Protokoll der Sitzung vom 13.12.2002

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Sie hätten Ihre Scheuklappen mitbringen sollen, Herr Kummer.)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich möchte mich den inhaltlichen Ausführungen meines Vorredners voll anschließen.

(Beifall bei der SPD)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Danke, dann brauchen Sie ja nichts mehr zu sagen.)

Er hat es noch einmal deutlich gemacht, ein Landwirt würde sagen, es geht um die Bedrohung des Waldes durch 0,025 Großvieheinheiten pro Hektar oder 3 g Pferd pro Quadratmeter.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat sich hier eindeutig verrannt und der Gesetzgeber gleich mit. Dazu fällt mir nur noch eins ein, ich möchte Ihnen einen kleinen Text von Peter Wahl vortragen, der da besagt: "Eine Weisheit der Dakota-Indianer sagt, wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab." Im Leben, im Allgemeinen und in der Politik im Besonderen, versuchen wir meist andere Strategien: Wir wechseln die Reiterinnen. Wir besorgen eine stärkere Peitsche. Wir gründen einen Arbeitskreis, um das Pferd zu analysieren. Wir machen eine Strukturreform, um das Pferd kampagnefähig zu machen. Wir entwickeln eine Neudefinition des Begriffs "tot". Wir bilden eine Taskforce, um das Pferd wiederzubekommen. Wir machen einen Qualifizierungskursus über die Ernährung von toten Pferden.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Es ist doch Advent und nicht Karneval.)

Wir schirren mehrere tote Pferde zusammen, damit sie schneller werden. Wir holen externe Expertisen von Profis über das Reiten toter Pferde ein. Wir verbessern die Öffentlichkeitsarbeit und sagen: Das Pferd ist quicklebendig. Wir sagen: Andere Pferde sind noch viel toter. Wir fahren in die USA, um dort Erfahrungen mit toten Pferden zu studieren. Wir werben Leute von außen an, die das tote Pferd reiten sollen. Wir stellen Extrafutter bereit, um die Leistung des Pferdes zu erhöhen.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Das ist aber nun schon Karneval.)

Wir senken die Leistungsstandards für Pferde. Wir sagen: So haben wir das Pferd doch immer geritten. Wir können nicht absteigen, weil wir vom Pferd leben und Familie haben. Wir haben den Ehrgeiz Vorreiter zu werden. Wir passen unser Reiseziel programmatisch den neuen Bedingungen an.

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Herr Kum- mer auf einem toten Pferd.)

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich kann Ihnen nur empfehlen, kommen Sie von Ihrem toten Pferd runter und tun Sie diesen Gesetzentwurf dahin, wo er hingehört, nämlich in den Papierkorb. Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS, SPD)

Es hat jetzt das Wort der Abgeordnete Primas, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Frau Dr. Klaus, sie ist nicht mehr da.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie übt Galopp.)

Sie macht jetzt die Schilder wieder ab oder läuft Galopp, weiß ich nicht. Ich erinnere mich an vor 1999, da haben wir schon einmal über das Gesetz diskutiert. Da hatten wir wenigstens ein paar echte Pferde noch vor der Tür auf meinem Parkplatz. Ich habe mich richtig gefreut darüber, weil ich so selten welche sehe, offensichtlich. Selbst das ist mir dieses Mal nicht vergönnt. Dafür hatten wir Frau Dr. Klaus.

Herr Kummer, zu Ihnen muss ich nichts äußern, da war nichts dabei, über das es sich lohnt etwas zu sagen. Herr Dr. Botz, wenn man Sie so reden hört, das ist die richtige europäische Schule, viel gesagt, schön umschrieben - aber voll daneben.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Mit den Fakten habt ihr Probleme.)

(Beifall bei der CDU)

All das, was Sie hier vorgetragen haben, hat mir richtig Spaß gemacht. Es ist richtig deutlich geworden, wie Sie Lobbyist einer kleinen Gruppe sind und nicht etwa der ganzen Bevölkerung. Nur für eine kleine Gruppe haben Sie Lobbyist gespielt, das hat mir richtig gefallen.

(Beifall bei der CDU)

Ich gehe davon aus, dass alle - das Protokoll ist ja öffentlich - einmal zu lesen bekommen, auch die Betroffenen, um die es hier wirklich geht, und dann werden wir schauen, wie schön das ist, wenn man in den Großveranstaltungen sitzt, wo man vorgetragen bekommt, um was für Probleme es geht, und wie lächerlich dann im Parlament darüber gesprochen wird. Das tut mir ehrlich Leid. Wir haben tatsächlich versucht, mit der Anhörung alles zu erfassen, jeden zu Wort kommen zu lassen, um auch wirken zu lassen, wirklich, was ist zu lösen, wie können wir es machen. Dann wird in zweiter Lesung hier im Landtag das Ding abgetan, als wäre es nichts, als wären es völlig unbegründete Sachen, das ist ja nur für eine kleine Lobbygruppe. Sie haben es nur nicht gesagt, wir haben einen Landrat gehabt, der macht es ja nur wegen der Fürsten, da gab es auch einen Brief dazu usw. Gott sei Dank haben Sie sich nicht dazu herabgelassen, das so zu sagen, denn es stimmt so tatsächlich nicht.

Kommen wir doch einmal zur Sache - zu der Anhörung. Was waren denn die Kritikpunkte? Da wurde von Verschiedenen gesagt, Reiten soll total aus dem Wald verbannt werden mit diesem Gesetz. Es ist ein Verstoß gegen die Verfassung. Es verstößt gegen das Bundeswaldgesetz. In anderen Ländern, die es versucht haben, hat es nicht funktioniert. Der Tourismus wird kaputtgemacht, es bricht alles zusammen. Die Waldbesitzer, die werden so stur sein, dass die keiner Kompromisslösung zustimmen. Ich mache es mal nur verkürzt: Kommunen sind nicht ausreichend beteiligt, um die Vernetzung zu sichern. Schäden sind viel zu gering. Highlight war: Schlittenhunderennen können nicht mehr stattfinden und Klettern kam noch dazu. Klettern auf den Kletterfelsen, das wird dann in Thüringen völlig unmöglich sein.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Das ist doch nicht in Ordnung. Das haben wir doch kritisiert.)

Datenschutz muss eingehalten werden.

Dann die andere Richtung der Anhörung: Die Waldbesitzer haben hier in der Anhörung signalisiert, wir sind sehr wohl kompromissbereit. Ein anderer Verband hat eine generelle Zustimmungspflicht gefordert, auch für die jetzt befestigten Wege, die frei sind - auch dafür. Waldschäden wurden angeführt. Einseitige Bevorteilung der Reiter bei der Wegekennzeichnung ist gekommen von dem Forstverband. Die Wanderer z.B. müssen es selbst finanzieren,

wenn sie die Wanderwege auszeichnen. Hier wird diese kleine Gruppe bevorteilt. Sie kriegen ihre Wege vom Staat ausgezeichnet. Die Finanzierung müsste über die Reiter eigentlich erfolgen, auch das war in der Anhörung zu hören.

Schlittenhunde - dazu komme ich noch. Was wollen wir nun ändern oder wie ist es tatsächlich? Schauen wir einmal, Verfassung, das wurde oft vorgebracht, die halten wir nicht ein. Dazu verweise ich - ich trage das nicht vor - nur auf das Bundesverfassungsgerichtsurteil, das das eindeutig klärt, dass das machbar ist.

Tourismus: Wir haben in keiner Weise vor, den Tourismus zu zerstören, im Gegenteil, der soll gestärkt werden. Ich frage mich nur, warum andere Länder, die das haben, mit ausgezeichnetem Reitwegenetz werben für Tourismus.

(Beifall bei der CDU)

Mecklenburg-Vorpommern z.B. wirbt mit gekennzeichneten Reitwegen für den Tourismus und komischerweise steigt der Tourismus dort an.

(Zwischenruf Abg. Kummer, PDS: Das kön- nen wir doch so machen. Da brauchen wir doch das Gesetz nicht.)

Wieso nicht? Wieso verneinen wir das alles, das findet bei uns nicht statt, das darf nicht sein. Ich begreife das nicht. Oder sagen wir einmal diese Geschichte mit Sachsen. Sachsen wurde gesagt, das funktioniert nicht. Das ist versucht worden. Komischerweise kommt dann am 21.10. eine Pressemitteilung, dass die Reiterverbände mit der Landesregierung Sachsen zusammen ein Reitwegenetz auszeichnen, um den Tourismus zu steigern, und sind ganz froh darüber, dass das funktioniert, die Reiterverbände mit. Nehmen Sie das alles nicht zur Kenntnis?

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Was inte- ressiert mich Sachsen; wir sind hier in Thü- ringen. Und was kostet es in Sachsen?)

Oder gehen wir einmal weiter. Wie ist es denn tatsächlich nun in Niedersachsen, weil das immer angeführt wird? Niedersachsen hat unter SPD-Führung in diesem Frühjahr, im März, eine Verschärfung des geltenden Rechts beschlossen. Und was haben wir dann? Gekennzeichnete Wege, nur noch auf gekennzeichneten Wegen und ab und zu über Verordnung in einzelnen Kreisen kann festgelegt werden die Kennzeichnungspflicht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Das ist der Thüringer Landtag hier. Bin ich richtig?)

Entschuldigung einmal, Herr Dr. Botz, Sie führen ständig andere Länder an, wir sind die Bösen, alle anderen sind besser, dann müssen Sie schon gestatten, dass ich Ihnen Ihre SPD-Kollegen von Niedersachsen einmal vorhalte, wie es da funktioniert.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Hier inte- ressiert Thüringen.)

Das interessiert Sie nicht, das ist alles klar. Was haben wir nun getan? Wir haben versucht, all das aufzufangen in der Diskussion, und einen Änderungsantrag eingebracht, der sicherstellt, dass niemand aus dem Wald vertrieben wird,

(Beifall bei der CDU)

der stellt das eindeutig sicher. Wir kriegen es hin, dass - und da sage ich noch eins dazu, die Waldbesitzer sind übrigens damit einverstanden - die Einvernehmensregelung durch eine Benehmensregelung verändert wurde. Das ist ein ganz wichtiger Kritikpunkt gewesen, dass die Waldbesitzer verhindern können, dass geritten wird. Das ist weg, das ist raus. Wir haben die Kommunen jetzt beteiligt, dass wir ein geschlossenes Netz kriegen. All das ist, denke ich, ganz wichtig und deshalb sollte dem auch tatsächlich gefolgt werden.

Herr Dr. Botz, Sie können es nicht wissen, aber wenn Sie nachgeschaut hätten in den Unterlagen aus der großen Koalition, dann hätten Sie das Protokoll auch, was ich hier habe: Protokoll über die Koalitionsarbeitskreis-Sitzung vom 2. Juni 1999. Ich habe es hier mal zufällig vor mir liegen. Ich habe es da, Sie haben es bestimmt auch in Ihrer Fraktion. Da waren anwesend die Kollegen der CDU, von der SPD Herr Mehle, Dr. Mäde und Herr Weyh und Dr. Koth, da war das Ministerium anwesend, der Minister, da war der Waldbesitzerverband anwesend mit seinem Präsidenten und Geschäftsführer, der Landesjagdverband war anwesend mit Dr. Nenntwich, der Städte- und Gemeindebund mit Herrn Weigand, Nabu, der Reit- und Fahrverband mit Dr. Schile, mit Dr. Thiele und der Bauernverband mit Herrn Härcher und Herrn Sommer.

Da haben wir die ganzen Probleme erörtert. Dort haben wir nämlich schon einmal über das Reiterproblem gesprochen, wie kriegen wir das am besten hin und haben uns auf folgende Kompromisslinie geeinigt, die hatten wir schon einmal. Änderungswünsche: Zum § 6 Satz 3 Thüringer Waldgesetz soll eine Formulierung gefunden werden, die darauf orientiert, dass bis zum 31.12.2001 ein Reitwegenetz durch die untere Forstbehörde im Benehmen mit den Waldbesitzern und den Reitverbänden ausgewiesen wird. Bis zu diesem Zeitpunkt ist das Reiten auf festen Wegen erlaubt. Das ist die Kompromisslösung, wo die zugestimmt haben, die dabei waren.

(Zwischenruf Abg. Dr. Botz, SPD: Das ent- spricht aber nicht eurem eingebrachten Ent- wurf.)

Das ist aber genau das, was wir jetzt in dem Änderungsantrag im Prinzip stehen haben. Das ist genau das, was jetzt ins Gesetz kommt. Selbstverständlich, lesen Sie es doch nur durch! Das ist halt das Problem. Ich sage Ihnen auch jetzt schon, die Waldbesitzer - ob Sie es wahrhaben

wollen oder nicht - sind mit dieser Änderung einverstanden.

(Beifall bei der CDU)

Das zeigt, dass sie kompromissbereit sind, und wir kriegen das vernünftig hin. Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei der CDU)