Protokoll der Sitzung vom 06.09.2001

Herr Staatssekretär Maaßen, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Klaubert wie

folgt:

Zu Frage 1: Nein, die gemeinsame Vereinbarung zwischen den beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften und dem Land ist noch nicht zustande gekommen. Seit Anfang des Jahres werden mit dem Thüringischen Landkreistag, dem Gemeinde- und Städtebund Thüringen sowie mit Vertretern der Landkreise und der kreisfreien Städte Gespräche zum Abschluss dieser Vereinbarung geführt. Ich darf sagen, dass wir in der nächsten Woche bereits wieder mit den Beteiligten zusammenkommen, und ich hoffe, dass wir in Kürze zu einer entsprechenden Regelung kommen werden und damit einen fachgerechten und personalverträglichen Übergang dann auch gewährleisten können. Sie können sich denken, dass es bei dem bisher Nichtzustandekommen der Vereinbarung darum geht, dass hinsichtlich der Kostenerstattung hier noch einige Positionen abzuklären sind. Ich bin aber zuversichtlich, dass das in nächster Zeit der Fall sein wird.

Zu Frage 2: Die arbeits- und beamtenrechtlichen Bedingungen für die Überführung der bei den Versorgungsämtern beschäftigten Personen sind durch die Regelung in § 8 Abs. 2 des Thüringer Landeserziehungsgeldgesetzes vorgegeben. Danach wird auf die Bestimmungen des § 130 a Abs. 3 Nr. 1 und 2 der Thüringer Kommunalordnung verwiesen. Die Landkreise und kreisfreien Städte sind verpflichtet, rechtzeitig vor der Aufgabenübertragung ein Arbeitsvertragsangebot mindestens auf der Grundlage der dort aufgeführten Bestimmungen zu unterbreiten und ein entsprechendes Arbeitsvertragsangebot des Arbeitnehmers anzunehmen. Die Übernahme erfolgt mindestens in der Vergütungsgruppe, in die der Angestellte am Tag vor einer Übernahme eingruppiert war. Dienst- und Beschäftigungszeiten im Landesdienst werden angerechnet. Vergleichbares gilt für die bei den Versorgungsämtern mit dem Vollzug des Bundeserziehungsgeldgesetzes und des Landeserziehungsgeldgesetzes betrauten Beamten, es sind allerdings nur drei. Ob die Landkreise und die kreisfreien Städte übernommene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fortbilden, liegt in deren Verantwortung.

Zu Frage 3: Nach den für das Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2001/2002 errechneten Zahlen sind für die Aufgabenwahrnehmung im Bereich des Bundes- und des Landeserziehungsgeldgesetzes bei den Versorgungsämtern Erfurt, Gera und Suhl Personal- und Sachkosten in Höhe von etwa 2,8 Mio. DM anzusetzen. Bei einem Bewilligungsvolumen von ca. 43.000 Fällen ist danach von einem Kostenansatz von ca. 65 DM pro Fall auszugehen. Wie in der Begründung zum Thüringer Haushaltsbegleitgesetz 2001/2002 dargelegt, gehe ich davon aus, dass in der Höhe der beim Land eingesparten Kosten bei den Aufgabenträgern zusätzliche Kosten entstehen. Darüber hinaus entstehen einmalige Kosten insbesondere durch die Anpassung von Datensätzen. Diese belasten die Vollzugskosten jedoch nicht dauerhaft. In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen: Finanzielle Überlegungen waren nicht die Grundlage der Entschei

dung zur Verlagerung der Zuständigkeiten auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Eine Aufgabenwahrnehmung durch die Landkreise und kreisfreien Städte dient der Stärkung der familienpolitischen Kompetenz der Jugendämter. Diese sind aufgrund ihrer Ortsnähe und fachlichen Kompetenz besonders gut in der Lage, dem Bedarf an Beratung zum Erziehungsgeld und zum Erziehungsurlaub zu entsprechen.

Zu Frage 4: Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, beabsichtigt das Land für das Jahr 2002 eine Personalkostenerstattung in Höhe der tatsächlich anfallenden Personalkosten durch die Überführung von Landespersonal anzubieten. Für die Jahre 2003 und 2004 soll entsprechend dem überführten Personal anhand von Durchschnittswerten eine pauschalierte Kostenerstattung erfolgen. Weiterhin ist eine Sachkostenerstattung durch Zahlung einer entsprechenden Sachkostenpauschale für die Nutzung eines vom Land finanzierten Datennetztes für die Jahre 2002 bis 2004 vorgesehen. Ab dem Jahr 2005 soll nach Vorstellung der Landesregierung eine Personal- und Sachkostenerstattung nach den allgemeinen Regelungen des § 23 Thüringer Finanzausgleichsgesetz erfolgen. Über die Einzelheiten dieser Überführungskonzeption wird eben noch mit den kommunalen Spitzenverbänden verhandelt.

Es gibt Nachfragen. Herr Abgeordneter Kölbel hatte sich zuerst gemeldet.

Herr Staatssekretär, ich habe das so verstanden, dass jetzt im Verlaufe der noch unter den Fittichen des Landes stehenden Bediensteten eine Weiterbildung, eine breite Ausbildung nicht vorgesehen ist, sondern das bei den jeweiligen Trägern dann später der Fall ist. Vor Jahren war es ja gerade so, dass die Kräfte spezialisiert worden sind auf ganz bestimmte Gänge, um eine hohe Rationalität herbeizuführen, und das wirkt sich jetzt, wenn sie vereinzelt werden durch die Kommunalisierung, eher hinderlich aus, auch dort weiter ihrer Aufgabe in vollem Umfang - und das bleibt ja beim 01.01.2002 - auch nachkommen zu können. Vielleicht können Sie darauf noch einmal eingehen.

Herr Abgeordneter Kölbel, sehr gern. Was hier nicht abgefragt worden ist und sich aus Ihrer Zusatzfrage ergibt, ist Folgendes: Selbstverständlich sind wir gerade derzeit mit den kreisfreien Städten und den Landkreisen im Gespräch, um die dort übernehmenden Behördeneinheiten in den Stand zu setzen, ab 1. Januar auch tatsächlich die Erziehungsgeldanträge zu bearbeiten. Deswegen wird es dort auch eine vom Landesamt für Soziales und Familie aufzubereitende und vorzubereitende Fortbildung für die übernehmenden Mitarbeiter geben. Die von uns auf die

Kommunen überführten Mitarbeiter bringen ja ohnedies gewisse Sachkenntnisse mit.

Eine weitere Nachfrage? Bitte, Frau Abgeordnete Klaubert.

Ich möchte noch mal nachfragen zu Ihrer Antwort auf die Frage 2. Sie haben gesagt, das Arbeitsvertragsangebot wird rechtzeitig unterbreitet. Wie sieht das denn aktuell aus beim Verhandeln zum Personalübergang von den Versorgungsämtern auf die Kreise und kreisfreien Städte, denn die Versorgungsämter hatten ja bestimmte zentrale Funktionen und die Dezentralisierung bringt natürlich auch Veränderungen für die Arbeitskräfte im ganz persönlichen Bereich mit sich.

Wir erstellen zunächst auf der Basis einer Planung für alle Landkreise und kreisfreien Städte Listen und sagen, welchen Mitarbeiter kann in welcher Entfernung eine Überführung auf eine neue Dienstherrenschaft dann zugemutet werden. Diese Listen werden derzeit erstellt. Sie werden dann in die weiteren Verhandlungen zur Übernahme des Personals eingeführt werden. Gleichzeitig wird derzeit auch mit den Mitarbeitern gesprochen, um ihre Wünsche und Anregungen in diese Listenbildung mit aufzunehmen.

Es gibt eine weitere Nachfrage von Frau Abgeordneter Dr. Klaubert, bitte schön.

Könnten Sie noch etwas sagen zur technischen Vorbereitung des Prozesses, denn auch die Technik muss ja dann dezentralisiert werden?

Frau Abgeordnete Dr. Klaubert, wir haben in der jetzt vorbereiteten Vereinbarung, die noch nicht zum Abschluss gekommen ist, vorgesehen, dass Überleitung sowohl von Hard- als auch Software für sämtliche Programme von uns noch gewährleistet wird und das Land auch in den nächsten Jahren zur Pflege dieser Programme bereit ist, damit eine einheitliche Aufgabenwahrnehmung in allen Landkreisen und kreisfreien Städten ab dem 1. Januar möglich ist.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur Frage 3/1720, bitte, Herr Abgeordneter Ramelow.

Sicherungsmaßnahmen im Bereich der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora

In ihren Ausgaben vom 6. und 7. August 2001 berichtet die "BILD" Thüringen über Vorkommnisse im Kohnstein. Obwohl der Bereich der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora einschließlich der Stollensysteme unter Denkmalschutz gestellt wurden, berichtet die Boulevard-Zeitung über unberechtigtes Eindringen in die Stollen. Es sollen dort Spuren von Vandalismus festgestellt und Materialien unberechtigterweise aus dem Stollensystem entfernt worden sein. Die Rede ist von KZ-Souvernirs und von einem Handel mit Nazi-Devotionalien, die auf dem Schwarzmarkt viel Geld bringen sollen.

Weiterhin ist die Rede von einem Gefährdungspotenzial durch mögliche Bergstürze, weil das Stollensystem in sich nicht mehr ausreichend tragfähig ist aufgrund eines Sprengungsversuches der Roten Armee im Jahre 1948.

Aufgrund dieser Meldungen und der detaillierten Beschreibungen frage ich deshalb die Landesregierung:

1. Welche Sicherungsmaßnahmen wurden getroffen, um den gesamten Komplex Kohnstein, welcher zum hermetischen Denkmal erklärt wurde, zu sichern und welche Auflagen wurden erteilt an die abbauende bzw. Anhydrid fördernde Firma, um einen ausreichenden Schutz des Denkmals zu gewährleisten?

2. Wann wurde das Stollensystem und der gesamte Komplex Kohnstein von den zuständigen Stellen des Landes daraufhin besichtigt, ob die beauflagten Maßnahmen eingehalten und wirksam umgesetzt werden, so dass ein unberechtigtes Eindringen in jedem Falle verhindert wird?

3. Sind geologische Prüfungen vorgenommen worden, um feststellen zu lassen, wie stabil der gesamte Komplex Kohnstein nach der Sprengung aus dem Jahr 1948 sich heute darstellt und werden Prüfungen vorgenommen, um feststellen zu können, ob der Gebirgsaufbau sich in Bewegung befindet?

4. Sind gutachterliche Gefahrenanalysen vorgenommen worden, aus denen die Auflagen abgeleitet wurden, die der betreibenden Bergbaufirma auferlegt wurden und beabsichtigt die Landesregierung, Maßnahmen zu ergreifen oder vorzunehmen und Auflagen zu erteilen, um ein Eindringen in die Stollen wirksam und dauerhaft zu unterbinden?

Bitte, Herr Minister Sklenar.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ramelow beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Die Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugtes Betreten der Stollenabschnitte mit Denkmalcharakter im Hohlraumkomplex Kohnstein sind angemessen gestaltet und auch wirksam. Hierzu zählen u.a. Stahlrohrverschlüsse mit Bewegungsmeldern, Videoüberwachungen und massive Einzäunungen. Auch diese umfangreichen Sicherungssysteme können jedoch letztlich keinen absoluten Schutz gegen Einbruchshandlungen bieten, die mit hoher krimineller Energie und Einsatz technischer Mittel zielgerichtet versucht und teilweise auch ausgeführt wurden. Jedes dieser Vorkommnisse wird zur Anzeige gebracht und verfolgt. Den Abbauunternehmen wurden und werden auf gutachterlicher Grundlage seitens der Bergbehörde Auflagen erteilt, um einen Schutz des Denkmals, das nicht als hermetisches Denkmal erklärt worden ist, in ausreichender Weise zu gewährleisten. Dazu gehören u.a. die Anordnung von Mindestabständen zwischen Tagebau und Hohlraumobjekt, die Festlegung eines Sprengregimes und Kontrollzyklen.

Zu Frage 2: Das Stollensystem und der gesamte Komplex Kohnstein wird durch das Bergamt Bad Salzungen regelmäßig im Rahmen der Überwachung begangen, zuletzt am 12. Juni 2001 unter Mitwirkung der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, der Gesellschaft für Ingenieur-, Hydro- und Umweltbiologie mbH Nordhausen, der Bergsicherung Ilfeld und der Wildgrubener Baustoffwerke. Die Sicherungsanlagen waren in Ordnung und funktionsfähig.

Zu Fragen 3 und 4: Zur bergsicherheitlichen Situation und den angesprochenen Standsicherheitsfragen liegen vier aktuelle Gutachten aus den Jahren 1991, 1992, 1994 und 2001 vor. Diese besagen, dass die Standsicherheit des Hohlraumsystems gewährleistet ist. Neue ausgebildete Brüche im Gebirge liegen nicht vor. Das betrifft auch die Bereiche der Schleifsprengungen von 1948 und 1949. Bei der Langzeitsicherung des Stollen- und Kammersystems sind nach einer Studie aus dem Jahr 2001 zeitbedingte geologische und bergtechnische Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Ob und inwieweit dies zu Folgerungen führen muss, die umzusetzende Maßnahmen bedeuten, wird derzeit geprüft.

Gibt es Nachfragen? Das ist nicht der Fall. Danke, Herr Minister. Herr Abgeordneter Zeh, Sie haben die nächste Frage in Drucksache 3/1721. Bitte schön.

Schutz vor unbefugtem Eindringen und Raub im Stollensystem des ehemaligen Konzentrationslagers Mittelbau-Dora

Thüringer Tageszeitungen berichteten darüber, dass es relativ leicht möglich sei, in das Stollensystem des ehemaligen Konzentrationslagers einzudringen. Demnach deuten Spuren darauf hin, dass Unbefugte wiederholt Zutritt erlangten und an den Relikten des früheren KZ Raubgräberei betrieben.

Ich frage die Landesregierung:

1. Ist der Landesregierung bekannt, dass unbefugt in das Stollensystem eingedrungen wurde?

2. Wer ist für die Abwendung eines unbefugten Eindringens zuständig?

3. Welche Schritte werden unternommen, um Raubgräberei zu unterbinden?

Frau Ministerin Schipanski, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, im Namen der Landesregierung beantworte ich die Frage wie folgt:

Zu Frage 1: Dieser Sachverhalt ist der Landesregierung bekannt.

Zu Frage 2: Zuständig für die Abwendung eines unbefugten Eindringens in das denkmalgeschützte Stollensystem im Kohnstein ist der Eigentümer, in diesem Falle die bergbauberechtigte Firma Wildgruber Baustoffwerke GmbH & Co. KG (Wico). Allein der durch ein Stahltor gesicherte und durch Wachschutz regelmäßig überprüfte Eingang zum Zugangsstollen an der Südseite des Kohnsteins befindet sich unter der Kontrolle der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. Hier hat es seit der Eröffnung 1995 kein unberechtigtes Eindringen gegeben.

Zu Frage 3: Alle Stollenzugänge waren und sind gesichert. Das unbefugte Eindringen in das denkmalgeschütze Stollensystem wurde bisher immer mit krimineller Ener

gie erzwungen. Es ist deshalb jeder Fall zur Anzeige zu bringen, polizeilich aufzuklären und gegebenenfalls gerichtlich zu ahnden. Die bergbauberechtigte Firma wird gebeten, ihre Sicherungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

Ich sehe keine Nachfragen. Danke, Frau Ministerin. Frau Abgeordnete Nitzpon, Sie haben die nächste Frage in Drucksache 3/1724. Bitte schön.

Der Landtag hat in seiner 45. Sitzung am 14. Juni 2001 die Landesregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Kindergelderhöhung allen Kindern ab 1. Januar 2002 zukommt. Im Juli 2001 fand die Bundesratssitzung zu diesem Thema statt.

Ich frage die Landesregierung:

Welche Maßnahmen hat die Landesregierung während der Bundesratssitzung ergriffen, um den Landtagsbeschluss vom 14. Juni 2001 zu erfüllen?

Herr Staatssekretär Maaßen, bitte schön.