Protokoll der Sitzung vom 12.09.2002

Herr Abgeordneter Sonntag, wir sind gegenwärtig dabei, das mit den Verantwortlichen zu analysieren, so wie ich das gesagt habe. Ich will jetzt nicht all das noch mal aufführen, was ich schon das letzte Mal an dieser Stelle zur Talsperre Windischleuba gesagt habe. Diese Talsperre ist nicht als Hochwasserschutztalsperre gebaut worden. Sie hat aber einen Hochwasserschutzraum von 250.000 m³ und bei dem Ereignis, was eingetreten ist, waren diese 250.000 m³ natürlich im Handumdrehen voll. Auch bei der gedrosselten Abgabe von etwa 110 m³ pro Sekunde - das ist die Menge, die schadlos abgegeben werden konnte -, hätte nicht verhindert werden können, dass bei den Wassermassen, die da gekommen sind, Schäden eintreten. Wir werden das - ich sage es noch einmal - analysieren. Wir werden dementsprechende Schlussfolgerungen ziehen und darauf aufbauend werden wir, so wie wir das in der Vergangenheit getan haben, danach die notwendigen Maßnahmen einleiten.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke, Herr Minister.

Wir kommen zur Frage in der Drucksache 3/2673. Bitte, Herr Abgeordneter Pidde.

Parteipolitische Werbung an der Gerhard-Schöne-Grundschule in Gera

Nach § 56 Abs. 4 des Thüringer Schulgesetzes dürfen Druckschriften in der Schulanlage an die Schüler nur verteilt werden, wenn sie keine parteipolitische Werbung ent

halten. Dennoch hat der Bundestagsabgeordnete Bernward Müller (CDU) am 5. August 2002 in der Gerhard-Schöne-Grundschule in Gera Flugblätter der CDU an Schüler verteilt. Der Bundestagsabgeordnete wirbt mit einem Foto seiner Aktion sogar in einer "Bildergalerie" seiner Homepage www.bernward-mueller.de.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung diesen Vorfall?

2. An wie vielen anderen Thüringer Schulen hat der Bundestagsabgeordnete Bernward Müller noch Flugblätter parteipolitischen Inhalts verteilt?

3. Welche Schritte wird die Landesregierung aufgrund des an der Gerhard-Schöne-Grundschule in Gera aufgetretenen Verstoßes gegen das Thüringer Schulgesetz gegen den Bundestagsabgeordneten Bernward Müller einleiten?

4. Was unternimmt die Landesregierung, damit künftig solche Gesetzesverstöße unterbleiben?

Herr Minister Krapp, bitte schön.

Frau Präsidentin, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Pidde beantworte ich namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Es wurde in der Tat gegen die einschlägigen Bestimmungen des Schulgesetzes verstoßen. Die Landesregierung bedauert dies.

Zu Frage 2: Nach Kenntnis der Landesregierung an keiner anderen Schule.

Zu Frage 3: Die Landesregierung hat zur Kenntnis genommen, dass der Bundestagsabgeordnete Bernward Müller den Vorfall ebenfalls bedauert und sieht deshalb keine Notwendigkeit, weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Zu Frage 4: Die Angelegenheit wird selbstverständlich ausgewertet und in Beratungen mit Schulleitern und Schulamtsleitern thematisiert, damit künftig solche Gesetzesverstöße unterbleiben.

Es gibt eine Zusatzfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Gerstenberger.

Herr Minister, wie ist es nach Ihrem Erkenntnisstand möglich, dass ein Wahlkämpfer in eine Schule eindringen und

dort Wahlkampfmaterial verteilen kann?

(Unruhe bei der CDU)

Ich denke, Sie sollten sich da vor Ort kundig machen. Ich werde es auch tun und Ihnen dann die Antwort geben.

Darum würde ich bitten.

Es gibt eine weitere Nachfrage. Bitte, Frau Abgeordnete Sojka.

Herr Minister, ist es richtig, dass die Bitte, verschlossene Umschläge an gewählte Eltern- oder Schülervertreter mit einer Einladung zu Veranstaltungen einer der drei Landtagsfraktionen weiterzugeben, die keine parteipolitische Aufschrift tragen, kein Gesetzesverstoß ist?

Ich kann zu diesem Vorgang hier nichts aussagen, da er mir nicht bekannt ist.

(Zuruf Abg. Sojka, PDS: Das ist ein Fakt, das ist keine Frage.)

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Informationen noch einmal schriftlich geben und auch den Vorfall beschreiben könnten. Dann werde ich mich dazu äußern.

Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Danke schön.

Wir kommen zur Mündlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Lehmann in Drucksache 3/2686. Bitte schön.

Intensivierung des rechtskundlichen Unterrichts

Die Vermittlung eines rechtsstaatlichen und demokratischen Rechtsverständnisses bei jungen Thüringerinnen und Thüringern ist Ziel der Landesregierung. Damit soll die Weiterentwicklung der Transparenz unseres Rechtsstaats, die Schaffung von Rechts- und Wertebewusstsein bei den Jugendlichen garantiert werden und gleichzeitig ein Beitrag zur Gewaltprävention geleistet werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Entwicklungen gab es beim rechtskundlichen Unterricht seit dem letzten Bericht der Landesregierung vom 9. November 2001 bezüglich der angestrebten Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Lehrern in den Schulen und den Rechtskundebeauftragten an den Gerichten?

2. Wie gestalten sich die vom Thüringer Justizministerium angebotenen und im Rahmen der Fortbildung durchgeführten Arbeitstagungen zum rechtskundlichen Unterricht?

3. In welcher Weise wird bei der Lehrerfortbildung durch das Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien auf die beabsichtigte Integration in andere Fächer, wie beispielsweise Ethik oder Sozialkunde, auf die Problematik der Vermittlung rechtsstaatlichen und demokratischen Rechtsverständnisses eingegangen und gezielt in diese Richtung fortgebildet?

4. Welche Ergebnisse lieferte der Schulwettbewerb "Alles was Recht ist"?

Herr Minister Birkmann, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Frau Abgeordneten Lehmann beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Seit dem Bericht der Landesregierung vom 9. November 2001 wurde die Zusammenarbeit zwischen Schule und Justiz durch eine Reihe von Maßnahmen und Veranstaltungen weiter ausgebaut. So wurde im Landgericht Meiningen Ende November 2001 eine große Regionalkonferenz durchgeführt, an der sämtliche Rechtskundebeauftragte des Gerichtsbezirks, die Schulamtsleiter sowie eine Vielzahl von Fachlehrern für Wirtschaft und Recht teilgenommen haben. Am 9. Dezember 2001 fand im Landgericht Erfurt eine Veranstaltung zum Thema "Jugendkriminalität und Extremismus" für Schülerzeitungsredakteure und betreuende Lehrer statt. Dort diskutierten die Teilnehmer im Anschluss an eine Schaustrafverhandlung mit Richtern, Staatsanwälten und Lehrern über die Problematik von Jugendkriminalität. Im Mai dieses Jahres präsentierte der Generalstaatsanwalt vor über 120 Schülern, Lehrern sowie Richtern und Staatsanwälten in einem Gymnasium in Bad Langensalza das Internetprojekt "Global Patchwork". Dabei handelt es sich um eine Internetaktion, die für Toleranz wirbt und sich gegen Gewalt und Extremismus ausspricht. Darüber hinaus ist auch die Beteiligung von Vertretern der Justiz an schulischen Veranstaltungen auf lokaler Ebene hervorzuheben, so der Besuch von Schulklassen beim "Rollenden Amtsgericht", Teilnahme von Richtern

und Staatsanwälten an Unterrichtsstunden, Mitwirkung von Richtern und Staatsanwälten des Landgerichts Gera und der Staatsanwaltschaft an den Geraern Bildungstagen, Teilnahme von Vertretern der Justiz an Schulfesten, Mitarbeit von Richtern und Staatsanwälten an Projektwochen. Schließlich fand die Begleitbroschüre zum rechtskundlichen Unterricht "Besuch einer Gerichtsverhandlung", welche seit Juni 2001 in zweiter Auflage vorliegt, sowohl bei der gezielten Vorbereitung von Lehrern und Schülern auf Gerichtsbesuche und -verhandlungstermine als auch in der fächerübergreifenden Schularbeit guten Zuspruch.

Zu Frage 2: Das Thüringer Justizministerium hat seit dem Jahr 2000 jährlich eine Arbeitstagung zum rechtskundlichen Unterricht an Thüringer Schulen angeboten. Die Veranstaltung wendet sich an Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, aber auch an Lehrerinnen und Lehrer, die im Rahmen der gemeinsamen Initiative des Thüringer Justizministeriums und des Thüringer Kultusministeriums rechtskundlichen Unterricht erteilen. Die Fortbildungsveranstaltungen dienen dem Erfahrungsaustausch, gelegentlich auch dem Abbau von Berührungsängsten zwischen Juristen und Pädagogen und haben sich gut bewährt. Im Verlaufe der Tagungen besuchen die Teilnehmer in einer Schule vor Ort eine Unterrichtsstunde, die von einem Richter oder Staatsanwalt in Abstimmung mit dem beteiligten Lehrer gestaltet wird; der Unterricht wird im Einverständnis aller Beteiligten auf Video aufgezeichnet und unter Anleitung eines erfahrenen Pädagogen ausgewertet.

Zu Frage 3: Die Vermittlung eines rechtsstaatlichen und demokratischen Rechtsverständnisses ist das Grundprinzip aller Thüringer Lehrpläne sowie der fächerübergreifenden Arbeit. Die Fortbildungsveranstaltungen des Thüringer Instituts für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien, kurz ThILLM, zum rechtskundlichen Unterricht beziehen sich insbesondere auf die Fächer Ethik und Religionslehre (Werteerziehung), Wirtschaft und Recht, Geschichte (Rechtsbewusstsein und zeitgeschichtliche Fortbildung) und Wirtschafts-, Umwelt-, Europarecht, europäisches Recht sowie Sozialkunde. Im aktuellen Fortbildungsprogramm werden u.a. folgende Themen angeboten: modernisiertes Schuldrecht, neues Schadenersatzrecht, Internetkriminalität, Wirtschaftskriminalität, Extremismus und Gewalt in Deutschland und Thüringen. Für Lehrer, die in ihren Schulen die Streitschlichterprogramme anleiten, führt das ThILLM entsprechende Seminare durch, ebenso für Schülerinnen und Schüler, die in Schülerparlamenten und Schülervertretungen mitarbeiten. Darüber hinaus werden Schule und Fortbildung durch aktuelle Veröffentlichungen des ThILLM zu den folgenden Themen unterstützt: Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antigewaltprojekte, Kooperationsprojekt JUREGIO.

Zu Frage 4: Im September 2000 wurde vom Justizministerium, dem Kultusministerium, dem Thüringer Institut für Lehrerfortbildung, Lehrplanentwicklung und Medien und dem Verein Rechtslegung und Öffentlichkeit Jena e.V. der

erste Schulwettbewerb "Alles was Recht ist" des Freistaats Thüringen ausgeschrieben. Die Ausschreibung richtete sich an Schülerinnen und Schüler aller Schularten und forderte zur Abgabe von Wettbewerbsbeiträgen auf, die im Zusammenhang mit dem Rechtsstaat und seiner Ordnung stehen. Ende Februar 2001 wurde der Wettbewerb mit der Preisverleihung im Gymnasium in Gebesee erfolgreich zum Abschluss gebracht. Von den fast 40 Einsendungen konnten sieben Beiträge, u.a. Hörspiel, Computerprogramm, Collagen und Spiele, prämiert werden. Drei Wettbewerbsbeiträge, und zwar ein Computerprogramm zum Thema "Sexueller Missbrauch von Kindern", eine Fotostory zum Thema "Gewalt an Schulen" und das kleine Handbuch für Schüler, das einen Überblick über die verschiedenen Gerichtsbarkeiten und das Jugendstrafrecht gibt, wurden in die Internetseite der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft aufgenommen und sind dort abrufbar. Jetzt hat auch der zweite Schulwettbewerb "Alles war Recht ist" seinen erfolgreichen Abschluss gefunden. Dieser stand unter dem Thema "Spielregeln für das Leben, was bringt uns das Recht" in Zusammenarbeit von Schule und Justiz. Insgesamt wurden für den Wettbewerb, der mit der feierlichen Preisverleihung im Erfurter Ratsgymnasium im Juli dieses Jahres abgeschlossen wurde, 32 Beiträge eingereicht. Bei den Wettbewerbsarbeiten handelt es sich um Wandzeitungen, Aufsätze, Videoproduktionen u.ä. Ein Teil der Wettbewerbsbeiträge konnte der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, sie wurden am Tag der offenen Tür im Justizzentrum in Erfurt ausgestellt. Danke schön.

Ich sehe keine Nachfragen. Danke schön, Herr Minister. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/2687. Bitte, Frau Abgeordnete Arenhövel.

Praxis der Kostenerstattung von Krankenhausleistungen durch die Krankenkassen

In letzter Zeit ist in der Öffentlichkeit bekannt geworden, dass durch die Art der Kostenerstattung bei offenbar strittigen Fällen den Krankenhäusern Außenstände in mehrstelliger Millionenhöhe entstanden sind. So hat sich unter anderem die Landeskrankenhausgesellschaft Thüringen e.V. an die Landesregierung mit der Bitte gewandt, die Krankenkassen zu einem anderen Zahlungsverhalten zu bewegen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung die gegenwärtige Praxis der Kostenerstattung und wie groß ist die Dimension der in Rede stehenden Außenstände?