noch eine vernünftige Übereinstimmung, wir wollten diese Gesetzgebung. Auch die damalige Opposition hat immer gesagt, das ist eine vernünftige Sache, hier gibt es entsprechende Gespräche. Ich würde mir wünschen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass wir diesen gemeinsamen Faden an diesem Punkt wieder aufnehmen. Lassen Sie uns die Diskussion im Ausschuss führen,

(Beifall bei der SPD)

lassen Sie an den einzelnen Punkten Ergänzungen zu. Sie tun ja gerade so, als ob wir hier immer alles ablehnen wollten oder dagegen seien, aber lassen Sie uns doch über die Frage Stiftung vernünftig diskutieren. Es gibt eine Stiftung Sporthilfe in Thüringen. Es ist immer auch bei verschiedensten Veranstaltungen - und wer in dieser Stiftung sitzt, weiß das - darüber geredet worden, dass es schwierig ist, in eine öffentliche Stiftung private Sponsoren mit einzubinden. Das ist ein Problem bei einer bestehenden Stiftung, also warum sollen wir jetzt nicht für eine neue Stiftung einmal darüber reden, was es möglicherweise für andere Überlegungen gibt.

Zum Thema "Studie" hat meine Kollegin schon einiges gesagt. Die Frage von Anerkennung von Jugendleiter-Card, von freiwilligen Agenturen, meine Damen und Herren, das ist alles nichts Neues. Dieses haben wir gemeinsam auch im Rahmen von vielen Veranstaltungen miteinander diskutiert. Herr Panse, ich nehme Ihnen Ihr Engagement ab, das ist nicht die Frage, und wir haben bei vielen Veranstaltungen gemeinsam uns zu diesen Punkten positioniert. Warum ist es denn dann nicht möglich, auch diesen Antrag gemeinsam zu beraten, oder wollen Sie nur in der Öffentlichkeit so tun, indem Sie Vereine pro Ehrenamt gründen,

(Zwischenruf Abg. Buse, PDS: Ja.)

dass Sie der Erfinder der guten Taten sind? Das ist nicht okay und an diesem Punkt, meine Damen und Herren, schon gar nicht.

(Beifall bei der SPD)

Wie gesagt, die Anerkennung des Ehrenamts ist ein wichtiger Punkt, über den wir hier schon immer diskutiert haben. Ich glaube nicht, dass irgendjemand von den ehrenamtlich Tätigen auch in ein solches Parteiengezänk hineingezerrt werden will. Es geht um eine Anerkennung, es geht um eine Entschädigung.

(Zwischenruf Abg. Arenhövel, CDU: Sie haben doch damit angefangen!)

Haben Sie eben nicht zugehört, dass ich Ihnen die Entwicklung dieser Ehrenamtsgeschichte noch einmal erläutert habe? Sie wollen es einfach nicht wahrhaben, ist ja auch ganz einfach, kraft der Wassersuppe kann man ja jetzt alles anders entscheiden.

Meine Damen und Herren, ich würde mir wünschen, dass Sie bereit sind, an diesem Punkt einmal ordnungsgemäß weiterzudiskutieren, Vereine, Verbände, die Abgeordneten mit einzubinden. Das, was an guten Dingen gelaufen ist, haben wir nie in Frage gestellt, auch in der öffentlichen Diskussion, insofern müssen Sie vor einer Beratung im Ausschuss keine Angst haben. Wer es ernst meint, der nimmt diese Beratung auf und kann sich mit der einen oder anderen weiter gehenden Idee auseinander setzen. Insofern möchten wir die Überweisung, ansonsten werden wir uns diesem Antrag verweigern müssen. Danke.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Doch, Herr Minister Dr. Pietzsch noch einmal.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, ich kann mich für die größtenteils sehr sachlich geführte Debatte herzlich bedanken.

(Beifall bei der CDU, SPD)