Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Zu der beabsichtigten Verbesserung der Qualität des Schienennetzes führt nicht automatisch die Trennung von Netz und Betrieb. Ausschlaggebend ist vielmehr die Beantwortung der Frage, wie kann das Netz am besten und schnellsten saniert und ausgebaut werden unter Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung. Am Beispiel England sieht man deutlich, welche Gefahren eine Trennung von Netz und Betrieb in sich bergen kann. Zudem trägt die Bahn selbst vor, dass sich die Aufteilung der DB in einzelne Aktiengesellschaften schon in der jetzigen Form als nicht sinnvoll erwiesen hat, da bereits zu viele Synergieeffekte des Verkehrsträgers Eisenbahn verloren gingen. Die endgültige Auflösung der Holding und Trennung von Netz und Betrieb würde eine völlig neue Bahnsituation schaffen, meine Damen und Herren. Die DB AG wäre dann nur noch ein Verkehrsunternehmen, das Fahrzeuge, also Loks, Wagen und Triebwagen, vorhält und im Wettbewerb mit anderen Anbietern Leistungen im Personenfern- und -nahverkehr und natürlich im Güterverkehr anbieten würde. Die Verantwortung für Strecken- und Bahnhofgleise, Weichen und Abstellanlagen, Bahnhöfe und Haltepunkte, die Stellwerke und Signalanlagen, das Streckenmanagement, die Fahrplangestaltung und vieles mehr gingen von der DB AG auf das neue Netzunternehmen über. In dieser Frage ist deshalb insbesondere die Position des Eigentümers der DB AG, die Position, meine Damen und Herren, des Bundes wegweisend.

Nachdem Bundesverkehrsminister Bodewig die Trennung von Netz und Betrieb - zunächst durch die Aussage, die Unabhängigkeit des Netzes ist keine Frage des Ob, sondern eine Frage des Wie - forcierte, erfolgte durch ihn inzwischen eine Relativierung. Im Rahmen einer schnellen "Task force" soll eine Prüfung möglicher Varianten und künftiger Organisationsformen erfolgen. Ergebnisse bzw. Vorschläge dieser Kommission werden im Herbst diesen Jahres erwartet. Eines ist allerdings klar, jahrelange öffentliche Debatten zur Trennung von Netz und Betrieb schaden der Deutschen Bahn AG erheblich.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb kann das Handlungsmotto nur sein, das Thema sachlich aufbereiten und schnell entscheiden. Schnell entscheiden auch deshalb, weil es sonst zu einer weiteren Schädigung der Deutschen Bahn AG käme. Natürlich ist es zum Schluss auch konsequent umzusetzen. Aus Sicht des Landes ist nicht entscheidend, wer sich zuletzt mit welcher Vorstellung durchsetzt. Für uns bleibt die Beantwortung der Frage ausschlaggebend, was kann und was muss getan werden, damit Bund und Bahn ihrem gesetzlich fixierten Sicherstellungs- und Ausbauauftrag in der Schieneninfrastruktur gerecht werden können. Dabei ist entscheidend, dass der einzuschlagende Weg den Betreiber der Schieneninfrastruktur in die Lage versetzt, ein leistungsfähiges Schienennetz als Voraussetzung für mehr Verkehr auf der Schiene dauerhaft vorzuhalten. Vielen Dank.

Herr Abgeordneter Buse, Sie haben als Nächster das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der deutsche Autofahrer steht im Stau, der Bahnkunde wartet viel und zu oft auf unpünktliche Züge, tiefe Schlaglöcher und ein marodes Schienennetz bergen erhebliche Risiken. Die Flieger stehen still, weil die Piloten streiken, Herr Kretschmer. Diese Ausführungen hat, verehrte Mitglieder, vor allen Dingen auch der antragstellenden Fraktion für die Aktuelle Stunde, ihr Kollege Fischer in der 156. Sitzung des Deutschen Bundestages am 9. März 2001 ziemlich gelassen festgestellt. Mich hat diese Gelassenheit etwas verwundert, das können Sie mir vielleicht nachsehen, denn diese Zustände sind ja nicht neu in der Bundesrepublik Deutschland. Es bleibt in diesem Zusammenhang festzustellen, die einen sagen so und die anderen so, aber in Thüringen ist die Situation im Schienennetz bekanntlich auch nicht anders und auch nicht neu. Neben den in der 2. Legislaturperiode durch die PDS-Fraktion in fünf Plenaranträgen zur Diskussion gestellten Problemen in den Preis-Leistungs-Verhältnissen und den Notwendigkeiten zur Netzerhaltung, die insbesondere auch auf Reisegeschwindigkeiten und Pünktlichkeiten im Zusammenhang mit dem Zustand des Schienennetzes und der fehlenden Instandhaltung eingegangen sind, forderte bekanntlich

Herr Minister Schuster in seiner Presseerklärung vom 01.11., dass der weitere Verfall der Schiene endlich gestoppt werden muss. Er machte damals deutlich, dass auf 192 km Schienenlänge Langsamfahrstellen und 162 km Schienenlänge wegen betriebsgefährdender Mängel für den Betrieb gesperrt sind. Herr Richwien hat heute - ein halbes Jahr später - ähnliche Zahlen genannt, die ja beweisen, dass in Thüringen sich nichts Grundlegendes für diese Streckenlängen geändert hat. Das sind bekanntlich rund ein Fünftel des Thüringer Schienennetzes, wenn ich das richtig gerechnet habe von 1.700 km. In den Ausschussberatungen, meine Damen und Herren, die sich mit dem Zustand der Bahn und des Schienennetzes insbesondere auch in Thüringen befassten, wurde auch deutlich, dass dies nur die Spitze des Eisberges eventuell ist und ähnlich wie auf der Strecke nach Sonneberg weitere Messwageneinsätze möglicherweise weitere Streckensperrungen bzw. Reisebeeinträchtigungen im Ergebnis hätten.

Zusammenfassend: Der Zustand der Schienenwege ist desolat und hat sich seit der Regionalisierung weiter verschlechtert. Die DB AG hat Mittel, die vom Bund für Investitionen, Instandhaltung und Ausbau bereitgestellt wurden seit 1994, in beträchtlichem Maße nicht verbaut, sondern zurückgegeben.

(Beifall bei der PDS)

Auf Anfrage der Bundestagsfraktion der CDU/CSU zu den Gründen hat die parlamentarische Staatssekretärin Anfang dieses Jahres schriftlich geantwortet, dass es Planungsprobleme gab und gibt und damit die notwendigen Maßnahmen durch die DB AG trotz Mittelbereitstellung durch den Bund nicht realisierbar sind. Die Politik hat es also in den letzten sechs Jahren nicht verstanden, dieser Problematik im Zusammenhang mit der Bahnreform größeres Gewicht zu verleihen. Offensichtlich, meine Damen und Herren, ist die DB AG nicht in der Lage, die Maßnahmen im Zusammenwirken von - wie Herr Mehdorn formulierte Schiene und Rad so vorzubereiten und zu realisieren, dass der Verpflichtung nach Artikel 87 e des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland entsprochen wird. In dem Artikel heißt es bekanntlich: "Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes des Bundes... Rechnung getragen wird." Diese aus unserer Sicht unzureichende Verantwortungswahrnahme steht im Gegensatz zur Wahrnahme der Verantwortung der Länder im Schienenpersonennahverkehr. Auch von uns wird anerkannt, dass der Freistaat dafür in nicht unerheblichem Maße Mittel bereitgestellt hat. Im Zusammenhang mit dem Gesamtschienennetz aber hoffe ich, dass diese Leistung unseres Freistaats einer solchen allgemeinen Bewertung nicht zugeordnet werden muss wie zum Beispiel: hilft, aber es nützt nichts. Ich hatte mir schon die Frage gestellt, Herr Staatssekretär Richwien, zu welchen Plänen sich die Landesregierung hier äußern will, wenn nach Vorhaben des Bundesverkehrsministers gefragt ist, weil ja auch - Sie haben das hier gesagt - entweder zu denen, die der Verkehrs

minister auf dem Parteitag der Grünen verkündet hat, also die konsequente Trennung zwischen Netz und Betrieb, oder zu den Meldungen, dass es möglicherweise einen Kompromiss zwischen Herrn Bodewig und Herrn Mehdorn gibt, dass das Netz zwar getrennt, aber in einer Holding verbleiben sollte. Wenn nun diese Meldung stimmt, habe ich Sie vor dieser Aktuellen Stunde gerade nicht beneidet und begrüße eigentlich, dass Sie hier zum Ausdruck gebracht haben, dass auch vor allen Dingen die Frage des Wie, wie diese Trennung erfolgen sollte, von der Landesregierung beachtet und verfolgt werden soll. Für unsere Fraktion kann ich sagen, die Frage, ob getrennt werden soll, steht für uns nicht zur Debatte; wir sind dafür zu trennen, das darf ich hier sagen,

(Beifall bei der PDS)

aber wir sind auch dafür,...

Bitte kommen Sie langsam zum Schluss, Herr Abgeordneter.

... wie Sie gesagt haben, großes Augenmerk darauf zu legen, wie und wann diese Trennung erfolgen soll. Danke.

Herr Abgeordneter Kallenbach, Sie haben als Nächster das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kollege Buse, nun haben Sie hier zum Ausdruck gebracht, dass der Freistaat Thüringen sein Möglichstes tut im Rahmen seiner Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr, und haben im Übrigen die Verhältnisse, die der Bund zu verantworten hat, beklagt. Nun geht es aber um die Frage: Wie könnte es denn weitergehen? Sie haben zu Recht den Auftrag des Bundes, wie er im Grundgesetz formuliert ist, hier als Rahmen vorgegeben. Aber was tut der Bund auf dieser Grundlage? Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn AG, Herr Mehdorn, sagt: "Die Bahn muss in wenigen Jahren börsenfähig sein." Das ist seine Aussage als Ganzes. Und was hat der Bund gemacht? Der hat eine Kommission eingesetzt, die Pällmann-Kommission - wie sie genannt wird - und die sagt nun eindeutig zu dieser Aussage von Herrn Mehdorn: Das ist der falsche Weg. Sie sagt, so kann es nicht gehen. Die Kosten werden durch die Entgelte nicht erwirtschaftet, also die Entgelte, die die DB Netz AG bekommt. Und sie sagt weiterhin: Es ist nicht möglich, dass der Bund sehr langfristig Zusagen gibt zur Unterhaltung des Schienennetzes. Von daher wäre es die ehrliche und richtige Antwort, eine Trennung, eine Herauslösung aus der Holding zu vollziehen.

Was ist nun zu tun? Da gibt die Kommission folgende Antworten - ich nenne nur drei Schwerpunkte: Konzentration des Bundes auf das Bundesschienennetz und da wird eine Länge von 20.000 Kilometern genannt. Der andere Teil, der große Rest, soll an die Länder, an die Kommunen, die Verbände und an Private übergeben werden. Da muss ich sagen, das lehnen wir erst einmal prinzipiell als Vertreter der Länder ab, weil es zu einer Vielzahl von Schnittstellen käme, die technisch nur schwer beherrschbar sind. Aber wenn es denn vielleicht doch der richtige Weg sein sollte, dann geht es nur, indem der Bund einen klaren finanziellen Ausgleich an die Länder gibt. Dass der Bund nur abgibt an die Länder und sagt, schaut mal zu, was nun werden kann, damit können wir uns nicht einverstanden erklären - ganz klipp und klar.

Zum Zweiten sagt die Pällmann-Kommission: Eine Ausgliederung der DB Netz AG aus der Holding soll zügig vorgenommen werden und es soll wieder unmittelbar in das Eigentum des Bundes übergehen."

Und zum Dritten: Eine Entlastung der DB Netz AG von der Erwirtschaftung der vollen Wegekosten ist anzustreben und vorzunehmen.

Wir schließen uns prinzipiell diesen Aussagen an und sagen: Eine volle Privatisierung der DB als Ganzes ist nicht möglich, ist illusorisch. Spätestens seit den schweren Zugunglücken in England müsste das an und für sich jeder nachvollziehen können, denn dort hat man so eine volle Privatisierung mit allen Konsequenzen vorgenommen. Wir sagen weiterhin, es müssen die Leistungen der DB Netz AG und insgesamt der Eisenbahn wieder zunehmen und es darf nicht immer nur Leistungsabbau vorgenommen werden. Das Unternehmen muss wieder saniert werden. Das ist an und für sich der Weg, der angestrebt werden muss, und in dem Zusammenhang muss man auch darauf hinweisen, dass der Bund zuständig ist für den Güterfernverkehr, das wird oft vergessen. Einen wichtigen Rahmen gibt auch in diesem Zusammenhang die EU vor und die hat ganz klar beschlossen bereits, dass spätestens ab 2008 eine Trennung vorzunehmen ist. Also wir haben gar keine Wahl, wir müssen sowieso die Trennung vornehmen. Wir waren uns jetzt auch prinzipiell bis Mitte März mit Herrn Bundesverkehrsminister einig, es bestand Klarheit, aber dann kam eben am 14.03. der große Schwenk, die Rolle rückwärts, offenbar nach einem Gespräch mit dem Bahnvorstand, und nun heißt es, die Organisationsform der geplanten Trennung sei vollkommen offen. Es wurde eine neue Kommission eingesetzt und da wurde gesagt, die arbeitet jetzt vollkommen ergebnisoffen und die DB Netz AG soll weisungsgebunden bleiben oder werden, aber unter dem Dach der DB AG insgesamt. Das ist vollkommen widersprüchlich und ist auch - das leuchtet jedem ein, der nur ein bisschen darüber nachdenkt - nicht realisierbar. Noch etwas hat vollkommen verwundert: Wir wissen alle, dass bis Anfang diesen Jahres der Vorsitzende des Aufsichtsrats Dieter Vogel war und der ist gerade aus seinem Amt gedrängt worden, weil er sich

für die Trennung zwischen Netz und Betrieb eingesetzt hat.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Das ist nicht wahr.)

Doch, doch, der ist nicht mehr im Amt, also das war jetzt nun vollkommen unstrittig. Er war für die Empfehlung der Pällmann-Kommission, ist aus seinem Amt gedrängt worden. Es gibt einen neuen Aufsichtsratsvorsitzenden, aber wenige Tage später...

Herr Abgeordneter Kallenbach, bitte kommen Sie langsam zum Schluss.

(Beifall Abg. Gentzel, SPD)

Wir sind für die Trennung, aber hier gibt es ein Hin und Her, was wir nicht nachvollziehen können, und das ist schlecht für das Unternehmen und schlecht für die Mitarbeiter. Das Ziel muss nun sein, schnellstmögliche Entscheidung und Sanierung des gesamten Unternehmens. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Lippmann, bitte, Sie haben als Nächster das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, so richtig ist mir nicht klar geworden, was wir denn nun eigentlich wollen, aber gleichwohl, wir haben 1994 die alte Behördenbahn umgewandelt mit mehreren Zielen. Wir wollten leistungsfähige Verkehrsträger auf leistungsfähige Strecken bringen. Natürlich wollten wir auch eine Rendite einfahren, natürlich wollten wir auch die Pünktlichkeit und die Zuverlässigkeit erhöhen. Wenn wir heute - und das sagt der Verkehrsbericht 2000 eigentlich auch aus - schauen, dann ist eigentlich von diesen Zielen nicht mehr allzu viel übrig geblieben.

Besonders ins Fadenkreuz geraten ist natürlich, das ist heute mehrfach zum Ausdruck gekommen, selbstverständlich die DB Netz AG, eine der fünf Aktiengesellschaften in der heutigen DB AG, aus zwei Gründen: Zum einen wird behauptet, der diskriminierungsfreie Zugang von anderen Verkehrsträgern sei im Moment nicht gewährt. Das heißt also, wir wollen nicht nur die Deutsche Bahn AG fahren lassen - zu Leistungsfähigkeit gehört natürlich auch Wettbewerb, das ist völlig logisch -, sondern auch private Verkehrsunternehmen auf das Netz bringen, auf dass es zu Wettbewerb kommt. Dieses sei im Moment nicht sicher

gestellt. Im Moment fahren im SPNV 37 nicht bundeseigene Unternehmen; im Fernverkehr fährt überhaupt niemand, da betreibt die DB das praktisch ohne Konkurrenz. Das war der erste Grund.

Und der zweite Grund, warum die DB Netz AG ins Fadenkreuz geraten ist: Es hat sich an dem Netzzustand, und das ist vor allen Dingen für den Osten Deutschlands wichtig, überhaupt nichts geändert. Das ist der Kardinalmangel bei der DB Netz AG. Vor allen Dingen im Osten schieben wir eine Bugwelle von notwendigen Investitionen vor uns her, die im Moment überhaupt nicht zu beziffern ist, weil sie kein Mensch genau ausrechnen kann. Die 10 Mrd. DM, die 1994 pro Jahr zugesagt wurden für die Netzsicherung, für den Netzausbau, die sind entweder nie gekommen, nie bereitgestellt oder nie abgefordert worden.

(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: 1994...)

1994. Das sind Versäumnisse von sieben Jahren insgesamt. Ich bin hier überhaupt nicht politisch, ich stelle es nur fest. Es werden jetzt Rufe nach einer Reform der Reform laut. Das heißt also, nach einer Trennung dieser Holding hin zu einer Vereinheitlichung und zu einer Herauslösung der DB Netz. Diese Meinung wird natürlich flankiert von einem Haufen Fachleuten. Und bei einem Haufen Fachleuten gibt es auch einen Haufen Meinungen. Der Pällmann sagt raus, andere sagen es nicht. Prognos sagt, so könnten wir es auch nicht machen. Price und Waterhouse sagen, geht nicht, drin lassen. Also, es gibt hier ein verschiedenes Meinungsspektrum, das geht vom Herauslösen bis zum drin Belassen und Mehdorn sagt natürlich nein. Er will die Bahn aus einem Guss. Und da wird assistiert von dem schweizerischen Bahnchef und der wird natürlich das auch sagen, ganz einfach deshalb, weil er die DB AG börsenfähig machen muss und dazu braucht er das Netz, das ist doch logisch.

Also, irgendetwas muss sich ändern und da gibt es nach meinem Dafürhalten drei Möglichkeiten, vielleicht gibt es auch mehr, aber die erste ist: Privatisierung voll. Das heißt, wir verkaufen das Netz an einen privaten Betreiber und dann passiert genau dasselbe, was in Großbritannien heute passiert oder passiert ist, sie liegen voll auf der Nase und bleiben dort auch liegen; voll auf der Nase, dort geht überhaupt nichts mehr. Das möchte ich sehen, ob ein privates Unternehmen beispielsweise in der Lage ist, Daseinsvorsorge, Renditeerwartung und Netzgebühren unter einen Hut zu bringen und dabei immer noch Geld zu verdienen. Nach meinem Dafürhalten ist das nicht vorstellbar. Die zweite Möglichkeit ist, der Bund nimmt das Netz aus der Bahn in eigene Verantwortung. Das ist heute auch schon einmal gesagt worden. Das führt zwangsläufig dazu, dass wir irgendwann einmal die Regionalnetze bekommen. Das wäre ja an sich ganz schön, das ist es auch, denn wir könnten dann entscheiden in den Ländern, was wir tun und wo wir es tun und mit wie viel Geld wir es tun, aber wir brauchen das Geld dazu.

(Zwischenruf Richwien, Staatssekretär: Das wollte ich gerade sagen.)

Das können wir aus Regionalisierungsmitteln selbstverständlich nicht mehr bezahlen, denn dafür müssen wir die Verkehre bei der Bahn bestellen, dafür brauchen wir Geld. Das ist für mich vorstellbar. Und die dritte Möglichkeit letztendlich ist, wir lassen alles wie es ist und ändern die Organisationsform bei der DB Netz AG und stärken die Kompetenz und die Eingriffsmöglichkeiten des Eisenbahnbundesamtes, was ja im Moment jetzt auch gemacht wird. Ich kann sowohl der dritten als aber auch der zweiten Möglichkeit Vorteile abgewinnen. Wenn man es mischt und es kommt für uns etwas Gutes dabei heraus, kann ich mir vorstellen, dass wir es auch dabei belassen können. Ich hätte schon gern die Regionalisierung, aber mit Geld, versteht sich.

Wichtig sind eigentlich folgende Dinge und, ich glaube, da sind wir uns einig:

Erstens ist wichtig, dass den Wettbewerb nicht behindernde Trassenpreise ermöglicht werden. Das tun sie jetzt nicht. Zweitens ist wichtig, dass mehr als bisher dem momentan beklagenswerten Zustand der Netze Aufmerksamkeit gewidmet wird, völlig unstrittig, vor allem in den neuen Bundesländern.

Herr Abgeordneter Lippmann...

Und dass drittens - der letzte Satz, Frau Präsidentin - mehr als in den letzten sieben Jahren Mittel für den Ausbau der Netze vorgehalten werden. Das haben alle Redner von heute gefordert. Dem kann ich mich nur anschließen, da sind wir uns einig. Im Moment läuft die Prüfung und es ist ein schwerer Entschluss, der zu fällen ist und dem müssen wir auch die entsprechende Zeit einräumen. Dass da von heute auf morgen keine fixe Entscheidung getroffen werden kann, kennen wir aus jeder Regierung, auch von dieser Landesregierung. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Herr Abgeordneter Lippmann, und ich danke Ihnen ausdrücklich auch für die Einhaltung der Geschäftsordnung, hier insbesondere § 93 Abs. 7, der nämlich gerade in Bezug auf die Aktuelle Stunde das Ablesen von Reden und von Erklärungen für unzulässig erklärt - also, ein ausdrückliches Lob, weil ich die anderen nicht tadeln möchte. Lob hilft ja vielleicht manchmal mehr.

Weitere Wortmeldungen zum ersten Teil der Aktuellen Stunde liegen mir nicht vor. Wir kommen damit zum

zweiten Teil des Tagesordnungspunkts 21

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: "Derzeit durch die Landesregierung geplante Veränderungen bei der Verwaltung von Arbeitsmarktfördermitteln der Europäischen Union in Thüringen" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1562

Als Erster hat Herr Minister Schuster um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die ESF-geförderten Arbeitsmarktmittel werden bei uns im Auftrag des TMWAI von der GFAW einerseits und einem externen Dienstleister andererseits ausgereicht. Die GFAW reicht derzeit sechs Richtlinien - sprich Programme - aus, die BBJ hat bis vor kurzem drei Richtlinien ausgereicht. Nun haben wir mit Wirkung vom 1. Januar der GFAW den Status eines beliehenen Unternehmens erteilt mit der Folge, dass sie hoheitlich handeln, das heißt Förderbescheide ausstellen kann. Sie wissen auch, dass zum 31.03. der Vertrag mit BBJ ausgelaufen war und dass sich demnach die Frage einer Nachfolgeregelung für die bisher von BBJ ausgereichten Programme gestellt hat. Wir wurden schon bei den Haushaltsberatungen gefragt, ob wir diesen Auftrag ausschreiben würden. Ich habe bereits damals diese Frage mit Ja beantwortet, weil wir nach EU-Recht (Richtli- nie 1260) gehalten sind, ESF- oder EU-finanzierte Maßnahmen auszuschreiben, insbesondere dann, wenn deren Ausreichung durch die technische Hilfe gefördert wird. Diese Ausschreibung ist erfolgt. Das Ausschreibungsverfahren ist abgeschlossen. Mit der Entscheidung der Vergabekammer ist der Auftrag erteilt worden an den Dienstleister KE LEG Baden-Württemberg.

Meine Damen und Herren, dieser Dienstleister reicht folgende Richtlinien aus, die bisher von BBJ ausgereicht wurden, nämlich die Förderung der beruflichen Qualifizierung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen, die Richtlinie "Arbeit statt Sozialhilfe" und die Förderung sozialer Wirtschaftsbetriebe. Es bleibt also dabei, dass alle Landesprogramme sowie die überwiegende Anzahl der Programme, die aus ESF finanziert werden, durch die GFAW umgesetzt werden in unserem Lande. Nun wird ja diskutiert darüber, welches Volumen damit bewegt ist, mit dieser Auftragserteilung. Es sind nicht 280, sondern 180 Mio. Mittelvolumen jährlich, wobei ich gleich darauf hinweise, dass dieses Mittelvolumen ausschließlich in Thüringen eingesetzt werden muss, ausschließlich in Thüringen verwaltet wird (Staats- kasse) und drittens ausschließlich von einer Niederlassung in Thüringen ausgereicht wird.