Protokoll der Sitzung vom 11.10.2002

Ich wollte auch gar nicht hierzu reden, aber wenn Herr Wunderlich was sagt, muss ich ja wenigstens versuchen zu sagen, wie ich das sehe. Das müssen Sie mir dann auch schon gestatten und mir nicht schon vorher eine drüberbraten, was sowieso nicht stimmt, aber damit muss man eben leben jeden Tag. Herr Wunderlich, wir haben in Dachwig mitten im Dorf ein großes Freibad gebaut. Da sind die Erfurter gekommen, wir mussten drei Flächen bereitstellen, also lange vorher. Wir waren kein Obersportzentrum, wir waren ein normales Zentrum. Wir haben ein kleines Hallenbad gebaut, das ist seit 1990 geschlossen. Nichts zu machen, kriegst du nicht auf, für die jungen Leute nichts zu machen. Das kann doch wohl nicht wahr sein. In fünf Jahren reißen sie es ab, denke ich, das muss man auch sagen. Wenn in Rudolstadt kein Bad gebaut worden ist zu DDRZeiten, in vielen Dörfern und in vielen Städten, ich kenne viele Bäder in Thüringen,

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Da gab es noch keine Hallenbäder oder Spaß- bäder, erzählen Sie nicht so einen Mist!)

ich kenne sie. Ich kenne viele Bäder in Thüringen, die sind gebaut worden, Hallenbäder. So viel Geld war auch nicht da wie heute für die ganzen Spaßbäder, die gebaut worden sind, wo eine Familie mit vier Kindern gar nicht mehr hingehen kann. Wenn ich Ihnen sage - erzähl keinen Mist -, meine Tochter war in Oberhof, die hat gesagt...

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU:... größten Mist!)

Wissen Sie, was Mist ist?

(Beifall bei der PDS)

Das ist ordentlicher organischer Dünger für die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit,

(Beifall und Heiterkeit bei der PDS)

das will ich Ihnen mal sagen. Deklinieren Sie das nicht so ab, aber das kommt auch davon, weil Sie von Mist und von so was gar nichts verstehen, höchstens was vom Wald.

(Beifall Abg. Wackernagel, CDU)

Jetzt hören Sie auf und machen mich nicht noch extra schlecht. Ich will nur sagen, es wurden viele Bäder gebaut. Unser Hallenbad in unserem Dorf ist nie eröffnet worden. Das wäre eröffnet worden, aber nicht für Spitzensportler, sondern für normale Bürger. Und dann will ich fragen: Wie oft waren Sie überhaupt schon in der Sauna?

(Heiterkeit bei der PDS)

Da gehen Sie gar nicht hin. Ich gehe jede Woche zwei Mal in die Sauna und putze mich. Hören Sie auf damit,

(Heiterkeit im Hause)

dass das alles schlecht war. Das will ich Ihnen sagen. Wir wissen ja, dass Leute gedopt worden sind, dafür sind auch welche verurteilt worden, dafür sind auch welche abgesetzt worden, da sind auch welche aus ihrem Beruf rausgeschmissen worden. Das wissen wir doch alles. Aber es wird ja heute noch gedopt in Größenordnungen. Sie haben das ja bei der Tour de France gesehen, halten Sie uns das nicht immer vor. Ich bin auch nicht für Doping gewesen. Auch tiefe Stimmen, Herr Minister, stimmt auf alle Fälle, aber ich finde die trotzdem gut, die beim ZDF Sport moderiert, die finde ich gut. Da kann ich nichts sagen. Das muss ich hier noch sagen. Ich könnte noch viel mehr über diese Sachen erzählen. Das interessiert aber das hohe Haus nicht so. Das will ich nicht sagen, nur Ihnen muss man da so antworten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Eines muss ich zum Abschluss auch noch sagen. Wenn ihr diese ganzen ernsten Probleme, die hier angesprochen worden sind, so darstellt, dann bin ich erschrocken, wenn ich in der Zeitung lese, sie wollen soundso viel Freibäder schließen, weil sich das nicht mehr rentiert. Das ist doch auch Breitensport. Das wollen wir doch alle. Wollen Freibäder schließen - wissen Sie nicht, wissen Sie nicht, warten Sie nur ab, ich habe es doch in der Zeitung gelesen - in Größenordnungen. Wir sollten uns doch kümmern, wir sollten uns doch um das erst einmal grundsätzlich kümmern. Heute brauchen wir genauso Sportstätten für Spitzensportler wie damals. Das ist eine ganz klare Sache, da brauchen wir uns doch nichts vormachen. Es ist trotzdem ein ganz großer Teil der jungen Menschen allein über die KJS gefördert worden. Das wollen sie jetzt auch überall einführen. Überall wollen sie da so ein Zeug einführen, beim Fußball machen sie es in Größenordnungen. Also, da waren auch viele Leute ohne Doping.

(Zwischenruf Trautvetter, Finanzminister: Sportgymnasien!)

Sportgymnasien, genau. Aber es sind nicht alle gedopt, die da waren. Das muss ich Ihnen erstens sagen. Zweitens hatte ich gesagt, die sind auch verurteilt worden. Hören Sie damit auf heute, das weiter fortzuführen. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich denke, bei diesen Spezifiken, die jetzt in die Debatte kommen, dass die Debatte jetzt auch einen Punkt erreicht hat, wo wir uns fragen, ob das Plenum dazu noch der rich

tige Ort ist oder ob man nicht Befassungsanträge für die Ausschüsse stellen kann.

(Beifall bei der CDU)

Darf ich damit die Debatte für das Plenum schließen? Gut. Es ist Antrag auf Fortberatung im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Strukturpolitik gestellt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Dann ist die Fortberatung abgelehnt.

Dann kommen wir noch zur Feststellung darüber, ob das Berichtsersuchen gemäß § 106 Abs. 2 der GO erfüllt ist. Gibt es dagegen Widerspruch? Die SPD-Fraktion legt Widerspruch ein.

Die SPD-Fraktion widerspricht. Der Bericht des Ministers für Soziales, Familie und Gesundheit ist auf die betriebswirtschaftliche Situation der Erlebnisbäder nicht eingegangen. Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Infrastruktur hat das ausführlich getan, aber nur für eines dieser acht Erlebnisbäder. Deshalb sehen wir das Berichtsersuchen als nicht erfüllt an.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Die Geschäftsordnung sieht aber vor, dass wir darüber abstimmen. Wer der Meinung ist, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Danke. Enthaltungen? Das ist nicht der Fall. Dann ist mit einer Mehrheit beschlossen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist.

(Zwischenruf Abg. Nothnagel, PDS: Wäre ja auch ein Wunder gewesen!)

Ich schließe den Tagesordnungspunkt. Wir kommen jetzt zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 13

Wirtschaftliche Belastungen von Kommunen durch geförderte Einrichtungen für den Fremdenverkehr/Tourismus, das Kur- und Bäderwesen sowie für Hallen- und Freibäder Antrag der Fraktion der PDS - Drucksache 3/2727

Hier wird Begründung durch die einreichende Fraktion gewünscht. Frau Abgeordnete Dr. Wildauer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sahen uns zu dem vorliegenden Antrag veranlasst, nachdem die SPD-Fraktion ihren eben abgehandelten Antrag zur drohenden Bäderinsolvenz vorlegte. Die Diskussion zeigt eigentlich, dass wir schon mittendrin im nächsten Antrag sind. Wir meinten, dass noch eine ganze Reihe weiterer Fragen durch die Landesregierung zu beantworten ist. Wir haben sie im Antrag aufgeführt. Ich möchte nur drei nennen: eine Frage wie die nach der wirtschaftlichen Erfüllung der Förderziele, wie die nach von der Landesregierung vorgesehenen Maßnahmen zum Erhalt der Einrichtungen und Entlastung der Kommunen und wie die nach erkennbaren Auswirkungen der zu verabschiedenden Schwimm- und Badebeckenwasserverordnung.

Verpflichtet fühlten wir uns auch zur Thematisierung durch die öffentliche Diskussion der Entschuldung der Kureinrichtung Masserberg und der Insolvenz des Betreibers des TABBS in Tabarz.

Meine Damen und Herren, die großzügige Förderung des Freistaats für Freizeit-, Sport- und Erlebnisbäder, für Kureinrichtungen usw. motivierte eine ganze Reihe von Thüringer Gemeinden, in solche Einrichtungen direkt zu investieren oder für solche Einrichtungen kreditähnliche Rechtsgeschäfte abzuschließen. Der kommunale Eigenanteil für solche Investitionen musste durch Kommunalkredite finanziert werden, die allesamt kommunalaufsichtlich, also durch das Land, genehmigt wurden, so auch das Tabarzer Erlebnisbad. Bei Privatinvestitionen haben die Kommunen oftmals kreditähnliche Rechtsgeschäfte abgeschlossen, wie z.B. Ausfallbürgschaften, Rückübertragungsverträge, Mietkäufe. Auch diese kreditähnlichen Rechtsgeschäfte unterlagen der rechtsaufsichtlichen Genehmigung. Insofern trägt hier das Land doch eine finanzielle Mitverantwortung, wenn Gemeinden ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können.

Hier noch eine Bemerkung zur Gemeinde Tabarz, weil diese Minister Schuster benannte. Die Gemeinde Tabarz muss aus allgemeinen Haushaltsmitteln gegenwärtig die Tilgung und die Zinsen realisieren und hat Probleme, weil der TABBS-Betreiber gegenwärtig keine Miete zahlt. Wenn die Zahlen nicht stimmen sollten, die vorgelegt wurden, dann besteht auch die Notwendigkeit, hier eine Prüfung zu veranlassen. Unser Antrag zielt darauf ab, diese Verantwortung des Landes zu thematisieren und erste Lösungsvarianten zur Diskussion zu stellen. Grundlage hierfür ist eine reale Lageanalyse, die unsere Fraktion von der Landesregierung erwartet. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das war die Begründung noch einmal. Den Sofortbericht für die Landesregierung wird Herr Staatssekretär

Scherer geben.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Fremdenverkehr ist in Thüringen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Zur Erhaltung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sind daher eine marktgerechte Angebotsentwicklung und eine gut ausgebaute Infrastruktur unabdingbar. Dabei können die von der Landesregierung verfolgten Förderziele grundsätzlich als erfüllt angesehen werden. Die in Betrieb genommenen Einrichtungen haben zu einer zum Teil erheblichen Erhöhung der Gäste- und Übernachtungszahlen in der jeweiligen Region beigetragen. Die touristische Infrastrukturförderung konzentriert sich seit etwa Mitte der 90er Jahre auf die Entwicklung der Kur-, Erholungs- und Modellorte sowie auf die Städte mit großer Bedeutung für den Fremdenverkehr. Die Förderung von Maßnahmen der touristischen Infrastruktur hat nicht nur dazu beigetragen, dass das örtliche Angebot lukrativer und damit wesentlich verbessert wurde, sondern wirkte sich zudem sehr positiv auf die Entwicklung der Gäste- und Übernachtungszahlen in den jeweiligen Städten und Gemeinden aus.

Ich will beispielhaft, entsprechend den eingangs genannten Förderzielen, die nachfolgenden fünf Gemeinden und Städte näher betrachten, zum einen Bad Langensalza. Die Stadt Bad Langensalza ist staatlich anerkanntes Heilbad. Beispielsweise im Jahr 1997 wurden u.a. die Errichtung der Orangerie und die Neugestaltung des Kurparks gefördert. In den Folgejahren von 1998 bis 2001 waren zweistellige Zuwächse der Übernachtungen zu verzeichnen, so dass sich die Anzahl der Übernachtungen mittlerweile mehr als verdoppelt hat.

Oder die Stadt Arnstadt: Die Stadt Arnstadt hat nicht nur Bedeutung für den Städtetourismus, sondern sie ist gleichzeitig touristischer Modellort. In 1997 wurde zum Beispiel der Umbau des Hallenbades gefördert. In den Folgejahren stiegen sowohl die Aufenthalte als auch die Übernachtungen in Arnstadt permanent an. Lediglich 2001 waren - dem allgemeinen Trend folgend - Rückgänge zu verzeichnen.

Die Stadt Sondershausen, die Kreis- und Musikstadt in Nordthüringen, hat ebenfalls Bedeutung für den Städteund Kulturtourismus. Nach Eröffnung des Erlebnisbergwerkes konnte die Stadt Sondershausen bei den Gästen und Übernachtungen jährlich zweistellige Zuwächse verzeichnen und dieser Trend hält im Übrigen bis heute an.

Zu guter Letzt noch Oberhof und Tabarz; beide Orte sind anerkannte Luftkurorte und verfügen u.a. über ein gefördertes Erlebnisbad. Betrachtet man in Oberhof die Entwicklung der Beherbungszahlen, dann wird deutlich, dass seit 1997 bis einschließlich 2001 im Bereich der Ankünfte und Übernachtungen stetige Steigerungen zu verzeichnen sind. In Tabarz ist eine ähnliche Entwicklung zu verzeichnen,

auch wenn die Zuwächse hier nicht so hoch wie in Oberhof sind und sich bereits 2001 tendenziell eine eher rückläufige Entwicklung angedeutet hat.

Meine Damen und Herren, der durch diese Investitionen erwartete positive Effekt für die jeweiligen Fremdenverkehrsorte und -gebiete ist eingetreten. Die touristischen Attraktionen tragen zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen in der Fremdenverkehrswirtschaft sowie in peripheren Bereichen, wie Dienstleistungen und Handwerk, bei. Sie wirken damit als weiche Standortfaktoren positiv auf die Bevölkerung und das Investitionsklima. Bei den Investitionen geht es nicht nur um die Schaffung attraktiver Freizeitangebote, sondern es geht auch um saisonverlängernde Maßnahmen. Da beispielsweise die Erlebnisbäder witterungsunabhängig und damit ganzjährig nutzbar sind, tritt ein zusätzlicher Effekt für den Fremdenverkehr ein.

Solche Einrichtungen können jedoch zum großen Teil nicht kostendeckend betrieben werden. Ich denke dabei z.B. an Gästeinformationen oder Kurparks. Die ungedeckten Kosten aus der Unterhaltung der öffentlichen Einrichtungen für den Tourismus sind aus dem Haushalt der betreffenden Kommunen zu decken. Der Fremdenverkehr ist generell eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. In bestimmten Regionen des Landes, z.B. den Thüringer Wald, ist Fremdenverkehr aber ein wesentliches Standbein. Oder in der Rhön z.B. gibt es zum Fremdenverkehr kaum Alternativen und in derartigen Gemeinden ist der Betrieb touristischer Einrichtungen praktisch dann doch als Pflichtaufgabe einzustufen. Die betreffenden Kommunen müssen mit einem nicht unerheblichen zeitlichen Vorlauf in die touristische Infrastruktur investieren, bevor hieraus Einnahmen erzielt werden können, die allerdings, wie bereits gesagt, eben selten kostendeckend gestaltet werden können.

Zudem wäre es ein Trugschluss, eine wirtschaftliche Schieflage einer Kommune allein auf solche nicht kostendeckend arbeitenden Einrichtungen zurückzuführen. Im Gegenzug ist es leider auch kein Indiz für eine stabile wirtschaftliche Lage einer Kommune, wenn die Gäste- und Übernachtungszahlen oder die Einnahmen aus dem Tourismusbereich steigen. Denn diese etwaigen positiven Tendenzen werden durch die Einnahmewegbrüche in anderen Bereichen, z.B. bei der Gewerbesteuer, mehr als neutralisiert. So haben sich gegenüber 1999 im Jahr 2001 die Gesamteinnahmen der Thüringer Kommunen um 226 Mio.  verringert. Daraus wird deutlich, dass es keine verallgemeinerungsfähigen Regeln über den Zusammenhang von wirtschaftlichem Erfolg oder Misserfolg touristischer Einrichtungen und der Situation des jeweiligen kommunalen Haushalts ergibt. Vielmehr muss eine Einzelbetrachtung unter Berücksichtigung des gesamten Haushalts erfolgen.

Im Mai dieses Jahres erfolgte durch das Innenministerium eine Abfrage aller Kommunen zu Belastungen aus der Betreibung von Erlebnis-, Hallen- und Freibädern, nachdem bereits in der Vergangenheit zu bestimmten Ein

richtungen gezielte Abfragen durchgeführt worden waren. Pauschale Sofortmaßnahmen zum Erhalt der Einrichtungen und zur Entlastung der Kommunen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht hilfreich. Dazu sind die Faktoren, die zu wirtschaftlichen Schieflagen bei touristischen Einrichtungen, insbesondere eben bei den Erlebnisbädern, geführt haben, zu vielfältig. Hierzu zählen u.a. rückläufige Besucherzahlen, Defizite im Betreibermanagement, unzureichende Vermarktungstrategien sowie der Anstieg der Betriebskosten als wesentliche Einflussgröße auf die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen.