Meine Damen und Herren, die Landesregierung entzieht sich aus meiner Sicht gleich in zweifacher Hinsicht ihrer Verantwortung. Zum einen wälzt sie die Verantwortung für den Winterdienst auf den Bundes- und Landesstraßen auf die Kommunen ab und dies teilweise auch in finanzieller Sicht. Zum anderen ist es der Landesregierung offensichtlich völlig egal, wie die Kommunen mit katastrophalen Schneeverhältnissen fertig werden. So muss doch selbst der Landesregierung ein Fakt klar sein: Die Aufwendungen für den Winterdienst in den Gemeinden unterscheiden sich erheblich, und zwar in Abhängigkeit von der Höhenlage. Dieser Fakt muss doch zumindest zum Nachdenken anregen. Ich kann doch die Rennsteiggemeinden nicht dafür bestrafen, dass sie eine viel längere und intensivere Wintersaison haben als die Gemeinden im Thüringer Becken. Hier müssen doch zwingend Ausgleichsregularien des Landes über den Kommunalen Finanzausgleich wirken, wie dies in anderen Bereichen selbstverständlich ist.
Ich weiß, Herr Finanzminister, dass Sie krampfhaft darüber nachdenken, den Finanzausgleich weiter zu senken, aber das ist der falsche Weg. Egal, welches Parteibuch wir haben hier als Abgeordnete, wir sollten uns an die Seite der Kommunen stellen.
Meine Damen und Herren, aufgrund der milden Winter seit 1990 haben die Gemeinden, aber auch das Land ihre technischen und personellen Winterdienstkapazitäten auf ein Mindestmaß reduziert. Nur noch wenige Gemeinden verfügen beispielsweise über eine Schneefräse. Aber auch private Unternehmen halten diese Art von Spezialtechnik aus Kostengründen kaum vor. Die Finanzsituation der Gemeinden lässt es nicht zu, aufgrund der jetzt vorliegenden Winterdiensterfahrungen der Kommunen in Größenordnungen solch eine Wintertechnik anzuschaffen. In einer solchen Situation muss doch das Land aktiv werden und gemeinsam mit den Kommunen überlegen, wie diese technischen Probleme zu lösen sind. Wir als PDS-Fraktion sehen Lösungsansätze unter anderem darin, dass Spezialtechnik für den Winterdienst in den Regionen zentral vorgehalten werden kann. Die Kommunen könnten dann im Be
darfsfall auf diese Kapazitäten zurückgreifen. Auch die Bildung kommunaler Winterdienstzweckverbände in den Regionen wäre doch denkbar. Spätestens jetzt wird die Landesregierung wieder auf die kommunale Zuständigkeit und die kommunale Selbstverwaltung verweisen. Dies macht sie doch immer, wenn sie sich der Verantwortung entziehen will.
Doch, meine Damen und Herren der Landesregierung, Sie wissen genau, dass durch eine gezielte Förderung notwendiges kommunales Handeln durchaus befördert werden kann. Dies ist auf alle Fälle zielorientierter als das Nichthandeln. Deshalb fordern wir für die Ausstattung der Kommunen mit Winterdiensttechnik eine gezielte Landesförderung.
Meine Damen und Herren und Herr Innenminister, abschließend will ich ein weiteres Problem thematisieren. Die Bürgermeisterin von Neuhaus am Rennsteig informierte uns darüber, um den Winterdienst durchführen zu können, richtete sie an die Polizeiinspektion Sonneberg ein Amtsersuchen um Unterstützung bezüglich parkender Fahrzeuge. Die Auskunft war, die PI Sonneberg war bereits mit Einsätzen in der Kreisstadt aus- und überlastet und konnte deshalb nicht vor Ort in Neuhaus sein. Die PI Neuhaus wurde aber durch das Land aufgelöst. Dabei gab das Land die Zusage, dass die Schließung der Neuhauser PI keine Auswirkungen auf die Polizeipräsens haben wird.
(Zwischenruf Köckert, Innenminister: Die Polizei ist für polizeiliche Aufgaben da, nicht für ordnungsbehördliche.)
Was diese Aussage wert ist, hat sich schon in wenigen Tagen gezeigt. Also, Schluss mit der Herumeierei, alle Ministerien sind gefragt. Es geht nicht nur um das Geld, es geht um Konzepte, damit auch beim nächsten Schneechaos Unternehmen arbeitsfähig sind, unsere Kinder pünktlich in die Schule kommen, Notdienste nicht zu spät kommen, die Versorgung nicht zusammenbricht
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir können es ohne Emotionen machen, weil sich alle Fraktionen um dieses Problem bemüht haben, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, die PDS-Fraktion hat
einen Antrag vorgelegt, die CDU-Fraktion hat es zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht - alles hat seine Berechtigung. Wir wissen, dass genau das, was Herr Kallenbach vorhin gesagt hat, wir hätten gesagt, es bestünde Rechtsunsicherheit und er verstünde das nicht, das wollte ich widerlegen. Die Erklärung haben Sie dann vorhin selber noch dargelegt, das muss ich nicht machen. Letztendlich wollen wir mit der vorgelegten Novellierung des Thüringer Straßengesetzes von 1993 drei Dinge regeln:
1. In Anpassung an das Verkehrsflächenbereinigungsgesetz des Bundes sollen Straßen, Wege und Plätze öffentlicher Nutzung, die zu DDR-Zeiten nicht gewidmet worden sind oder wo die Widmung nicht mehr auffindbar ist oder wo es den Wirren des Umbruchs zum Opfer gefallen ist, den gewidmeten Flächen gleichgestellt werden. Das ist ein Anliegen, ich glaube, das wollen wir alle. Das Thüringer Straßengesetz soll nun für diese Straßen, Wege und Plätze, für die in den nächsten Jahren absehbar eine öffentliche Nutzung erhalten bleibt oder vorzusehen ist, in Widmung per Gesetz hergestellt werden.
2. Die demografische Entwicklung in Thüringen ist rückläufig, leider, muss ich sagen. Die bestehende Rechtslage im Straßengesetz berücksichtigt diesen Sachverhalt nicht oder nur dergestalt, dass auf die letzte Volkszählung Bezug genommen wird. Diese liegt aber schon Jahre zurück. Wir wünschen hier eine aktualisierte Regelung. Das ist wohl nicht so der dramatische Punkt, aber immerhin, wenn wir schon darüber sprechen, und ich freue mich, dass wir die Gelegenheit haben, in den Ausschüssen ausführlich darüber zu diskutieren, dann sollten wir auch das mit behandeln.
3. Der leidige Winterdienst: Wir haben in den letzten Wochen erlebt, Schnee kostet Geld. Wenn wir möglichst viele Besucher im Winter an und in die wintersportlichen....
(Zwischenruf Schuster, Minister für Wirt- schaft, Arbeit und Infrastruktur: Das ist schon längst geregelt.)
Das wollte ich jetzt gerade erklären. Wenn wir also sehr viele Besucher in und an die wintersportlichen Ballungszentren in Thüringen bringen wollen, dann muss es auch etwas wert sein.
Die bisherige Regelung in § 49 Abs. 4 des Thüringer Straßengesetzes besagt, dass die Gemeinden auf öffentlichen Straßen innerhalb geschlossener Ortschaften usw. nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit den Schnee zu räumen und zu streuen haben, besonders im Zuge von Bundes
1. Wir wollen Rechts- und Finanzierungssicherheit schaffen. Es ist mitnichten so, dass diese Rechtssicherheit bestanden hätte. Bisher - und das war gängige Praxis, ich bin auch froh, dass es so wahr - haben wir in den letzten Landeshaushalten 2,1 Mio. DM vorgehalten, ein Teil davon aus dem Landesausgleichsstock, das war gut so. Es ist damals auf der Basis auch hinreichend gewesen, solange der Kilometer Straße eben noch 1.138 DM gekostet hat. Das wird aber jetzt ein wenig anders, denn die TSI hat - wie jedes andere Unternehmen auch - kostendeckende Preise zu kalkulieren. Sie sind beiläufig dreimal so groß oder über 1,5 Tausend Euro. Wie sich der Preis nach der materiellen Privatisierung der TSI entwickeln wird, darüber will ich überhaupt nicht polemisieren, das weiß man nicht und das kann man im Moment noch nicht beurteilen.
2. Wir wollen die Kommunen entlasten. Eine Ausnahme bilden Gemeinden größer als 80.000 Einwohner. Sie werden es leisten können und sie werden es auch leisten müssen. Unsere vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass für Gemeinden kleiner als 30.000 Einwohner der Winterdienst für Bundes- und Landesstraßen innerhalb geschlossener Ortschaften durch das Land und für Gemeinden zwischen 30.000 und 80.000 Einwohner im Zuge von Bundesstraßen ebenfalls durch das Land geleistet wird. Das hat mit der Straßenbaulast nicht unbedingt etwas zu tun. Wir würden auch in der Beziehung noch Veränderungen zugunsten der Kommunen zustimmen können, wenn das im Ausschuss so gewollt wird. Da sind wir absolut offen.
Im Übrigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, betrachten wir den Winterdienst auch bei uns hier und vor allen Dingen bei uns hier, als eine nicht ganz unerhebliche Form der materiellen Daseinsvorsorge, die wir zu leisten haben. Wir haben es ja auch bisher getan. Wir möchten ganz einfach, dass das in einer gemeinsam zu beratenden Form weiter geschieht.
Herr Kallenbach, Sie hatten vorgeschlagen, diesen Gesetzentwurf federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik zu geben und mitberatend an den Justiz- und Haushalts- und Finanzausschuss zu geben. Dem würden wir gern zustimmen wollen. Wir sollten es nicht schnell und auch nicht überhastet machen, aber wir sollten es gründlich machen, denn der nächste Winter kommt bestimmt. Vielen Dank.
Verehrte Damen und Herren, es ist im Kern alles gesagt, aber nur noch nicht von allen, deswegen komme ich vor und kommentiere ein bisschen auch die Zwischenrufe. Der Finanzminister ist der Meinung, es war ein ganz normaler Winter.
Ich glaube, da sollte er einmal tatsächlich mit den Rennsteiggemeindebürgermeistern diskutieren, ob es wirklich ein ganz normaler Winter war.
Das weiß ich, dass Sie da wohnen. Aber ich würde Ihnen empfehlen, die Diskussion nicht mit zugeknöpften Finanztaschen zu führen. Denn die Frage ist, ob wir das Prinzip gelten lassen: einer trage des anderen Last oder das Prinzip einer greife dem anderen in die kommunale Finanztasche. Bei der Verteilung der Kosten, über die wir hier reden, ist es so, dass man die Pauschalierung der 80-Prozent-Regelung quasi per Vertrag aufgenötigt hat nach dem Motto: Friss Vogel oder stirb. Die 80 Prozent Pauschalierung rechnen eben nicht die Kosten ab, die zum Beispiel zum Schneeabtransport notwendig waren, um überhaupt die Gemeindelage und die Landes- und Bundesstraßen frei zu bekommen. Mir ist erzählt worden, 150.000 Tonnen allein aus der Gemeinde Lauscha, die per Lastwagen entfernt werden mussten, um wenigstens ein Minimum an Freiheit in der Gemeindelage zu haben, damit sich der Verkehr bewegen kann. Entweder haben mich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister belogen oder sie haben maßlos übertrieben oder ich habe die Schneehöhen und die Schneemauern völlig falsch gedeutet.
Ich denke, es ist gut, dass die Anträge an die Ausschüsse überwiesen werden. Aber ich glaube, wenn Sie so sagen und sich so zurücklehnen, es wäre ein ganz normaler Winter gewesen, dann wäre auch das Gespräch mit dem jeweiligen Feuerwehrchef ganz interessant gewesen, das ich geführt habe. Nämlich auf meine Frage, ob sie jederzeit Brandschutz hätten sicherstellen können während der Tage nach dem 21. Dezember, ist ganz klar gesagt worden: Nein, es wäre nicht möglich gewesen und Gott sei Dank hat es keinerlei Brände dort gegeben. Es gab nicht die Notwendigkeit, in Alarmierung zu kommen, weil man große Schwierigkeiten gehabt hätte, sich in den Regionen zu bewegen. Dasselbe ist mir auch gesagt worden in Bezug auf Bergen, Retten, Menschenleben abzusichern, Krankenwageneinsatz u.Ä. Mir ist erzählt worden, dass an einigen Stellen nur mit der Bergwacht aus den Gemeindelagen auch Leute, die zur Dialyse mussten, haben geholt werden müssen. Am Beispiel von Lauscha will ich einfach einmal das Problem, so
wie ich es begriffen habe, sagen. Eine Gemeinde, die selber finanziell am Ende ist, der die 4.000 rer Schneefräse fehlen und die in dieser Zeit dann nicht in der Lage ist, tatsächlich ihren Räumverpflichtungen den Bürgern gegenüber nachzukommen. Dann kommt die Geschichte, dass, so wie eben von Herrn Kallenbach vorgetragen, die Gemeinde alles auf die Landstraße schmeißt. Umgekehrt, Herr Kallenbach, war es, die TSI ist durchgefahren, hat alles auf die Bürgersteige geschmissen. Dann sagt man natürlich, die Anwohner haben dafür zu sorgen, wie sie den Schnee dann wegbekommen. Wie sollen sie ihn den wegbekommen von dem Bürgersteig an der Landstraße in den über zwei Meter hohen Schneewänden, die dort gewesen sind?
Ich glaube, Sie sind deswegen so nervös, weil die Mehrheit einfach geschlafen hat in der ganzen Zeit und weil der Begriff der Katastrophe einfach abgestritten worden ist.
Ich weiß, Sie sind ja dann losgefahren, nachdem ich pressemäßig angekündigt habe, dass ich in die Gemeinden fahre, haben Sie sich ja dann auch angekündigt.
Das fand ich ja Klasse. Aber in einem Punkt stimme ich Herrn Kallenbach zu. Ich weiß gar nicht, warum Sie so empört sind, warum Sie so hochgehen? Diskutieren Sie das doch einmal mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sogar Ihrer eigenen Partei. Mit denen habe ich mich auch unterhalten und die haben völlig unideologisch gesagt, wir fühlen uns vom Land allein gelassen, und zwar kostenmäßig und in der Frage der Gefährdungslage, wo man erwartet hätte, dass aus dem Innenministerium Hilfe hätte organisiert werden können bis hin zu der Frage, setzt man den THW ein oder setzt man ihn nicht ein. Das ist überhaupt nicht mitgeteilt worden, sondern das haben sich die Leute selber als Information besorgen müssen. Ich weiß also gar nicht, warum Sie so aufgeregt sind. Ich glaube, ich habe Sie einfach nur auf dem falschen Fuß erwischt und Sie sind ein bisschen ertappt.
"Saubere, klare, überschaubare Regelung" hat Herr Kallenbach gesagt. Ich glaube, jawohl, darum müsste es gehen, eine saubere, überschaubare, klare Regelung, die dauerhaft eine Klärung für die Betroffenen bringt und die durch eine ausreichende Finanzgröße abgesichert wird. Also nicht eine
freiweillige Leistung des Landes - 80 Prozent - und schauen wir mal und dann vielleicht im nächsten Jahr 60 und im übernächsten Jahr nur noch 30 in der Hoffnung, die Winter werden nicht so schnell wiederkommen in der Strenge und wenn sie dann wiederkommen, haben wir das Chaos wieder und es geht wieder das Theater von vorn los. Ohne es zu beschreien, wäre es gut, dass die Situation zum Anlass genommen würde, endlich eine saubere, klare, überschaubare und dauerhaft finanzierte Regelung für alle Beteiligten an der Beseitigung von Schneemassen zu organisieren. In diesem Zusammenhang haben wir vorgeschlagen, in einer etwas anderen Nuance zur SPD, den Gemeindefinanzausgleich, den Kommunalen Finanzausgleich mit einzubeziehen, dass bestimmte Höhenlagen oder Wintergefährdungssituationen genauso einbezogen werden wie Faktoren wie Sozialhilfe und ähnliche Belastungen. Man kann das so herum oder so herum regeln, entscheidend ist, dass es geregelt wird, so dass Kommunen sich darauf verlassen können. Eine Bemerkung, Herr Kallenbach, wenn Sie sagen, in Erfurt im Stadtrat hat es gestern keine Diskussionen dazu gegeben, das kann ich gut verstehen. Als Erfurter habe ich erlebt, dass man von hier aus betrachtet gar nicht mitgekriegt hat, was außerhalb des Landes los war.