(Zwischenruf Gnauck, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Wir haben doch den Vermitt- lungsausschuss angerufen!)
Ja, das ist doch okay, aber es hätte ja schon geklärt sein können. Das Datum der Anfrage ist der 28. April, Herr Gnauck.
Ich glaube, die Chance, über diese Fragen hier im Plenum zu debattieren und nicht im Rahmen einer Aktuellen Stunde, ist vertan. Ich glaube, diese heutige Diskussion oder Aussprache ist dafür noch nicht einmal ein richtiger politischer Ersatz. Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Buse, nach der ersten Hälfte Ihrer Ausführungen hatte ich mir gedacht, Ihre Fraktion hätte auch diese Aktuelle Stunde beantragen können, denn bei der Situationsschilderung des Transportgewerbes sind wir, glaube ich, ziemlich nahe nebeneinander. Nur das, was Sie dann unterstellen, warum wir dies machen, da stimme ich Ihnen natürlich nicht zu, sondern die Aktualität ergibt sich allein daraus, wenn Sie die zitierte Jahreshauptversammlung des Transportverbandes in Weimar vom 26.04. noch mal an Ihrem inneren Auge vorbeiziehen lassen und die besondere Situation des Thüringer Transportgewerbes berück
sichtigen. Sie sagen zu Recht, bei 3.000 Speditionen und Logistikanbietern in Thüringen mit rund 30.000 Beschäftigten und im Vergleich zu anderen Unternehmen, insbesondere aus Westdeutschland, muss man auch die spezielle Situation sehen, dass die Flottenfinanzierung in vielfältiger Weise meistens über Kredite erfolgt ist, das heißt also, dass die Geschäftssituation der Unternehmen hier in Ostund Mitteldeutschland, insbesondere in Thüringen, dramatisch ist. Die Transportunternehmen haben das verdeutlicht im Jahr 2000 mit der Großdemonstration in Berlin wegen der Folgen der Ökosteuer. Jetzt kommt es ja noch härter. Was hier ist, Sie nannten die Zahlen, die gehen ein bisschen auseinander, je nachdem, welche Jahresleistung man veranlagt. Also 15.000 # gen, der zusätzlich auf die Unternehmen zukommt, das ist ein mächtiger Packen, denn wenn Sie mal schauen und mit den Unternehmen reden, dann grenzt ja das, was viele Unternehmer oder ihre Beschäftigten tun, im Grunde genommen an Selbstausbeutung. Es ist ja schon bemerkenswert, vielfach findet man ja englischsprachige Ausdrücke für solche Dinge wie Mobbing und Workaholic, aber bei Selbstausbeutung sind sie alle ein Stückchen zurückhaltend. Wenn diese Maut kommt, so wie sie jetzt geplant ist, wird sich doch für viele Unternehmen der Fall so darstellen, dass sie es weder an den Auftraggeber abgeben können noch an die Kundschaft, so wie Sie es dargestellt haben, die Bürgerinnen und Bürger. Das wird gar nicht stattfinden, sondern sie müssen es entweder tragen oder sie werden in die Insolvenz gehen. Sie fahren doch jetzt schon Kilometer immer in der Sorge, dass sich nicht der Schuldenstand noch vergrößert. Die Zahlen aus dem Transportgewerbe, die mir vorliegen, sind doch dramatisch. Von 1992 bis 2000 ist die Insolvenzrate in diesem Gewerbe auf 433 Prozent gestiegen. Das heißt, im letzten Jahr haben knapp 1.900 Unternehmen Insolvenzen angemeldet. Und was ist denn die Ursache dafür? Ob Sie es nun hören wollen oder nicht, es sind zwei Ursachen. Das Erste ist zu Recht Pfusch und Murks von der Bundesregierung in dieser Frage bei diesem Gesetz nach dem Motto "Dreischrittverfahren": Erstes: Problem erkannt, oder: das Problem ist so groß geworden, dass die Erkenntnis nicht zu verweigern ist. Zweiter Schritt ist dann: Aktionismus zur Problemlösung und der dritte Schritt ist dann: Die so genannte Lösung ist das nächste Problem. Genau das sehen wir doch hier, was stattfindet. Der zweite Grund ist: die nicht eingehaltenen Versprechen, also Ausgleich der Wettbewerbsnachteile gegenüber der internationalen Konkurrenz und das dritte Problem deutet sich ja am Himmel an, dass zumindest fragwürdig ist, ob die EU-Verkehrskommissarin denn auch die Verträglichkeit mit den Regeln des Europäischen Binnenmarkts feststellen wird. Das sind doch die Dinge, die Unsicherheit verstärken, meine Damen und Herren.
Auf der Jahrestagung des LTVs - das muss ich noch mal deutlich sagen - merkt man auch wie die Stimmung ist, denn es geht hier um Schicksale von Unternehmern, von Lkw-Unternehmen, die die Stürme der Zeit überstanden haben, und die waren wirklich nicht einfach, und die jetzt
in der blanken Angst leben, dass sie untergehen. Deshalb war es für meine Fraktion wichtig, dass wir erstens wegen der Aktualität des Themas aber auch der speziellen Notlage insbesondere im Thüringer Transportgewerbe es zum Thema der Aktuellen Stunde gemacht haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten 35 Kolleginnen und Kollegen, also zu Herrn Buse nur einen Satz. Da habe ich am Ende immer noch nicht richtig gewusst, ist er nun für oder gegen
also gegen die Maut. Selbstverständlich wären einheitliche europäische Regelungen auf dieser Strecke wünschenswert gewesen. Aber Sie wissen ja, die europäischen Mühlen mahlen, wenn überhaupt, sehr, sehr langsam.
So hat Deutschland - Sie werden sich doch nicht angesprochen fühlen - das getan, was sehr viele europäischen Staaten schon lange tun. Wenn Sie heute mit dem Pkw oder Lkw über den Brenner fahren, bezahlen Sie fünfmal Maut hin und zurück, und nehmen Sie noch die Schweiz mit, dann bezahlen Sie siebenmal. Sei es, wie es sei, das Wesensmerkmal dieser Schwerlastabgabe ist, das dass die Entgelte, die im Durchschnitt bei etwa 15 Cent pro Kilometer liegen und die ermittelt werden nach zwei Achs- und drei Emissionsklassen, im Grunde genommen dem Nutzungszweck zugute kommen. Dahin geht ja dann auch der Streit. Im Übrigen, Kollege Kretschmer, bei Ihnen habe ich eine ganz vehemente Ablehnung der Maut heraushören können, das hatten Sie auch deutlich gesagt. Ich habe eine Pressemitteilung kürzlich von der Staatskanzlei gelesen, da wurde zunächst die Maut abgelehnt, aber im gleichen Atemzug und drei Sätze später wurde verlangt, dass die Einnahmen aus der Maut, die man ja ablehnt, vollständig in die Verkehrsinfrastruktur fließen.
Nein, das hatten nicht Sie gesagt. Das war aus einer Pressemitteilung. Sie kennen ja die Verkehrssituation in Deutschland. Man hat ja gesagt, bis zum Jahr 2015 wird unser
Lastverkehr auf den Straßen um 65 Prozent und der Personenverkehr um 20 Prozent zunehmen. Sei es dahingestellt, ob es dann am Ende 58 oder 73 sind, das ist egal. Aber eins wird sicher sein, wenn Sie heute auf den Nord-SüdStrecken fahren, wegen mir vom Ballungsgebiet RheinMain ins Ruhrgebiet, da ist die rechte Fahrspur zugemüllt. Da werden also Knöpfe von Flensburg nach GarmischPartenkirchen gefahren oder Luft oder Blech oder Semmeln, die rechte Fahrspur ist zu. Können Sie sich vorstellen, was da in fünf Jahren los ist? Dazu braucht man nicht viel Phantasie. Da die Autobahnmaut von allen Lkws ab 12 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht gezahlt werden muss, ist sie im Grunde genommen auch wettbewerbsneutral und diskriminierungsfrei. Ich konnte nicht ganz erkennen, Kollege Kretschmer, was es da für Besonderheiten für Thüringen geben soll mit der Einführung der Maut. Die sind für alle Bundesländer gleich gut oder gleich schlecht. Dass unser Verkehrsgewerbe ein klein wenig anders strukturiert ist, das räume ich ein, das ist so.
(Zwischenruf Abg. Kretschmer, CDU: Ja, klar. Und wenn sie dann weg sind, dann fahren nur noch die Großen oder wie?)
Wichtig ist ja, dass nun auch die ausländischen Lkws endlich zu einem gerechteren Wegekostenbeitrag herangezogen werden. Das geht eben nicht,
dass man von Frankfurt/Oder bis nach Aachen fährt und 2 Cent pro Kilometer bezahlt, das funktioniert nicht. Auch die müssen bezahlen, wir sind ein Transitland, wir sind schon darauf angewiesen, dass alle die, die unsere Straßen nicht gebaut haben, aber einen Wegekostenbeitrag zu liefern haben. Das tun sie nicht mit ihren 2.000-Liter-Kanistern, die sie da an Sprit mitführen.
Jetzt geht es darum: Was wird aus der Maut, die möglicherweise mit 3,45 Mrd. viel ist, weiß ich nicht. Wie ist die Verteilung? Und da ist der Streitpunkt.
Warten Sie doch erst einmal, lassen Sie mich doch, wenn es erlaubt ist, meinen Gedanken zu Ende führen. Es wird von der Bundesregierung gesagt, 650 Mio. . triebssystem muss man haben, um das Betriebssystem aufzubauen. Das ist logisch, wird übrigens das modernste GPS-gestützte Erfassungssystem sein, was es eigentlich auf der Welt gibt. In der Beziehung sind wir Spitze, auch das hat Arbeitsplätze gebracht, aber nur nebenbei. Das sind die 650 Mio. !
Bitte? Nein, nein, das hat mit der Verwaltung gar nichts zu tun, Herr Trautvetter. Da haben Sie gar nicht Recht. Dann werden 800 Mio. ( vignette wegfällt und den Eichel können wir nun auch nicht allein zur Kasse bitten, der muss sein Geld auch kriegen, was er eingenommen hat. Das wird ihm wahrscheinlich nicht so gefallen, aber es ist so. Dann kommt die so genannte Harmonisierungsabgabe, das ist das Geld, was den deutschen Spediteuren zur Verfügung gestellt wird, das über die KfzSteuer oder die Mineralölsteuer abgerechnet wird. Ob das dann hinterher ein Jahr später oder nicht ist, das spielt erst einmal keine Rolle. Das sind die drei Dinge, die wir eigentlich, wenn wir fair sind, sagen, die müssen abgesetzt werden. Was bleibt? Da bleiben ungefähr 1,8 Mrd. !& 1,8 Mrd. , das wollen Sie und das wollen wir auch. Dass die im Moment erst einmal in das Antistauprogramm fließen, das ist richtig. Im Grunde genommen bedient uns das Antistauprogramm das wissen Sie ja - nicht in Thüringen, ausnahmsweise nicht, aber Deutschland besteht ja nicht nur aus dem Freistaat Thüringen. Und wer die Verkehrsengpässe zwischen Rhein-Main und Ruhr kennt und die schon einmal erlebt hat, der weiß, dass auch die Anspruch auf eine Entflechtung haben. Im Übrigen sind wir auch beim Bundesverkehrswegeplanentwurf exzellent gut bedient worden, also, mit 4,0 Mrd. das hat sogar den Wirtschaftsminister zu einer lobenden...
Also, wenn Sie mich nicht reden lassen, meine lieben Kollegen, dann kann ich auch keinen kurzen Satz sagen.
Sie sichert langfristig die Mobilität des 21. Jahrhunderts. Über die Verteilung muss man reden und auch wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass ein Maximum der Erträge, die auch immer eingespielt werden, für die Sicherung der Verkehrsinfrastrukturbauten, vor allen Dingen im Osten, füge ich hinzu, benutzt wird. Vielen Dank.
Ja, der Abgeordnete Kretschmer war gut in der Zeit. Das hat er jetzt überzogen, was der Abgeordnete Kretschmer gekürzt hat.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Kollege Lippmann, die Einführung der Lkw-Maut in Deutschland ist ein Beispiel dafür, wie man ein grundsätzlich vernünftiges Vorhaben total verkorksen kann. Darum geht es, um die konkreten Bedingungen, wie sie in Deutschland eingeführt werden soll. Obwohl wir grundsätzlich dafür sind, hat sich aber die Bundesregierung alle zum Gegner gemacht. Das Gewerbe ist dagegen; auf die dramatische Lage hat Kollege Kretschmer hingewiesen, die Opposition im Bund ist dagegen, weil sie sagt, so wie sie eingeführt werden soll, geht es nicht, und die EU-Kommission sagt auch, unter diesen Bedingungen ist es unmöglich. Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Das Gewerbe sagt, wir kommen an der Einführung der Maut nicht vorbei, aber wir fordern eine Verschiebung mindestens und eine weit gehende Kompensation der auftretenden Lasten. Verschiebung warum? Weil nämlich zum 31. August, also am Tag der Einführung, wahrscheinlich nur 150.000 Erfassungsgeräte da sein werden, aber 600.000 bis 800.000 gebraucht werden, und alle die keins abbekommen bis zu dem Zeitpunkt, müssen dann auf sehr umständliche manuelle Art und Weise nachbuchen. Das wird lustig oder ganz im Ernst, es kann zu einem Chaos führen. Das kann zu einem Verkehrschaos führen. Stellen Sie sich mal vor, besonders an den Außengrenzen, wenn dann die Lkws kommen aus dem Ausland und sie kriegen nicht so ein Gerät und sie müssen dann manuell nachbuchen. Einen Buchungsvorgang rechnet man mit 15 bis 20 Minuten. Und wenn dann Dutzende Lkws an so einem Terminal nachbuchen wollen, wohin das führen kann. Übrigens, was ist nun vielleicht hier in Thüringen, in den neuen Bundesländern spezifisch? Wir haben besonders kleinteiliges Gewerbe, besonders kleine Unternehmen, die diese Lasten zum großen Teil nicht verkraften können. Und die an den
Grenzen zum Ausland ihr Gewerbe haben, die haben längst ihre Lkws ausgeflaggt, im Ausland angemeldet und kommen damit um viele Belastungen, die in Deutschland üblich sind, einfach herum.
Warum sagt die Opposition, also warum sagen wir, so geht es nicht? Wegen der organisatorischen Probleme. Aber wir sagen vor allen Dingen, das ist eine Lkw-Maut und das Geld, was hier eingenommen wird, muss unter Abzug der Systemkosten zu 100 Prozent auch in die Verkehrsinfrastruktur fließen. Ohne weiteren Abzug von Herrn Eichel muss das Geld auch dorthin fließen, wo es eingenommen wird.
Zur Harmonisierung kann ich ganz klar sagen, es muss eine Harmonisierung erfolgen, aber eben auf eine Art und Weise, die die EU-Kommission auch genehmigen kann. Und da ist überhaupt nicht vorgearbeitet oder vorgedacht worden, sondern wir haben jetzt nur einfach eine zu erwartende klare Absage. Das ist einfach schlecht vorgearbeitet. Deswegen sagen wir, es ist gestern diese Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die bis zum 19. einen Kompromiss suchen wird. Die Union wird in den nächsten Tagen einen Kompromiss vorlegen, der auch dann genehmigungsfähig ist und der eine wirksame Entlastung des Gewerbes bringen wird.
Aber ganz klar bleiben wir dabei, die Zweckbindung der Mittel muss überwiegend für das Straßenwesen erfolgen und zu geringen Teilen auch für andere Verkehrsträger, aber überwiegend wirklich für das Straßenwesen und kann nicht in den Taschen von Herrn Eichel landen.
Zur EU-Kommission: Die EU-Kommission hat sich kürzlich eindeutig geäußert. Sie sagt unter anderem, es muss ein einheitliches elektronisches Mautsystem in allen EULändern eingeführt werden. Das ist sehr vernünftig, das können wir nur unterstützen. Ein Vertrag pro Kunde, also auch für das Ausland mit, ein Erfassungsgerät pro Fahrzeug und nicht für jedes Land dann ein neues und auch nur einen europäischen Mautdienst. Übrigens, das Einzige, was im Moment klar ist, dass eine enorme Personalaufstockung bei der BAG, der Bundesanstalt für Güterverkehr, erfolgen wird. Fast 1.000 Beamte werden zusätzlich eingestellt und das nennt man dann Arbeitsbeschaffung durch die Bundesregierung. Das ist das Einzige was klar ist, das heißt im Schnitt, alle 12 Autobahnkilometer kann ein Kontrolleur stehen. Also, das ist nun wirklich sehr fraglich und das hat mit Hightech nun wirklich sehr wenig zu tun.
Und zum Schluss, meine Damen und Herren - was ich für recht unwahrscheinlich halte - die EU-Kommission kündigt an, dass sie bereits ab 1. Januar 2005 für alle Fahrzeuge über 3,5 t eine Maut einführen will und auch für alle Fahrzeuge, die mehr als neun Passagiere befördern, also für alle Busse, und das auch noch auf allen Stra