Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Fragen von Herrn Ramelow wie folgt:
Zu Frage 1: Eine Beauftragung der SCG St. Gallen Consulting durch die Thüringer Aufbaubank ist den vorhandenen Akten der Landesregierung nicht zu entnehmen.
Zu Frage 2: Ein Gutachten der SCG St. Gallen Consulting ist den vorhandenen Akten der Landesregierung nicht zu entnehmen.
Gibt es Nachfragen? Nein, es gibt keine Nachfragen. Danke, Herr Minister Schuster. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 20 und wir setzen mit Tagesordnungspunkt 10 fort. Ich rufe als nächste Rednerin Frau Abgeordnete Vopel auf.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Langzeitarbeitslosigkeit ist für Deutschland ein großes Problem. Sie ist vor allem ein strukturelles Problem. Da gehe ich mit Herrn Gerstenberger konform. Wenn man sich einmal die Zahlen der Langzeitarbeitslosen auch in den alten Bundesländern anschaut, vielleicht komme ich nachher noch einmal darauf zurück, dann sieht man das. Arbeits- oder beschäftigungspolitische Maßnahmen können da flankierend wirken, aber sie können in keiner Weise dieses Problem lösen. Es kann immer nur temporär eine Entlastung bringen, aber mehr nicht.
Genau das wird in Thüringen seit Jahren, und Frau Heß, da bin ich schon ein Stück verwundert, wenn Sie sich einmal mit Ihrer Kollegin Frau Ellenberger zusammengesetzt hätten vielleicht zu diesem Thema, hätte sie Ihnen einmal sagen können, wie viele Förderprogramme in Thüringen speziell für Langzeitarbeitslose konzipiert sind. Das geht über die ESF-Programme bis hin zu dem, was nicht mehr unter Frau Ellenbergers Verantwortung ist, 50-PLUS, das geht über Hilfen für Existenzgründer, vieles oder das meiste davon ist konzipiert vor allem auch für Langzeitarbeitslose. Deswegen wundert mich, wenn man das hier als, ich sage einmal, Außenstehender liest, der kommt auf die Idee, in Thüringen würde auf diesem Gebiet nichts passieren. Sie haben die Zahlen der Langzeitarbeitslosen genannt - Monat April 61.154 -, das sind viel zu viele, da gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht. Aber schauen wir einmal nach Sachsen-Anhalt. Da sind es über 100.000 Langzeitarbeitslose in Sachsen-Anhalt, also können wir doch in Thüringen nicht ganz so viel falsch machen. Natürlich kann man immer alles noch viel besser machen, das ist unbestritten.
Ich operiere nicht gern mit Prozentzahlen in diesem Bereich aus dem ganz einfachen Grund: Je mehr sich die Arbeitslosigkeit verringert, umso höher wird der Sockel der Langzeitarbeitslosen. Wenn Sie sich einmal die Statisti
ken der alten Länder anschauen, werden Sie das sehen. Da liegen die Größen zwischen Bayern 25 Prozent und Nordrhein-Westfalen 37/38 Prozent. Das möchte ich hier nur einmal zu bedenken geben. Ich sage mal, was Ihren Antrag anbelangt: Wir brauchen keine neuen Programme, wir brauchen überhaupt keine neuen Programme. Was wir brauchen, das sind strukturelle Änderungen, was wir brauchen, das sind nicht Sprüche eines Bundeskanzlers, der für 14 Tage die Schlagzeilen aller Zeitungen beherrscht. Die einen schreien Hurra, endlich hat er es denen einmal gesagt, die anderen sagen, um Gottes Willen, er verteufelt die Arbeitslosen. Ich denke, die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Natürlich brauchen wir auch Möglichkeiten, um die Spreu vom Weizen zu trennen.
Ich glaube, das ist unbestritten. Aber solche markanten Sprüche helfen uns dabei überhaupt nicht weiter. Dann ging vor einiger Zeit auch so ein markanter Spruch, diesmal vom Arbeitsminister der Bundesregierung durch die Lande, Eingliederungspläne. Das klingt alles ganz toll. Nur, also a) ist es nicht neu - das ist mit Sicherheit keine Erfindung von Herrn Riester, zumindestens nicht als Arbeitsminister - und b) wird das schon praktiziert. Es kann sicher verstärkt werden, nur, außer dieser Ankündigung ist bisher nichts passiert, überhaupt nichts. Ich warte eigentlich darauf, weil ich mir schon vorstellen könnte, dass da gemeinsam einiges getan werden könnte.
Da komme ich zu einem weiteren Problem. Es steht die Novelle des SGB III an. Auch da warte ich eigentlich darauf, dass die Länder eingebunden werden und dass speziell die Erfahrungen der neuen Bundesländer diesmal eine Rolle spielen. Denn wir haben ja nun mittlerweile 10 Jahre Erfahrung, erst mit dem AFRG, jetzt mit dem SGB III. Ich denke, das sind Dinge, die eine ganz wichtige Rolle spielen.
Das Dritte, was ich sagen möchte: Der Bundeskanzler will sich messen lassen an den Arbeitslosenzahlen. Ich finde es schon ein Stück vermessen, wenn man jetzt herangeht und die Statistik ändern will. Man will also jetzt die über 58-Jährigen aus der Arbeitslosenstatistik herausnehmen. Ja sicher, das kann man gut machen, aber nun würde mich einmal interessieren: Wie soll es denn gemacht werden? Wird es eine neue Vorruhestandsregelung geben oder wie soll es denn gehen?
(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das ken- nen Sie doch schon längst. Die Maßnahme stammt aus der CDU-Regierung.)
Einen Moment, die Vorruhestandsregelung ist 1992 gewesen. Ich habe doch gesagt, vielleicht soll es eine neue geben. Man sollte sich doch einmal dazu äußern, wie es denn gehen soll. Einfach ankündigen, dass nicht mehr vermittelbare Arbeitnehmer aus der offiziellen Statistik herausgenommen werden, das ist ein bisschen zu wenig. Man müsste
zumindestens mal wissen, was getan wird. Ich denke, wir sind zumindestens so weit gegangen und haben gesagt, wir machen 50-PLUS. Das hat schon zu einer Entlastung genau in der Gruppe der älteren Langzeitarbeitslosen geführt.
Denn da muss man nämlich mal weiterlesen in der Statistik: Unter den Langzeitarbeitslosen befanden sich Ende April 15.973, die älter als 55 Jahre waren. Das ist ein Problem, das ist ein recht hoher Prozentsatz. Weiter muss man dann lesen, dass die Risikofaktoren, die zu Langzeitarbeitslosigkeit führen - laut Landesarbeitsamt, das ist nicht von mir -, fehlende berufliche Qualifikation, gesundheitliche Einschränkungen und das Lebensalter sind. Bei 65 Prozent der Langzeitarbeitslosen sind diese Merkmale vorhanden.
Da komme ich auch auf den Punkt, den wir uns in Thüringen auf die Fahnen geschrieben haben - Qualifizierung ist das A und O. Wenn Sie ein Wirtschaftswachstum haben, wo Arbeitsplätze dann nachgefragt werden, da werden natürlich die Leute zuerst genommen, die ordentlich qualifiziert sind, und genau daran müssen wir gehen. Wir brauchen eine Stärkung der Wirtschaft. Und, Herr Gerstenberger - ja doch, er ist da -, was Sie da heute gesagt haben, zwischen Wachstum, Produktivität und Arbeitsmarkt, das war für mich genauso wie kürzlich am Sonnabend die Frage zum dritten Sektor, dass man alle Wohlfahrtsverbände unterm dritten Sektor subsumiert. Es gibt eine Caritas und es gibt Wohlfahrtsverbände und es gibt das DRK, die sind große Krankenhausbetreiber und das alles unter dem dritten Sektor zu vereinnahmen - ich weiß nicht, ob Sie sich das angenommen haben, aber Herr Düber hat das so gesagt -, das finde ich schon etwas abenteuerlich.
Meine Damen und Herren, was wir brauchen, das ist ein Markt am Arbeitsmarkt und den haben wir in vielen Bereichen nicht. Da können wir mal nach Amerika schauen. Dort hat man - eigentlich ganz gegen amerikanische Verhältnisse, sage ich mal - über Restriktion und Möglichkeiten und Anreize zur Arbeitsaufnahme Millionen von Arbeitsplätzen geschaffen, indem man nämlich Lohnzuschüsse gezahlt hat für niedrig bezahlte Arbeit. Herr Gerstenberger, ich gebe Ihnen Recht, dass es Arbeitsplätze gibt, die werden nicht nachgefragt, und es gibt Arbeitsplätze, die werden gar nicht erst angeboten und da beißt sich die Katze nämlich in den Schwanz. Wenn man da nicht endlich mal rangeht an diese Strukturen, wird das auch auf immer und ewig so bleiben. Im Gegenteil, ich denke, es wird sich verschlimmern und die Spanne, dieser Sockel wird immer größer werden. Ich denke, das war auch mal ein Versprechen des Kanzlerkandidaten Schröder, dass man dieses Problem angehen will. Man ist es halbherzig angegangen mit zwei ungeliebten Modellversuchen und das war es dann. Ja, mein Gott, nun machen wir es doch mal. Warum sind wir in Deutschland immer so zögerlich und
verweigern uns solchen Dingen. Andere Staaten machen uns das vor. Ich sage das noch mal, wie im Gesundheitswesen auch, Vorbeugen ist besser als Heilen, auch kostengünstiger, wir müssen im Vorfeld dafür sorgen, dass es gar nicht erst zu einer Langzeitarbeitslosigkeit kommt.
Da ist der Ansatz richtig: gute Bildung, Qualifizierung und Anreize - ich sage das unumwunden -, Anreize zur Arbeitsaufnahme. Es kann nicht sein - ich weiß, ich kenne das Verhältnis zwischen beim Arbeitsamt gemeldeten Stellen und Arbeitslosen, aber einige von Ihnen waren ja auch mit zur Hannover-Messe -, aber es kann doch nicht sein, dass uns Betriebsleiter sagen, selbst bei Anlernkräften bekommen wir kein Personal. Das betraf also keineswegs nur ingenieurtechnisches oder Fachpersonal und zu einer ordentlichen Bezahlung, wenn da noch die Leute sagen, nein, das mache ich nicht, das kann eigentlich nicht sein. Ich denke, da müssen wir schon rangehen. Herr Lippmann, ich glaube, wir haben uns in Hannover darüber unterhalten. Wir wissen, dass wir nicht genug Stellen haben, aber da wo sie da sind, müssen sie besetzt werden und da müssen wir alles dafür tun. Ich denke, wir brauchen kein neues Programm; was wir brauchen ist eine Stärkung unserer Wirtschaft; was wir brauchen ist die Tatsache, dass die neuen Bundesländer nicht weiter abgehängt werden. Ich möchte das Stichwort "Sofortprogramm" hier noch mal in den Raum werfen, das ist nämlich noch lange nicht vom Tisch.
Ich bin immer noch guter Hoffnung, dass die neuen Bundesländer da was bekommen und auch Thüringen davon was abbekommt. Ansonsten, Frau Heß, viel Substanz ist da nicht und ich denke mal, ein neues Programm, wieder um Krücken zu bauen, das brauchen wir nicht. Danke schön. Wir lehnen diesen Antrag ab.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle noch auf einen speziellen Aspekt des Themas eingehen: Ich sehe im Antrag der SPD eine zu starke Ausrichtung auf Institutionen, auf Strukturen. Dabei bleiben leider die wirklichen Probleme auf der Strecke. Mein Kollege Gerstenberger hat darauf bereits hingewiesen, die Herangehensweise erscheint mir zu kurz gegriffen. Lassen Sie mich das an dem Beispiel behinderter Arbeitsloser auch erklären, davon hatten wir hier in Thüringen immerhin 6.097 registrierte, 245
mehr als im Vorjahresmonat. Viele von ihnen sind langzeitarbeitslos. Da zeigt sich, dass bisher leider auch die Novellierung des Schwerbehindertengesetzes, aber auch das Thüringer Sonderprogramm für Schwerbehinderte nicht sehr viel gebracht haben, auch wenn Staatssekretär Maaßen mir die Zahl vorhin genannt hat, 332 Schwerbehinderte im letzten Jahr darüber zu vermitteln. Ich möchte es noch mal wiederholen: Das eigentliche Problem sind fehlende Arbeitsplätze und, was arbeitslose Schwerbehinderte angeht, auch die fehlende Bereitschaft sehr vieler Unternehmer, diese einzustellen. Sie sind - ich bewerte das nicht, sondern ich stelle es nur fest, obwohl es schwer fällt - doppelt stigmatisiert, behindert und arbeitslos. Doch ich möchte zum Problem der Strukturierung des Antrags zurückkommen. Werden arbeitslose Schwerbehinderte doch einmal auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt, passiert Seltsames. Dann werden sie während der Einarbeitungszeit gleich von zwei Diensten betreut, dem berufsbegleitenden Dienst, der ein Kind der Hauptfürsorgestelle ist, und dem neuen Integrationsfachdienst, welcher ein Modellprojekt der Bundesanstalt für Arbeit ist. Da haben wir in diesem Aufgabenbereich schon zwei parallele Strukturen. Es kann also passieren, dass in der einen Woche der berufsbegleitende Dienst im Unternehmen ist und in der nächsten Woche der Integrationsfachdienst dem Unternehmen einen Arbeitsbesuch abstattet. Das scheint mir nicht effektiv. Hier wird deutlich, dass es nicht um die bloße Schaffung oder Erweiterung von Strukturen an sich gehen kann.
Ich möchte eine Bemerkung von Minister Dr. Pietzsch im Januar aufgreifen. Ich hatte die Frage gestellt, warum seit Oktober 2000 nur ein Antrag auf Arbeitsassistenz gestellt wurde, auf die seit der Novellierung des Schwerbehindertengesetzes ein Rechtsanspruch besteht. Minister Pietzsch antwortete mir, er gehe davon aus, dass mehr Anträge gestellt werden, wenn - ich zitiere den Minister "der Integrationsfachdienst intensiver funktioniert". Das ist der springende Punkt, meine Damen und Herren. Ziel von Veränderungen muss es sein, die vorhandenen Strukturen zu überprüfen, sie zu evaluieren und sie effektiver zu machen. Das ist im Interesse der Arbeitslosen nötig, zu denen, ich möchte Sie daran erinnern, auch die arbeitslosen Schwerbehinderten gehören. Die Lösung des Problems können nur Arbeitsplätze sein. Langzeitarbeitslose sind nicht therapiebedürftig, sondern sie brauchen Arbeit und nicht mehr Verwaltungsstrukturen. Langzeitarbeitslose brauchen Arbeit und nichts weiter. Die Verantwortung der Landesregierung ist dabei besonders zu erwähnen, denn auch und gerade sie hat in den einzelnen Ministerien einen massiven Nachholebedarf aus meiner Sicht. Die Landesregierung mit den Ministerien und nachgeordneten Einrichtungen, außer dem Ministerium für Familie, Soziales und Gesundheit, erfüllen nicht die Quote von 5 Prozent Schwerbehinderten der gesamt Beschäftigten. Es werden nur 3,5 Prozent erreicht. Also muss Ausgleichsabgabe gezahlt werden und das kann nicht sein. Wo bleibt hier die Vorbildwirkung der Landesregierung?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Zahlen des Thüringer Arbeitsmarkts weisen, wie vorhin schon erwähnt, eine konstante Höhe von über 61.000 Langzeitarbeitslosen aus. Dies muss als ein Zeichen einer Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit auf einem erschreckend hohen Niveau gedeutet werden. Dabei gibt hier die Arbeitsmarktstatistik nur sozusagen eine Momentaufnahme zu einem Stichtag wieder. Nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit führt diese Zählung zu einer beachtlichen Untererfassung des Phänomens Langzeitarbeitslosigkeit. Das ganze Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit zeigt sich, wenn man abgeschlossene Arbeitslosigkeitsperioden, das heißt den zeitlichen Anteil von Langzeit- und unterjähriger Arbeitslosigkeit betrachtet. Da ergibt sich ein Verhältnis von 60 zu 40 Prozent. Anders ausgedrückt: 60 Prozent des durch Arbeitslosigkeit verloren gegangenen Arbeitsvolumens entfällt auf die Langzeitarbeitslosigkeit. Nach den Angaben des Landesarbeitsamts sind in der Altersgruppe der 50 bis 65-Jährigen 26.683 Arbeitnehmer von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Es darf niemand die Ausrede benutzen, dass sich ein hoher Anteil der Betroffenen ja bald in die Rente abmelden wird. Denn neben den persönlichen Nachteilen, wie vermindertes Einkommen und danach geringere Rentenzahlung, gibt es Auswirkungen auf das Verhalten in der Gesellschaft. Welche Vorbildwirkung hat es auf Arbeit suchende Jugendliche, wenn sie es in der Familie erleben müssen, dass nach langen Arbeitsjahren die Angehörigen, die Eltern oder die Großeltern, mit 50, 55, 56 Jahren einfach als unbrauchbar vom Arbeitsmarkt abgeschoben und ausgeschlossen werden. Wenn man die Altersgruppe der 45- bis 50-Jährigen mit dem derzeitigen Anteil von 9.700 Personen betrachtet, so ist mit einer Abnahme der Langzeitarbeitslosigkeit demnächst nicht zu rechnen. Hier muss man der Landesregierung den Vorwurf machen, dass sie mit ihrer Kürzung der Arbeitsmarktmittel um ca. 83 Mio. DM seit 1999 der steigenden Langzeitarbeitslosigkeit Vorschub geleistet hat. Weiterhin zeigen die Arbeitsmarktzahlen bei dieser Gruppe seit ca. einem halben Jahr ebenfalls eine steigende Tendenz und die Landesregierung tut nichts. Wir fordern mit unserem Antrag die Landesregierung auf, den dringenden Handlungsbedarf an dieser Stelle endlich zu erkennen und noch wichtiger, hier tätig zu werden. Und Frau Vopel, die Landesregierung kann sich nicht damit herausreden, dass das alleinige Aufgabe der Bundesregierung sei. Wenn die Landesregierung auf diesem Standpunkt steht, dann dürfte es im Umkehrschluss auch keine Landesarbeitsmarktprogramme geben und sie sollte konsequenterweise ihren Sitz dann im Verwaltungsrat der Bundesanstalt aufgeben. Unser
Vorschlag geht dahin, dass man, wie es leider bei der jährlichen Suche nach zusätzlichen Ausbildungsstellen schon getan werden muss, in gemeinsamer Anstrengung aller am Arbeitsmarkt Beteiligten gezielt für Langzeitarbeitslose Beschäftigungsmöglichkeiten sucht. Hierbei soll aktiv und gezielt auf die Betriebe in der Region zugegangen werden. Mit den Betrieben sind dabei u.a. die erforderlichen Qualifikationen zukünftiger Beschäftigter und Fördermöglichkeiten bis hin zu Personalentwicklungskonzepten zu erarbeiten. Dabei können Beraterfirmen, die Qualifizierungskoordinatoren oder Beauftragte der IHKs und der Handwerkskammern, die Kommunen mit ihren Referaten für Wirtschaftsförderung und auch Projektgruppen der ABS eingesetzt und tätig werden. Die hierfür notwendige Koordination sollte bei den Regionalbeiräten angesiedelt sein. Wir wollen, dass das nicht losgelöst von den Arbeitsämtern erfolgt. Hierbei sollte z.B. immer abgesprochen werden, wie man Mittel der freien Förderung nach § 10 SGB III oder andere Fördermöglichkeiten einbeziehen kann. Die Arbeitsämter sind letztendlich für die Aufstellung der Eingliederungspläne für Arbeitslose zuständig. In diesen Plänen werden die notwendigen Maßnahmen festgehalten, die für die Vermittlung des Betroffenen in bestimmte Arbeitsverhältnisse notwendig sind.
Zu der Frage - warum sollen die Arbeitsämter nicht insgesamt das alles allein erledigen? Hier nur ein Gegenargument: Den Arbeitsämtern werden im Schnitt nur 36 Prozent der offenen Stellen gemeldet. Damit ist klar, dass allein schon von dieser Seite eine gezielte Vermittlung von Langzeitarbeitlosigkeit erschwert ist.
Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, Sie haben die Programme "50 PLUS" und "Zweite Karriere" initiiert, und wir haben heute auch durch die Mündliche Anfrage von Herrn Gerstenberger gehört, mit welchem Erfolg sie laufen. Hier hätte doch schon seit Monaten eine verstärkte Ausrichtung - und um diese geht es, Frau Vopel, um diese verstärkte Ausrichtung dieser Programme auf die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit - erfolgen können, stattdessen verzögern Sie, so wie auch gestern geschehen.
Ein Anliegen unseres Antrags ist es auch, das Problem Langzeitarbeitslosigkeit allen deutlich zu machen, allen in dieser Gesellschaft. Denn ohne aktives Gegensteuern werden wir noch auf Jahre hinaus einen wachsenden Anteil Langzeitarbeitsloser haben. Diese Landesregierung wird von den Betroffenen daran gemessen, wie aktiv sie hier ist, denn eins steht fest, wenn Sie das Problem Langzeitarbeitslosigkeit heute nicht anpacken, dann wird dieses Problem uns morgen packen.
Wir beantragen die Überweisung unseres Antrags in Drucksache 3/1502 an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik. Ich danken Ihnen.
Nein. Es wäre vieles zu dem zu sagen, was Sie angesprochen haben zu Arbeits- und Beschäftigungsverhältnissen in den USA, zu Niedriglohnjobs, zu dem etwas falsch Verstandenen am Samstag in der Enquetekommission oder zu den Beschäftigungsproblemen, das lasse ich weg. Frau Vopel, Sie haben selbst gesagt, wir haben Strukturprobleme im Freistaat,
auch in Deutschland, aber auch in Thüringen. Es ist nicht alles falsch, was wir machen, aber es lässt sich vieles besser machen. Das ist doch erst einmal eine Ausgangsbasis, lassen Sie uns doch an der Stelle mal ein Stückchen weitermachen.
Frau Vopel, wenn man etwas vorwärts bringen will, muss man doch einfach erst einmal bereit sein, ein Stückchen auf den anderen einzugehen. Ich habe es doch mit Ihnen jetzt auch gemacht. Sind Sie doch mal so nett und kommen Sie mir einen halben Zentimeter entgegen.