Protokoll der Sitzung vom 03.07.2003

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Herr Minister ist dankenswerterweise auf die Bedeutung des Nationalparks Hainich für Thüringen schon eingegangen und dem kann man sich nur anschließen. Allerdings das, was jetzt vorliegt, ist eben ein Gesetz zum Flächentausch im Hainich in Umsetzung des Nationalparkgesetzes, welches die Landesregierung zu dieser Handlung beauftragt hat. Aber, meine Damen und Herren, was waren die Erwartungen des Gesetzgebers damals als er das Nationalparkgesetz verabschiedet hatte in Bezug auf diese Aneignung der Flächen durch den Freistaat Thüringen. Die Erwartungen waren eigentlich erstens, dass der Bund dem Freistaat die Flächen kostenlos überträgt. Zweitens gab es noch einen anderen wesentlichen Grund, warum man diese Flächen in den Besitz des Freistaats bringen wollte und das waren die Entschädigungsforderungen des Bundes für entgangene Nutzung aus Holzeinschlag im Nationalpark.

Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Verhandlungen liegt jetzt vor und soll hier beschlossen werden. Ich muss aber sagen, dieses Ergebnis ist für mich nicht befriedigend und auch nicht für unsere Fraktion. Hier muss ich auch eine deutliche Kritik an der Bundesregierung anbringen, denn die Flächen sind eben dem Freistaat Thüringen nicht kostenlos übertragen worden. Die Bundesregierung kam damit ihrem Verfassungsauftrag, nämlich den Naturschutz, genauso wie ihn auch die Lan

desregierung hochhalten muss, ebenfalls hochzuhalten, nicht nach. Der Nationalpark Hainich ist ein Nationalpark mit einer nationalen Bedeutung. Er ist der größte zusammenhängende europäische Buchenwald und dementsprechend gibt es hier eben auch eine Verantwortung der Bundesrepublik und der wird sie mit dem Tausch nicht gerecht.

Nun noch einiges Konkretes zum Tausch: Ich muss die Frage stellen, ob wir uns diesen Tausch leisten können. Wären die Entschädigungsforderungen der Bundesrepublik berechtigt, würde ich sagen, der Tausch wäre nötig. Aber sie haben juristisch keinen Bestand. Sie wissen, dass ich ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes dieses Hauses habe anfertigen lassen, für das ich mich auch noch mal bedanken möchte, weil es auch eine sehr hohe Qualität hat und sehr umfangreich ist, dieses Gutachten stellt eben klar, dass der Bund keinen Anspruch hat und ich möchte hieraus noch mal zitieren:

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Das ist nicht klar.)

Frau Tasch, ich glaube, der Wissenschaftliche Dienst des Thüringer Landtags ist nicht nur irgendein Jurist und, ich glaube, die Aussagen dieses Wissenschaftlichen Dienstes, nach denen wir uns in unserer täglichen Arbeit auch regelmäßig richten, haben schon eine gewisse Qualität und auch Bestand.

(Beifall bei der PDS)

Also, ich möchte daraus zitieren und vielleicht gleich noch dazu, meistens bekommt man ja Antworten von Juristen, das könnte man mal so sehen und mal so, Sie werden es aus diesem Zitat entnehmen, das Ergebnis ist eindeutig: "Die Bundesrepublik Deutschland kann gegenüber dem Freistaat Thüringen wegen der Waldbewirtschaftungsbeschränkung auf den bundeseigenen Waldflächen in der Schutzzone 2 des Nationalparks Hainich keine Schadensersatzansprüche (etwa für entgangene Gewinne) geltend machen. Darüber hinaus scheiden auch Entschädigungsansprüche gegenüber dem Freistaat Thüringen aus." Eindeutig. Dementsprechend, denke ich, ist dieser Problembereich vom Tisch.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Das sieht der Bundesfinanzminister anders.)

Das mag sein, dass das der Bundesfinanzminister anders sieht, aber die Bundesrepublik Deutschland hat in einem gleichen Zusammenhang auch schon mal entsprechend vor Gericht verloren, in einem anderen Nationalpark. Ich denke, das würde sich wiederholen.

(Zwischenruf Abg. Wunderlich, CDU: Wo? In welchem?)

Ich habe das jetzt im Moment nicht im Kopf, aber es ist so.

Eine andere Sache. Die ganze Frage hat auch noch eine finanzielle Bedeutung. Es geht um 1.870 ha Wirtschaftswald, die dem Freistaat Thüringen gehören und die hier getauscht werden sollen mit einem Wert von fast 10 Mio. ! wenn ich hier vernünftige Waldpreise und nicht das, was die BVVG im Moment ansetzt und was hier Marktwert ist, betrachte. Auf dieser Fläche können wir im Jahr ca. 14.000 Festmeter Holz einschlagen und einen Erlös erzielen von ca. 500.000 .    #   ein wichtiger Faktor für den Klimaschutz, für die Nutzung von erneuerbarer Energie aus Biomasse, was ja der Landesregierung sehr am Herzen liegt. Ich möchte nur an die Ausführungen von Staatssekretär Baldus in Gera zur Klimakonferenz erinnern. Meine Damen und Herren, mit diesem Wald könnte der Freistaat Thüringen einen wesentlichen Beitrag zur Regionalentwicklung in der entsprechenden Region leisten. Ob das bundesweit so möglich ist, weiß ich nicht. Wir haben auf der anderen Seite im Tauschpaket 4.110 ha bundeseigenen Nationalpark. In der Vorlage steht: der Wert des Waldes wurde auf der Grundlage gleicher Wertmaßstäbe miteinander verglichen.

Meine Damen und Herren, welche Wertmaßstäbe kann ich in einem Nationalpark anwenden? Naturschutzfachlich ist der Wert dieses Waldes nicht hoch genug zu bewerten, wirtschaftlich jedoch ist er gleich null.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Da geben wir noch zu wenig.)

Ich sage, Herr Minister, wirtschaftlich ist der Wert gleich null. Hier lässt man der Natur freien Lauf, unabhängig von der Eigentumsstruktur. Da ich vorhin ausgeführt habe, dass der Bund sich genauso um den Naturschutz zu kümmern hat und genauso das Nationalparkgesetz akzeptieren muss wie der Freistaat Thüringen, gibt es überhaupt keinen Grund, hier den Flächentausch vorzunehmen und 2.000 ha Wirtschaftswald aus der Hand zu geben.

Meine Damen und Herren, dass der Freistaat Thüringen - ich möchte hier mal zitieren -vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten für den Nationalpark nur dann aktivieren kann, wenn er "Herr im eigenen Haus", wie es in der Vorlage steht, ist. Also, meine Damen und Herren, das glauben Sie doch selber nicht. Herr im Nationalpark ist doch wohl die Natur und nicht der Freistaat Thüringen.

(Beifall bei der PDS)

(Unruhe bei der CDU)

Herr Minister, was noch übrig bleibt von Ihrer Argumentation, warum der Flächentausch notwendig ist, nämlich dass es schwierige Verhandlungen mit dem Bund gab, um hier einen Weg lang zu legen oder um das und dies und jenes zu tun. Also, 10 Mio.    paar schwierige Verhandlungen wert sein, deshalb denke ich, sollten wir heute erstens über diesen Antrag der Lan

desregierung nicht abstimmen aus den Gründen, die mein Kollege Mike Huster noch vortragen wird. Zweitens, denke ich, sollten wir warten, bis der Bund uns vielleicht die Flächen kostenlos überträgt. Vielen Dank.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Da kön- nen wir lange warten.)

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Becker zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit der Drucksache 3/3391 wird Thüringer Gesetz umgesetzt. Herr Minister ist schon darauf eingegangen, im Nationalparkgesetz von 1997 haben wir als Gesetzgeber festgelegt, dass Thüringen Eigentümer der Flächen werden soll. Natürlich ist dieses, was jetzt passiert, ein Kompromiss. Sicherlich, Herr Kummer, können wir lange darüber reden, wie die Verantwortung des Bundes dabei zu werten ist. Wir sind 1997 in die Verhandlungen eingetreten, da war noch eine andere Bundesregierung da und sind auch voller Elan in diese Verhandlung eingetreten und mussten dann aber beim Regierungswechsel feststellen, dass Finanzminister gleich Finanzminister ist. Das muss man einfach so sagen.

(Zwischenruf Abg. Kölbel, CDU: Wenn's ums Geld geht.)

(Zwischenruf Abg. Primas, CDU: Der Vorige konnte es.)

Herr Primas, das können wir noch ausdiskutieren. Es ist auf jeden Fall zu sagen, dass wir einen Kompromiss vorliegen haben, dem die SPD-Fraktion zustimmen wird. Wir sind der Meinung, dass der Nationalpark in Landeseigentum übergehen sollte und wir halten auch den Zeitpunkt für geeignet, dass das passiert. Wir können nicht noch weitere Jahre darüber reden. Es muss jetzt geschehen und ich halte auch das Verhandlungsergebnis für gerechtfertigt. Natürlich wollte der Bund 1:1 tauschen am Anfang, wir wollten 1:5 tauschen. Wir haben uns jetzt in der Mitte getroffen, typische Kompromissvariante, das muss man einfach so darstellen. Wichtig ist aber auch dabei, dass die Region jetzt endlich Ruhe haben will und dass diese 4.100 ha übergehen sollen in Landeseigentum und dass wir nicht nur mit dem Pflege- und Entwicklungsplan, sondern auch wirklich darüber bestimmen sollen, was mit dieser Schutzzone 2 passieren soll. Sicherlich hätten wir 1997 auch darüber nachdenken können schon die Schutzzone zu erweitern und aus dieser Schutzzone 2 eine Schutzzone 1 zu machen. Aber das war zu diesem

Zeitpunkt nicht machbar. Wir waren froh, dass wir in der Entwicklung überhaupt so weit gekommen sind, einen Nationalpark zu errichten in Thüringen.

Herr Minister Sklenar, in dieser Zeit waren Sie uns nicht immer so hilfreich. Da, muss ich sagen, waren wir schon froh darüber, dass der Ministerpräsident Vogel so hilfreich war und mit uns durch den Bayerischen Wald gewandert ist und Sie davon überzeugt hat, wie schön ein Nationalpark sein kann. Es hat also auch bei Ihnen ein bisschen gebraucht. Aber nichtsdestotrotz sehen wir alle zusammen jetzt die Erfolge des Nationalparks und wir sind froh darüber, dass wir ihn 1997 eingerichtet haben. Wir glauben auch, dass durch diese Übertragung der Schutzzweck und das Ziel des Nationalparks noch verstärkt werden können. Da sind wir uns auch mit Herrn Kummer einig.

Ein Problem stellten immer noch die Waldarbeiter dar. Aber das ist bei der Übertragung berücksichtigt worden und ich hoffe, dass die Waldarbeiter, die wir jetzt vom Bund übernehmen, auch dann in der Region Hainich eingesetzt werden können und dass dadurch der Hainich gestärkt wird, in seiner Personalentwicklung auch aufgestockt wird.

Noch mal zu den übertragenen Flächen vom Land: Wir geben 766 ha im Wartburgkreis an den Bund ab, aber diese Flächen wurden bis jetzt schon vom Bund bearbeitet. Also, da entsteht uns keine Differenz der Waldarbeiter, weil die schon beim Bund ansässig sind. Auch mit dem Gebäude haben wir uns noch mal erkundigt, auch mit der Gebäudeeinrichtung und den Umrechnungsfaktoren geht das in Ordnung. Die SPD-Fraktion wird Ihrem Antrag heute zustimmen und wir hoffen und schätzen auch, dass die Weiterentwicklung im Hainich damit vorangeht. Herr Minister, wenn Sie denn einmal soweit sind, könnten wir vielleicht auch über die Erweiterung des Nationalparks nachdenken. Nicht, dass Sie jetzt am Rande noch Flächen verkaufen und da vielleicht Geld machen wollen für die nächsten Fürsten. Nein, dann erweitern wir lieber den Nationalpark, da haben wir alle ein Ziel erreicht und ich hoffe, die Region ist dann mit uns zufrieden. Danke.

(Beifall bei der SPD; Dr. Sklenar, Minister für Landwirtschaft, Naturschutz und Umwelt)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Tasch zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben im Januar dieses Jahres ausführlich zum Nationalpark Hainich hier die Debatte geführt und ich konnte damals für die CDU-Fraktion die positive Entwicklung des Nationalparks seit seiner Gründung in den letzten fünf Jah

ren darstellen. Auch im Januar haben wir unsere Landesregierung ermutigt, sich mit dem Bund nach fünf Jahren zu einigen und einen Vertrag vorzulegen, um die Kriterien des Nationalparkgesetzes, aber auch die Kriterien des IUCN zu erfüllen. Mich hat damals schon - also im Januar - die Argumentation von Ihnen, Herr Kummer gewundert, die Landesregierung aufzufordern, hier keinen Vertrag abzuschließen. Sie sind damals schon mit dem Gutachten gekommen. Auf der anderen Seite gibt es ein Gutachten des Bundesfinanzministeriums, was genau das Gegenteil behauptet und zwei Juristen - so heißt es - vier Meinungen. Wenn wir uns nicht jetzt einigen, werden wir uns noch jahrelang hier gegenseitig Gutachten um die Ohren hauen und zu keiner Einigung kommen und eventuellen Klagen von Seiten des Bundes und Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen sind damit auch Tür und Tor geöffnet.

Wir haben eine Verantwortung für den Freistaat Thüringen bekommen und diese Verantwortung nehmen wir wahr. Wir warten nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag, sondern handeln jetzt. Der Kompromiss - der Herr Minister und Frau Becker haben es dargestellt - ist für beide Seiten akzeptabel. Damit ist die Zukunft des Hainich weiter möglich und ich bitte um Zustimmung zu dieser Zustimmungsvereinbarung.

(Beifall bei der CDU, SPD)

Für die PDS-Fraktion hat sich der Abgeordnete Huster zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kummer hat es kurz angekündigt. Dieser Antrag hat auch eine finanzielle Seite. Die Behauptungen in der Vorlage, dass keine Kosten entstehen würden, sind meiner Meinung nach nicht richtig. Ich will Ihnen das kurz begründen und Ihnen auch darstellen, warum ich im Ergebnis meiner Argumentation für eine Beratung dieser Vorlage im Haushalts- und Finanzausschuss plädiere.

(Beifall Abg. Kummer, PDS)

Ich denke, fünf Jahre hat es gedauert, bis die Vereinbarung abgeschlossen war. Ich habe den Vorrednern aufmerksam zugehört, aber keinen Grund gehört, warum es denn jetzt in wenigen Tagen über die Bühne gehen soll, wenn offene Fragen sind, Herr Minister.

Ich will meine Argumente kurz darstellen. Erstens, in diesem Flächentausch ist ein Haus in der Regierungsstraße einbezogen und diese Liegenschaft, die stellt einen Wert dar. Eine Veräußerung erfordert nach unserer Landeshaushaltsordnung eine Wertermittlung. Um diesen Antrag also in dieser Hinsicht bewerten zu können, sollte uns Abge

ordneten bekannt sein, für wie viel Geld diese Liegenschaft veräußert werden konnte und dieses Argument spricht meiner Meinung nach eindeutig für eine Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss.

(Beifall bei der PDS)

Für den Fall, das will ich jetzt mal konstruieren, dass es sich also hierbei um einen möglichen Einnahmeverzicht handelt, dann ist es auch ganz klar, dass es sich um eine finanzielle Auswirkung dieser Vereinbarung handelt.

Zweitens: Die zweite finanzielle Auswirkung, die so nicht benannt ist, resultiert meines Erachtens aus der Übernahme von acht Personalstellen. Diese Übernahme kostet zunächst ca. 300.000  *!"     tung im Haushalts- und Finanzausschuss spricht. Politisch könnte dann auch geklärt werden, warum 300.000   ein Gleichstellungsgesetz im Jahr der Behinderten nicht vorhanden sind, sehr wohl aber hier an dieser Stelle.

(Zwischenruf Dr. Sklenar, Minister für Land- wirtschaft, Naturschutz und Umwelt: Ihr seid lustig, auf der einen Seite drückt Ihr uns, dass wir laufend Naturschutz und Kram machen, auf der anderen Seite habt Ihr immer wieder was dagegen. Ihre Argumentation verstehe ich überhaupt nicht mehr.)

Na ja, Herr Sklenar, das eint uns wieder, weil ich Ihre Argumentation nicht verstanden habe. Ich will Ihnen abschließend sagen, wir müssen das jetzt hier nicht ausdehnen, im Bundestag ist diese Vereinbarung im Haushalts- und Finanzausschuss beraten worden und auch das spricht für eine Beratung.

Meine Damen und Herren, ich habe das eingangs gesagt, weil ich nicht ersehen konnte, dass jetzt auch ein übermäßiger Termindruck steht, ich denke, wir sollten die offenen Fragen im Haushalts- und Finanzausschuss beraten. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag auf Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss.

(Beifall bei der PDS)