Protokoll der Sitzung vom 31.01.2003

"die selbst erklärte moralische Grundlage entziehen, Ihnen die religiöse Maske vom Gesicht reißen, denn sie handeln keineswegs im Namen Allahs, die Ursachen erkennen und auch viel, viel Geld, Härte und Gerechtigkeit, nicht mit Bomben auf Unschuldige. Dazu gehört auch ein stärkeres Engagement im Nahen Osten, eine Lösung, die die Interessen Israels genauso berücksichtigt wie die der Palästinenser." Ihm wird vorgehalten, das sind die Methoden, von denen Donald Rumsfeld sagt, da spricht das alte Europa, und Todenhöfer antwortet: "Ach ja, Donald Rumsfeld, der 1983 zu Saddam Hussein gereist ist, um ihm die Unterstützung der USA im Krieg gegen den Iran anzudienen. Jener Rumsfeld, der Hussein die Waffen in die Hand gab, mit der er das eigene Volk ermordete. Mag sein, dass ich, Todenhöfer, ein alter Europäer bin; dann ist Donald Rumsfeld ein alter Mann mit ganz altem Denken." So weit Jürgen Todenhöfer in dem Interview. Die Frage ist, ob dieser Donald Rumsfeld 1983 bei Hussein war und ihm die Waffen angeboten hat, wie das Herr Todenhöfer jetzt öffentlich sagt. Das hat nicht Frau Zimmer gesagt. Frau Zimmer hat die Fragen aufgeworfen: Wer hat diesen Diktator aufgerüstet? Wer hat mit wem welche Verträge gemacht und um was geht es bei dieser Auseinandersetzung?

Meine Damen und Herren, Herr Althaus hat in einer sehr ehrlichen Weise darauf hingewiesen, wie der Antrag heute Morgen hier vorgelegt worden ist. Herr Althaus hat gesagt, dies sei die Positionierung der CDU, die deutlich werden soll. Und Sie, Herr Ministerpräsident, haben ge

sagt: "Wir haben das Recht als Landesregierung auch deutlich zu machen, wo wir uns unterscheiden zu der Bundesregierung." Da sage ich, ja, deutlich machen wäre gut. Die Frage ist nur, ob man deswegen es vermeidet, eine gemeinsame Positionierung des gesamten Landtags anzustreben. Das ist der Grund, warum ich mich noch mal zu Wort gemeldet habe. Im Ältestenrat, Herr Stauch, haben wir es angesprochen. In einem Gespräch mit der Landtagspräsidentin nach der Transparentaktion habe ich sehr wohl beide Fraktionsvorsitzenden angesprochen, angeschrieben mit der Bitte, ob wir uns nicht einer Proklamation im Sinne von "Wir sagen Nein zum Krieg!" dieser Formulierung anschließen könnten und sie hier gemeinsam im Landtag als Zeichen des Friedens aus dem Thüringer Landtag in das Land senden. Sie, Herr Althaus, haben es abgelehnt. Die CDU hat es kategorisch abgelehnt im Ältestenrat, darüber überhaupt auch nur reden zu wollen. Ich habe noch einmal die Landtagspräsidentin gebeten, doch ein Stück weit federführend in der Angelegenheit zu sein, denn immer wenn wir als PDS unsere Anträge einbringen, dann ist es ja bei Ihnen schon wie im Pawlow'schen Reflex: es wird abgelehnt, weil es von uns kommt.

(Beifall bei der PDS)

(Zwischenruf Abg. Groß, CDU: Das liegt aber auch an den Anträgen!)

Ich gestehe, dass unser Antrag Positionen enthält, von denen wir nicht ausgehen, dass sie mehrheitsfähig bei Ihnen gewesen wären.

(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Pro- vokation! Provokation!)

Aber dazu kann man ja diesen Antrag dann im Einzelnen abstimmen und das, wozu man nicht zustimmen will, kann man ablehnen, so wie wir auch mit Ihnen jetzt umgehen müssen. Unabhängig davon ist die Frage aber, ob die vier Punkte, die die SPD in ihrem Antrag drinstehen hat, nur diese vier Punkte, schlicht als vier Punkte abstimmungsfähig sind. Ich halte sie für abstimmungsfähig. Ich halte sie für zustimmungsfähig und es ist ein durchschaubares Manöver, wenn Sie sagen, aber weil das und das und das fehlt, stimmen wir die vier Punkte nicht ab, wir stimmen ihnen nicht zu. Wir als PDS sagen, gut, wir wissen, dass wir auch Punkte haben, die über das hinausgehen, was die SPD akzeptieren würde. Trotzdem würden wir an der Stelle die Differenzen verbal vortragen, aber nicht einer gemeinsamen Resolution des Landtags im Wege stehen.

Meine Damen und Herren, das, was ich heute hier gehört habe, ist aus der Mitte des Hauses ganz altes Denken, rückwärts gewandtes Denken.

(Beifall bei der PDS)

1989, als scheinbar die Mauer fiel und der Kalte Krieg zu Ende ging, hatte ich die Hoffnung

(Unruhe bei der CDU)

scheinbar, die Mauer in Ihren Köpfen ist immer noch vorhanden -, die frei werdenden Kräfte des Hochrüstens von West und Ost umzumünzen, die Gelder einzusetzen für eine gerechte Weltordnung. Das wäre die Chance von 1989 gewesen. Meine Damen und Herren, ich war stolz, als ich 1982 im Bonner Hofgarten zum ersten Mal Probst Heino Falcke kennen gelernt habe mit seinem Transparent.

(Unruhe bei der CDU)

Ja, schimpfen Sie nur! Er war mutig und hat das Transparent hochgehalten: "Schwerter zu Pflugscharen". Die Partei, deren Rechtsnachfolge ich beigetreten bin, war diejenige, die Herrn Falcke hier immer gejagt hat, mit MfS-Methoden drangsaliert hat. Deswegen war ich stolz, dass Heino Falcke dort stand, "Schwerter zu Pflugscharen" hochgehalten hat und die Frage aufgeworfen hat: "Frieden schaffen mit immer weniger Waffen" und nicht, wie es hier jetzt scheinbar aus dem Hause kommt: Frieden schaffen mit militärischer Prävention, mit Präventionsangriffskriegen - welch ein perverses Wort. Entweder sind wir gegen präventive Angriffskriege, dann lassen Sie es uns doch gemeinsam formulieren. Dann ist die Frage, ob wir nicht in Thüringen hier Signale setzen können mit unseren europäischen Partnerregionen, wie man ziviles Denken in die Mitte des europäischen Handelns hineinholt, welche Impulse von uns ausgehen, auch in Richtung Litauen zu unserem Patenparlament, dass man sagt, lasst uns ein Netz von friedlichem Denken in diesem Land und in diesem Europa installieren, damit wir uns einer geistigen Aufrüstung entziehen.

Meine Damen und Herren, vor 30 Jahren bin ich im Gegensatz zu Ihnen das erste Mal beim Ostermarsch mitmarschiert. Da haben wir ein Lied gesungen und auf das lege ich heute noch Wert. Aber wahrscheinlich hat mir das deswegen die Verfassungsschutzakte eingebracht,

(Unruhe bei der CDU)

damit man das da reinheften kann, wenn ich beim

(Glocke der Präsidentin)

Ostermarsch gesungen habe, und auf diese Formulierung lege ich wert. Hören Sie doch einmal eine Sekunde zu! Wir haben im Ostermarsch gesungen. Sie sind wirklich alte Ideologen, das ist unglaublich.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Wir haben gesungen, wir haben gesungen...

(Glocke der Präsidentin)

Ich bitte auch in der Mitte des Hauses doch um so viel Ruhe, dass man den Redner verstehen kann.

Angesichts der Ängste der Menschen in diesem Land sollten Sie sich die Zeit nehmen, das Ostermarschlied, wenigstens die zwei Zeilen, zu hören. Denn für die sind wir in Westdeutschland schon immer verdächtigt worden und Heino Falcke von der DDR-Führung im Osten verdächtigt worden. Das Lied hieß: Marschieren wir gegen den Westen, nein; marschieren wir gegen den Osten, nein; wir marschieren für 'ne Welt, die von Waffen nichts mehr hält, denn das wär' für uns am besten. Meine Damen und Herren, Sie, wie Sie sich hier verhalten, sind die Fortsetzung der SED mit anderen Mitteln.

(Unruhe bei der CDU)

(Beifall bei der PDS)

Herr Ramelow, Ihr Schluss, das wissen Sie auch, entsprach nicht dem hier im Haus Üblichen. Dafür gibt es einen Ordnungsruf.

(Zwischenruf Abg. Dr. Hahnemann, PDS: Aber der Wahrheit.)

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Zitzmann, CDU: Sie sollten sich entschuldigen.)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Doch, Herr Althaus noch mal.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, alles, was Recht ist, Herr Ramelow, ich verwahre mich gegen die Gleichsetzung einer demokratischen Partei mit einer Partei, die viel Elend über dieses Land gebracht hat.

(Beifall bei der CDU)

Die SED ist eine verbrecherische Organisation gewesen. Tausende Menschen haben unter ihr gelitten,

(Zwischenruf Abg. Ramelow, PDS: Und Sie waren die engagierten Steigbügelhalter!)

Tausende Tote sind in der DDR zu beklagen gewesen. Dass Sie Ihr politisches Süppchen mit so einem billigen

Vergleich kochen, dagegen verwahre ich mich im Namen meiner Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Ein Zweites will ich mit allem Nachdruck sagen: Sie leben davon, Mauern in den Köpfen und Mauern in der Welt herbeizureden, weil das Ihr politisches Süppchen nur noch besser kochen lässt. Wir wollen die Mauer nicht, aber Sie wollen die Mauer, damit Sie Ihre Ideologie weiterstreuen können.

(Beifall bei der CDU)

Ein Drittes will ich noch einmal ganz deutlich sagen und ich bitte unseren Entschließungsantrag auch zu lesen. Wir sind gegen einen Krieg, aber wir sind keine Phantasten, sondern wir sind Realisten. Wir wissen, wer im Moment in der Lage ist, diesen Krieg zu verhindern. Das ist die Geschlossenheit der Weltgemeinschaft gegen einen Diktator Saddam Hussein. Das muss von allen deutlich gemacht werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie in einem Flugblatt sagen "Thüringen gegen den Krieg - Widerstand ist möglich", dann ist dieser Widerstand ein Widerstand, der aus der Weltgemeinschaft über die UNO und den UNO-Sicherheitsrat formuliert werden muss. Wenn dieser Widerstand erfolgreich sein soll, dann muss die Weltgemeinschaft geschlossen stehen und Deutschland darf keine Sonderrolle spielen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Der Herr Ministerpräsident hat sehr zu Recht darauf hingewiesen, dass es gerade die Wendungen des deutschen Bundeskanzlers sind, die das Problem ausmachen. War es im Herbst bzw. September 2001 die uneingeschränkte Solidarität,

(Zwischenruf Abg. Schemmel, SPD: Das war ein Verteidigungsfall.)

die überhaupt keine Diskussion für eine Auseinandersetzung mehr zugelassen hat, war es im letzten Jahr die klare Absage, egal wie der Diskussions- und Auseinandersetzungsprozess noch abläuft, Deutschland wird sich nicht beteiligen. Das ist eine Sonderrolle und wir wollen, dass Deutschland nie wieder eine Sonderrolle spielt, sondern der europäische Weg muss unser Weg sein. Das sagt auch unser Antrag ganz klar aus.

(Beifall bei der CDU)

Für die PDS-Fraktion Frau Abgeordnete Zimmer.