Dann sind Sie doch derjenige, der bestätigt, dass es die Affäre Dewes, vertreten durch die gestohlenen Festplatten, gar nicht gibt, dass es eine Legende ist, die aufrecht erhalten worden ist, die immer gepflegt worden ist und die man genutzt hat, als man sie gebraucht hat.
Meine Damen und Herren, am 17. Mai 2001 sagte der Innenminister Christian Köckert, Frau Präsidentin, ich zitiere: "Ich verstehe sehr wohl die Rufe, dass die Verantwortlichen für eine solche Situation zurückzutreten haben, und ich kann Ihnen versichern, die für diese Zustände Verantwortlichen sind nicht mehr im Amt. Der eine Verantwortliche ist vom Wähler vor eineinhalb Jahren deutlich abgewählt worden und der andere wurde auf meine Bitte hin vom Ministerpräsidenten des Freistaats vor einem halben Jahr in den Ruhestand versetzt."
Was haben wir? Wir haben am Montag die Einvernahme im Untersuchungsausschuss UA 3/3 des einen mit dem anderen. Wir werden mal hören, was in der Gegenüberstellung am Montag im UA 3/3 über die Glaubwürdigkeit des einen oder des anderen zu erörtern ist. Aber eins ist heute klar geworden, Herr Minister Köckert hat eben vor dem Parlament eingeräumt, dass er sich im Mai des Jahres 2001, also im zeitlichen Zusammenhang zu dem Zitat, das ich hier vorgetragen habe, als Minister entgegen aller sonstigen Gepflogenheiten eine CD für seinen Gebrauch hat fertigen lassen und er nimmt die Verantwortung für diese CD auf sich. Das heißt, er hat Daten gehabt und diese Daten sind verschwunden, in jedem Fall aber am 14. Juni 2001 zeitgerecht zu einer politischen Debatte in diesem hohen Haus in einer Tageszeitung abgedruckt worden und da waren Geheimnisse drin, da waren PKK-Protokolle drin, da waren Überwachungsgeschichten drin und Sicherheitsüberprüfungsgeschichten. Also Amtsgeheimnisse, also nicht eine Kleinigkeit, sondern ein schwerer Vorwurf, dass für politische Manöver
Daten möglicherweise in Umlauf gebracht werden. Insoweit, werter Herr Fiedler und auch Herr Gasser, habe ich nicht unzulässigerweise erheblich lange gezögert, sondern ich habe mich juristisch beraten lassen und wir haben eine Vorgehensweise abgesprochen, bei der zuerst ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt und im Nachgang dazu meine Zeugenaussage zur Verfügung gestellt wird. Als der ermittelnde Oberstaatsanwalt sich bei mir gemeldet hat, habe ich mich sofort bei ihm zur Verfügung gestellt und ihm sämtliche Informationen - Herr Fiedler, hören Sie zu - auch über die Akte "Sonnenlicht", sämtliche Informationen über den Herrn Linsel und andere, die mit dem Stichwort "Rotlichtaffäre" betrachtet werden und die alle Gegenstand dieses Gespräches waren, was an dem Tag mit den Journalisten stattgefunden hat und wo ich gesagt habe, man weiß gar nicht mehr, wem man noch trauen kann und wem man nicht mehr trauen kann und wer wen intrumentalisiert. Es ging nicht nur um die Frage, ob Unberechtigte Zugriff auf die Daten hatten. Mich hat vielmehr die Frage bewegt, ob Berechtigte den Zugriff hatten und sie gezielt weitergegeben haben. Ich glaube auch nicht, dass der Pressesprecher allein auf sich bezogen irgendwie überreagiert hat und allein gehandelt hat. Ich habe eher den Eindruck, dass man ihn jetzt alleine draußen stehen lässt, der Minister seine Verantwortung hier politisch gezogen hat. Deswegen glaube ich, dass in der Tat alles Weitere durch die Staatsanwaltschaft zu ermitteln ist.
Herr Gasser, es war ein schöner juristischer Vortrag, den Sie hier gehalten haben. Aber wenn ich mir überlege, dass Sie sagen, BKA greift nur ein bei Schwerstkriminalität, dann war wohl die Hausdurchsuchung in der Staatskanzlei Schwerstkriminalität. Da war das BKA im Einsatz. Und zur Weisung und dem Telefonieren von Herrn Birkmann - er hat mir an seinem letzten Tag gesagt, als ich ihm die Hand gegeben habe und mich verabschiedet habe, das wäre sein schwerster Fehler in seiner Amtszeit gewesen, am Tag der Hausdurchsuchung der Staatskanzlei zu viel telefoniert zu haben. Das ist freundlich umschrieben der Eingriff in die Justiz. Das habe ich den Damen und Herren in der Staatsanwaltschaft als mein Problem benannt. Ich habe ihnen persönlich gesagt, ich habe volles Vertrauen zu ihrer Arbeit, aber ich habe das Problem, wenn man zu dicht an einem Minister in Thüringen recherchiert, ermittelt und untersucht, dass es einem dann so geht, wie es bei der Pilz-Untersuchung in der Staatskanzlei gegangen ist, und seitdem erleben wir durch Herrn Gnauck ein Vorführen des Staates gegenüber der Rechtspflege, dass die Akten in einem Possenspiel nicht zur Verfügung gestellt werden.
Meine Damen und Herren, an dieser Stelle darf man als Oppositionsvertreter ein paar kritische Bemerkungen machen und sagen, also so geht man mit der Rechtspflege nicht um. Insoweit, Herr Gasser, danke ich für Ihre juristische Vorlesung. Sie hat nur mit den Thüringer Verhältnissen nichts zu tun.
Ich bin froh, dass der Ministerpräsident sich klar geäußert hat und hier ausdrücklich zugesagt hat, dass er Aufklärung will. Ich hoffe nicht, dass es den zynischen Beiklang bekommt wie in Hessen - der brutalstmöglichen Aufklärung, mir reicht eine sachgerechte. Vielen Dank.
Herr Ramelow, zu drei Punkten möchte ich schon etwas sagen. Ihre Argumentation ist kurzschlüssig bezüglich des Einsatzes des BKA in der Pilz-Affäre. Die gesetzlichen Voraussetzungen waren nicht gegeben, die Anforderung seitens der Staatsanwaltschaft war seinerzeit falsch. Das ist Nummer eins.
Das Zweite ist, Sie können davon ausgehen, dass ich hinsichtlich der Thüringer Verhältnisse sehr wohl informiert bin. Das Weitere betrifft jetzt Ihre Rechtfertigungsversuche, dass Sie sofort versucht haben, Ihre Kenntnisse der Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Das ist zumindest hinsichtlich eines Punktes nicht richtig oder Herr Dr. Dewes hat diesbezüglich das nicht richtig geschildert. Und da darf ich Sie bitten, doch noch einmal darüber nachzudenken, dass Sie nicht im Landtag die Unwahrheit sagen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es gibt sicherlich noch eine Vielzahl von Dingen zu diskutieren und aufzuklären, aber ich glaube, dass es nach den letzten Redebeiträgen vielleicht wieder einmal an der Zeit ist, darauf zurückzukommen, was hier heute in dieser Sitzung passiert ist, und womit auch bestätigt ist, weshalb wir als SPD-Fraktion diese Sondersitzung beantragt haben. Aber lassen Sie mich, bevor ich dazu komme, noch einmal zwei Sätze zu Herrn Kollegen Fiedler sagen:
Herr Kollege Fiedler, es gibt die Kraft der zwei Herzen. Bei Ihnen gibt es das Wissen aus zwei Kommissionen.
Und mehr, möglicherweise. Möglicherweise haben Sie auch beides. Das Problem ist nur, dass Sie Ihr Wissen nicht im Ausschuss preisgeben, sondern im Anschluss einer Ausschuss-Sitzung und dass wir genau auf diesen Punkt eingegangen sind. Ihre Rede vorhin hat sehr deutlich gemacht, das war nicht eine Rede an den Thüringer Landtag, es war eine Rede an die CDU-Fraktion, weil hier Aufklärungsbedarf ist.
Das, lieber Herr Fiedler, ist aber Ihr Problem, und ich weiß nicht, ob das auch möglicherweise schon etwas mit der Nachfolge zu tun hat. Aber das müssen Sie alles unter sich ausmachen.
Insofern gab es eine Reihe von Fragen unmittelbar nach der Ausschuss-Sitzung, Herr Fiedler, und dazu stehe ich nach wie vor, diese Ausschuss-Sitzung war eine Farce, weil Fragen nicht beantwortet worden sind, sondern viele Dinge erst im Nachgang der Ausschuss-Sitzung angesprochen wurden, beispielsweise von Ihnen.
Genau das habe ich gesagt, es sind viele Fragen offen geblieben, wenig Antworten gegeben worden. Das ist in dieser Angelegenheit, was das Innenministerium in diesem Lande angeht, schon seit Jahren so, weil bislang die Affären, die diskutiert worden sind, alle nicht aufgeklärt wurden. Herr Fiedler, das werden Sie zugestehen müssen. Insofern - ach diskutieren Sie doch nicht immer über die Frage von Vorgängern - geht es - und das ist hier angesprochen worden, sowohl von Herrn Ministerpräsidenten als auch von Herrn Althaus - im Übrigen in einem Punkt, Herr Althaus, kann ich Ihnen zustimmen, Sie sagen, das Innenministerium ist ein schwieriges Ministerium, möglicherweise sind auch Innenminister schwierige Menschen, das kann durchaus sein, aber was die Vielzahl von unaufgeklärten Affären angeht, so denke ich, dass das, was in den letzten Wochen passiert ist, sozusagen das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Genau aus diesem Grund, meine Damen und Herren, hat die SPD-Fraktion eine Sondersitzung des Landtags einberufen und im Vorfeld eine Sondersitzung des Innenausschusses. Herr Fiedler, ich will
mich darüber nicht mit Ihnen streiten, wer denn nun eher den Antrag eingereicht hat, nachdem am Wochenende diese Sitzung eingefordert worden ist. Wir waren uns in dem Punkt einig, dass beide Aufklärung wollen, insofern lege ich da keinen Wert auf das Erstgeburtsrecht. Die Affäre in der letzten Woche hat das Fass zum Überlaufen gebracht, die heutige Sondersitzung hat stattgefunden. An dieser Stelle, sage ich einmal, verstehe ich die Aufgeregtheit des Herrn Ministerpräsidenten überhaupt nicht. Er hat nun gefragt, wieso wir hier die einzelnen Forderungen nicht noch einmal untersetzt haben. Herr Ministerpräsident, gerade bei Ihnen dachte ich, Sie seien Demokrat genug, um zu verstehen.
Nein, das war jetzt eine wirkliche Wertschätzung. Ich denke, das weiß der Ministerpräsident auch. Das meine ich ganz ehrlich, dass Sie Demokrat genug sind, um zu wissen, wir haben einen Antrag eingereicht, der in zwei Aspekte unterteilt ist:
1. Die Landesregierung wird aufgefordert, über ihre Erkenntnisse zu dem schwer wiegenden Verdacht, aus dem Verantwortungsbereich des Thüringer Innenministeriums seien gezielt geheime Daten an die Presse weitergegeben worden, zu berichten. Dieser Bericht ist erfolgt. Ob der Bericht damit alle Fragen geklärt hat, das, denke ich, wissen wir alle, dass das nicht der Fall ist.
2. Der Ministerpräsident wird aufgefordert, eine Untersuchung dieser Vorwürfe durch externe unabhängige Ermittler anzuordnen. Das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, der hier in diesem Plenum jetzt abgestimmt werden muss; und der zweite Anstrich unter Punkt zwei, den Innenminister einstweilig von seinen Aufgaben zu entbinden.
Dieses brauchen wir nicht mehr abzustimmen, weil Minister Köckert - und dieses zollt Respekt - die politische Verantwortung übernommen und seinen Rücktritt angeboten hat, wovon wir jetzt ausgehen, das genau dieses dann auch umgesetzt wird. Das aber ist dann die Aufgabe des Ministerpräsidenten. Ich glaube, es hat auch ein Stückchen etwas mit Menschlichkeit und mit Wertschätzung zu tun, dass man nach einer solchen Aussage eines Ministers die Diskussion in einer bestimmten Schärfe hier nicht führt. Nicht mehr und nicht weniger, Herr Ministerpräsident, war das Anliegen unserer Fraktion. Und wer das nicht versteht, der hat vielleicht Interesse daran, dass der eigene Minister aus dem eigenen Kabinett noch in bestimmter Schärfe das eine oder andere hier noch um die Ohren gehauen bekommt.
Insofern war unser Antrag berechtigt. Unser Antrag ist in Teilen abgearbeitet. Wenn wir uns einig sind und der Ministerpräsident genauso an einer Aufklärung in allen
Details interessiert ist, nicht nur was diesen einen Fall im Innenministerium angeht, sondern alle noch unaufgeklärten Affären, dann, glaube ich, werden wir gut zusammenarbeiten, aber dann wäre es auch sinnvoll, wenn externer Sachverstand mit einbezogen wäre, weil ich schon glaube, dass diese Situation so schwierig ist, dass es einfach vonnöten ist, Sachverstand von außen mit einzubeziehen. Ich würde mir wünschen, dass wir in dieser Frage alle zusammenarbeiten, um den Schaden und die tatsächlich vorhandene Vertrauenskrise in diesem Land wieder beseitigen zu können. Danke schön.
Damit sind alle Redemeldungen erschöpft, ich kann also die Aussprache schließen. Es bleibt mir festzustellen, dass das Berichtsersuchen zu Nr. 1 des Antrags gemäß § 106 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung erfüllt ist. Dagegen erhebt sich auch kein Widerspruch. Es bleibt jetzt noch über den ersten Spiegelstrich in Nr. 2 abzustimmen: "Der Ministerpräsident wird aufgefordert, eine Untersuchung dieser Vorwürfe durch externe unabhängige Ermittler anzuordnen." Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? Dann mit einer Mehrheit von Gegenstimmen abgelehnt. Ich kann damit den Tagesordnungspunkt schließen und...
Wie? Das bezog sich aber, glaube ich, nicht direkt auf den Antrag. Es gibt ja auch noch eine Selbstbefassung im Innenausschuss. Das Thema wird dem Innenausschuss erhalten bleiben. Es war nicht auf den Antrag bezogen, so habe ich das hier verstanden.
Der zweite Spiegelstrich war für erledigt erklärt worden, damit kann ich den Tagesordnungspunkt schließen und auch unsere heutige Sitzung, die wir zu diesem Punkt hatten und darauf hinweisen, dass wir uns am 21. und 22. November 2002 wieder sehen und heute Abend.