Wenn ich Ihnen noch ein paar Zahlen sagen dürfte. Im Jahr 2000 gab es in Thüringen 7.108 nicht vermittelte Bewerber. Wenn wir das Jahr 2001 zum gleichen Zeitraum sehen, da waren es 5.337 Bewerber und in diesem Jahr sind es 5.504 noch nicht vermittelte Bewerber. Das ist doch ein Zeichen, dass sich die Situation verändert hat. Ja, doch, selbstverständlich hat sie sich verändert, denn wir haben im Jahr 2000 nur 1.014 nicht vermittelte Bewerber gehabt im August und im September 2001 749. Ich denke schon, dass die Zahlen für sich sprechen. Wenn wir uns die Zahlen weiter betrachten, dann kommen wir nämlich - und so war das im September 2001 - auf eine Prozentzahl von 98, denn da waren fast alle Bewerber versorgt. Die Vermittlung, das wissen Sie ganz genau, wird bis zum Jahresende weitergeführt. Wenn ich noch darauf aufmerksam machen darf, wenn wir in Thüringen unsere Regionen der Arbeitsämter vergleichen, dann ist ein erheblicher Unterschied zu sehen. Für mich ist es deshalb immer wieder wichtig, die Ausbildungsplatzsuche der noch nicht Vermittelten immer im Zusammenhang mit dem Vormonat zu sehen und auch wieder stärker da einzusteigen. Ich bin nicht mit der Situation zufrieden, denken Sie das ja nicht. Aber die Situation ist nun einmal so, sie ist angespannt und sie hängt, wie immer, mit der konjunkturellen Lage zusammen. Es ist eine sehr ernsthafte Problematik, aber wir müssen uns zum richtigen Zeitpunkt damit auseinander setzen. Der ist heute hier nicht gegeben. Die Behandlung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik nach Abschluss des Beratungsjahres wäre wesentlich sinnvoller, als uns hier in einem Fünf-MinutenStatement darüber auszutauschen, wie wir mit diesem Ausbildungsplatzdefizit umgehen. Im Namen meiner Fraktion schlage ich vor, dass wir uns im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik darüber verständigen.
Gut. Dazu müsste dann ein Antrag im Rahmen der Selbstbefassung für die Ausschüsse gestellt werden. Aktuelle Stunden werden nicht an die Ausschüsse überwiesen.
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeits und Infrastruktur legt einen Berufsbildungsbericht vor - Herr Wirtschaftsminister, ich komme noch auf das Ritual -, in dem mit immer gleichen Formulierungen der Sachverhalt dargestellt wird. Aus dem aktuellen Berufsbildungsbericht, der sich auf das Berufsberatungsjahr 2000/2001 bezieht, möchte ich zitieren: "Noch immer übersteigt die Nachfrage das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen."
Gleichzeitig wird Jahr für Jahr ein Rückgang in den betrieblichen Ausbildungsstellen konstatiert und anschließend schöngeredet und schöngerechnet. So lange das so bleibt, wird die PDS sich dieses Themas, dem wir eine sehr große Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit Thüringens beimessen, weiter annehmen. Leider ist das auch in diesem Jahr vonnöten. Für den August 2002 stellt das Landesarbeitsamt in seinem neuesten Ausbildungsstellenmarkt erneut einen Rückgang der betrieblichen Ausbildungsstellen fest, einen dramatischen Rückgang um 2.835 Stellen, das sind fast 18 Prozent. Mehr noch, der Rückgang liegt deutlich über dem Wert für die parallel dazu ausgewertete Situation in Sachsen-Anhalt. Dort wurde der Rückgang um etwa 14 Prozent festgestellt.
Das Verhältnis der betrieblichen Ausbildungsplätze zu den Bewerbern ist damit innerhalb eines Jahres von 46 auf 41 Prozent gefallen. Die schwierige Situation in Thüringen kann auch das um 85 Plätze gestiegene Angebot an außerbetrieblichen Ausbildungen nicht einmal ansatzweise verbessern, insbesondere wenn man bedenkt, dass außerbetrieblich und vollzeitschulisch Ausgebildete immer noch deutlich größere Probleme haben, die so genannte zweite Schwelle am Arbeitsmarkt zu überwinden, also nach der Lehre auch einen Arbeitsplatz zu finden.
Die Zahl der noch vermittelten Bewerber lag mit 5.500 Betroffenen um 5 Prozent über dem Vorjahreswert und das, obwohl die Gesamtzahl der Bewerber rückläufig war. Wir kennen auch die jedesmal gleichen und auch jedesmal falschen Antworten der Landesregierung und der CDU: Wir warten doch das Jahresende ab. Aber wir warten nichts mehr ab, denn der Beginn des Ausbildungsjahres ist jetzt und jetzt muss gehandelt werden.
Ein Zitat aus der Antwort auf die Große Anfrage der CDU zur Familienpolitik möchte ich vortragen. Frau Präsidentin, ich zitiere: "Um zu erreichen, dass noch mehr junge Menschen in Thüringen eine Familie gründen, ist es notwendig, den jungen Menschen berufliche Perspektiven in
Realität ist jedoch, dass durch die seit Jahren bestehende problematische Situation die elementare Zukunftsfähigkeit verletzt und damit die Abwanderung junger Menschen weiterhin befördert wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist jetzt der allerspäteste Zeitpunkt zu handeln. Am Jahresende ist es dafür zu spät und die aktuellen Probleme werden wieder in das nächste Jahr verlagert.
Die eben zitierten Daten erfordern ein entschlossenes und vor allem sofortiges Handeln. Die PDS-Fraktion ist an einer Lösung durchaus interessiert und Ihre Unterstellung, Frau Abgeordnete Wackernagel, ist einfach falsch und nicht richtig.
Ja, dann sind die fünf Minuten auch um und wir können zum nächsten Redner kommen, das heißt eine Rednerin, Frau Abgeordnete Pelke, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Zahlen sind gesagt worden. Über 5.000 nicht vermittelte Bewerber sind Grund genug, dass wir uns hier im Landtag mit dem Thema beschäftigen.
Ich möchte nicht vorwegnehmen, was an anderer Stelle zu unserem konkreten Antrag noch zu diskutieren sein wird. Allerdings, und darum bitte ich herzlich, sollten die Landesregierung und die Mehrheitsfraktion endlich damit aufhören, wie schon seit Jahren die Ausbildungsplatzsituation in unserem Land zu beschönigen oder auf den Bund zu schieben oder auf die Konjunktur. Wir brauchen gar nicht über Zahlen zu streiten.
Wir brauchen heute gar nicht über Zahlen zu streiten, denn wir wissen ganz genau, dass, wie in den vergangenen Jahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wieder Tausende junger Menschen in irgendwelchen Berufsvorbereitungsmaßnahmen zur Bereinigung der Statistik verschwinden. Das wollen wir nicht und das muss hier angesprochen werden.
Wir wissen genau, dass diese jungen Menschen - Herr Minister Schuster, das ist gar kein Vorwurf Ihnen gegenüber, das hat was damit zu tun, dass es zu wenig betriebliche Ausbildungsplätze gibt und darüber müssen wir doch reden, das ist nicht nur Aufgabe der Abgeordneten, sondern auch Aufgabe des Wirtschaftsministers, das ist genau der Punkt - zum großen Teil im nächsten Jahr erneut wieder nach einer Ausbildungsstelle suchen und nicht wenige davon werden irgendwann dann einmal diese Warteschleife verlassen und direkt beim Sozialamt landen. Das ist doch nichts Neues. Wer sich mit dem Thema beschäftigt, der weiß das. Wir wissen, was wir damit für einen problematischen Bug von Menschen, die einen ganz problematischen Einstieg in diese Gesellschaft bekommen haben, vor uns herschieben. Um den werden wir uns später kümmern müssen und jetzt hätten wir die Chance dazu, ihnen den Eintritt in die Gesellschaft einfacher zu machen und das ist unsere Aufgabe.
Wir wissen, meine Damen und Herren, dass trotz aller zu akzeptierender wirtschaftlicher Probleme die Ausbildungsbereitschaft derjenigen Betriebe, die ausbildungsbefähigt sind, nach wie vor unterentwickelt ist. Das hat eben nicht nur etwas mit der Konjunktur zu tun. Dieses Thema beschreiben wir schon seit Jahren. Dann hätte es ja in den Vorjahren sehr viel besser sein müssen, wenn es denn nur an der Frage der Konjunktur gelegen hat. War es aber nicht, weil wir mit vielen Maßnahmen begleitend jungen Leuten Ausbildung vorhalten mussten.
Herr Kollege, Sie müssten mal nach vorn kommen und mal reden, nicht immer nur vom Platz aus. Melden Sie sich doch einfach mal. Ich teile an dieser Stelle die Auffassung des DGB-Landesvorsitzenden - und ich glaube, auch das ist schon oft gesagt worden -, der kürzlich von einer zunehmenden Verstaatlichung der Berufsausbildung gesprochen hat. Ich sage das auch an die Adresse der Wirtschaft, die immer darauf Wert legt, dass es nicht um zunehmende Verstaatlichung, sondern um Eigenverantwortung geht. Aber genau wenn es darum geht, dann muss man die Verantwortung auch wahrnehmen und ausbilden und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Wenn man sich den Rückgang betrieblicher Ausbildungsplätze in den letzten Jahren und eben nicht nur im letzten Jahr ansieht, dann muss schon der Eindruck entstehen, dass hier etwas faul ist im Freistaat Thüringen. Damit hier kein Missverständnis entsteht, meine Damen und Herren, faul sind nicht die Jugendlichen, auch wenn das von einigen gesellschaftlichen Repräsentanten immer mal wieder be
hauptet wird. Dies ist oft eine Schutzbehauptung und deshalb wenig ernst zu nehmen. Wir meinen auch nicht - und das lassen wir uns auch nicht vorwerfen von den Kollegen der CDU -, dass wir verallgemeinernd Wirtschaft kritisieren, sondern wir stellen nur fest, dass ein Teil in der Wirtschaft seiner Verantwortung gerecht wird und ein Teil eben nicht.
Meine Damen und Herren, wir werden in drei bis vier Jahren erleben - das werden Sie dann auch erleben -, dass dann die Verbandsvertreter den Jugendlichen nachrennen werden, die heute noch Begründungen finden, warum sie nicht ausbilden. Das bitte ich, an dieser Stelle auch festzuhalten.
Deshalb, meine Damen und Herren, sollten wir diese Situation nutzen und parteiübergreifend, also über Parteigrenzen hinweg, mit den Akteuren, die dazu notwendig sind, zusammenarbeiten und auch die Anregungen der Hartz-Kommission aufgreifen. Ich sage bewusst Anregungen, ich weiß, dass ich hier im Hause da nicht allenthalben auf Zustimmung stoßen werde - deswegen an die Damen und Herren der CDU gerichtet, ich meine natürlich nach dem 22. September - über die Vorschläge der Hartz-Kommission zu reden, dann werden Sie auch wieder ein bisschen ruhiger sein und, ich denke mal, die Zeit haben, mit uns sachlich und fachlich über die Vorschläge zu diskutieren, womit ich nicht sagen will, dass alle Vorschläge undiskutiert übernommen werden sollten, aber zumindest nicht so aufgeregt parteipolitisch darüber zu reden wie im Moment.
Als politische Profis in diesem Land sollten wir eine Strategie zur garantierten Berufsausbildung entwickeln. Dabei wollen wir als SPD sowohl die Ausgangssituation vor dem Eintritt in die Berufsausbildung, also die so genannte Ausbildungseignung, genauso in den Blick nehmen wie die fachliche Unterstützung der Betriebe, die auch immer nachgefragt ist. Dort, wo es unumgänglich ist, soll über die finanzielle Unterstützung der Betriebe geredet werden. Ich denke, nur so wird es möglich sein, die jetzt immer wieder zu sehende Konfrontation zu überwinden und dass endlich anerkannt wird, dass berufliche Ausbildung nicht nur für die Jugendlichen selbst, sondern genauso für die Betriebe und im Prinzip für unser gesamtes Gemeinwesen von existenzieller Bedeutung ist.
Es gilt anzuerkennen, dass diejenigen Betriebe, die ausbilden, betriebswirtschaftliche Leistungen für diejenigen übernehmen, die sich wissentlich und mutwillig diesem entziehen. Wenn wir der Abwanderung entgegenhalten wollen, dann müssen wir für Ausbildungsplätze hier in diesem Land sorgen und wir wollen nicht, dass die leistungsfähigsten Jugendlichen abwandern und dass Benachteiligte ins Abseits gedrängt werden. Deswegen müssen wir für ausreichende betriebliche Ausbildungsangebote eintreten. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, recht hat er, Thomas, der Kanzler hat hier nicht die Rolle gespielt, aber ich darf hier mal ein Zitat von Ihrer Bundesministerin Frau Buhlman von dieser Woche nennen, die mit der Ausbildungssituation "sehr zufrieden ist und für die, die doch nichts haben, werden wir auch noch etwas finden", wörtliche Aussage von Frau Buhlman.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist doch wirklich jedes Jahr das Gleiche, es ist doch unstrittig, dass wir in dieser Frage alle gemeinsam eine Verantwortung haben, das ist ohne Diskussion. Aber wie sich die Bilder oder sprich die Anträge gleichen, die von der PDS hier eingereicht werden, jedes Jahr. Frau Kollegin Wackernagel hat das ja deutlich gemacht in einer chronologischen Folge. Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich bin noch nicht sehr lange in diesem Haus, aber was in diesem Punkt von der PDS immer als Anträge eingebracht wird, das zeigt ganz deutlich, wo die Reise hingeht. Sie verbreiten Panik, wollen Angst schüren und wollen Thüringen schlechtreden.