Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

setzentwurf über die kommunale Zuordnung der Gemeinde Rüdersdorf im Landkreis Greiz vor. Wir kommen damit einem Auftrag des Thüringer Verfassungsgerichtshofs nach. Durch Urteil vom 25. Mai 2000 hatte dieser auf eine Verfassungsbeschwerde der Gemeinde Rüdersdorf, die ihre Eingliederung in die neu gebildete Gemeinde Kraftsdorf anordnende gesetzliche Regelung für nichtig erklärt. Gleichzeitig gab er dem Thüringer Gesetzgeber auf, bis spätestens zum 30. September 2001 erneut über die kommunale Zuordnung dieser Gemeinde zu entscheiden.

Auch das vorliegende Gesetz ist als Teil der in ganz Thüringen durchgeführten Gemeindegebietsreform anzusehen. Es müssen, wie bei den anderen bislang erfolgten Neugliederungen, einerseits die Belange und Interessen der zuzuordnenden Gemeinde und andererseits die Leitbilder und Leitlinien der Gemeindegebietsreform hinreichend Berücksichtigung finden.

Unter diesen Voraussetzungen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs muss der Thüringer Landtag nunmehr erneut über die Zuordnung der Gemeinde Rüdersdorf entscheiden. Dabei eröffnen sich vier Möglichkeiten, die in Betracht gezogen werden können. So könnte die Gemeinde Rüdersdorf mit derzeit 1.047 Einwohnern entweder in die Stadt Bad Köstritz oder in die Gemeinde Kraftsdorf eingegliedert oder unter Aufrechterhaltung ihres Bestandes als beauftragende Gemeinde den angrenzenden Gemeinden Kraftsdorf oder der Stadt Bad Köstritz als erfüllende Gemeinde zugeordnet werden. Hierzu wäre jeweils eine Entscheidung in Form eines Gesetzes erforderlich; nur bei der Festlegung durch den Landtag, dass künftig die Stadt Bad Köstritz als erfüllende Gemeinde für Rüdersdorf tätig sein soll, kann diese Zuordnung gemäß Urteil des Verfassungsgerichtshofs alternativ durch Rechtsverordnung des Innenministeriums erfolgen.

Nach Prüfung der vorhandenen Gegebenheiten sowie unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofs und des Leitbildes der Gemeindegebietsreform schlägt die Landesregierung die Eingliederung von Rüdersdorf in die Gemeinde Kraftsdorf vor. Als Ergebnis der bisherigen Sachverhaltsermittlungen ist eine überwiegende örtliche Verbundenheit zwischen Rüdersdorf und den Ortsteilen der Gemeinde Kraftsdorf festzustellen. Diese Verbundenheit hat neben territorialen und infrastrukturellen auch historische Wurzeln. Für beide Orte sind gleiche verwaltungsmäßige Orientierungen vorhanden, auch gemeinsame Vereine gibt es. Durch die vorgeschlagene Eingliederung in die Gemeinde Kraftsdorf wird eine Gemeinde mit 4.429 Einwohnern geschaffen bzw. bestätigt, die den kommunalrechtlichen Anforderungen entspricht. Durch die Eingliederung kann die Verwaltungstätigkeit der Gemeinde kostengünstiger gestaltet werden. Dadurch werden finanzielle Mittel frei, die dann für Investitionen zur Verfügung stehen. Ebenso wichtig ist, dass eine einheitliche und abgestimmte Planung über ein wesentlich größeres Gebiet möglich ist. Denn es ist unnötig,

wenn im Bereich der Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung auf engem Raum getrennte kommunale Strukturen bestehen und dadurch teure Parallelentwicklungen erfolgen oder wenn Entscheidungen nur deshalb nicht zum optimalen Ergebnis führen können, weil die dazu erforderlichen Ressourcen nicht in einer Hand liegen. Bedenklich sind getrennte kommunale Strukturen auf engem Raum dann, wenn - wie es gerade bei den Gemeinden Rüdersdorf und Kraftsdorf der Fall ist - unterhalb der öffentlichen Aufgaben bereits gemeinsame, durch Bürger geschaffene Strukturen bestehen, z.B. Feuerwehren, Sportvereine und Ähnliches und diese von den getrennten, möglicherweise in der Willensbildung voneinander abweichenden kommunalen Entscheidungsträgern dann abhängig sind. Insofern stärkt die Zuordnung von Rüdersdorf zur Gemeinde Kraftsdorf eine bereits faktisch aufeinander bezogene örtliche Gemeinschaft, die die ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben durch Bündelung der vorhandenen Ressourcen noch effektiver und wirksamer erfüllen kann. Hinzu kommt, dass die per Gesetz neu gebildete Gemeinde Kraftsdorf als Verwaltungszentrum auf längere Sicht einer dauerhaften Stärkung bedarf. Diese Stärkung ist ohne Eingriff in die bereits vom Landtag gebildeten und bestätigten kommunalen Strukturen im Umfeld von Kraftsdorf nur noch durch die Zuordnung von Rüdersdorf möglich. Ohne Rüdersdorf hätte die Gemeinde Kraftsdorf derzeit lediglich 3.382 Einwohner und würde sich somit im Bereich der unteren Grenze von 3.000 Einwohnern für eigenständige Gemeinden bewegen. Mit Blick auf die angestrebte langfristige Wirksamkeit derartiger Strukturreformmaßnahmen muss damit gerechnet werden, dass schon mittelfristig die Auswirkungen des kontinuierlichen Bevölkerungsrückgangs in Thüringen auch im Umfeld größerer Zentren hier in Gera spürbar und zählbar sein werden. Allein von Dezember 1999 bis März 2000 verlor Thüringen mehr als 4.500 Einwohner. Insgesamt gesehen sprechen somit die örtlichen Verhältnisse, soziale und strukturelle Bedingungen für eine Eingliederung der Gemeinde Rüdersdorf in die Gemeinde Kraftsdorf. Zur Wahrung der vom Verfassungsgerichtshof genannten Frist zum 30. September 2001 bitte ich um zügige Beratung des Gesetzentwurfs in den zuständigen Ausschüssen des Landtags. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich eröffne die Aussprache. Zu Wort hat sich gemeldet die Abgeordnete Sedlacik, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich auf eine vom Gesetzgeber herbeigeführte Gemeindeneugliederung der im Wesentlichen abgeschlossenen ersten Gemeindegebietsreform Thüringens. Zwischenzeitlich wird in Thüringen bereits mehr oder vielleicht weniger offen über eine zweite Ge

bietsreform diskutiert. Die Thüringer Landesregierung hat in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen sehr unterschiedliche Positionen vertreten. Zum einen wurde erklärt, dass in der laufenden Wahlperiode keine neue Gebietsreform angestrebt wird; zum anderen äußerte die Landesregierung hier Vorstellungen, dass sie den freiwilligen Zusammenschluss von Gemeinden zusätzlich fördern, zusätzliche Anreize schaffen will. Hierzu hat unsere Fraktion eine Mündliche Anfrage gestellt, die hoffentlich morgen beantwortet wird. Die Position unserer Fraktion ist eindeutig: Im Zusammenhang mit einer Funktional- und Verwaltungsreform auf Landes- und Kommunalebene wird auch eine zweite Gemeindegebietsreform notwendig werden. Wie diese ausgestaltet sein wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob Thüringen beim gegenwärtigen dreistufigen Verwaltungsaufbau bleibt oder ein zweistufiger Verwaltungsaufbau angestrebt wird. Keinesfalls dürfen die notwendigen Reformschritte übereilt erfolgen, andererseits darf man sich aber auch nicht verantwortungslos viel Zeit nehmen dazu. Die PDS-Fraktion hält die finanzielle Förderung von freiwilligen Gemeindeneugliederungsmaßnahmen für sinnvoll. Dies hatte unsere Fraktion bereits in der letzten Haushaltsdiskussion dargestellt. Und schauen Sie doch mal ins Nachbarland Sachsen; hier gibt es bereits im Kommunalen Finanzausgleich gute Regelungen, die auch für Thüringen sinnvoll erscheinen.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, Rüdersdorf hat erfolgreich gegen den gesetzlich verordneten Eingliederungswunsch der Regierung geklagt. Bemerkenswert war und ist die Begründung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs im Urteil vom 25. Mai 2000. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs verletzt die Auflösung und Einbeziehung von Rüdersdorf in die Neubildung der Gemeinde Kraftsdorf das Recht der Gemeinde auf kommunale Selbstverwaltung, weil weder aus den Unterlagen des Gesetzgebungsverfahrens noch aus den sonstigen Überlegungen hinreichend wichtige Gründe des öffentlichen Wohls erkennbar seien, die für die gesetzliche Lösung anstelle der von der Gemeinde angestrebten Vereinbarung einer erfüllenden Gemeinde sprechen. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof vertritt damit die Position, die auch wir als PDS-Fraktion vertreten. Die Rechtsinstitute Verwaltungsgemeinschaft und erfüllende Gemeinde sind der Einheitsgemeinde zumindest gleichgestellt. Solange die beabsichtigten Ziele, Gemeindeneueingliederung durch die Form der Verwaltungsgemeinschaft und erfüllende Gemeinde, erreicht werden können, darf an diese Stelle nicht die Einheitsgemeinde oder die Eingemeindung treten. Gerade hier stellt sich das Problem des vorliegenden Gesetzentwurfs.

(Beifall Abg. Nitzpon, PDS)

Der Gesetzentwurf geht von der Auflösung der Gemeinde Rüdersdorf und deren Eingliederung in die Einheitsgemeinde Kraftsdorf aus. Die Form der erfüllenden Gemeinde wird nur als Alternative angegeben. Aus unserer

Sicht wird damit dem Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs nicht ausreichend Rechnung getragen. Mit dem Gesetzentwurf riskiert die Landesregierung ein weiteres Klageverfahren, und dies ohne Not. Im Fall Rüdersdorf gibt es eine echte Alternative zur Eingemeindung, und zwar die erfüllende Gemeinde. Die Urteilsbegründung des Verfassungsgerichtshofs sieht unsere Fraktion so, dass zunächst die Möglichkeit des Rechtsinstituts erfüllende Gemeinde ausgeschöpft werden muss. Erst wenn damit das Ziel der Gemeindeneugliederung nicht erreicht werden kann, ist die Eingemeindung nach Kraftsdorf in Erwägung zu ziehen. Bei Abwägung der Begründung des Gesetzentwurfs zu den Varianten Einheitsgemeinde und erfüllende Gemeinde kommt unsere Fraktion zur Erkenntnis, dass zwischen beiden Varianten kaum unterschiedliche Effekte erkennbar sind. Zumindest konnte die Landesregierung dies nicht darstellen. Insofern werden wir dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form nicht zustimmen. Wir werden dem Landtag vorschlagen, dass sich Rüdersdorf zukünftig durch die Stadt Bad Köstritz erfüllen lässt. Hierzu bedarf es jedoch keines Gesetzes, sondern hier kann der Innenminister durch Rechtsverordnung handeln. Der Bestand der jetzigen Gemeinde Kraftsdorf würde durch die von uns vorliegende Entscheidung nicht gefährdet werden. Zu Recht wird in der Begründung des Gesetzentwurfs auch darauf hingewiesen. Und zum Schluss: Diese Variante wird auch von den Rüdersdorfern selbst favorisiert. Die Bürger haben dies mehrheitlich in einer Bürgerbefragung so entschieden. Der Ortschaftsrat hat sich ebenfalls mit dem Beschluss befasst. Diese Bürgermeinung ist auch durch den Landtag zu respektieren.

(Beifall bei der PDS)

Als nächster Redner hat sich der Abgeordnete Fiedler, CDU-Fraktion, zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Landesregierung, der uns heute vorgelegt wurde, denke ich, ist eine gute Grundlage, um in die Beratung einzusteigen. Ich hätte mir gewünscht, das möchte ich, Herr Staatssekretär, mit anmerken, das Urteil ist vom 25. Mai 2000, wir werden uns natürlich bemühen, damit wir dem Verfassungsgerichtsurteil Rechnung tragen, dass wir bis zum 30. September 2001 fertig werden. Aber wenn es etwas schneller ginge, wären wir auch dankbar, dass wir dann die Beratung dort weiterhin so durchführen können. Alle, die sich mit der Gebietsreform beschäftigt haben, wissen, dass, Gott sei Dank, durch den Verfassungsgerichtshof wenige Urteile uns aufgegeben wurden, neu noch einmal zu beraten. Rüdersdorf ist eines der Urteile. Ich wünsche mir, dass es uns gelingen möge, dass wir nicht noch einmal vor dem Verfassungsgerichtshof landen, und wir werden alles dazu beitragen, dass wir hier die Dinge so gut vorbereiten, dass es nicht

passiert. Man kann sich ja trefflich streiten, ich stimme Ihnen zu, Frau Sedlacik, es stehen alle drei Instrumentarien gleichberechtigt nebeneinander, erfüllende Gemeinde, Verwaltungsgemeinschaft und Einheitsgemeinde, das ist unbestritten. Und - das gehört zwar nicht zu Rüdersdorf - Sie können sicher sein, dass wir keine Gebietsreform in dieser Legislatur machen werden. Ich sehe überhaupt nicht den Ansatzpunkt dazu; wir haben zwei entsprechende Reformen hinter uns und sie sind weitestgehend gut gelungen. Wenn Sie eine anzetteln wollen, bitte sagen Sie das den Leuten, dass Sie eine neue Gebietsreform machen wollen, dass die PDS das will. Wir wollen es jedenfalls nicht und ich weise darauf hin, dass es genügend Möglichkeiten gibt, freiwillige Zusammenschlüsse nach wie vor durchzuführen.

Noch mal zu Rüdersdorf zurückkommend: Ich war vor wenigen Wochen vor Ort und habe mich dort noch mal kundig gemacht, ich habe dort mit einigen gesprochen. Wir werden den Gesetzentwurf in bewährter Art und Weise entsprechend auch vor Ort beraten. Ich denke, der Zeitplan, den wir dort gemeinsam aufstellen werden, wird so sein, dass wir am 7. Juni im Innenausschuss den entsprechenden Anhörungsbeschluss fassen werden, da bin ich mir sicher, dass wir das so machen, und dass dann das entsprechende Verfahren in Gang gesetzt wird, dass die Anhörungsunterlagen versandt werden können und die Bekanntmachung der Anhörung für die Betroffenen durchgeführt werden kann und das schriftliche Anhörungsverfahren vom 18. Juni bis 10. August durchgeführt werden kann und gegebenenfalls, wenn das ordnungsgemäß läuft, am 23. August die Beschlussempfehlung des Innenausschusses an das Plenum erfolgt und dann am 6./7. September entsprechend die zweite Lesung im Landtag möglich sein kann. Das ist, denke ich, der Zeitplan, den wir uns hier setzen sollten. Ich glaube, es haben alle betroffenen Gemeinden das Recht, dass hierzu schnelle Entscheidungen getroffen werden. Ich kann nur sagen, mittlerweile hat Rüdersdorf eine sehr gute Entwicklung genommen, sie sind mit Kraftsdorf eng verbunden, mittlerweile sind dort über 800.000 DM eigene Mittel in Rüdersdorf, also von Kraftsdorf mit hineingeflossen. Ich denke, der Gesetzentwurf ist eine gute Grundlage und wir werden ihn zügig beraten.

(Beifall bei der CDU)

Nachdem die Terminleiste der Beratung im Innenausschuss vorgestellt wurde, wäre es sehr schön, wenn jemand die Ausschussüberweisung an den Innenausschuss beantragen würde.

(Zuruf Abg. Fiedler, CDU: Ich beantrage sie hiermit. Sonst macht es der Kollege Pohl.)

Also der Herr Abgeordnete Fiedler hat jetzt den Antrag auf Ausschussüberweisung an den Innenausschuss nachge

holt. Es liegen keine weiteren Redewünsche mehr vor, damit kann ich die Aussprache schließen und nun auch den Antrag abstimmen lassen, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Frau Zitzmann?

(Zuruf Abg. Zitzmann, CDU: Nein!)

Nein. Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall, damit wird der Gesetzentwurf im Innenausschuss fortberaten.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 4 und wir treten in eine Mittagspause bis 14.00 Uhr ein.

Trotz einer relativen Leere in diesem Raum bitte ich Sie, Platz zu nehmen, wir wollen mit der Fragestunde unsere Tagesordnung fortsetzen. Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20

Fragestunde

Ich beginne zunächst erst einmal damit, dass ich bekannt gebe, dass die erste Frage in Drucksache 3/1494 vom Abgeordneten Fiedler in eine Kleine Anfrage umgewandelt wurde. Wir kommen damit zur nächsten Mündlichen Anfrage, eine Frage der Frau Abgeordneten Bechthum in Drucksache 3/1499. Bitte, Frau Abgeordnete.

Jahresabschluss 2000 hier: Einzelplan 02 Kapitel 02 04 Titel der Hauptgruppe 6

Aus dem Jahresabschluss 2000 für das Ressort der Landesfrauenbeauftragten ist zu entnehmen, dass von den 401.650,51 Deutsche Mark nicht abgeflossener Haushaltsmittel allein 378.349,03 Deutsche Mark aus Titeln der Hauptgruppe 6 stammen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Was hat die Landesfrauenbeauftragte gehindert, die Landesmittel möglichst vollständig im Jahr 2000 für die Frauenförderung einzusetzen?

2. Wann war es abzusehen, dass die Gelder in dieser Größenordnung nicht abfließen werden?

3. Was wurde durch die Landesregierung getan, um mit den in der Frauenarbeit tätigen Vereinen und Verbänden neue und sinnvolle Projekte zu initiieren?

4. Sind die oben genannten, nicht abgeflossenen Haushaltsmittel durch die Frauenbeauftragte innerhalb ihres Kapitels 02 04 anderweitig verwendet worden, wenn ja,

wofür und wenn nein, wohin sind diese Haushaltsmittel gegebenenfalls dann abgeflossen?

Bitte, Frau Staatssekretärin Bauer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, sehr geehrte Frau Abgeordnete Bechthum, als Erstes erlaube ich mir den Hinweis, dass das Amt "Frauenbeauftragte der Thüringer Landesregierung" heißt und vielleicht kann man das in Zukunft auch exakt benennen, denn die Entscheidung, dieses Amt so zu nennen, hat dieses hohe Haus getroffen.

Namens der Thüringer Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Bechthum wie folgt:

Zu Frage 1: Die Vergabe der Fördermittel unterliegt den Richtlinien, die pflichtgemäßes Ermessen bestimmen unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass auf die Fördermittel kein Rechtsanspruch besteht, da es sich um eine freiwillige Leistung des Landes handelt. Die Vergabe der Fördermittel erfolgt zudem unter Beachtung der Thüringer Landeshaushaltsordnung, des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsdurchführungserlasses. Gemäß dem Haushaltsdurchführungserlass des Thüringer Finanzministeriums für das Haushaltsjahr 2000 war für den Haushaltsvollzug strikte Ausgabendisziplin geboten. Im Rahmen der Landeshaushaltsordnung und der Richtlinien, an die ich gebunden bin, bin ich zur Gleichbehandlung und zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der Mittel gemäß § 7 der Thüringer Landeshaushaltsordnung verpflichtet. Wie in den vergangenen Jahren hat sich die Fördermittelvergabe für einige Frauenkommunikationszentren bis weit in das laufende Haushaltsjahr verzögert. Anträge können gemäß Punkt 4 der Richtlinie zur Förderung von Frauenkommunikationszentren vom 28.01.1994 nur bewilligt werden, wenn die befürwortende Stellungnahme der kommunalen Gebietskörperschaften vorliegt und die Gesamtfinanzierung gesichert ist. Somit sind am Anfang des Jahres die verfügbaren Mittel mit entsprechenden Anträgen der verschiedenen Einrichtungen gebunden. Die Antragsteller müssen die Sicherung der Gesamtfinanzierung gewährleisten und sind überwiegend auf die kommunalen Gebietskörperschaften als Kofinanzierer angewiesen. Vielfach sind die kommunalen Gebietskörperschaften erst im Laufe des ersten Halbjahres in der Lage, eine definitive Aussage über die Mitfinanzierung zu leisten. Im Haushaltsvollzug konnten die Mittel nicht ausgeschöpft werden, weil einige kommunale Gebietskörperschaften die Mitfinanzierung für das Haushaltsjahr nicht realisiert haben. Im jüngsten Gleichstellungsausschuss wurde diese Vorgehensweise kritisiert und nach anderen Vergabemodalitäten gefragt, was jetzt mit den Haushaltsgesetzlichkeiten abgestimmt werden muss. Zudem konnte der Titel 684 05 für Modellprojekte des Bundes nicht unter

legt werden, weil es hierzu keine konkreten Ausschreibungen von Seiten des Bundes gab und demzufolge die Mittel nicht ausgereicht werden konnten.

Zu Frage 2: Wie in der Antwort zu Frage 1 bereits dargelegt, verschiebt sich die Bezuschussung der Frauenkommunikationszentren bei einigen Einrichtungen bis weit in das Jahr hinein. Im Haushaltsjahr 2000 konnten zwei Frauenkommunikationszentren beispielsweise erst am 1. August 2000 ihre Bewilligung erhalten, da erst zu diesem Zeitpunkt deren Gesamtfinanzierung gesichert war und die kommunalen Gebietskörperschaften ihre Komplementärmittel bereitgestellt hatten. In diesem Zusammenhang verweise ich auf das Subsidiaritätsprinzip und auf § 23 der Thüringer Landeshaushaltsordnung, der die Nachrangigkeit der Landesförderung bestimmt. Die Verwaltungsvorschrift zu § 44 der Thüringer Landeshaushaltsordnung bestimmt weiterhin, dass sich Dritte angemessen an den verwendungsfähigen Ausgaben beteiligen, wenn der zu fördernde Zweck in deren Interesse liegt. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass erst im III. Quartal eine belastbare Aussage über die tatsächlichen Bewilligungssummen möglich ist. Der konkrete Mittelabfluss wird erst am Ende des jeweiligen Haushaltsjahres ersichtlich, da in der Regel die Mittel nicht in ihrer vollen bewilligten Höhe abgerufen werden. Im Laufe des Haushaltsjahres 2000 haben zwei Frauenhäuser und fünf Kommunikationszentren ganze Anträge bzw. Teilanträge mit einem Volumen von insgesamt 185.249 DM zurückgezogen. Darüber hinaus haben sich in verschiedenen Einrichtungen noch weitere, allerdings geringfügigere Ausgabenreduzierungen ergeben. Auf diese Situation habe ich reagiert, indem ich den Frauenhäusern und Frauenkommunikationszentren im Rahmen der Richtlinie und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes Nachbewilligungen gewährt habe. Refinanzierungen waren hier allerdings nicht möglich. Außerdem wurden im zweiten Halbjahr verstärkt Frauenprojekte bezuschusst.

Zu Frage 3: Die Landesregierung stellt kontinuierlich seit Jahren über die entsprechenden Richtlinien Mittel zur Bezuschussung der Frauenhäuser, Frauenkommunikationszentren und Frauenprojekte zur Verfügung und ist ein verlässlicher Partner. Die Frauenvereine und -verbände haben im Rahmen dieser Richtlinien neue Projekte initiiert. Hier sei die Plakataktion "Männer gegen Männergewalt", die in sechs Thüringer Städten gelaufen ist, genannt.

Zu Frage 4: Da eine Deckungsfähigkeit von Mitteln der Hauptgruppe 6 nur innerhalb der Hauptgruppe und des Kapitels besteht, sind die nicht abgeflossenen Haushaltsmittel nicht im Kapitel 02 04 verwendet worden. Diese Mittel sind dem Landeshaushalt zugeflossen.

Gibt es Nachfragen? Bitte, Frau Abgeordnete Bechthum.

Frau Staatssekretärin, sind denn innerhalb der Realisierung eines Thüringer Aktionsplans gegen Gewalt Aktionen jetzt noch von Vereinen oder Verbänden mit vorgesehen, die Sie unterstützen würden?

Wenn solche Anträge kommen, werden die gemäß der Förderrichtlinie bearbeitet. Hier war die Frage nach dem Haushalt 2000 und das würde sich ja dann dieses Jahr niederschlagen.

Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Danke, Frau Staatssekretärin. Wir kommen zur nächsten Mündlichen Anfrage, eine Frage der Abgeordneten Frau Heß in Drucksache 3/1501. Bitte, Frau Abgeordnete.

Stiftung "Demokratische Jugend"