Protokoll der Sitzung vom 14.12.2001

(Beifall bei der CDU)

So wie ich das jetzt einschätze, wird es den auch mit der SPD nicht geben, auch mit der SPD im Bund wird es den nicht geben.

Das Fazit des Ganzen war, der zweite Arbeitsmarkt sollte nicht weiter ausgebaut werden. Wichtig ist es, alles zu tun, was Einstellung befördert, und vieles zu unterlassen, was Einstellung behindert. Da haben wir eine Menge zu tun, denn Einstellungen werden durch viele Dinge behindert, die man abschaffen könnte.

Die Reformierung des Arbeitsförderungsrechts ist diskutiert worden. Mittlerweile gibt es diese Novelle. Es gibt das Jobaqtiv-Gesetz, aber leider ist es auf dem halben Weg stehen geblieben, ich habe es an anderer Stelle auch schon gesagt, wider besseres Wissen der Bundesregierung.

(Beifall Abg. Kretschmer, CDU)

Es gibt die Gutachten, wo drin steht, was gemacht werden muss. Es gibt Studien, die in der Schublade verschwinden, die nicht aufgegriffen werden, und es gibt die Äußerung aus dem Bundesarbeitsministerium, das würde man in der nächsten Legislatur angehen. Ich denke, das ist vertane Zeit, das ist verschlafene Zeit und ist eigentlich schade drum, weil es Arbeitsplätze behindert und weil es Leute behindert, die in Arbeit möchten und keine bekommen.

Wir haben eine sehr, sehr spannende Diskussion geführt, unabhängig von Momentaufnahmen. Die daraus resul

tierenden Empfehlungen zeigen, dass die Landesregierung mit ihrer Umsteuerung in den letzten zwei Jahren auf dem richtigen Weg ist. Und, Herr Gerstenberger, noch mal an Sie, eben kein "weiter so" wie in den vergangenen 10 Jahren. Wie gesagt, es muss neu ausgerichtet werden, mehr Vermittlung im ersten Arbeitsmarkt, Beförderung des Strukturwandels, verstärkte Förderung und Qualifizierung, veränderte ABS-Richtlinien. Ich will das jetzt nicht alles aufzählen, es ist schon ziemlich spät. Allerdings - das sage ich hier auch - die Spielräume für eine Landesregierung sind begrenzt, sie sind sehr eng. Arbeitsförderungsrecht ist nun mal Bundesgesetzgebung. Ich denke, es ist schade, dass die strukturellen Probleme des Arbeitsförderungsrechts nicht angegangen worden sind. Da will ich mal als Erstes die Kostenaufteilung nennen. Es kann doch nicht angehen, dass das Arbeitsförderungsrecht, was auf Beiträgen basiert, immer mehr überfrachtet wird. Das sind alles wünschenswerte Dinge. Und wenn demnächst auch der Hauptschulabschluss vom Arbeitsamt bezahlt werden wird, ist das ja sehr schön, aber es ist nicht Aufgabe des Beitragszahlers, weder des Arbeitnehmers noch des Arbeitgebers, so etwas zu finanzieren.

(Beifall bei der CDU)

Es muss eine gerechte Kostenaufteilung geben. Dann kann man nämlich über viele Dinge reden. Was die Langzeitarbeitslosigkeit anbelangt, da prophezeie ich, auch die wird steigen, wenn man nämlich auf der einen Seite mit dem Federstrich eine Karenzzeit von drei Jahren aufnimmt und auf der anderen Seite kein Äquivalent schafft, wie man diese Leute, über die ich vorhin gesprochen habe, die solche Maßnahmekarrieren hatten, z.B. über Kombilohnmodelle in Arbeit bringt. Wenn man sich dem verweigert, dann wird die Langzeitarbeitslosigkeit steigen und das ist eigentlich schlimm.

Wir werden überhaupt in den nächsten Jahren, auch wenn sich die Wirtschaft besser entwickelt, keinen Spielraum für Beitragssenkungen haben. Man kann doch nicht, da ja die Zuschüsse des Bundes eine Art Defizitausgleich sind, dadurch nur den Bund entlasten. Man muss doch irgendwann mal hergehen und muss die Beitragszahler, Arbeitnehmer und Arbeitgeber entlasten. Aber das geht nur, wenn man vorher mal die Kosten aufteilt - im Betrieb sagt man, das Kerngeschäft betreibt - und alles andere wird steuerfinanziert. Dann hat man auch viel mehr Spielräume bei einer guten Wirtschaftslage zu sagen, wir senken die Beiträge bzw. mit den zur Verfügung stehenden Geldern, die man sonst als Defizitausgleich genommen hätte, da könnte man dann Dinge machen, die sehr wünschenswert sind. Da könnte man nämlich auch überlegen, wie man Sachen finanziert, die man aus Beiträgen nicht finanzieren kann. Jetzt komme ich mal zu diesem einen strittigen Punkt: keine ABM mehr im Baubereich. Das wissen wir auch, dass man das im Moment von jetzt auf gleich nicht ändern kann. Das ist uns auch klar, dass man mit Sachen, die aus Beiträgen finanziert werden, nicht so einfach umspringen kann. Das könnte man natürlich nur nach so einer

Kostenaufteilung machen. Dann könnte man sagen - und das ist ja im Sommer dieses Jahres diskutiert worden, auch von Leuten aus der SPD-Bundestagsfraktion ist das diskutiert worden -, ob es nicht sinnvoller wäre, diese Gelder zu nehmen und den Kommunen zu geben und die Kommunen in die Lage versetzen, Investitionen auszulösen. Aber das geht erst, wenn die Hausaufgaben gemacht worden sind.

Ich denke, es ist unbestritten, dass wir auch in Thüringen noch viel Arbeit vor uns haben, um die Arbeitsplatzsituation zu verbessern. Wir sind auf einem guten Weg, das ist unbestritten, aber wir sind eben, wie gesagt, nicht auf der Insel der Seligen. Wenn ich dann dieses Tariftreuegesetz sehe, was jetzt eingeführt werden soll, trägt das überhaupt nicht dazu bei, dass in Thüringen mehr Arbeitsplätze entstehen können.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte es für mich ganz persönlich sagen, ich will es wirklich kurz machen, für mich waren die vielen Tage und die vielen Stunden, die wir in dieser Enquetekommission gesessen haben, keine vertane Zeit. Ich habe viel dazu gelernt. Mir hat die Arbeit, vor allen mit den Wissenschaftlern, sehr viel Spaß gemacht. Herr Gerstenberger, lassen Sie mich zu Ihrem Vortrag nur noch eines sagen: Wenn Sie die Landesregierung auffordern, sich den Minderheitenvoten anzuschließen, dann hätten wir uns die Enquetekommission sparen können. Das kennen wir von Ihnen schon seit Jahren.

(Beifall bei der CDU)

Herrn Höhn möchte ich sagen: Herr Höhn, wenn Sie beklagen, dass die Landesregierung ja schon Dinge gemacht hat, die erst in dem Abschlussbericht stehen, dann kann ich nur sagen, wir haben während unserer Arbeit der Landesregierung weder das Denken noch das Arbeiten verboten. Wir sind froh, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Gerstenberger, PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, da Herr Kretschmer einen Vortrag gehalten hat, der von einigen Erinnerungslücken geprägt war, will ich das mal versuchen zu korrigieren.

Herr Kretschmer, der Beschluss, hier eine Stellungnahme der Landesregierung vorlegen zu lassen und die dann zu diskutieren, trägt die Überschrift "Antrag der CDU". Das

haben Sie gesagt. Das ist völlig richtig. Aber drei Wochen, bevor dieser Antrag gestellt wurde, hat die Parlamentarische Geschäftsführerin der PDS-Fraktion dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU einen Brief geschrieben, der hatte eine Anlage, darin war ein Antragsentwurf für eine Berichterstattung der Landesregierung mit dem Hinweis, "sollte es von Seiten der CDU-Fraktion Wünsche zur Veränderung, Erweiterung oder Korrektur geben, stehe ich selbstverständlich zu Abstimmungen und Gesprächen zur Verfügung". Am Tag nach der Beschlussfassung in Ihrer Fraktion, Herr Kretschmer, teilte dann Herr Stauch unserer Parlamentarischen Geschäftsführerin mit, dass es gemeinsame Anträge nicht gäbe und man sich innerhalb der CDU-Fraktion auf diesen geeinigt hätte.

(Zwischenruf Abg. Stauch, CDU: Das ist doch...)

Es fehlt bloß in der Darstellung. Die Initiativen der CDU sind meistens angehängte Initiativen, wenn es um was Innovatives geht, an PDS-Vorstellungen.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, man muss es doch einfach mal sagen dürfen, Herr Kretschmer.

(Zwischenruf Abg. T. Kretschmer, CDU: Sie hatten doch den Antrag.)

Sie können das gern noch mal nachlesen. Ich nehme an, dass es eine Postablage bei Ihrem Parlamentarischen Geschäftsführer gibt. Und aus dem Grunde denke ich schon, dass man diese Richtigstellung betreiben muss.

Und dann habe ich etwas Hochinteressantes aus Ihrem Bericht zur Kenntnis genommen. Wir haben ein grundsätzlich anderes Verständnis vom politischen Handeln,

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das ist nicht neu.)

ein grundsätzlich anderes. Sie sprechen von Missbrauch einer Kommission, wenn jemand die Vorstellung entwickelt, etwas auf den Prüfstand zu stellen. Herr Kretschmer, das ist mir das letzte Mal passiert, ich glaube, das war 1985. Da hatte ich mir erlaubt, eine Richtlinie der Partei zu kritisieren, die eine bestimmte Vorgabe machte, und da wurde mir gesagt, das wäre Missbrauch meiner Position. Die Partei hätte Recht und jede Kritik wäre überflüssig. Nun heißt es, Prüfstand wäre Missbrauch, Herr Kretschmer. Sie haben in dem Zusammenhang auch noch von Anklagebank gesprochen. Wenn ich das umdrehe, heißt es also, Sie erwarten von diesem Haus Vertrauen, Gefolgschaft, Zurkenntnisnahme des Positiven, was von Ihrer Seite ausgeht, und verlassen damit ganz bewusst den grundgesetzlichen Auftrag, der nämlich der Opposition auferlegt, Kontrolle zu üben, Sachverhalte auf den Prüfstand zu stellen - nicht, die Anklagebank zu definieren,

das ist Diffamierung, Herr Kretschmer.

(Beifall bei der PDS)

Das ist Diffamierung von Opposition und das zeigt, wie weit wir von der Umsetzung demokratischer Handlungsoptionen hier im Thüringer Landtag zum gegenwärtigen Zeitpunkt entfernt sind. Lassen Sie mich zum Problem der Umsetzung - in Anbetracht der Dinge, die im Vorspann sichtbar waren, haben wir bei der Umsetzung natürlich ein Problem, wenn wir eine grundsätzlich unterschiedliche Herangehensweise haben - noch auf drei Dinge eingehen. Das Wichtigste, was Sie gesagt haben, ist Vorziehen von Bund, Bundesaufgaben, Vorziehen von Bundesmitteln. Hätte das die PDS gefordert und würde die PDS einen solchen Vorschlag machen, könnte ich mir vorstellen, dass von der CDU-Seite käme: Ja die PDS hat ja nichts Besseres zu tun, als die Druckmaschine anzuschmeißen; etwas Besseres fällt ihr ja nicht ein, als Geld zu fordern, ohne zu sagen woher es denn kommen möge. Herr Kretschmer, im Übrigen - Herr Lippmann hat darauf hingewiesen, auch Herr Höhn -, als bis 1998 die Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" nicht ausreichend finanziell untersetzt waren, war von Ihrer Seite keine Forderung nach finanzieller Absicherung dieser Maßnahmen zu hören. Da hatten Sie allerdings auch das Problem, dass Sie eine CDU-Bundesregierung hatten, an die man ja keine Fragen stellt - um in Ihrer Diktion von vorhin zu bleiben -, der vertraut man ja, weil sie all das richtig und weise macht. Nur wenn es dann eine Bundesregierung ist, die nicht mehr zu Ihrer Partei gehört, dann redet man

(Zwischenruf Abg. Jaschke, CDU: Da wurde aber gebaut, A 4, A 71...)

von Vorziehen von Mitteln, von Verantwortungsdelegierung ohne die eigenen Ansätze zu suchen.

Frau Vopel, der zweite Punkt, den ich gern noch ansprechen möchte: Mit uns wird es keinen dritten Arbeitsmarkt geben. Die Ausrede, solange es für den dritten Sektor keine einheitliche Definition gibt, werden wir dazu keine Aktivitäten entfalten. Frau Vopel, bei Innovation hat es zu vielen Dingen keine ausreichende Definition und keine ausreichende Klarheit gegeben und trotzdem haben sich Leute hingesetzt, weil die Notwendigkeit bestand, über Entwicklung und Veränderung nachzudenken, diese Veränderung zu vollziehen und neu zu definieren. Hier sind wir am Anfang eines Weges, den man nicht als Erstes mit der Ergebnisfestschreibung des Weges sofort verbauen kann. Hier geht es um eine Zieldiskussion und um Schritte in die entsprechende Richtung. Da kann ich nicht erwarten, dass mir irgendjemand vordenkt und das Ergebnis auf den Tisch legt und anschließend Handlungsanweisungen gibt, wie es umzusetzen ist. Das ist auch der Hintergrund unserer Überlegungsweisen, wo wir sagen, lassen Sie uns mit Modellprojekten, mit entsprechenden Initiativen anfangen, mit denen Entwicklung befördert werden kann. Frau Vopel, so ganz weit weg scheinen Sie ja

von diesem Gedankengang der Modellprojekte und der Veränderung hin in eine neue Richtung, die z.B. dritter Sektor heißen könnte - wir nennen es öffentlich geförderte Beschäftigung - nicht zu sein. Wenn ich mir mal Ihren Antrag 3/2064 "Arbeitsplätze in Kulturprojekten - insbesondere im jugendkulturellen Bereich - Gesamtkonzept der Landesregierung zur Förderung von Jugendkulturprojekten" ansehe, dann könnte ich mir doch durchaus vorstellen, dass das der Weg ist, der von unserer Seite auch angedacht wurde. Schade ist nur, dass er wieder nach einem entsprechenden PDS-Antrag von Ihrer Seite aufgesattelt wurde, weil Sie ja PDS-Anträgen bekanntermaßen, Herr Stauch hat es gerade noch mal bestätigt, nicht zustimmen können. Trotzdem ist es doch offensichtlich eine sinnvolle Geschichte.

Das Dritte, Herr Minister, zu den bewährten Strukturen und Arbeitsweisen: Da gibt es einen Unternehmer im Gewerbegebiet Bischofferode - ein Fraktionskollege von Ihnen könnte Ihnen sicher den gleichen Vorgang erklären -, der arbeitet an einem Forschungsprojekt im Holz-LehmBereich, also alternative Baustoffe im Innenausbau. Er stellt im Frühjahr des Jahres 2001 einen Antrag bei der Thüringer Aufbaubank. Danach wird ein Gutachten erarbeitet von der Stiftung für Innovations- und Technologieförderung. Das Gutachten wird dann anschließend an die Aufbaubank zurückgegeben. Diese stellt fest, dass sie seit September des Jahres 2001 einen Antragsstau hat und erklärt, dass eine Bescheidung zu diesem förderfähigen Antrag erst nach Vorlage des Nachtragshaushalts 2002 erfolgen kann. Das heißt also, wir haben zurzeit offensichtlich keine Handlungsgrundlage für das nächste Jahr, denn sonst könnte beschieden werden. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir eine pauschale Sperre durch den Finanzminister ausgesprochen bekommen haben, so dass Fördermittel zurzeit nicht ausgereicht oder bestätigt werden sollen oder können. Dieses Verfahren bringt das Unternehmen - wie gesagt in Bischofferode, wir kennen alle die Probleme und Zusammenhänge - zumindest in massive finanzielle Probleme, weitere Folgen zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen. Ein Verfahrensweg, wie er offensichtlich kein Einzelfall ist und ich darf aus der Stellungnahme der Landesregierung zu den Empfehlungen der Enquetekommission zitieren: "Die Forschungs- und Technologieförderung wird derzeit in Thüringen mit unterschiedlichen Schwerpunkten von der STIFT einerseits und der EAS andererseits betrieben. Die Thüringer Landesregierung verfolgt das Ziel, die Aktivitäten im Bereich Forschung, Technologie und Innovation zukünftig organisatorisch und institutionell in einer Stiftung zu bündeln, ohne dass eine Zerschlagung bewährter Strukturen erfolgt." Ich verstehe Ihre Ruhe und ich verstehe Ihre Nachdenklichkeit, meine Damen und Herren. Was gäbe es noch zur Untersetzung dessen, was ich vorhin gesagt habe? Das Schaulaufen und die weitere Diskussion zu diesem allgemeinen Teil der Stellungnahme können wir uns schenken. Wir sollten im Einzelfall über die konkreten Punkte, nämlich auch die konkreten Punkte, die Menschen und Unternehmen hier im Freistaat betreffen, separat reden.

Das hatte ich Ihnen bereits versprochen. Ich erneuere das Versprechen nochmals. Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Für die Landesregierung hat sich Minister Schuster zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich einige Punkte aus der eben geführten Diskussion aufgreifen. Ich denke, Herr Lippmann hat zu Recht das Regelungsdickicht beklagt, mit dem wir es heute zu tun haben, nicht zuletzt bei den so genannten Gemeinschaftsaufgaben, wo der Bund und inzwischen auch die EU alle wesentlichen Vorgaben setzen, an die wir uns halten müssen. Das geht so weit, dass selbst vorgegeben wird, welche Formulare Verwendung finden müssen. Und es gibt eine Positivliste, eine Negativliste, es gibt genaue Vorgaben, welche Investitionen förderfähig sind und welche nicht. Den zunehmenden Regulierungsdruck, den der Bund seit längerer Zeit betreibt, kann man auf den Nenner bringen: Regelungsperfektionismus. Dieser Regelungsperfektionismus führt mit Sicherheit nicht dazu, dass den konkreten Anforderungen der Wirtschaft in allen Fällen Rechnung getragen wird. Das heißt, bei vielen Förderanträgen tut sich heute das Problem auf, dass die Projekte ökonomisch plausibel sind, aber im klaren Gegensatz zu den Förderrichtlinien des Bundes stehen. Unsere Aufgabe ist es immer wieder aus diesem Dilemma herauszuführen und einen Ausweg zu finden, der mit dem geltenden Recht vereinbar ist, aber auch den Unternehmen gerecht wird. Wer daran Kritik übt, weil das nicht alles schnell genug gehe, dem sage ich: Am schnellsten gehen Absagen zu verschicken, die sind schnell verschickt, aber die helfen den Unternehmen am allerwenigsten. Es hat auch keinen Sinn, Entscheidungen zu treffen, die im klaren Konflikt zum Gesetz stehen, ergo muss man Lösungen finden, die aus dem genannten Dilemma herausführen. Wer so einfache Kritik übt, der macht nur eines deutlich, nämlich dass er die Förderprobleme überhaupt nicht kennt.

Meine Damen und Herren, natürlich entwickelt sich die Wirtschaftsförderung immer stärker, Herr Lippmann, zu einer Verwaltungstätigkeit. Das beklagen wir alle, aber das ist eben die Konstruktion bei den Gemeinschaftsaufgaben und die Folge aus der Regulierungswut des Bundes und noch mehr der EU. Wenn wir den neuen multisektoralen Beihilferahmen der EU bekommen, meine Damen und Herren, dann werden wir staunen, dann wird unser Spielraum noch weiter zurückgeführt sein, dann wird die Frage stehen, ob die Mittel, die wir haben, überhaupt effizient eingesetzt werden können. Es ist dankenswerterweise von Herrn Kretschmer das Thema "Wachstumsund Ausgleichsziel" oder "Ausgleichsziel und Wachs

tumsziel" angesprochen worden. Wir können ja in den Medien immer wieder Stellungnahmen aufnehmen, die sagen, setzt eure Mittel ausschließlich in den Wachstumsregionen ein und verteilt sie nicht auch auf die strukturschwächeren Regionen.

Meine Damen und Herren, diese Position hält die Landesregierung nicht für vertretbar. Wir müssen natürlich die Wachstumsregionen stärker fördern, aber dies können wir am besten tun, indem wir dort die Infrastrukturausstattung deutlich und zügig verbessern. Dafür ließen sich viele Beispiele bringen. Es wird übereinstimmend immer wieder die Bedeutung der Infrastrukturinvestition festgestellt, weil eben hier ein großer Nachholbedarf besteht, der ja mehrfach beziffert worden ist, aber auch deshalb, weil zwischen Infrastruktur, Wirtschaftswachstum und Produktivität ein innerer Zusammenhang besteht. Herr Kretschmer hat zitiert, wie häufig es vorkommt, dass man Produktivitätslücken mit Fleiß oder weniger Fleiß gleichsetzt. Solche Argumente zeigen nur eines, dass man noch nicht einmal weiß, wie Produktivität definiert wird. Produktivitätsrückstände haben eben mit Infrastrukturlücken zu tun. Produktivitätsrückstände müssen aufgearbeitet werden, indem insbesondere die überregionale Infrastruktur, die für die wirtschaftliche Entwicklung von ganz großer Bedeutung ist, ausgebaut wird. Autobahnen, Bundesstraßen, Schienennetz, das sind die Bereiche, deshalb weist das Thema "Infrastruktur" in starkem Maße auf Aufgaben hin, die der Bund zu verantworten hat, weil er dafür zuständig ist. Wir können nicht sagen, wir brauchen die kommunalen Straßen, um die Produktivitätslücken zurückführen zu können.

Meine Damen und Herren, wenn nun Herr Gerstenberger beklagt, dass die Landesregierung ein Vorstreben bei Verkehrs- oder Infrastrukturprojekten fordert und dies die PDS auch fordere, der Unterschied zwischen Ihnen und dem Ministerpräsidenten ist der, dass der Ministerpräsident Deckungsvorschläge gemacht hat,

(Beifall bei der CDU)

wie man dies ohne Anstieg der Nettoneuverschuldung erreichen könnte. Das ist der wesentliche Unterschied, allerdings ein wichtiger.

Investitionsförderung: In der öffentlichen Diskussion ist auch immer wieder davon die Rede, sie bewirke nur Mitnahmeeffekte. Herr Kretschmer hat dankenswerterweise deutlich gemacht, dass wir beides brauchen - Infrastrukturförderung und Investitionsförderung.

Meine Damen und Herren, vergessen wir nicht, dass wir im Lande nach wie vor viele Unternehmen haben, deren Wertschöpfung nicht überwältigend ist, deren Umsatzrentabilität unzureichend ist, die aus eigener Kraft nicht in der Lage wären, notwendige Investitionen rechtzeitig zu tätigen. Gäbe es die Investitionsförderung nicht, dann würde die Investitionstätigkeit deutlich zurückgehen und