Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Krauße, ich muss sagen, das sind schon sehr merkwürdige Pirouetten, die die CDU hier dreht.
Für eine marktwirtschaftlich orientierte Partei, wie die Ihre, ist es natürlich schon ein bisschen verwunderlich, wenn diese Bewusstseinsfrage hier derartig thematisiert wird, noch dazu, wo wir ja da mit eigenem Beispiel so besonders gut vorangehen - wenn ich an das Recyclingsystem im Thüringer Landtag erinnern darf.
Meine Damen und Herren, den Kindern vorzuwerfen, dass sie sich nicht anders benehmen als die Eltern, ich glaube, das ist nicht der richtige Weg.
Das mache ich bereits. Ich sammle den Grünen-PunktMüll in unserer Fraktion ja schon ein. Leider ist es ein bisschen aufwendig und da ich ja als Umweltpolitiker selten mit dem Auto herkomme, ist es schwer, das Zeug mitzunehmen. Gehen Sie doch an das Mikro, wenn Sie noch etwas sagen wollen, Herr Krauße.
Frau Becker ist in Ihrer Begründung ja schon auf das Protokoll der Plenarsitzung vom 17.11.2000 eingegangen. Vom Prinzip hätte ich mir das Redeschreiben sparen und dort den Minister zitieren können. Ich glaube, es wäre die beste Argumentation gewesen für das, was ich hier vorbringen möchte, aber der Minister hat sich ja in etwa so geäußert, dass inzwischen schon ganz schön viel Wasser die Gera heruntergeflossen wäre und deshalb möchte ich auf ein Schriftstück etwas neueren Datums zurückgehen, auf eine Presseerklärung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 5. Juni diesen Jahres. Ich möchte hieraus zwei Stellen zitieren, die erste: "Deshalb kann nur die bestehende Regelung, wonach ausschließlich Mehrweggetränkeverpackungen von der Pfandpflicht freigestellt sind, auf Dauer den Bestand der Mehrwegsysteme sichern."
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Sie rei- ßen das wieder aus dem Zusammenhang he- raus. Leute, das geht doch nicht.)
Herr Minister, ich bringe das schon noch in einen Zusammenhang. Die Presseerklärung wird durch folgenden Absatz abgeschlossen: "Durch eine möglichst sortenreine Erfassung der Einweggetränkeverpackungen, die sich wie bei Glas auch auf Kartonverpackungen aus Kunststoff, Weißblech und Aluminium ausbauen lässt, und die Erhöhung der Verwertungsquoten könnten die Materialrückläufe erheblich verbessert werden und kann das Littering durch Verpackungsabfälle besser eingedämmt werden."
Meine Damen und Herren, das ist genau das, wo ich hinmöchte. Herr Minister, ich muss ganz ehrlich sagen, am einfachsten ließe sich das noch durch eine Bundesratsinitiative unter dem Titel "Generelle Pfandpflicht auf alle Einwegverpackungen" anstoßen.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ach du grüne Neune, auch auf die Babynahrung. Na, prima.)
Entschuldigung, auf alle Einweggetränkeverpackungen. Ich habe das "Getränke" jetzt unterschlagen, auf alle Einweggetränkeverpackungen. Herr Minister, für diese Bundesratsinitiative hätten Sie die Unterstützung der PDS erhalten. Nun hat sich ja das Bundesland Thüringen an einer anderen Bundesratsinitiative beteiligt und davon ist in dieser Presseerklärung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 5. Juni auch die Rede. Da steht, dass Mindestabfüllmengen in Mehrwegverpackungen in Höhe von 21 Mrd. Litern zu sichern sind. Herr Minister, damit ist Ihnen kein guter Wurf gelungen. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe beim Lesen so den Eindruck, dass es hier zu einer Neudefinierung von Planwirtschaft kommt, bloß mit dem einen Unterschied: Zu DDR-Zeiten hatten wir eine Planwirtschaft, wo wir uns bei dem relativen Mangel, der herrschte, auch sicher sein konnten, dass wir das Zeug loswerden. Hier wird ein Versuch gestartet, Planwirtschaft in einer Überflussgesellschaft zu starten. Wer soll denn bitte diese 21 Mrd. Liter Getränke in Mehrwegverpackungen kaufen? Das ist mehr als zurzeit gekauft wird. Und wie soll denn das Verbraucherverhalten dazu beeinflusst werden, dass dieses Mehr an Mehrwegverpackungen auch gekauft wird? Hier sehe ich massive Schwierigkeiten. Dann sind wir wieder bei der Frage "Selbstverpflichtung der Wirtschaft", was das Thema des Abfüllens anbelangt. Da muss ich sagen, hat uns die Wirtschaft schon einmal schwer enttäuscht, denn ansonsten würden wir jetzt über dieses Problem nicht reden müssen, dann hätten wir nämlich genügend Getränke in Mehrwegverpackungen.
Meine Damen und Herren, wir wollen das In-Kraft-Treten der gegenwärtig noch bestehenden Regelung vermeiden, da haben wir schon mehrfach drüber diskutiert, da waren wir uns einig im hohen Haus.
Da hätten wir den Unterschied zu erklären, warum das eine Getränk in der Büchse mit Pfand belegt wird und das andere Getränk in einer Büchse nicht. Der Gesetzentwurf, der dem Bundestag vorgelegt werden soll, ist nicht das Gelbe vom Ei, das sage ich ganz deutlich. Wie gesagt, ich hätte gern eine Bundesratsinitiative zu einer generellen Pfandpflicht auf alle Einweggetränkeverpackungen unterstützt. Aber, da es diese nicht geben wird, denke ich, sollten wir das kleinere Übel unterstützen und deshalb empfehle ich die Zustimmung zum Antrag der Fraktion der SPD. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Krauße, wenn Sie mich schon zitieren, dies war auch am 17. November 2000, das war auf das Berichtsersuchen der Landesregierung zu dem damaligen Stand. Genau in dieser Rede hat der Minister unsere Standpunkte, die jetzt Trittin umsetzt, gesagt und vorgebracht. Noch ein Satz. In der Umweltministerkonferenz Ost 1995 wurde einstimmig ein Beschluss zur Einführung eines Dosenpfands gefasst, der auf die Initiative von Thüringen und Sachsen zurückgeht. Im Vordergrund stand dabei die Besorgnis erregende Entwicklung der Verschmutzung der Landschaft durch weggeworfene Getränkedosen. Das war Ihre Aussage vom November 2000.
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Nein, 1995 habe ich das gesagt.)
Ja, aber Sie haben es im November 2000 wiederholt, Herr Minister. Daraufhin habe ich gesagt, auf Ihre damalige Berichterstattung, es gibt nichts zu erwidern. Wir brauchen jetzt nicht mehr intensiv darüber zu reden, unser Standpunkt steht fest. Trittin hat die ökologischen Verpackungen, die Einwegkartonverpackungen herausgenommen. Die Kartons sind raus, weil die Öko-Bilanz das nachweist, dass es eine Wiederzuführung gibt in den Kreislauf. Das haben sie ja nachgewiesen und deshalb sind sie jetzt aus der Bepfandung raus. Jetzt geht es um die Dosen und um die Einwegglasflaschen. Wir sind der Meinung, dass das im Moment der richtige Schritt ist. Wir haben seit 1991 die Selbstverpflichtung der Wirtschaft, Herr Kummer hat es schon gesagt, sie sind nicht darauf eingegangen. Und was machen Sie am 5. Juni noch einmal, verpflichten wieder die Wirtschaft für die nächsten Jahre. Sie haben es nicht getan. Sie haben es jahrelang nicht getan, weder unter Ihrer CDU-Bundesregierung noch unter der SPD haben sie sich irgendwie ein Stück weit geöffnet für diese Sachen.
Deshalb müssen wir jetzt zum 1. Januar 2002 dieses Pfand einführen. Ich will hier keine bayerischen Verhältnisse, aber lesen Sie doch einmal den Antrag vom Bayerischen Landtag vom Mai 2001, Herr Minister. Sie wissen doch ganz genau, dass damit auch die mittelständischen Unternehmen gestärkt werden durch diese Pfandeinführung. Es gibt da auch Prognosen. Aber Sie müssen wieder springen und als Umweltminister finde ich das ganz schade, weil Sie wieder nur den wirtschaftlichen Interessen zugewandt sind.
Natürlich, es ist doch vollkommen klar, bis zum letzten Jahr waren Sie noch voll unserer Meinung und haben uns unterstützt. Sie haben die SPD-Meinung vertreten und dann kam der Sinneswandel bei der Bundes-CDU. Frau Merkel springt da ja auch von einem Hopp zum anderen. Als sie Umweltministerin war, hat sie eine ganz schlechte Novellierung durchgezogen. Jetzt lehnt sie jede Novellierung ab. Da gibt es schon Ansätze, Herr Minister, das kann man nicht mehr nachvollziehen. Ich möchte jetzt von Ihnen wissen, warum Sie Ihre eigenen Standpunkte verraten, warum Sie so kurzfristig - von 2000 bis jetzt - abgerückt sind?
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Jetzt ist es aber gut.)
(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Die Zeit hat sich weiterentwickelt.)
Ach, die Zeit hat sich weiterentwickelt. Die Verpackungsordnung gibt es seit 1991. Von 1991 bis 1997 hat sich nichts getan an der Selbstverpflichtung. Und jetzt, zwischen 2000 und Juni 2001, da hat sich so viel getan. Das müssten Sie uns aber dann mal erklären, was sich da alles gewandelt hat in dem letzten halben Jahr.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Bundesregierung hat eine Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung vorgelegt, die eine Pfandpflicht für alle ökologisch nicht vorteilhaften Getränkeverpackungen zum 1. Januar 2002 festschreibt.
Mit dieser Verordnung will die Bundesregierung den Anteil ökologisch vorteilhafter Getränkeverpackungen stabilisieren. Eine solche Regelung hatten unter den Voraussetzungen vor allem des Nachweises der notwendigen Lenkungswirkung der Pfandpflicht auch die Umweltminister der Länder im Oktober 2000 mehrheitlich für möglich gehalten. Darauf, liebe Frau Becker, beruhen auch alle meine Aussagen. Gefordert wurde immer, und das ist ganz entscheidend, die Untermauerung dieser auch aus ökologischen Gründen zwingend notwendigen Lenkungswirkung durch das Bundesumweltministerium. Nun wurde mit dem Ent
wurf der Verordnung auch ein Bericht des Bundesumweltamts zur ökologischen Lenkungswirkung bei einer Pflichtbepfandung von Einweggetränkeverpackungen vorgelegt. Dieser liefert mindestens den Nachweis der Lenkungswirkung nicht. Vielmehr wird deutlich, dass große Unsicherheiten hinsichtlich der Wirkung einer solchen Zwangspfandregelung bestehen und eine positive Lenkungswirkung keinesfalls sicher erwartet werden kann. Mit diesem Pfand würde aber eine Regelung eingeführt, die durch den geforderten vollständigen Aufbau einer neuen Rücknahmeinfrastruktur nicht umkehrbar ist. Die Pfandpflicht wird zusätzlich Kosten verursachen, die sowohl den Handel als auch die Wirtschaft insgesamt belasten. Es ist wahrscheinlich, dass sich der Handel auf ein Pfandsystem, entweder Mehrweg oder Einweg, festlegen wird, damit sich diese Investitionen und Betriebskosten, insbesondere für notwendige Rücknahmeautomaten rentieren. Aus Kostengründen werden wahrscheinlich große Handelseinrichtungen verstärkt Einwegverpackungen anbieten. Neben diesen Fragen darf nicht verschwiegen werden, dass der Bundesregierungsentwurf auf große europarechtliche Probleme stößt. Heute, ich erspare mir, das hier vorzulesen, in der FAZ steht, ein weiteres Mal wird da Stellung genommen zu wettbewerbs- und kartellrechtlichen Schwierigkeiten, die die Bundesregierung mit diesem Entwurf haben wird. Aber wie das eben so ist, das ist ja alles gleich dann, das Bundesumweltministerium hat ja schon erklärt, falls das so durchgeht und Brüssel bis dahin nicht entschieden hat, na dann lässt man es eben liegen, da bleibt die Unsicherheit so und man wird es weiterbetreiben und irgendwann wird ja Brüssel mal entscheiden und irgendwie setzen wir uns darüber hinweg. Das ist typisch für diese Bundesregierung in der Form, das haben wir bei der Landwirtschaft auch, Ankündigungen und dann heißt es, wenn ihr nicht mitmacht, mache ich es trotzdem, das ist Tritin genauso, macht mit, dann ist es gut, wenn nicht, brauche ich Euch nicht, setze ich das so durch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein solches System erst einmal eingerichtet, gibt es kein zurück, und das mit dem offensichtlich beachtlichen Risiko, dass das eigentliche Ziel nicht erreicht wird, das ist nach meiner Auffassung nicht zu verantworten. Es gibt sogar ernst zu nehmende Stimmen, die sagen, das Zwangspfand führe zu einer Steigerung der ökologisch nicht gewollten Dose und schwäche die Mehrwegsysteme. Thüringen hat gemeinsam
mit anderen Bundesländern im Umweltausschuss des Bundesrates gegen die Verordnung des Bundes gestimmt und entsprechende Änderungsanträge gestellt, die eigene neue Vorschläge enthalten. Auch im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates hat Thüringen die Einführung der Pfandpflicht abgelehnt und den mit Hessen abgesprochenen Vorschlag als Alternative unterstützt. Leider haben unsere Alternativvorschläge in der Ausschussberatung des Bundesrates zunächst nicht die erforderliche Mehrheit erhalten. Wir werden uns allerdings weiter für entsprechende Alternativen einsetzen. Frau Becker, wie Sie ja sicher wissen, meine Kollegin Martini aus Rheinland-Pfalz kämpft seit eh und je gegen dieses unsägliche Dosenpfand.
Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, versucht Minister Trittin seinen Verordnungsvorschlag auch damit durchzusetzen, dass er behauptet, auf diese Weise sei auch das Problem der Vermüllung der Landschaft gelöst und das ist eben ein neuer Fakt, Frau Becker, das hat man inzwischen herausgefunden; aber weit gefehlt. Man hat Untersuchungen angestellt und nun kann man sich ja darüber streiten, wie das ist, ob das gut ist oder schlecht ist. Aber nach den Untersuchungen ist herausgekommen, dass Dosen und PET-Flaschen zum Landschaftsmüll nur oder sollte man sagen vielleicht doch nur 2 bis 6 Prozent ausmachen.