Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

Es gibt eine Nachfrage. Bitte Frau Abgeordnete Klaubert.

Ich gestehe, ich habe diese Antworten auch gefunden. Die Denkmalpfleger haben aber diese Forderung auf den Denkmalschutzbereich übertragen, weil sie gesagt haben, das sind insbesondere handarbeitsaufwändige Dienstleistungen. Könnten Sie sich vorstellen, dass man in dieser Richtung, ich sage jetzt einmal, bei dem Modellcharakter weiter um Zustimmung wirbt? Das ist die eine Frage. Das andere: Wissen Sie, ob es inzwischen Ergebnisse der Modelle in anderen europäischen Ländern gibt? Die habe ich nämlich bisher nicht gefunden.

Uns sind derzeit auch keine Modellergebnisse bekannt. Aufgrund der genannten Bedenken, die ich Ihnen hier noch einmal vorgetragen habe, halte ich es nicht für sinnvoll dort in dieser Richtung weiter über Modellvorstellungen nachzudenken.

Ich sehe keine weiteren Zusatzfragen. Danke, Frau Ministerin.

Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/2003. Bitte, Frau Abgeordnete Tasch.

Beitrag der Biosphärenreservate zur Regionalentwicklung Thüringens

Im Juli des Jahres 2000 wurde die Rhön mit dem ersten Preis des Bundeswettbewerbs "Regionen der Zukunft" ausgezeichnet. In diesem Jahr konnte das Biosphärenreservat Rhön, das die Gebietskulisse für den genannten Wettbewerb darstellte, das zehnjährige Jubiläum seiner Anerkennung durch die UNESCO feiern. Die große Resonanz anlässlich des Jubiläums zeigt den hohen Stellenwert des Biosphärenreservats Rhön in der Region und für die Menschen vor Ort.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welchen Beitrag liefern die Biosphärenreservate für eine nachhaltige Regionalentwicklung am Beispiel der Rhön?

2. Welche Ziele verfolgt die Landesregierung in den Biosphärenreservaten Thüringens?

3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass für den Erhalt der charakteristischen Kulturlandschaft langfristi

ge und gezielte Förderungen einer umweltgerechten Landwirtschaft, des naturverträglichen Fremdenverkehrs und des Naturschutzes nötig sind und wie wird sie dies sicherstellen?

4. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsstellen der Biosphärenreservate, den Kommunen und den Bürgern vor Ort?

Herr Minister Sklenar, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Tasch beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Sowohl die Erhaltung und Sicherung der biologischen Vielfalt, die Forschung und Umweltbeobachtung sowie die Umweltbildung als auch die Erprobung und Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsformen stellen eine wichtige Aufgabe der Biosphärenreservate dar. In Biosphärenreservaten als großräumige Kulturlandschaft mit reicher Naturausstattung sollen umweltverträgliche Nutzungen durch die Land- und Forstwirtschaft, den Fremdenverkehr und das Gewerbe erfolgen. Das Biosphärenreservat Rhön, das in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum der Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat feiern konnte, nimmt die genannten Aufgaben sehr erfolgreich wahr. Ich möchte Ihnen anhand einiger weniger Beispiele verdeutlichen, wie nachhaltige Regionalentwicklung im Biosphärenreservat Realität geworden ist. Das Rhönschaf als charakteristisches Element dieser Mittelgebirgsregion hat sich mittlerweile zu dem bundesweit bekannten Markenzeichen des Biosphärenreservats Rhön entwickelt und ist gleichzeitig ein sehr erfolgreiches Beispiel für die Umsetzung der Ziele des Biosphärenreservats.

(Beifall Abg. Carius, CDU)

Auch auf die Aktivitäten des Technologiezentrums Dermbach möchte ich in diesem Zusammenhang hinweisen. Dort wird ein Projekt zur Verwendung von Schafwolle als Dämmmaterial durchgeführt. Die Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats kann mit dem vorliegenden Rahmenkonzept für das Biosphärenreservat Rhön auf eine fundierte planerische Grundlage zurückgreifen, die mit den kommunalen Akteuren, der Bevölkerung und den sonstigen Partnern der Region sehr umfassend abgestimmt wurde und daher breite Akzeptanz findet.

Zu Frage 2: Biosphärenreservate stellen Modellregionen dar, in denen beispielhaft für andere Regionen oder aber im Falle Thüringens für den gesamten Freistaat Wege gesucht und gefunden werden, wie die Ziele, die auf die Be

schlüsse von Rio des Jahres 1992 zurückgehen, auch in die Tat umgesetzt werden können. Vergegenwärtigt man sich, dass derzeit in der gesamten Bundesrepublik nur 14 UNESCO-Biosphärenreservate existieren und zwei davon in Thüringen liegen, so wird deutlich, dass die Landesregierung dieser Großschutzgebietskategorie eine besondere Bedeutung beimisst. Sowohl das Biosphärenreservat Vessertal, Thüringer Wald, als auch das Biosphärenreservat Rhön umfassen charakteristische Mittelgebirgsökosysteme. Während in der Rhön vorrangig Modellvorhaben initiiert und durchgeführt werden, die mit der Offenhaltung der Landschaft und einer nachhaltigen Nutzung der Grünlandbereiche in der Rhön im Zusammenhang stehen, verfolgt das Biosphärenreservat Vessertal, Thüringer Wald, vorrangig innovative Projekte im Bereich der touristischen Nutzung bzw. auf dem Gebiet der Holznutzung zu initiieren. In den Biosphärenreservaten soll die wertvolle Landschaft als Kapital erhalten, auf die umweltschonende Nutzung hingewirkt sowie in allen Bereichen Wirtschaftsformen gefördert werden, die sich durch Umweltverträglichkeit und Schonung der Ressourcen auszeichnen. Eine Vernetzung dieser Wirtschaftsbereiche soll zur Erhöhung der regionalen Wertschöpfung beitragen und Arbeitsplätze im ländlichen Raum schaffen. Es soll also fortgesetzt werden, was beispielsweise von den Landschaftspflegeagrarhöfen der Rhöngoldmolkerei oder durch das geplante ökologische Gewerbegebiet in Kaltensundheim begonnen wurde. Darüberhinaus verfolgt die Landesregierung mit beiden Biosphärenreservaten das Ziel, die charakteristischen Arten und Lebensgemeinschaften in diesen beiden Mittelgebirgsregionen dauerhaft zu erhalten. Eine ganz besondere Bedeutung misst die Landesregierung den Biosphärenreservaten bei der Einbeziehung der vor Ort lebenden Menschen bei. Gemeinsam mit den vor Ort lebenden und wirtschaftenden Menschen werden beispielsweise Verträge zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft erarbeitet und umgesetzt.

Zu Frage 3: Eine langfristige Förderung einer umweltgerechten Landwirtschaft, des naturverträglichen Fremdenverkehrs und des Naturschutzes sind wichtige Voraussetzungen zur Erhaltung der charakteristischen Kulturlandschaft in Thüringen. Die Verwirklichung der Zielsetzung der Biosphärenreservate, insbesondere die Verwirklichung von Maßnahmen als Beiträge zur Regionalentwicklung sind ohne Fördermitteleinsatz oft nicht möglich. Für den Bereich der Landwirtschaft ist das Problem zur Förderung von umweltgerechter Landwirtschaftserhaltung der Kulturlandschaft, Naturschutz und Landschaftspflege in Thüringen zu nennen, das Ihnen allen unter der Bezeichnung KULAP geläufig ist. Das Programm zur Förderung von Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist im Zusammenhang mit der erwähnten Förderung des Naturschutzes zu nennen. Darüber hinaus werden beispielsweise im Biosphärenreservat Rhön im Rahmen eines von der EU cofinanzierten Liveprojektes in der Zeit von 1993 bis 2001 etwa 8 Mio. DM zur Pflege und dauerhaften Sicherung der wertvollen Lebensräume bzw.

der Wiedereinführung einer nachhaltigen Nutzung oder auch der Nutzungsänderung zugunsten einer Verbesserung von Lebensräumen verwendet.

Zu Frage 4: Die Verwaltungsstellen der beiden Thüringer Biosphärenreservate wirken sozusagen als Katalysatoren für eine nachhaltige Regionalentwicklung und sind außerhalb auch Organisatoren vor Ort. Sie stehen allen Partnern der Region als Ansprechpartner zur Verfügung, stellen Kontakte her, informieren über erfolgreich umgesetzte Projekte, aber auch Fördermöglichkeiten, beraten alle diejenigen, die zur nachhaltigen Entwicklung der Region aktiv beitragen möchten. Mit ein Zeichen dafür ist, dass aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung, die in beiden Biosphärenreservaten stattgefunden hat, die Menschen vor Ort heute mit Stolz von ihren Großschutzgebieten sprechen. Für das Biosphärenreservat Rhön lässt sich als Beispiel die gute Zusammenarbeit aller regionalen Akteure bei der Aufstellung des Rahmenkonzepts nennen. Auch die Arge-Rhön, an der neben den sechs am Biosphärenreservat beteiligten Landkreisen auch die drei Verwaltungsstellen beteiligt sind, stellt ein solches Beispiel für die gute Zusammenarbeit dar, die in diesem Fall sogar länderübergreifend stattfindet. Speziell für die Thüringer Rhön ist als aktuellstes Beispiel die Aufstellung des REK Thüringer Rhön zu nennen, bei dem die Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats von den kommunalen Vertretern um Mitwirkung gebeten wurde.

Ich sehe eine Zusatzfrage. Bitte schön, Herr Abgeordneter Kummer.

Herr Minister, trifft es zu, dass ein Teil des Biosphärenreservats Rhön in einem Naturpark liegt und wenn ja, können Sie etwas zur juristischen Grundlage für diesen Umstand sagen?

Mein lieber Herr Kummer, wenn das so ist, dann ist das so. Dann ist das auch nicht weiter tragisch.

(Beifall und Heiterkeit im Hause)

Biosphärenreservat ist Biosphärenreservat und Landschaftsschutzgebiet ist Landschaftsschutzgebiet.

(Zwischenruf Abg. Kummer, PDS: Natur- park.)

Oder Naturpark ist Naturpark. Sie wissen, dass wir einen Vorstoß gemacht haben, um eben diese Vielfalt etwas einzudämmen, weil, ich sehe das wieder aus Ihrer Frage heraus, es eben nicht klar ist, wie man die einzelnen

Schutzteile letzten Endes bewerten soll. Deswegen wäre es günstiger, so wie von uns vorgeschlagen, nur noch zwei Schutzkategorien zu haben. Unter der einen Schutzkategorie wäre dann das Biosphärenreservat und unter der anderen das von Ihnen anders genannte, also der Naturpark.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Fragen sehe ich nicht. Vielen Dank, Herr Minister.

Wir haben das heutige Zeitkontingent für die Fragestunde mehr als ausgeschöpft. Ich schließe also den Tagesordnungspunkt 24 und rufe den ersten Teil des Tagesordnungspunkts 25 auf

Aktuelle Stunde

a) auf Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: "Konsequenzen aus der skandalösen Relativierung der Verbrechen des Nationalsozialismus durch den Vorsitzenden des Thüringer Landesverbandes des Bundes der Vertriebenen, Dr. Paul Latussek, auf der Verbandstagung des BdV Thüringen am 9. November 2001 in Arnstadt" Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 3/1984

Ich rufe als erste Rednerin Frau Abgeordnete Lieberknecht auf.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Latussek ist gestern von seinem Amt als Thüringer BdVVorsitzender zurückgetreten.

(Beifall im Hause)

Dennoch sprechen wir heute über Konsequenzen aus seiner Entgleisung in einer Rede vom 9. November in Arnstadt vor Vertriebenen. Es ist auch notwendig, darüber zu sprechen, denn viele Zuschriften von Heimatvertriebenen, die sicher nicht nur ich bekommen habe, sondern viele von uns, zeigen, dass noch immer nicht alle begriffen haben, warum nach unserer, ich denke, übereinstimmenden Auffassung in diesem Hause, Herr Latussek nicht länger im Amt bleiben durfte.

In Dutzenden von Briefen fragen uns Vertriebene, warum seid ihr so hart, warum distanziert ihr euch so von diesem Mann? Das heißt, es gibt auch nach diesem vollzogenen Rücktritt Klärungsbedarf. Der fängt eben bei der unmissverständlichen Anerkennung von Auschwitz als Ort für die tiefste Schande unseres Volkes an,

(Beifall im Hause)

als Ort der massenhaften Vernichtung von Menschen, von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern durch den Terror mörderischen Rassenwahns der Nationalsozialisten. Diese Verbrechen waren und sind bis heute so ungeheuerlich, dass jede Relativierung, jede wie auch immer geartete Aufrechnung sich verbieten.

(Beifall bei der CDU)

Herr Latussek hat eben zum wiederholten Male in unerträglicher Weise relativiert und sich in Zusammenhänge verstrickt, die jeder Grundlage entbehren. Er hat nichts begriffen nach der Absage des parlamentarischen Abends im Mai 2000 hier im Haus und auch nicht wirklich etwas begriffen im Nachgang zu seiner Rede in Arnstadt. Sich beispielsweise angesichts seiner wiederholten Äußerungen auf die Frage von rein strafrechtlicher Relevanz seiner Aussagen zurückziehen zu wollen, trifft den Kern der Sache, um die es geht, nicht. Es geht um die politische Bewertung dieser Vorgänge. Da ist es so, dass die Vertriebenen durch Herrn Latussek vorsätzlich dem Verdacht ausgesetzt wurden, in der rechtsextremen Ecke zu stehen und da gehören sie nicht hin und dagegen müssen sich auch zuallererst die Vertriebenen selbst wehren

(Beifall bei der CDU)

und sich von Herrn Latussek distanzieren, wie es auch der Bundesverband sehr eindeutig, glasklar und zu Recht getan hat.

Es gibt Tausende von Heimatvertriebenen, die sich in beispielhafter Weise für unser Land engagieren, die Brücken der Versöhnung in ihre frühere Heimat bauen, die die Kulturarbeit der Vertriebenen pflegen und das soll auch so bleiben einschließlich auch der Erinnerung an das Schicksal der Heimatvertriebenen, was wir ausdrücklich nicht tabuisieren, wie es in früheren DDR-Zeiten der Fall war, wo nicht einmal darüber gesprochen werden durfte.

(Beifall bei der CDU)

Aber auf diesem Feld, nicht zuletzt auch im Blick auf das gemeinsame Europa, ist viel zu tun. Da muss gearbeitet werden, vor allem glaubwürdig gearbeitet werden; glaubwürdig in der Erinnerung an das eigene Schicksal der Heimatvertriebenen, glaubwürdig in den Lehren, die wir alle aus unserer deutschen Geschichte mit ihren Höhen, aber auch finsterster Barbarei zu ziehen haben, glaubwürdig in dem Wirken und Bauen von Brücken in einem geeinten gemeinsamen Europa. Das ist eine der großen Zukunftsaufgaben, aber nicht für jemanden, der auch nur den Verdacht einer Relativierung von Auschwitz aufkommen lässt und eine irrige Argumentation über Dinge führt, die ausschließlich er selbst in den Raum gestellt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen in Zukunft Thüringen weiter gestalten, aus den Lehren der Vergangenheit auch mit den Vertriebenen, die hier viel aktiv einzubringen haben. Herr Latussek hat den Weg für einen Neuanfang frei gemacht. Es kommt jetzt aber darauf an, diesen Weg auch zu gehen. Ich weiß, dass viele hier im Parlament unter uns sind, die dabei gut helfen können und eine solche Hilfe sicher auch nicht verweigern. Nur, es muss unmissverständlich klar sein, was geht und was nicht geht, und daran darf auch in Zukunft niemand einen Zweifel lassen. Danke.