Protokoll der Sitzung vom 07.09.2001

(Heiterkeit im Hause)

Der war kein typischer Beamter, Herr Gentzel, dass Sie das anmerken, ist natürlich sehr interessant und aufschlussreich.

Meine Damen und Herren, auch das Fernsehen bedient dieses Klischee, das ist der Beamte, der mit Ärmelschonern bewaffnet ist, die Brotbüchse dabei hat, aus der er ständig isst und etwas stumpfsinnig Listen abhakt und das Publikum als Störenfried allenfalls empfindet. Wir können da also bis hin zum "Hauptmann von Köpenick" u.ä. uns diese Klischeebilder vorstellen.

Meine Damen und Herren, die Realität sieht ganz anders aus, Gott sei Dank, auch in Thüringen. Das brauche ich, glaube ich, hier nicht näher darzustellen. Es geht bei dem vorliegenden Antrag, und das will ich auch gleich sagen, er wird von der SPD-Fraktion unterstützt, um das gegenteilige Erscheinungsbild. Es ist nämlich derjenige angesprochen, insoweit darf ich noch einmal den § 37 des Beamtenversorgungsgesetzes zitieren: "Der Beamte, der bei Ausübung einer Diensthandlung, mit der für ihn eine besondere Lebensgefahr verbunden ist, sein Leben einsetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet." Ich betone hier ausdrücklich, das ist nicht etwa die Ausnahme zu dem eingangs geschilderten Bild, sondern der

sehr häufig festzustellende Beamtentyp des Polizisten, der ist schon genannt worden, des Feuerwehrmannes und, ich sage es auch dazu, weil ich eben aus der Justiz komme, es ist auch der Strafvollzugsbeamte. Wir haben, Gott sei Dank, entsprechende Dinge noch nicht zu beklagen wie bei der Polizei, aber das ist ein Mann, der besonders gefährdet ist. Ich kann es noch fortsetzen. Es ist auch der Gerichtsvollzieher inzwischen, auch der Sozialarbeiter, Herr Finanzminister.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Ja.)

Auch der Vollzugsbeamte des Finanzbereichs gehört dazu, es ist auch der Staatsanwalt und, das ist das Bedauerliche, was wir allgemein feststellen können aus dem Schulalltag, inzwischen ist es auch der Lehrer.

Es geht letztlich darum, dass wir uns auf die Beamtenschaft, und das, Herr Dittes, sollten Sie sich merken, verlassen können müssen, wobei ich hier Beamte als Staatsdiener im allgemeinen Sinne verstanden wissen will, nicht als Statusbezeichnung.

Meine Damen und Herren, Beamte sind Garanten für ein funktionsfähiges Gemeinwesen. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer frühen Entscheidung festgestellt, zu Recht, wie ich meine, "Ist auf die Beamtenschaft kein Verlass mehr, so sind die Gesellschaft und ihr Staat in kritischen Situationen verloren." Das sollten wir uns merken.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine Anmerkung machen. Der Beamte hat einerseits seinem Dienstherrn gegenüber eine Treuepflicht, das ist die Loyalitätspflicht, das ist die Pflicht zum uneingeschränkten Arbeitseinsatz und auch die Beratungspflicht z.B. Andererseits hat der Dienstherr quasi als Pendant dazu eine Fürsorgepflicht, die sich vor allem aus § 83 des Thüringer Beamtengesetzes ergibt. Zur Ausgestaltung dieser Fürsorgepflicht dient dieser Antrag.

Kommen wir also noch einmal konkret zum Antrag der CDU im Einzelnen. Ich vermisse, und da rede ich möglicherweise auch im Interesse des Finanzministers, natürlich eine konkrete Abschätzung der voraussichtlichen Mehrkosten. Das sollte man abschätzen, das sollte man mit einbringen, das dient der Seriosität dieses Antrags. Herr Fiedler, Sie können ja die beiden genannten Fälle hochrechnen und sagen, es wird voraussichtlich das und das erreichen, also bitte nachbessern, und dann meine ich, es muss der Bereich der Beamtenschaft ausreichend konkret bezeichnet werden. Da müsste man sich noch einmal Gedanken machen. Wir sind gern bereit, da mitzuarbeiten, denn es ist meines Erachtens notwendig, um denjenigen einen Anreiz zu bieten, die bereit sind, erhöhte Risiken bei ihrer Berufsausübung zu übernehmen. Das ist nicht allgemein üblich. Dies sollten wir privilegieren und besonders schützen.

Insgesamt also, meine Damen und Herren, dem Antrag ist aus der Sicht der SPD-Fraktion zuzustimmen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Noch einmal, Herr Abgeordneter Fiedler.

Meine Damen und Herren, es ist eigentlich schon fast üblich, wenn man einen Antrag versucht in den Landtag einzubringen, dass die PDS, und ich nehme ja an, dass Herr Dittes für die gesamte PDS spricht, als Erstes nichts anderes zu tun hat, als das Ganze schlecht zu machen und erst einmal etwas zu suchen,

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, PDS: Ein bekannter Satz.)

was man dagegen setzten kann. Ich muss Ihnen sagen, meine Damen und Herren, Sie sollten sich einmal vor Ort mit den Beamtinnen und Beamten unterhalten. Ich habe beispielhaft, Herr Kollege, nur die Polizei erst einmal benannt, weil dort das höchste, ich sage einmal, Gefahrenpotenzial ist und im Freistaat Thüringen eben zwei Beamte hier schon zu Tode gekommen sind. Sie haben Recht, man hätte auch die Kosten noch hochrechnen können, aber es geht ja darum, dass wir die Landesregierung bitten, alle Dinge dazu einzuleiten und dass auch entsprechend natürlich die Kosten vom Land übernommen werden müssen. Ich glaube, wenn die Zahl stimmt, da wird aber die Landesregierung ja gegebenenfalls die Erhebung dazu noch machen, dass in 10 Jahren zwei Beamte zu Tode gekommen sind, vielleicht sind es auch aus anderen Sparten noch mehr, was ich nicht weiß, dann denke ich, ist das eine Größenordnung, die so einen Freistaat wie Thüringen nicht an den Ruin bringt, sondern da sollten wir an die Staatsdiener denken

(Beifall bei der CDU)

und wirklich im wahrsten Sinne des Wortes Staatsdiener, die für uns alle im Interesse der Demokratie ihren Kopf hinhalten und dass die Aufrechterhaltung der Ordnung hier gesichert werden kann. Jedenfalls ich bin dankbar für die Unterstützung der SPD, dass dieses auf den Weg gebracht wird. Ich kann Ihnen, deswegen haben wir uns dort etwas offen gehalten, ich habe die Anlagen hier, den Antrag, den die bayerischen Kollegen gestartet haben, das war am 01.02.2001 und dann den Beschluss vom 10.07.2001, wo entsprechend auch der Beschluss schon da ist und der ist auch etwas offen gehalten. Ich kann ihn ja einmal zitieren: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass die Bestimmungen über die Dienstunfallfürsorge so geändert werden, dass Polizeibeamte und sonstige Beamte, die während ihres Dienstes besonderen

Gefährdungen ausgesetzt sind, stets Anspruch auf die qualifizierte Dienstunfallversorgung haben, wenn sie in dieser besonderen Gefährdungssituation verletzt oder getötet werden. Grundlage für die Versorgung der Hinterbliebenen ist die für die Bemessung des Unfallruhegehaltes der für Beamte zugrunde zu legende Besoldungsgruppe." Das ist, denke ich, diese konkrete Ausformulierung. Ich bedaure es wirklich ausdrücklich, dass die SPD diesen positiven Antrag -.

(Zwischenrufe aus der SPD-Fraktion: PDS!)

Entschuldigung - die PDS diesen positiven Antrag, der im Interesse aller Beamten in Thüringen hier gestellt wird, so mies macht und so das wieder ins Unmögliche stellt.

Meine Damen und Herren, das ist nicht würdig für unsere Beamten, die für uns den Kopf hinhalten. Vielleicht, Herr Dittes, denken Sie auch ab und zu einmal daran, wenn Sie mit irgendwelchen Tüten schmeißen, dass Sie vielleicht einmal einen Beamten treffen könnten.

(Unruhe bei der PDS)

(Beifall bei der CDU)

Frau Abgeordnete Thierbach, möchten Sie Herrn Abgeordneten Fiedler etwas fragen? Nein, Sie wollen reden. Bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die PDS-Fraktion hat durch ihren innenpolitischen Sprecher Herrn Dittes hier dargestellt, dass wir das Anliegen, eine soziale Sicherung für jeden zu erreichen, der verunfallt im Dienst, der hinterblieben ist, so zu gestalten, dass niemand in Not fällt. Herr Dittes hat sich nicht dagegen ausgesprochen im Namen der PDS-Fraktion und auch nicht in seinem, zu behaupten, dass Beamte ihre Versorgungsansprüche nicht so geregelt bekommen sollen, dass sie tatsächlich dann, wenn ein Unglück passiert, ihre Hinterbliebenen auch sozial gesichert wissen. Was wir als PDS Ihnen hier zur Überlegung mitgegeben haben, war die Frage, inwieweit es mehr Personengruppen gibt, mehr in der Bevölkerung an Problemstellungen gibt, für die auch überlegt werden muss, welches soziale Sicherungssystem ihnen ein Leben nach einem Unfall oder nach Krankheit ermöglicht, dass sie nicht in Armut fallen. Wir haben keinen Anspruch eines Beamten abgesprochen, wir haben aber gesagt, es ist unmodern, sozial ungleich, zu versuchen, Hinterbliebenenprobleme zu lösen. Wir haben Ihnen angeboten im Ausschuss eine Konkretisierung der Fälle vorzunehmen, um auch zu zeigen, dass wir daran interessiert sind, soziale Sicherungen für jeden, auch für die Beamten, auf einem Niveau zu erhalten, das ein Leben in Armut verhindert.

(Beifall bei der PDS)

Es hat das Wort der Herr Finanzminister Trautvetter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren. Frau Thierbach, zu Ihren Einlassungen kann ich eigentlich nur sagen, Sie kennen die Versorgungswerke von Bund und Ländern nicht. Da sind die Beamten mitnichten am Besten versorgt, sondern wahrscheinlich die Angestellten.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Thierbach, PDS: Das habe ich auch nicht behauptet.)

Zum eigentlichen Anliegen: Auch die Landesregierung tritt für eine Änderung der Voraussetzungen für die qualifizierte Dienstunfallversorgung ein

(Beifall bei der CDU)

und diese Änderung soll beträchtliche Verbesserungen in der Versorgung der Beamten, insbesondere der Polizeibeamten, bringen, die einen besonders gefährlichen Dienst tun, und da zählt meines Erachtens die Autobahnpolizei sehr wohl dazu.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dittes, ich könnte noch weitere Einsätze vorschlagen, die man mit hineinnehmen müsste, zum Beispiel Leute retten, die auf Bäumen sitzen.

(Beifall bei der CDU)

Man muss natürlich vorsichtig sein, wie weit quantifiziert das. Herr Kollege Kretschmer, ich wäre vorsichtig mit den Lehrern. Dann kommt nämlich der Finanzminister sofort mit den Betriebsprüfern und den Steuerfahndern. Da muss man schon abwägen, wie weit geht die Quantifizierung für die qualifizierte Dienstunfallversorgung.

Immer dann, wenn Diensthandlungen mit einer besonderen Gefährdung des Beamten verbunden sind und dieser wegen der besonderen Gefährdung verletzt und dadurch dienstunfähig oder getötet wird, soll eine erhöhte Versorgung gewährt werden. Verbessert man die Versorgungsleistungen, so wird auch zu prüfen sein, inwieweit die Höchstgrenzen der Hinterbliebenenversorgung angehoben werden können.

Meine Damen und Herren, natürlich muss sich eine Neuregelung im Rahmen der Grundsätze der Beamtenversorgung bewegen. Herr Kollege Fiedler, es ist eine gute Einrichtung, dass es die Finanzministerkonferenz gibt im

Interesse der Steuerzahler, die eben nicht jeden Beschluss der Innenministerkonferenz 1:1 übernimmt. Das machen wir übrigens bei der Kultusministerkonferenz genauso.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das wissen wir ja, deswegen haben wir es ja so deutlich gesagt.)

Wir haben zurzeit das Versorgungsänderungsgesetz 2001 in Beratungen im ersten Durchgang im Bundesrat und die Landesregierung wird sorgfältig abwägen, mit welchem Inhalt ein diesbezüglicher Änderungsantrag im Bundesrat gestellt werden kann. Denn ich sage: Manchmal weniger, aber dafür mehrheitsfähig, ist im Interesse der Betroffenen mehr. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Trautvetter, Sie gestatten eine Frage des Abgeordneten Ramelow?

Aber gern.

Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden in Ihren Einlassungen für die Landesregierung, dass Sie den CDUAntrag, wie er vorgelegt ist, nicht verstehen in Bezug auf verbeamtete Lehrer, nicht verstehen in Bezug auf verbeamtete - Sie haben eben noch andere Beispiele genannt, also Sie haben eine Eingrenzung vorgenommen, habe ich das richtig verstanden, könnten Sie das noch mal erläutern?

Genauso ist auch der CDU-Antrag formuliert, nämlich die Voraussetzungen für die qualifizierte Beamtenversorgung zu ändern. Das ist der Inhalt des CDU-Antrags und der wird von der Landesregierung unterstützt.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt noch eine Frage? Herr Abgeordneter Ramelow.