Protokoll der Sitzung vom 31.01.2003

nur immer wieder in militärischen Kategorien zu denken, militärische Logik zu praktizieren und überhaupt nicht zuzulassen, dass zivile Konfliktlösungsmechanismen überhaupt gängig werden bzw. sich durchsetzen können.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU:..., weil deutsche Soldaten ihr Leben riskieren. Sie sitzen im Warmen.)

Bundeskanzler Schröder hat vor kurzem erklärt, dass er sich Sorge darüber mache, dass man sich inzwischen in der Gesellschaft daran gewöhne, dass Krieg zur Normalität von Politik wird, und er hat noch einmal gesagt, er wünsche sich, dass das wirklich die Ultima Ratio sei. Nun gebe ich gern zu, dass ich hier auch zum Unterschied und im Gegensatz zum Bundeskanzler stehe, weil ich auch Krieg als Ultima Ratio nicht für gerechtfertigt halte.

(Beifall bei der PDS)

Aber dass er zumindest erkennt, dass eine solche Veränderung in der Gesellschaft stattfindet, ich glaube, das zeichnet ihn zumindest in seiner Wirklichkeitswahrnehmung von anderen führenden Politikern anderer Regierungsparteien bzw. Parteien, die im Bundestag in Opposition stehen, aus.

(Beifall Abg. Thierbach, PDS)

Wie wäre es denn - und da frage ich natürlich ein Stückchen weiter, weil ich mich mit dieser Haltung von Gerhard Schröder zwar zum Teil identifizieren kann und ihn hier zum Teil auch unterstützen möchte, aber gleichzeitig auch sage, das kann noch längst nicht reichen -, wenn Gerhard Schröder sich innerhalb der EU einsetzen würde für die EU eben nicht als ein militärisches Gegengewicht zu den USA, weil die Gefährlichkeit einer solchen Logik überhaupt viel zu groß ist, sondern eben für eine offensive Entmilitarisierungspolitik Europas und eine tatsächliche umfassende Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Die müsste nämlich einschließen, dass es um die Lösung von globalen Problemen geht, um den Kampf gegen Hunger, den Lula eingefordert hat, gegen Armut und damit auch dem Terrorismus den Boden zu entziehen. Also, warum nicht angesichts der vorherrschenden militärischen Logik, die mit dem ersten Golfkrieg vor 12 Jahren die Oberhand gewann, über Parteigrenzen hinweg alles dafür tun, dass zivile Konfliktlösungen zum ausschließlichen politischen Handeln werden?

(Beifall bei der PDS)

Ich sage Ihnen noch einmal deutlich, der Abgeordnete Schwäblein hatte ja am gestrigen Tag darauf verwiesen, dass wir uns gestern zum 70. Mal des Tages erinnern, an dem der Hitlerfaschismus die Macht ergriffen hat; ich denke, 70 Jahre danach ist es an der Zeit, dass Konzepte der

Zivilmacht, die durch Friedensforscher entwickelt worden sind, vorangetrieben werden. Wir brauchen endlich neues Denken statt alter untauglicher Handlungsmuster.

(Beifall bei der PDS)

Dafür bekäme Kanzler Schröder vielfache Unterstützung, natürlich auch die der PDS. Aber, wie gesagt, das würde voraussetzen, dass er sich auf die Macht der Regierten stützt und nicht in den - jetzt zitiere ich den CDU-Bundestagsabgeordneten Brock - "Wettlauf der Vasallen" einfällt, so wie es gestern die acht europäischen Ministerpräsidenten getan haben. Wir hielten es für sinnvoll, wenn die Landesregierung auch in dieser Hinsicht die Initiative ergreifen würde und ein internationales Symposium zu Friedensfragen ausrichtet. Wir brauchen eine politische Unterstützung und Umorientierung, den Austausch und die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft. Wer einem der ältesten Grundübel der Welt auf den Grund gehen will, sollte die Bedeutung von Friedensforschung für die Politik ernst nehmen. Eine der ersten Fragen muss die nach den Ursachen für regionale Konflikte sein. Frieden und Gerechtigkeit erwachsen aus dem Interessenausgleich und natürlich auch daraus, dass die Ursachen für Terrorismus entzogen werden. Aber auch Fragen der Abrüstung, der Konfliktbeilegung und der Gewaltprävention sind mögliche Themen. Gemeinsame Institutionen und verbindliche, für alle gültige Festlegungen und ein normatives Völkerrecht gehören zu den Voraussetzungen ziviler Konfliktlösungen. Appelle reichen da nicht, Umdenken wird ohne einen Abschied von der militärischen Logik nicht möglich sein und unser aller Engagement gegen den Irak-Krieg kann und sollte einen Anfang dafür darstellen.

Meine Damen und Herren, ich komme noch einmal kurz auf den Antrag der CDU-Fraktion zurück. Ich sage Ihnen deutlich, mit den Punkten 7, 8 und 9 haben Sie deutlich gemacht, worum es Ihnen wirklich mit dem Antrag geht. Es geht Ihnen nicht darum, dass wir hier eine klare Position gegen einen Krieg, gegen den Krieg überhaupt formulieren, sondern Sie versuchen, diesen Antrag zu benutzen für Wahlkampfauseinandersetzungen.

(Unruhe bei der CDU)

Wir könnten bei verschiedenen Positionen der vorherigen Punkte einigermaßen mitgehen, z.B. wenn Sie denn im Punkt 3 die Formulierung aufgenommen hätten, dass es "auch am Irak" liegt, ob die Krise friedlich gelöst wird. Das alleinige Schieben auf den Irak, ich glaube, das ist eine Ausblendung von Realitäten und hat mit den tatsächlichen Konflikten überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der PDS)

Wenn es Ihnen denn wirklich darum gegangen wäre, dass dieser Landtag zu einer gemeinsamen Position kommt, dann hätten Sie die Gelegenheit ergriffen und hätten Ihren Antrag oder Antragsvorschlag zur gemeinsamen Beratung

mit den anderen beiden Fraktionsvorsitzenden vorgelegt. Wir haben das angeboten. Wir haben von vornherein angeboten,

(Beifall bei der PDS)

zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Ich verweise hier nur auf den Brief des Fraktionsvorsitzenden Bodo Ramelow an die beiden Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD anlässlich unserer Aktion, wo wir hier auch den Thüringer Landtag praktisch symbolisch mit dafür genutzt haben, um eine Position gegen den Krieg deutlich zu machen. Wir waren der Überzeugung, dass wir das auch in Ihrem Interesse tun können müssten

(Zwischenruf Abg. Althaus, CDU: Das muss in Berlin gewesen sein.)

Das war nicht in Berlin, Sie haben das vergessen. Ich glaube nicht, dass ich irgendeine Veranlassung hätte, Ihnen aus Berlin zu schreiben. Ich glaube, das wäre ein bisschen die verkehrte Ebene.

(Beifall bei der PDS)

Sie haben von Bodo Ramelow einen Brief bekommen, vom Fraktionsvorsitzenden der PDS-Fraktion, er ist an Sie beide gegangen.

(Zwischenruf Abg. Gentzel, SPD: Ich habe ihn auch nicht bekommen.)

Ich habe zufällig gesehen, wie er sie unterschrieben hat, also können Sie mir nicht das Gegenteil erklären

(Unruhe und Heiterkeit im Hause)

und das ist auch im Beisein der Presse unterschrieben worden. Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort hat jetzt der Innenminister, Herr Trautvetter.

(Zuruf Abg. Gentzel, SPD: Ich habe auch noch einen Redebeitrag.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Zimmer, versuchen Sie nicht der Öffentlichkeit zu suggerieren, Sie wollten hier gemeinsame Anträge einbringen, denn dann hätte man vorher Anträge abstimmen müssen.

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Bravo!)

(Zwischenruf Abg. Nitzpon, PDS und Abg. Ramelow, PDS: Im Ältestenrat.)

(Unruhe bei der PDS)

Machen wir uns doch nichts vor, beide Anträge sind Schaufensteranträge

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Abgeordnete Dr. Klaubert?

nein -, vielleicht bewusst gestellt, wenige Tage vor der Hessenwahl und der Niedersachsenwahl. Sie gehen ins Leere.

(Unruhe bei der PDS)

Wir kommen noch drauf, was zu sagen ist.

Sie gehen ins Leere, man könnte sie mit einem Satz beantworten. Den Ländern und damit auch dem Thüringer Landtag steht nach dem Grundgesetz kein Mitspracherecht in Fragen der Außenpolitik und der Verteidigungspolitik zu. Auch der Bundesrat als Verfassungsorgan des Bundes hat in originären auswärtigen Angelegenheiten keine Mitwirkungsbefugnis. Ein Punkt fällt allerdings in die Zuständigkeit des Bundesrates und ist hier im Thüringer Landtag am richtigen Ort, nämlich die Frage, ob die Bundeswehr nicht auch Aufgaben im Inneren übernehmen soll. Wenn auch für alle anderen Punkte der Deutsche Bundestag das zuständige Forum ist, ich will Ihnen dennoch gerne die Position der Landesregierung verdeutlichen:

1. Wir wollen den Krieg verhindern.

(Beifall bei der CDU)

2. Wir stellen die Frage nach dem Schuldigen und das ist eindeutig Saddam Hussein, nicht die UNO, nicht die USA.

(Beifall bei der CDU)

Wir verwechseln nicht Ursache mit Wirkung.

3. Wir setzen auf die Völkergemeinschaft, auf den Friedensgarant UNO, nicht auf einen Alleingang der USA, wobei wir uns gleichzeitig zum Atlantischen Bündnis und zu unserer Verpflichtung als NATO-Mitglied bekennen.

Um es noch einmal klarzustellen, wir machen keine Außenpolitik, aber wir beziehen klar Position.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen Frieden, auch Frieden am Golf, aber wir wollen zugleich auch Sicherheit für unsere Bürger.