Protokoll der Sitzung vom 10.10.2002

1. Sind gemeinsame Veranstaltungen zwischen Kommunen und einzelnen politischen Parteien bzw. deren Gliederungen zu anderen als kommunalen Zwecken mit dem Kommunalrecht vereinbar?

2. Sind Kommunen in Wahlkampfzeiten - die Veranstaltung fand eine Woche vor der Bundestagswahl statt - zu besonderer Zurückhaltung gegenüber parteipolitischen Aktivitäten verpflichtet?

3. Ist das Versenden der Einladungen durch die Stadt mit dem kommunalen Haushaltsrecht vereinbar?

4. Wie steht die Landesregierung grundsätzlich zu gemeinsamen Veranstaltungen zwischen Kommunen und Parteien?

Herr Staatssekretär Scherer, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Doht beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1: Nein, da sich Gemeinden grundsätzlich nur mit Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft befassen dürfen, zu denen jedoch auch gemeinwohlorientierte Veranstaltungen gehören können.

Zu Frage 2: Die beantworte ich mit Ja.

Zu Frage 3: Ob das Versenden von Einladungen durch eine Stadt mit dem kommunalen Haushaltsrecht vereinbar ist, hängt von den konkreten Umständen dieses Falles ab. Es obliegt der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit der Gemeinde zu überwachen. Sie wird den Vorgang prüfen.

Zu Frage 4: Bei der Bewertung gemeinsamer Veranstaltungen zwischen Kommunen und Parteien sind insbesondere die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Neutralitätspflicht entwickelten Grundsätze anzuwenden. Hieraus ergibt sich eine Neutralitätspflicht für staatliche Stellen und Kommunen gegenüber Parteien. Bei gemeinsamen Veranstaltungen zwischen Kommunen und Parteien ist insbesondere der verfolgte Zweck maßgeblich für die Beurteilung. Letztlich ist die Frage nach der Zulässigkeit einer entsprechenden Zusammenarbeit jedoch immer am konkreten Einzelfall zu prüfen.

Es gibt Nachfragen. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Scherer, wie sieht die Landesregierung die Zulässigkeit am konkreten Einzelfall?

Nach dem konkreten Einzelfall war bisher nicht gefragt und die Beurteilung der Zulässigkeit dieses konkreten Einzelfalls, das habe ich insofern beantwortet, obliegt der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde und das ist im Zweifel das zuständige Landratsamt.

Danke schön. Ich sehe keine weiteren Nachfragen. Wir kommen zur Frage des Abgeordneten Herrn Nothnagel in Drucksache 3/2746. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Begleitforschung im Bereich der Altenpflege und Behindertenhilfe

Ich frage die Landesregierung:

1. Hat die Landesregierung in dieser Legislatur wissenschaftliche Aufträge zur Untersuchung und/oder Evaluierung der offenen Altenpflege und der Behindertenhilfe in Auftrag gegeben?

2. Wenn ja, welche Aufgabenstellung wurde seitens des Ministeriums formuliert?

3. Welche Forschungseinrichtungen haben den Auftrag des Ministeriums erhalten?

4. Bis wann sollen Ergebnisformen vorliegen und beabsichtigt die Landesregierung, diese zu veröffentlichen?

Herr Minister Dr. Pietzsch, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Abgeordneter Nothnagel!

Zu Frage 1: Ja, die Landesregierung hat am 19.04.2000 eine wissenschaftliche Begleitforschung zur Durchführung des 2. Thüringer Schwerbehindertensonderprogramms über einen Zeitraum von fünf Jahren in Auftrag gegeben.

Zu Frage 2: Die Aufgabenstellung lautet: Die mit dem Sonderprogramm erreichten Effekte im Hinblick auf künftige Fördermaßnahmen sind zu untersuchen und zu bewerten. Mit einem geeigneten Methodeninventar sind die

Daten anhand einer repräsentativen Anzahl von Förderfällen zu erfassen und statistisch aufzuarbeiten und auszuwerten.

Zu Frage 3: Die Bietergemeinschaft Suhler Bildungswerke e.V. und SEKUS Dienstleistungs GmbH erhielten den Auftrag.

Zu Frage 4: Seit Anfang Oktober liegt der Abschlussbericht des Jahres 2001 vor. Dieser wird Ihnen entsprechend den Festlegungen in der 44. Plenarsitzung, also vom Mai 2001, sowie der 26. Sitzung des Ausschusses für Soziales und Familie in den nächsten Tagen zugeleitet. Wie unter Frage 1 bereits dargelegt, beträgt der Gesamtzeitraum der Untersuchung fünf Jahre. Dementsprechend kann es nur eine erste Auswertung sein. Nach Auslaufen der Förderung von drei Jahren und der sich anschließenden Beschäftigungspflicht von einem Jahr werden wir dann überprüfen, wie weit die geförderten Betroffenen im Arbeitsprozess geblieben sind. Das ist uns eigentlich das Wichtigste, um zu sehen, wie weit es langfristig Auswirkungen hat. Dementsprechend bedarf diese Auswertung natürlich erst einmal des Ablaufs des ganzen Förderzeitraums.

Ich sehe keine Nachfragen. Danke schön, Herr Minister. Sie hatten ein Nachfrage,

(Zuruf Abg. Nothnagel, PDS: Ja.)

Herr Nothnagel oder nicht? Also, dann bitte, Herr Minister, kommen Sie noch einmal vor. Es gilt auch jetzt wirklich für alle Abgeordneten, wenn Sie das ein bisschen beschleunigen könnten und sich bitte an das Mikrofon stellen, dass ich das rechtzeitig erkennen kann, dass noch Nachfragen kommen.

Tut mit Leid, dass mein Arm ein bisschen kurz ist, aber ich hatte mich gemeldet.

(Zwischenruf Dr. Pietzsch, Minister für Soziales, Familie und Gesundheit: Nein, hinstellen.)

Ja, hinstellen kann ich mich auch. Noch eine Nachfrage hinsichtlich des Altenpflegebereichs: Ist in dem Bereich noch etwas geplant? Weil Sie ja jetzt nur hinsichtlich des Behindertenbereichs Ausführungen gemacht haben.

Konkret ist dort noch nichts geplant. Wir werden aber sehen, im Rahmen des Soziokulturellen Forums für einzelne Projekte, die dort laufen oder laufen werden, möglicherweise eine entsprechende wissenschaftliche Begleitung statt

findet. Ich kann mich aber jetzt noch nicht festlegen.

Gibt es weitere Nachfragen? Dann kommen wir zur nächsten Frage in Drucksache 3/2747. Bitte, Herr Abgeordneter Kummer.

Enorme Gebührenentlastung für Gemeinden des Wasserund Abwasserzweckverbands Kahla

Einer Presseerklärung des Thüringer Ministeriums für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt vom 18. September 2002 war zu entnehmen, dass aus dem Strukturhilfeprogramm 21,11 Mio. ) ser- und Abwasserzweckverbands Kahla und Umgebung mit dem Zweckverband Wasser/Abwasser der Gemeinden im Thüringer Holzland zur Verfügung gestellt wurden. Das soll zu einer drastischen Gebührenentlastung im Kahlaer Verband führen. Außerdem erhielt der Verband bisher noch Finanzhilfen von 9,7 Mio.   soll bis 2006 weitere 14 Mio.  erhalten. Der Presseerklärung des TMLNU war zu entnehmen, dass der WAV Kahla bisher zu keinem Zeitpunkt kostendeckende Mengengebühren erhob.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Gebührenentlastungen dieser Art beabsichtigt die Landesregierung für weitere Wasser-, Abwasserzweckverbände durchzuführen?

2. Warum wurde das Prinzip der kostendeckenden Gebühren nicht spätestens nach der ersten Finanzhilfe für den WAV Kahla durchgesetzt?

3. Wie wird sich dieses Beispiel nach Meinung der Landesregierung auf die Erhebung kostendeckender Gebühren in anderen Verbänden auswirken?

Herr Staatssekretär Scherer, bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kummer beantworte ich für die Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: In den Jahren 2003 und 2004 sind weitere Strukturveränderungen vorgesehen. Eine detaillierte Bezifferung der Gebührenentlastung im Falle einer Strukturveränderung kann erst nach Erstellung der jeweiligen Strukturkonsolidierungskonzepte erfolgen. Diese sind im Bedarfsfall dann zu erarbeiten.

Zu Frage 2: Innerhalb des Bewilligungsverfahrens wurde die Erhebung kostendeckender Entgelte durch die Umsetzung der Sanierungskonzeption beauflagt und im Rahmen von Ersatzvornahmen der Kommunalaufsicht des Landratsamts Saale-Holzland-Kreis durchgesetzt. Mit der Ersatzvornahme der Kommunalaufsicht wurden kostendeckende Gebühren festgesetzt. Nicht gebührenfähige Verluste, die aus der Nichterhebung kostendeckender Entgelte resultieren, wurden per Ersatzvornahme im Haushalt 2001 durch Umlagen festgesetzt.

Zu Frage 3: Das im Thüringer Kommunalaufgabengesetz verankerte Kostendeckungsprinzip ist von den Aufgabenträgern zu beachten und von den Rechtsaufsichtsbehörden mit kommunalaufsichtlichen Mitteln durchzusetzen.

Gibt es Nachfragen? Bitte schön, Herr Kummer.

Herr Staatssekretär, wo waren denn die Kommunalaufsichtsbehörden, bevor die erste Zahlung an den WAV Kahla geleistet wurde?

Die Festsetzung von deckenden Gebühren ist eine gemeindliche Selbstverwaltungsaufgabe, die zunächst dem Verband überlassen war und nachdem eine Prüfung eingesetzt hatte, wurde durch die Kommunalaufsicht auch reagiert. Es wurde, das wissen Sie ja, dann auch ein Bevollmächtigter eingesetzt.

Danke schön, Herr Staatssekretär. Wir kommen zur nächsten Frage in Drucksache 3/2753, eine Frage der Frau Abgeordneten Wolf. Wie ich sehe, werden Sie die Frage vortragen, Frau Abgeordnete Thierbach. Bitte schön.